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Die Engel der achten Dimension

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23.01.2011
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Die Engel der achten Dimension

Die Ankunft

Exakt um 12 Uhr mittags veranlasste ein seltsames Gefühl die gesamten Bewohner von Los Angeles dazu in den sich plötzlich aufhellenden Himmel zu sehen. Im selben Moment hatte jeder wie gebannt seinen Blick auf eine kleine weiße Wolke gerichtet, aus der eine menschenähnliche Kreatur mit weißen Flügeln erschien.
„Meine lieben Freunde“, verkündete der aufleuchtende Engel mit den lockigen schwarzen Haaren, der lächelnd in die erstaunten Augen der Menschen sah und dabei seine Arme ausstreckte, „mein Name ist John. Es ist mir und meinen Leuten eine große Ehre endlich vor euren Augen erscheinen zu dürfen. Die Aufregung unsererseits ist kaum in Worte zu fassen. Ich möchte euch verkünden, dass eine neue Ära der Menschheit angebrochen ist. Eine Ära, die für euch sicherlich kaum vorstellbar ist. Schon sehr bald wird der Mensch den nächsten Schritt seines Seelendaseins erreichen und somit einen der wichtigsten Plätze im gesamten Universum einnehmen.“

Laura Clark konnte wie all die anderen Menschen diese Erscheinung kaum in Worte fassen. Mehrmals zwickte sie sich am ganzen Körper, um die Gewissheit zu haben, dass sie nicht in einem unbedeutenden Tagtraum versunken war. Jedoch entsprang das Geschehen vor ihren beiden ungläubigen Augen der puren Realität! Als sie sich endlich dieser unbeschreiblichen Sache hundertprozentig klar war, fasste sie sich an ihren Kreuz-Anhänger um den Hals und lächelte. Sie sah hinunter zu ihrer kleinen Tochter Sarah und nahm sanft ihre Hand.
„Mami“, fragte das achtjährige Mädchen, „ist das da oben ein Engel?“
Laura nickte ihrer Tochter zu. „Ja, mein Schatz. Es ist ein Wunder geschehen. Ab jetzt wird alles besser werden ...“
„Und ist dir schon aufgefallen, dass er wie der Engel aus meinem Buch aussieht?“
„Ja, das stimmt, mein Schatz“, stimmte Laura ihrer Tochter überrascht zu. „Die Ähnlichkeit ist wirklich verblüffend ...“

„In den nächsten Stunden werden mehr und mehr von meiner Art erscheinen“, fuhr John fort, „um euch in die nächste Ära des Friedens und der Glückseligkeit willkommen zu heißen. Bitte habt keine Angst. Gott persönlich hat uns ausgesandt, um euch diese Botschaft zu übermitteln.“

Sarah sah hinauf zu ihrer Mutter und fragte: „Meinst du, dass John etwas über Oma im Himmel weiß?“
Lauras Lächeln war bereits seit einigen Sekunden wieder verschwunden. Irgendetwas schien ihr nicht geheuer. Das urplötzlich auftretende Gefühl von völliger Hilflosigkeit war für sie kaum erklärbar. „Darauf kann ich dir leider keine richtige Antwort liefern ...“
„Aber er ist doch ein Engel, Mami? Er müsste doch über solche Dinge informiert sein …?“

„Die Erleuchtung ist nahe, meine lieben Freunde“, beendete John seine Worte mit einem leichten Lächeln, „und die Antwort über den Sinn des Lebens ebenso. Ich freue mich, dass wir, Engel, endlich auf euch, Menschen, aufeinanderstoßen dürfen und voneinander sehr viele nützliche Sachen lernen können.“
Nach diesen Worten flog Engel John wieder in die kleine weiße Wolke, aus die er einst gekommen war, und verschwand.

Sarah sah wieder zu ihrer mittlerweile immer steifer gewordenen Mutter Laura und fragte: „John kommt doch wieder, oder?“
„Aber natürlich, mein Schatz. Da bin ich mir sicher. Er wird sich bestimmt nur eine kleine Auszeit nehmen ...“

Währenddessen fand sich John in einer stockdunklen Umgebung wieder, die einem schier endlos langen Sumpf ähnelte. Verlorene Seelen streiften ziellos durch den dicken Nebel, der sich an jeden Fleck dieser Dimension festgesetzt hatte.
„Und schon ist man mal wieder daheim ...“, seufzte John in sich hinein, während er in die trostlose Ferne sah. „Wird Zeit, dass etwas passiert …“
„Und wie lief die Ansprache?“, fragte eine Stimme.
John drehte sich etwas erschrocken um und erblickte seinen getreuen Diener Astianu.
„Wie soll sie schon gelaufen sein? Ich habe das gesagt, was die Menschen hören wollten. Wie erwartet halten sie mich für einen heiligen Abgesandten Gottes und würden mir jetzt schon alle aus der Hand fressen. Du darfst niemals vergessen, Astianu: Die Menschen sind eins der erbärmlichsten und vor allen Dingen naivsten Werke des Schöpfers – und das werden wir versuchen zu unserem Vorteil zu nutzen! Wir werden sie Schritt für Schritt aussaugen, ohne dass sie irgendetwas davon bemerken!“
„Du scheinst dir bei diesem Vorhaben sehr sicher zu sein, mein König“, bemerkte Engel Astianu.
„Natürlich bin ich mir sicher! Jetzt, da wir schon mal einen Weg gefunden haben die Mauer der Dimensionen zwischen uns und den Menschen zu durchbrechen, müssen wir diese Gelegenheit auch ergreifen! Solch eine perfekte Chance bekommen wir niemals wieder …!“
„Da stimmte ich dir zu. Die Soldaten haben wirklich gute Arbeit geleistet. Ihnen gebührt das größte Lob.“
„Ja, ich bin sehr zufrieden mit ihnen! Jetzt ist es an der Zeit die Herrschaft der Menschen auf der Erde langsam zu beenden und dafür uns mehr in den Mittelpunkt zu stellen! Wir arbeiten uns schön gelassen von außen nach innen vor – wie besprochen!“
„Meinst du, dass er versuchen wird gegen uns vorzugehen?“
Johns Augen formten sich zu einem völlig verhassten Blick. „Ich würde das unserem Schöpfer nicht raten! Einen weiteren Fehlversuch soll er sich bei mir ja nicht leisten!“

In der Zwischenzeit erschienen mehr und mehr Engel im Zentrum von Los Angeles und klingelten an jeder Tür, um ihre Ankunft und die interessante Zukunft von Mensch und übersinnlichen Wesen zu verkünden. Laura schien die ganze Angelegenheit jetzt schon als sehr unangenehm zu empfinden. Sie konnte sich ihr unsicheres Gefühl bis jetzt noch nicht erklären. Zusammen mit ihrem Freund Jerold saß sie vor dem Fernseher und ließ die schon seit 2 Stunden ununterbrochenen Live-Aufnahmen der Engel auf den Nachrichtenkanälen über sich ergehen.
„Ich kann es einfach noch nicht in Worte fassen ...“, murmelte sie nachdenklich. Jerold lächelte und fasste an ihre zitternde Hand.
„Sei glücklich, dass du das miterleben darfst. Es ist ein Wunder.“
„Ein Wunder? Soll ich ehrlich zu dir sein? Ich bin sehr beunruhigt!“
Jerold seufzte. „Du hast doch wirklich an alles etwas auszusetzen, nicht wahr?“
„Ich kann meinem Gefühl jedoch jederzeit vertrauen, Jerold! Diese Wesen sind niemals die Engel, die wir uns vorstellen! Und sie sind schon gar nicht Gottes Engel!“
„Und nur allein wegen einem unsicheren Bauchgefühl glaubst du das?“
„Ja!“, antwortete Laura. „Irgendetwas ist faul … und niemand wird mich von dieser Meinung abbringen können!“
„Das weiß ich schon. Du hältst an jeder deiner Meinungen fest – egal wie dumm sie auch sind!“ Im selben Moment erhob sich Jerold wütend vom Sofa und lief Richtung Tür.
„Bald werden sie auch bei uns klingeln. Und lass mich raten … Du würdest sie bestimmt nicht reinbitten, oder?“
Laura sah zu ihm herüber. „Die Tür bleibt heute verschlossen, Jerold! Ich möchte nicht, dass mir diese Wesen unserer Tochter zu nahe kommen!“
„Sie würden ihr niemals auch nur ein Haar krümmen! Was hast du bitte für Filme gesehen? Glaubst du etwa, dass das Satans Helfer höchst persönlich sind?“
„Das würde ich nicht ausschließen“, meinte Laura selbstbewusst. „Ihr viel zu süßes Aussehen sollte einen schon misstrauisch machen!“
„Das ist doch lächerlich!“, kreischte Jerold aus heiterem Himmel. „Endlich passiert einmal etwas Großartiges auf dieser Welt und du kannst dich dieser Sache nur mal wieder komplett verschließen!“
„Für mich ist diese Diskussion beendet, Jerold! Du weißt haargenau, dass sie sowieso zu nichts führen wird! Diese Wesen kommen nicht hier rein und das sind meine letzten Wörter zu diesem Thema!“
„Nein! Ich muss nicht immer auf dich hören! Ich habe auch ein Recht darüber zu entscheiden! Wenn es später klingeln sollte, werde ich die Tür öffnen! Du kannst ja während ihrer Anwesenheit solange verschwinden! Verkriech dich am besten gleich unter das Bett!“
Im selben Moment ertönte die Klingel. Ohne jegliches Zögern begab sich Jerold zur Tür und öffnete sie. Vor seinen Augen erblickte er zwei hell aufleuchtende Engel.
„Wir sind gekommen, um Ihnen und Ihrer Familie die Botschaft der ewigen Glückseligkeit zu überbringen“, sprach einer.
„Es wird auch nicht lange dauern. Unser Wunsch ist es nur, dass jeder Mensch an diesem besonders speziellen Ereignis teilnehmen kann. Ich hoffe, wir stören nicht.“
„Aber selbstverständlich stört ihr nicht … Kommt rein, meine Kleinen“, sagte Jerold neugierig und aufgeregt.
Laura bekam davon nichts mit. Sie hat sich längst in ihr Arbeitszimmer zurückgezogen, um sich am Computer etwas von der Sache abzulenken.
Nach zwanzig Minuten betrat Jerold das Zimmer. Kopf schüttelnd kam er auf seine Frau zu und sprach: „Du hättest sie sehen sollen, Laura! Sie sind einfach fantastisch!“
„Sie sind doch wieder weg, oder?“
„Ja, schon seit 5 Minuten … Keine Angst!“
„Hab ich auch nicht! - Also … was haben sie erzählt?“
„Sie meinten, dass sie sehr viel vorhaben! Sie haben das neue Zeitalter von Mensch und Engel eingeläutet!“
„Wie toll“, meinte Laura sarkastisch.
„Und du hättest Sarah sehen sollen. Sie hat sich auf Anhieb mit ihnen verstanden!“
„Ja, das stimmt“, stimmte das kleine Mädchen ihrem Vater zu, die soeben ebenfalls ins Zimmer kam. „Sie sind sehr nett, Mami. Warum bist du nicht auch mal zu ihnen hin?“
„Ach weißt du, Sarah … Mir ging es einfach nicht so gut und ich wollte unseren neuen Freunden keine Unannehmlichkeiten bereiten, verstehst du?“
„Ja, sicher doch!“, murmelte Jerold genervt mit verdrehten Augen.

Zur selben Zeit beobachtete Engel John und seine getreue rechte Hand Astianu vom Himmel aus, wie ihre Diener von Gebäude zu Gebäude flogen und die Menschen besuchten.
„Somit hat es also begonnen“, begann John siegessicher. „Die Menschen haben überhaupt keine Ahnung, was ihnen bevorsteht! Bevor sie überhaupt etwas von unseren wahren Absichten ahnen, wird es schon zu spät sein!“
„Ich verstehe aber immer noch nicht, was du mit dieser Vorgehensweise gerade bezwecken willst. Was hat es für einen Sinn, dass unsere Soldaten die Menschen in ihre privaten Gemächer aufsuchen und ihnen irgendeinen dämlichen Schund von Glückseligkeit erzählen?“
„Dies dient einzig und allein nur dazu um das Vertrauen dieser von Emotionen abhängigen Spezies zu gewinnen. Ohne ihr Vertrauen können unsere Kräfte nicht wachsen. Deswegen müssen wir zu allererst so gut wie möglich die braven und unschuldigen Kinder spielen.“
„Und du meinst, dass das wirklich funktionieren könnte, mein König?“
„Zweifelst du etwa an meinen Plan?“
„Natürlich nicht … Ich bitte um Entschuldigung“, sagte Astianu, während er am gesamten Körper aus Angst stotterte.
John war dies nicht entgangen. „Es soll dir vergeben sein“, sprach er mit einem fiesen Lächeln, „aber wage es nicht noch einmal mein perfektes Vorhaben in Frage zu stellen! So etwas macht mich einfach nur rasend vor Wut …!“
„Es wird nicht wieder vorkommen ...“, versprach Astianu. „Du hast mein Wort darauf ...“
„Mein Gott … sei doch jetzt mal ein bisschen lockerer! Freu dich auf die Zukunft, denn schon sehr bald werden wir uns die Menschen untertan machen“, versprach John, „und dann werden wir genug Energie haben, um unseren lieben Schöpfer vom Thron zu stoßen … Und die achte Dimension, aus der wir kommen, wird sich mehr ausdehnen können und somit eine komplett neue Gestalt annehmen, welche uns mehr, als nur würdig ist!“


Johns zweite Rede

„Es ist wirklich unglaublich, was die Erscheinungen der Engel hier in der Stadt für Reaktionen ausgelöst haben! Viele Menschen sehen dieses Ereignis als Zeichen Gottes“, berichtete ein Nachrichtensprecher, „während andere ihr Misstrauen durch großangelegte Demonstrationen bemerkbar machen! Die Meinung über die Neuankömmlinge ist also sehr gespalten!“

Laura Clark befand sich in der Küche und lauschte jedes Wort des sich sehr unsicher anhörenden Nachrichtensprechers im Fernsehen.
„Gestern war noch jeder von diesen Dingern fasziniert“, sprach sie zu ihrem Mann Jerold, der direkt neben ihr am Esstisch saß, „und heute ist plötzlich der erste Widerstand vieler Bürger bemerkbar.“
„Ja, das muss dir sicher gefallen, stimmt´s?“, äußerte sich Jerold abwertend.
„Sagen wir es mal so: Ich bin froh, dass sich die Menschen zu Wort melden, die ebenfalls ein unangenehmes Gefühl zu diesen Kreaturen empfinden wie ich!“
„Ein unangenehmes Gefühl? So bezeichnest du also die Engel?“, brüllte Jerold wie am Spieß, während er vom Stuhl aufsprang. „Ich kann es einfach nicht glauben, dass du solche Ausdrücke über die Boten Gottes gebrauchst! Aber wenn das dein Entschluss ist, muss ich ihn wohl so akzeptieren … Dann akzeptiere aber auch meinen Standpunkt … Und was unsere Tochter angeht: Da hab ich auch noch ein Wörtchen mitzureden!“
„Nein, Jerold! Sie wird mit diesen Dingern keinen Kontakt haben!“
„Das werden wir ja noch sehen! Ich werde es nicht zulassen, dass sie die ganze Zeit im Haus sitzen muss, während draußen das vielleicht bedeutendste Ereignis der Weltgeschichte passiert!“
„Wohl eher bedeutendste Lüge ...“, murmelte Laura kleinlaut.
Jerold lief knallrot an. „Das letzte Wort ist dazu noch nicht gesprochen! Niemand hält dich davon ab, wenn du bei diesen völlig beknackten Demonstrationen gegen die Engel mitmachst, aber lass unsere Tochter dabei aus dem Spiel! Sie darf selbst entscheiden, zu wem sie Kontakt haben will!“
„Oman, Jerold“, lachte Laura im selben Moment. „Bei Sachen, die dir wirklich etwas bedeuten, kannst du ja richtig abgehen. Ich hab dich so noch nie erlebt.“
„Tja … Ich stecke eben voller Überraschungen!“
„Ja, das stimmt, aber nichtsdestotrotz fühle ich genau, dass du ebenfalls ein unsicheres Gefühl hast. Du willst es dir aber irgendwie nicht richtig eingestehen. Ich meine, seien wir doch mal ehrlich: Was wissen wir denn genau über sie? Eigentlich haben sie uns überhaupt noch nicht richtig bewiesen, dass sie wirklich Engel des Lichts sind. Verstehst du? Vielversprechende Ansprachen über unsere Zukunft kann jeder halten!“
„Also … eins ist aber schon mal klar: Engel sind sie so oder so!“
„Ja, das hab ich ja auch nicht bestritten! Aber wissen wir, ob sie uns wirklich gut gesinnt sind? Dämonen sind sicherlich dazu in der Lage sich wie Engel des Lichts zu tarnen! Und seien wir mal ehrlich: Diese Wesen sehen viel zu unschuldig und lieb aus!“
„Tut mir leid, Laura, aber das ist verrückt ...“
„Engel Gottes würden uns nie so offen erscheinen! Sie würden wollen, dass wir in unseren Herzen auf Gott vertrauen! Verstehst du das?“
„Ich verstehe alles, was du mir sagen willst. Du bist mit der ganzen Sache einfach viel zu überfordert. Ich meine, deine Mutter ist gerade vor 3 Monaten gestorben … und jetzt das hier … Das muss zu viel auf einmal sein ...“
„Ich versichere dir, Jerold: Das hat nichts mit meiner Mutter zu tun! Es hat einfach damit zu tun, dass ich kein gutes Gefühl habe! Wann begreifst du das endlich?“
„UND WANN BEGREIFST DU ENDLICH, DASS DAS NICHTS WEITER ALS UNSINNIGE HIRNGESPINSTE SIND?“, kreischte Jerold so wild, dass es selbst die kleine Sarah in ihrem Zimmer nicht überhören konnte. Laura musste sich zusammennehmen, dass sie selbst nicht auch noch durchdrehte.
„Schrei nicht so laut, verdammt! Ich will nicht, dass unsere Tochter diesen sinnlosen Streit mitkriegt!“
„Sinnlosen Streit nennst du das? Es muss einfach mal gesagt werden, dass du dir ständig irgendwelche Horrorszenarien in deinem Gehirn erschaffst, die dir das Leben zerstören!“
„Nein, ich bin einfach nur vorsichtig ...“

Zur selben Zeit beobachteten die Engel John und Astianu vom Himmel aus die gerade eben stattfindenden Demonstrationen auf vielen Straßen der Stadt.
„Diese Schweinerei muss auf der Stelle beendet werden!“, sagte John geschockt.
„Die Sache scheint nicht so leicht zu sein, wie wir zunächst dachten … Viele Menschen scheinen ihre Meinung über uns in nur einer Nacht komplett geändert zu haben ...“
„Ja, weil sie offenbar noch keine guten Taten von uns gesehen haben! Sicherlich erwarten sie, dass wir zu allererst ihr Vertrauen gewinnen sollten, indem wir beispielsweise Blinde wieder zum sehen bringen oder sowas!“
„Wären wir dazu nicht in der Lage?“, wollte Astianu interessiert wissen.
„Bestimmt … aber ich will auf keinen Fall, dass wir unsere begrenzten Kräfte für so einen Müll aufopfern! Wir brauchen sie schließlich noch!“
„Aber ist das komplette Vertrauen der Menschen nicht oberstes Prinzip?“
„Selbstverständlich! Wir werden es uns nur auf eine komplett andere Weise verdienen! Ich werde nochmal eine Rede an die Bürger halten!“
„Und was willst du ihnen dann verkünden?“
„Das wirst du dann schon sehen. Ich weiß es selbst noch nicht genau … Auf jeden Fall muss etwas getan werden!“

Eine Stunde später schaltete Laura wieder die Nachrichten ein. Erneut war Nachrichtensprecher Tom Murdua zu sehen.
„Die Demonstrationen auf den Straßen von L.A. gehen weiter“, begann er, „und scheinen einfach kein Ende nehmen zu wollen. Engelanführer John höchst persönlich erklärt sich bereit in exakt dreißig Minuten eine erneute Rede an die Bürger dieser Stadt zu halten, um den Unruhen auf den Straßen gegen ihn und seinen Untertanen Einhalt zu gebieten. Ob es etwas nützen wird, wird sich zeigen.“
Plötzlich nahm Laura ein Klopfen auf ihre Schulter war. Sie sah zur Seite und erblickte ihre Tochter Sarah mit Tränen in den Augen.
„Hey … was ist passiert?“, fragte Laura besorgt, während sie dem Kind sanft über die Backen streichelte.
„Wieso tun die Leute das, Mami …? Ich verstehe das nicht ...“, weinte Sarah. „Wieso wollen sie, dass John und seine Freunde wieder gehen?“
„Die Menschen haben Angst und sind misstrauisch“, antwortete Laura mit sanfter Stimme. Sie versuchte so ehrlich wie möglich zu sein.
„Aber die Engel tun doch keinem was ...“
„Ja, aber vielen Leuten kommt es komisch vor, dass sie so offen vor uns erscheinen … verstehst du? Ich versuche es dir mal so zu erklären: Richtige Engel sind in deinem Herzen. Du kannst sie nicht sehen. Genauso ist es mit Gott. Er erscheint auch nicht und spricht offen zu uns, da wir Menschen für unser Leben selbst verantwortlich sind. Nur durchs Gebet können wir Kontakt zu ihm aufnehmen.“

Unterdessen machte sich John auf seine Rede am Himmel bereit. „Ich glaube, ein paar Spezialeffekte wären heute mal nicht schlecht“, sprach er lächelnd zu sich selbst, während er seinen Körper von Sekunde zu Sekunde immer mehr erleuchten ließ. Das Licht war von der gesamten Stadt aus klar und deutlich zu erkennen. Wieder sahen alle Bürger nach oben und ließen die geheimnisvolle Atmosphäre auf sich wirken.
„Ich spreche heute aus meinem tiefsten Herzen zu euch ...“, begann John mit trauriger Stimme.
„Ich habe die Demonstrationen gegen uns heute gesehen … und war darüber sehr traurig … und auch meine Untertanen waren darüber sehr verzweifelt … Wir kamen in eure Welt, um mit euch gemeinsamen den nächsten Schritt des Bewusstseinszustandes von euch, Menschen, zu erleben. Außerdem wollten wir euch aufklären, was es damit genau auf sich hat … aber wir spüren statt Geborgenheit in dieser Welt nur Misstrauen und Angst …“
Viele Demonstranten bekam auf die Sekunde ein schreckliches Schuldgefühl. Schweigsam starrten sie auf die Aufschriften ihrer Schilder und ließen sie anschließend zu Boden fallen.
„Wir lieben euch“, fuhr John traurig fort, „und wünschen euch alles Glück dieser Welt.“

Laura verdrehte vor dem Fernseher die Augen. „Das Gerede wird wirklich immer kitschiger … aber die Menschen lassen sich davon sicher wieder beeindrucken.“

„Wir können natürlich verstehen, dass nicht jeder von euch uns gut gesinnt ist“, sprach John weiter, „aber wir möchten trotzdem die Ungläubigen darauf hinweisen, dass es nicht länger nötig ist, sich zu verschließen. Öffnet eure Herzen und ihr werdet ebenfalls wachsen und die wahre Bedeutung des Lebens erkennen. Hand in Hand gehen wir den Weg der ewigen Glückseligkeit. Das ist auch Gottes Wunsch. Er verstehst, dass sehr viele über die neuen Ereignisse, die passiert sind, sehr erstaunt sind. Viele wissen mit dieser Situation nicht richtig umzugehen … aber er versichert euch, dass ihr keine Angst zu haben braucht. Die Welt der Menschen und die Dimension des Übersinnlichen sind nur etwas näher zusammengerückt … Das ist eins der eigentlichen Geheimnisse des neuen Bewusstseinszustandes. Gott ist sich sicher, dass ihr jetzt dazu bereit seid das System des Lebens zu verstehen. Deswegen hat er für diese Zusammenrückung der Dimensionen gesorgt. Wenn die Zeit gekommen ist, wird auch er sich in seiner wahren Form vor euch zeigen … aber erstmal, sollt ihr euch an die neuen Umstände gewöhnen und mit uns zusammen leben. Wir, Engel, haben uns des Weiteren vorgenommen kranken und hilfebedürftigen Menschen von ihrem Leid zu befreien, sodass sie wieder ein ganz normales Leben führen können.“

Ein noch nie dagewesener Jubelschrei war im selben Moment von allen Seiten zu hören. John war sehr zufrieden.
„Unglaublich, was nur ein paar Wörter bewirken können“, flüsterte Astianu beeindruckt in Johns Ohr.
„Ja, es sind eben Menschen. Nichtsdestotrotz müssen wir weiterhin auf der Hut sein, denn Meinungen können sich bei ihnen sehr schnell ändern. Heute haben wir sie wieder beeindruckt, aber was ist mit morgen? Wir müssen am Ball bleiben, aber momentan spüre ich, dass wir wieder die Mehrheit auf unserer Seite haben. Ich muss mir selbst aber auch zugestehen, dass ich wirklich sehr ergreifend und überzeugend rüberkam. Und jetzt da wieder mehr an uns glauben, haben wir auch wieder mehr Kraft.“
„Ja, und das bedeutet, dass wir dann wirklich ein paar Menschen von Krankheiten heilen können.“
„Richtig, und dann werden wir sowieso mehr und mehr Anhänger bekommen. Stell dir mal vor, ich würde vor laufender Kamera ein todkrankes Kind heilen. Ausnahmslos jeder würde uns nach diesem Ereignis blind vertrauen! Die Menschen reagieren nämlich sehr gefühlvoll, wenn es um Kinder geht.“
„Ein Glück, dass die menschliche Psyche nicht gerade sehr schwer zu verstehen ist“, sprach Astianu. „Wir müssen uns das komplett zunutze machen!“
„Natürlich werden wir das!“, kicherte John. „Ich darf also hiermit in aller Freude verkünden: Der Fall der Menschheit kann beginnen!“


Bronschia

Am dritten Tag nach ihrer Ankunft füllte sich der Himmel über Los Angeles stetig mit mehr und mehr Engel. John und dessen getreue rechte Hand Astianu starrten in Gedanken versunken in die nie schlafende Metropole. Neugierig betrachtete der Anführer der Engel die riesigen weißen Buchstaben des weltberühmten Hollywoodschriftzugs am Berg.
„Ich spüre an diesem Zeichen“, sprach er, „dass es sehr viel Kraft auf die Träumer, die hierher kommen, ausstrahlt. So etwas habe ich wirklich noch nicht erlebt.“
Astianu nickte zustimmend. Er wirkte sehr in sich gekehrt, was John selbstverständlich sofort bemerkte.
„Du bist heute so still … Kann es sein, dass du mir irgendetwas verheimlichst? Oder bilde ich mir das nur ein?“
„Es ist keine Einbildung, mein König“, antwortete Astianu mit zittriger Stimme. „Ich habe soeben von ein paar Wächtern erfahren, dass Bronschia aus seinem Gefängnis fliehen konnte.“
Johns Augen riss es im selben Augenblick wie ein Blitz auf. „Würdest du das bitte noch einmal wiederholen? Einem der größten Verräter in unserer Mitte soll die Flucht aus einem unserer bestbewachtesten Gefängnisse gelungen sein?“
„So beunruhigend es auch klingen mag … es ist wahr … Ich kann dir aber versichern, mein König, dass wir alles in die Wege leiten werden, um diesen Verräter wieder zu fassen!“
„Das wird auch nötig sein! Bronschia ist eine unkontrollierbare Gefahr, die uns massiv schaden könnte! Er darf auf keinen Fall in die Gesellschaft der Menschen kommen und etwas über unsere Pläne ausplaudern! Es würde zu verheerenden Konsequenzen führen … aber das brauche ich dir ja nicht zu sagen! Schick unsere besten Soldaten auf ihn los! Und wenn sie ihn finden, sollen sie nicht zögern ihm endgültig das Licht auszuknipsen!“

In der Zwischenzeit machte es sich Laura Clark mal wieder vor dem Fernseher bequem. Sie versuchte so wenig wie möglich an das Geschehen von draußen zu denken und meidete auch jegliche Berichterstattungen von den übersinnlichen Wesen auf den Sendern. Gerade als sie kurz vor dem Einschlafen war, wurde sie von der Stimme ihrer kleinen Tochter gestört.
„Mami, schläfst du?“, fragte Sarah vorsichtig.
„Nein ...“, antwortete Laura etwas genervt. „Was gibt’s denn?“
„In meinem Wandschrank ist ein Engel … und er hat wirklich Angst ...“
Im selben Moment empfand Laura kein einziges Müdigkeitsgefühl mehr. Wie eine Bekloppte sprang sie vom Sofa und starrte ihre Tochter fassungslos an.
„Mama, du machst mir manchmal Angst“, gestand das kleine Mädchen, während sie ein paar Schritte zurückwich.
„Nochmal von vorne ...“, meinte Laura ganz verschwitzt. „In deinem Schrank sitzt ein Engel? Und wie kam der da bitte rein?“
„Ich schwöre … ich habe ihn nicht reingelassen. Ich weiß ja, dass du sie nicht so magst ...“
„Und wie soll er dann hier rein gekommen sein?“, schimpfte die Mutter mit lauter und strenger Stimme. „Na ja, beruhigen wir uns alle erstmal. Ich werde ihn mir mal sehen.“
Mit diesen Worten lief Laura unsicher zum Wandschrank ihrer Tochter und erblickte den völlig außer Atem gekommenden Engel. Seine Augen strahlten ein unzerstörbares Selbstbewusstsein aus, was Laura noch nie zuvor gesehen hatte. Irgendetwas hatte dieses Wesen an sich, was seine anderen Artgenossen nicht aufweisten. Ohne es sich richtig innerlich zugeben zu wollen, fühlte sich die Mutter zu diesem kleinen Kerl sehr hingezogen.
„Was hast du hier im Schrank meiner Tochter zu suchen?“, wollte sie wissen.
Statt einer sinngemäßen Antwort sah der Engel die junge Mutter nur an.
„Sie haben ein gutes Herz“, begann das Wesen lächelnd. „Sie sollten sich aber nicht vor allzu vielen Dingen verschließen.“
„Ich glaube nicht, dass das die genaue Antwort auf meine Frage ist!“, sprach Laura im strengen Ton.
„Entschuldigen Sie … ich bin noch ein bisschen neben der Spur. Ich habe eine sehr harte Flucht hinter mich gebracht und jetzt bin ich nur noch todmüde.“
„Eine Flucht? Wie ist das gemeint?“
„Ich werde es Ihnen erklären, wenn ich wieder etwas zu Kräften gekommen bin. Nur jetzt muss ich mich etwas schonen.“
„Willst du dich vielleicht ins Bett legen? Dort ist es sicherlich bequemer als im Wandschrank“, schlug Laura vor.
„Wenn ich Ihnen keine Unannehmlichkeiten bereite“, stöhnte der Engel außer sich vor Kräfte, „dann würde ich Ihr Angebot gern annehmen.“

Unterdessen war die Suche nach dem Entflohenen im vollen Gange. John verschränkte wütend die Arme und wartete auf jede neue Information. Er war sich darüber im Klaren, dass dies kein leichtes Unterfangen war, da er Bronschia als sehr intelligent einschätzte.
„Und haben unsere Soldaten schon irgendwelche Anhaltspunkte, wo er sein könnte?“, fragte er Astianu, der soeben zu ihm geflogen kam.
„Unglücklicherweise sind sie bis jetzt noch keinen einzigen Schritt weiter“, bedauerte Astianu zutiefst. „Sie haben seine Spur bis in die Stadt verfolgt. Dort muss er irgendwo untergetaucht sein ...“
„Und ist die Möglichkeit auszuschließen, dass er einfach nur wieder in die achte Dimension zurückgekehrt ist?“
„Ausschließen wollen sie momentan noch nichts. Wir haben einfach noch zu wenig Informationen. Ich möchte dir aber versichern, dass sich dies sicherlich ändern wird.“
„Es muss sich auch ändern – und zwar schnell! Unser Überleben hängt davon ab! Findet mir endlich diesen Mistkerl!“

Zur selben Zeit hatte Laura den kleinen Engel ins Bett gebracht. Sarah war über das Verhalten ihrer Mutter mehr als überrascht, da sie sich sehr aufopfernd um ihn kümmerte.
„Was? Träume ich etwa?“, wunderte sich im selben Moment eine Stimme sarkastisch. Jerold war von der Arbeit nach Hause gekommen. Jetzt stand die ganze Familie um das Bett, in dem sich der müde kleine Engel befand.
„Warum, in aller Welt, hast du ihn noch nicht rausgeschmissen? Ich dachte, dass du diese Wesen nicht leiden kannst?“, fragte Jerold neugierig.
„Ja, aber er ist mir sympathisch“, lächelte Laura ihrem Ehemann zu. „Der Ausdruck seiner Augen geben mir auf irgendeiner Art und Weise ein Gefühl der Sicherheit und der Geborgenheit.“
„Achso … alles klar … Und was fehlt dem Kleinen?“
„Er ist sehr müde“, meldete sich Sarah zu Wort, „weil er geflohen ist!“
„Geflohen? Vor was?“
„Das wissen wir eben noch nicht. Er will es uns aber noch sagen“, sprach Laura, „wenn es ihm wieder besser geht. Diese Sache scheint ihm wirklich sehr schwer zu schaffen machen. Ich leide mit ihm ...“
Jerold konnte sich das Lachen nicht verkneifen.
„Was ist bitte so lustig?“
„Na ja, ich hätte niemals gedacht, dass dir einmal einer dieser Engel so zu Herzen gehen würde. Noch gestern hast du mir zum hundertsten Mal klargemacht, dass du rein gar nichts mit ihnen zu tun haben willst und jetzt auf einmal drehst du dich mal wieder um 180 Grad.“
„Nein, tu ich nicht. Die Engel sind mir immer noch nicht geheuer … nur er scheint irgendwie ganz in Ordnung zu sein. Er ist der Einzige, dem ich vertrauen würde. Keiner der anderen Wesen strahlt so eine Ehrlichkeit aus wie er.“
„Achso … natürlich“, lachte Jerold.
Dann wandte sich Laura wieder an den Engel im Bett und fragte: „Kann ich dir etwas anbieten? Möchtest du vielleicht etwas trinken? Oder hast du Hunger?“
„Nein, danke. Wir benötigen diese Dinge nicht“, antwortete das müde Wesen.
„Kann ich wirklich nichts für dich tun?“
„Momentan nicht, nein. Ich weiß Ihre Gastfreundschaft wirklich zu schätzen. Mir ist bewusst, dass ich einfach ohne zu fragen in Ihre Privatsphäre eingedrungen bin … Ich möchte mich dafür entschuldigen.“
„Du hattest bestimmt deine Gründe“, war sich Laura sicher.
Der Engel nickte. „Ja, so könnte man es ausdrücken. Mein Name ist übrigens Bronschia.“
Laura schüttelte die Hand des kleinen Wesens und lächelte. „Freut mich dich kennenzulernen. Ich bin Laura.“
„Ja, ich weiß“, stöhnte Bronschia voller Müdigkeit. „Ihre Mutter hat mir bereits alles über Sie erzählt.“
Im selben Moment blieb für Laura die Zeit stehen. Sie konnte nicht glauben, was sie gerade gehört hatte.
„Ich darf Ihnen versichern“, fuhr der Engel fort, „dass es ihr gut geht. Sie hält stetig ihre schützende Hand über Sie und Ihre Familie.“
Als Laura wieder zur Besinnung kam, flossen zwei dicke Tränen ihr Gesicht runter. Jerold hatte sie gerade zum ersten Mal weinen gesehen. Jetzt konnte er sich gefühlsmäßig auch nicht mehr beherrschen und nahm sie liebevoll und sanft in den Arm.
„Ich kann mich nur wiederholen: Kein Grund zur Besorgnis, Frau Clark. Ihrer Mutter geht es blendend. Sie war es auch, die mich hierher geführt hat“, erzählte Bronschia, während er die herzerwärmende Umarmung des Ehepaares betrachtete.
„Und hat sie sonst noch etwas gesagt?“, wollte Laura wissen, als sie sich weiter die Tränen abwischte.
„Nein“, antwortete der Engel. „Sie ist dann wieder verschwunden. Der Kontakt zu ihrer Welt ist nicht sehr lange gestattet.“
„Wieso das?“, fragte Sarah.
„Na ja, verstehst du, Kleine ... Das überaus komplexe System der verschiedenen Dimensionen darf nicht gestört werden“, versuchte sich Bronschia so gut wie möglich auszudrücken, „sonst würde alles sein Gleichgewicht verlieren. Es ist schwer, dies in der Sprache der Menschen zu erklären.“
„Du hast es aber wirklich ganz gut hingekriegt“, lobte Sarah mit einem Lächeln.
„Vielen Dank. Ich geb mein Bestes.“
Laura schüttelte den Kopf. „Mein Gott, Sarah. Hör auf den müden Bronschia auszufragen! Er will sich jetzt sicher erstmal ausruhen!“
„Nein … ist schon okay. Sie darf das“, sagte Bronschia. „Ich möchte auch jetzt gleich zur Sache kommen. Es geht mir nämlich langsam wieder besser. Ich möchte Sie nicht länger auf die Folter spannen. Es wird Zeit Ihnen allen den Grund meines Besuchs zu nennen.“

Unterdessen wurde John immer ungeduldiger. Es ging einfach mit neuen Erkenntnissen nicht vorwärts.
„Wo, zum Teufel, steckt er?“, murmelte er nachdenklich.
„Wahrscheinlich irgendwo in der Stadt“, antwortete Astianu.
„Das weiß ich auch, verdammt! Erzähl mir etwas Neues! Wir haben unsere besten Männer losgeschickt und bis jetzt blieb die Suche erfolglos ... Sag mir bitte, dass ich träume!“
„Beruhige dich, mein König. Wir werden alle Mittel einsetzen um ihn zu finden, die uns zur Verfügung stehen. Er wird keine Chance haben.“
„Trotzdem ist unser Vorhaben in Gefahr wie noch niemals zuvor!“
„Deine Sorgen sind unbegründet. Er wird sich nicht ewig vor uns verstecken können. Irgendwann wird er einen Fehler machen und dann schnappen wir ihn uns.“
„Ich weiß genau … er will mich reizen! Aber das lasse ich mit mir nicht machen! Ich werde ganz ruhig bleiben und mich nicht vom Weg abbringen lassen! Deswegen werde ich dich jetzt darum bitten eine wichtige Nachricht an die Soldaten zu übermitteln!“
„Und die wäre, mein König?“
„Wenn sie Bronschia finden“, kicherte John wie ein kleiner Teufel, „dann sollen sie ihn nicht ausschalten! Sie sollen ihn lebend zu mir bringen! Ich, höchst persönlich, will mir die Ehre erweisen ihn in die Hölle zu befördern!“


Ein Engel auf der Flucht

24 Stunden später herrschte immer noch Hochbetrieb bei der Suche nach dem entflohenen Bronschia. In allen Bereichen der Stadt Los Angeles wimmelte es nur so von Engeln. Astianu stand dieser Vorgehensweise eher kritisch gegenüber. Vollen Mutes versuchte er seine Meinung vor dem Anführer zu präsentieren.
„Mein König“, begann er mit zittriger Stimme. „Unsere Soldaten konzentrieren sich nur noch ausschließlich auf die Suche nach Bronschia. Jeder anderen Tätigkeit scheinen sie keiner Beachtung mehr zu schenken. Die Menschen werden sich sicher ihre Gedanken machen, warum sie plötzlich von uns ignoriert werden ... Meinst du wirklich, dass das ein kluger Schachzug ist?“
„Es muss so sein!“, meinte John mit starker ausdrucksvoller Stimme. „Um die Menschen werden wir uns wieder kümmern, sobald wir den Verräter gefasst haben!“
„Aber was, wenn die Suche nach ihm Jahre dauern würde? Wir haben nicht die Kraft in dieser Dimension wer weiß wie lange auszuharren!“
„Mach dich doch nicht lächerlich! Wir werden ihn spätestens in ein paar Tagen haben! Die besten Soldaten haben sich an seine Fersen geheftet … und das weiß er auch! Lange kann er dieses falsche Spiel nicht durchziehen!“
„Ich hoffe, dass du Recht behältst ...“, murmelte Astianu.

Währenddessen war das eigenartige Verhalten der Engel den Bürgern von Los Angeles nicht entgangen – selbst im Fernsehen wurde von diesem Ereignis berichtet. Nachrichtensprecher Tom Murdua stand wieder einmal vor der Kamera und bereitete sich innerlich auf die Live-Sendung vor. „Okay! Wir wären soweit“, rief der Redakteur. „Auf Sendung in fünf, vier, drei, zwei, eins … und LOS!“
„Guten Tag, meine sehr verehrten Zuschauer. Ein seltsames Ereignis scheint auf den Straßen unserer Stadt stattzufinden. Die Engel scheinen nach irgendetwas zu suchen. Sie starren in Mülltonnen, treiben sich stundenlang auf Dächern rum – ja selbst in der Kanalisation wurden einige von ihnen gesichtet! Die Frage, die sich also hierbei stellt: Nach was genau wird so zielstrebig gesucht? Viele Menschen sind unsicher. Einige haben sogar versucht die Engel auf ihr eigenartiges Verhalten anzusprechen“, berichtete Tom, „doch sie erhielten keinerlei Antwort. Meine Damen und Herren, wir halten Sie alle auf dem Laufenden!“

Engel Bronschia sah sich im Bett bei der Familie Clark die Nachrichten an und war nicht gerade sehr überrascht. „Ich habe nichts anderes erwartet. Jedes andere Vorgehen lassen sie auf die Sekunde fallen, nur um mich zu finden.“
„Du scheinst wirklich sehr wichtig für John zu sein“, fiel Laura auf. „Was ist der Grund?“
„Weil ich ein Verräter für ihn bin, da ich auf der Seite der Menschen stehe“, antwortete Bronschia etwas zögerlich. Lauras unsichere Bauchgefühl wurde von Anfang an bestätigt.
„Also haben sie wirklich nichts Gutes mit den Menschen vor?“
Bronschia schluckte tief. „John will die Menschen ausrotten, aber das kann er nur, wenn er das vollkommene Vertrauen von ihnen hat. Das Vertrauen von euch wandelt sich in unserem Bewusstseinszustand in Energie um und genau die versucht er anzuzapfen – bis keine mehr da ist! Ihn und seine Leuten macht es stärker und die Menschen werden mit der Zeit todkrank werden ... “
Laura runzelte sich geschockt die Stirn. Auch Jerold war im selben Augenblick nicht gerade sehr positiv gestimmt. „Okay … das ist wirklich schon verrückt ...“, keuchte er. „Ich habe wirklich geglaubt, dass sie uns Menschen helfen wollen ...“
„Ja, und ich schäme mich … Anfangs war ich auch auf ihrer Seite, da ich zu der selben Gattung wie sie gehöre: Zu den gefallenen Engeln. Trotzdem sind wir keine Diener des Teufels - glaubt mir, die sind noch viel schlimmer - sondern wir sind einfach eine eigene kleine Gruppe mit eigenen Plänen.“
„Und … was genau hat John dann davon, wenn es keine Menschen mehr gibt?“, fragte Laura weiter.
„Ganz einfach“, fuhr Bronschia fort. „Er will die Aufmerksamkeit des Schöpfers erlangen und ihn im richtigen Moment stürzen!“
„Stürzen? Gott? Das wird ja immer kurioser!“, staunte Jerold. „Ich fühle mich langsam wie in einem Film!“
„Tja ... John ist nun mal sehr von sich überzeugt. Er ist der Meinung, dass er den Job des Schöpfers viel besser ausführen könne … Aber dazu ist er nicht in der Lage, da er keinen Zutritt zur Dimension des Herren hat. Sie ist nämlich die höchste Dimension, die jemals von einem Engel erreicht werden kann … aber mit genügend Energie könnte er es schaffen ...“
„Jetzt verstehe ich ...“, glaubte Laura zu wissen. „Deswegen zapft er die Energie der Menschen an ...“
„Vollkommen richtig. Die Menschen dienen einzig und allein nur Mittel zum Zweck. Sie sind für ihn nichts weiter als Abschaum.“
„Das hab ich mir schon gedacht … Und was hältst du von uns Menschen?“, fragte Laura.
„Auf jeden Fall nicht das, was John von ihnen hält! Ich möchte ihnen helfen … mir ist bewusst, dass es ein steiniger Weg ist, sich vom Pfad des gefallenen Engel abzubewegen“, sprach Bronschia etwas in Gedanken vertieft, „aber es ist möglich! Und genau deswegen sind diese Engel so scharf darauf mich zu finden: Ich bin der Erste von ihnen, der den egoistischen Pfad verlassen will! Das einzig Gute an ihnen ist, dass sie nicht komplett böse sind. Sie sehnen sich im tiefsten Inneren nur nach Akzeptanz Gottes, die sie aber leider nur auf die komplett falsche Art und Weise verdienen möchten. Mehr steckt hinter dieser Gattung von Engel nicht … Ich muss es ja wissen … Ich bin einer von ihnen … Aber nicht mehr lange! Ich werde an mir arbeiten!“
„Freut mich wirklich zu hören. Aber sag mal … Meinst du, dass Gott irgendetwas unternehmen würde“, wollte Laura wissen, „wenn Johns Plan mit der Ausrottung der Menschheit wirklich funktioniert?“
„Du stellst echt gute Fragen! Nun ja … Willst du meine ehrliche Meinung zu dieser Frage hören? … Ich weiß es nicht. Selbst für uns ist das Thema Gott noch viel zu komplex. Wir wurden nie in dessen Dimension eingeweiht … Deswegen kann ich dir darauf leider keine eindeutige Antwort geben. Wenn ich aber tief in mir hineinhorche, bin ich mir sicher, dass er John versuchen wird zur Umkehr zu bewegen.“
„Und meinst du, dass das klappen könnte?“
„Definitiv nicht … John ist viel zu besessen auf Macht. Niemals würde er sich irgendeiner Kraft unterordnen. Er wird solange kämpfen, bis er endlich das bekommt, was er will … Deswegen wird es besser sein, wenn ich mich mal langsam wieder verabschiede … Solange ich hier bin, bist du und deine Familie nicht sicher …“
„Aber wo willst du denn hin? Sobald du auch nur einen Schritt nach draußen setzt, werden dich Johns Soldaten finden!“
„Das weiß ich … ich will euch aber in nichts mit reinziehen! Das geht nur mich und John was an! Außerdem werden sie bald die Wohnungen der Menschen allesamt durchsuchen – bis sie mich gefunden haben! Ich muss woanders weiter untertauchen … Mir bleibt keine andere Wahl ...“
„Es muss doch noch irgendeine andere Möglichkeit geben ...“, meldete sich Jerold zu Wort.
„Nein, glaub mir … Johns Soldaten sind unerbittlich! Sie werden mich finden!“
„Was würden sie schlimmstenfalls mit dir machen?“
„Nun, Laura … Das Schlimmste, was man einem Engel antun könnte, wär wohl … ihm seine Engelsseele zu nehmen. Man würde einfach aufhören zu existieren. Aber egal, wie es kommt. Ich habe meine Mission erfüllt. Ich konnte jemanden vor Johns Machenschaften warnen! Nun liegt es an dir, dass die Öffentlichkeit davon erfährt! Das ist wirklich zwingend notwendig! Wenn alle Menschen sich zusammentun, können John und seine Handlanger wieder in die achte Dimension verbannt werden.“
„Ich weiß nicht, ob das so einfach ist … Meinst du, dass mich jemand ernst nehmen würde?“
„Ich hoffe es … Es ist die einzige Möglichkeit gegen John vorzugehen.“
„Aber an wen genau soll ich mich wenden?“
„Am besten sprichst du in irgendeiner Live-Sendung zu den Menschen. Jedoch wird dann John sofort auf dich aufmerksam werden und dieser Gefahr kann ich dich nicht aussetzen. Ich werde es machen!“
„Du bist wirklich ein sehr tapferer kleiner Kerl“, gestand Laura. „Und das meine ich wirklich ernst.“

Zur gleichen Zeit suchten die Engel der achten Dimension die Stadt noch viel weiträumiger ab. Die Befehle wurden von Stunde zu Stunde verschärft und es waren keine Pausen mehr erlaubt. Die Müdigkeit war jedem Engel buchstäblich ins Gesicht geschrieben, doch niemand würde auf die Idee kommen sich bei John zu beschweren. Astianu versuchte derweil weiterhin seinen Chef darum zu bitten die Suche nach Bronschia zu reduzieren und Verschnaufspausen für die fleißigen Soldaten zu gewähren.
„Bitte lass doch Vernunft walten, mein König! Bronschia scheint besser abgetaucht zu sein, als wir zunächst dachten! Wir müssen ganz anders an die Sache rangehen ...“
„Ich weiß, was ich tue, Astianu!“, versicherte John seiner besorgten rechten Hand. „Bei der letzten Stufe werden wir unseren entflohenen Freund spätestens gefasst haben! Dann werden wir nämlich die privaten Gemächer der Menschen absuchen! Mir kommt nämlich der Verdacht, dass sich Bronschia bei irgendeiner Familie einquartiert und sich mit ihr daraufhin angefreundet hat!“
„Die Menschen werden sicherlich nicht gerade davon begeistert sein, wenn wir ihre Wohnungen auf den Kopf stellen ...“, meinte Astianu. „Wenn wir weiter so süchtig suchen, wird es ihnen früher oder später auf die Nerven gehen und wir haben es somit bei ihnen komplett versaut ...“
„Ich werde mir ihre Energie so oder so einverleiben … egal ob sie es nun wollen oder nicht! Dann müssen wir wenigstens nicht mehr die braven unschuldigen Engelchen spielen! Mit der Zeit geht mir das nämlich auf den Zeiger!“
„Mir ja auch, mein König, aber mit Gewalt an die Energie der Menschen zu kommen, würde nicht funktionieren. Sie müssten sie uns aus purem Vertrauen geben. Ansonsten würden wir von ihnen nur Hassgefühle erhalten … und die würden uns in einen tiefen Abgrund stürzen, aus dem wir mit unserer Kraft nicht mehr kommen könnten! Es wäre einfach viel zu riskant … Willst du dich wirklich diesem Risiko aussetzen?“
Johns Miene formte sich zu einem nachdenklichen Ausdruck. „Nein, du hast recht … Die Sicherheit unserer Spezies geht vor …“
Astianu war erleichtert. „Freut mich zu hören, mein weiser König.“
„Aber trotzdem wird die Suche nach Bronschia nicht eingestellt“, kreischte John, „sondern wohl eher nur noch weiter verschärft! Die Soldaten werden gefälligst bis an ihre Grenzen gehen! Und ich schwöre mir … sobald sie diesen Mistkerl gefunden haben, werde ich ihm die grausamste Strafe aller Engel auferlegen! Und diejenigen, die mit ihm zu tun gehabt haben, werden dem Tod ebenfalls nicht entgehen! Was wird das für ein bezaubernder Anblick ...“


Bronschia gibt auf

„Die Menschen haben versagt!“, dröhnte Johns hasserfüllte Stimme durch einer schier ewig langen Reihe von Soldatenengeln am Himmel über Los Angeles. „Dies ist ein weiterer Beweis, meine lieben Freunde“, fuhr der Anführer nach einer kurzen Pause fort, „dass einzig und allein nur wir die Krönung der Schöpfung sind! Selbstverständlich ist es keinesfalls zu leugnen, dass sie einer relativ jungen Spezies angehören … Und natürlich wissen wir nur allzugut, dass einer jungen Spezies sehr viele Fehler unterlaufen – jedoch nicht in solch einem Ausmaß! Die vollkommene Respektlosigkeit gegenüber dem Leben und insbesondere ihrer eigenen Gattung ist das Allerletzte, was uns je untergekommen ist! … Daher wird es lansgam Zeit ihnen den Lebenssaft abzudrehen! Wir werden sie sozusagen von ihrem eigenen Leid erlösen! … Aber das ist uns nur möglich“, kreischte John voller Selbstbewusstsein, „wenn wir jeden Verräter in unserer Mitte vernichtet haben … und unglücklicherweise haben wir das noch nicht! Es ist noch einer auf der Flucht, den wir unbedingt finden müssen! … Und ich glaube, dass euch dieses Gesicht bekannt ist, denn ihr sucht bereits drei volle Tage nach ihm!“
Ein unüberhörbarer Seufzer wanderte durch die Truppen.
„Ich weiß, dass ich sehr viel von euch verlange … und mir ist ebenso bekannt, dass uns langsam die Zeit abläuft … aber gemeinsam werden wir in der Lage sein das Rad des Lebens völlig neu zu erfinden! Jedoch müssen wir erst Bronschia zu fassen kriegen! … Ich gebe euch hiermit die Erlaubnis in den privaten Gemächern der Menschen zu suchen!“
Astianu war mal wieder alles andere als beruhigt von der Vorgehensweise des Anführers. Nachdenklich flog er an seine Seite und flüsterte: „Mein König, was sollen dann die Menschen von uns denken, wenn wir einfach in ihre Privatsphäre eindringen?“
„Wir brauchen nur einen guten Grund, um ihre Wohnungen durchsuchen zu dürfen … und den werde ich ihnen liefern! … Und dann finden wir endlich diese verfluchte Missgeburt!“

Etwa nach einer Stunde stand Nachrichtensprecher Tom Murdua wieder vor der Kamera. Heute scheint er aufgeregter zu sein, als jemals zuvor.
„Meine sehr verehrten Zuschauerinnen und Zuschauer, heute scheint die Zeit der Antwort gekommen zu sein. John, der Anführer der Engel, wird heute wegen den eigenartigen Vorkommnissen eine dritte Ansprache an die Bürger von Los Angeles halten“, berichtete er, „um endlich alle Fragen beiseite zu schaffen. Er wird erklären weshalb genau seine Leute unsere Stadt so dermaßen durchforstet haben. Schon mehr als die Hälfte der Bürger haben sich bereits auf den Straßen versammelt, um wieder Zeugen eines immer noch nicht richtig zu fassenden Ereignisses zu werden! Ich muss an dieser Stelle selbst zugeben – ich bin überaus gespannt, was uns John zu sagen hat.“

„Natürlich ist er das ...“, schrie Bronschia schweißgebaden vor dem Fernsehgerät. „Ausnahmslos jeder ist ja wie besessen auf jedes Wort, was Johns Lippen verlässt ...“
„Nein, nicht jeder ...“, meinte Laura, die gerade eben ins Zimmer trat. „Ich, zum Beispiel, habe Johns Scheinheiligkeit mal langsam sowas von satt! Er zieht die Fäden … und das müssen wir jetzt zur Abwechslung mal ändern!“
„Ja, aber wie? Ich bin lansgam nicht mehr für die Idee in einer Live-Sendung die üblen Machenschaften meiner Leute aufzudecken … das würde nicht funktionieren … John hat überall seine Finger im Spiel … Er wird auch das irgendwie verhindern können.“
„Wir dürfen so etwas nicht mal denken!“, brach es aus Laura heraus. „Der Mut darf uns nie verlassen … sonst hat John gleich gewonnen! … Und das dürfen wir unter gar keinen Umständen zulassen! Egal, was auch kommt!“

Im selben Moment ging Johns konsequent verfolger Plan in die nächste Runde: Mit leuchtend gelben Flügeln und einer perfekt gespielten unschuldigen Gesichtsmiene erschien er bereits zum dritten Mal über den Köpfen der hoffnungsvollen Bürger von Los Angeles. Natürlich wurde das wahrhaft immer noch unfassbare Ereignis mal wieder live in alle Welt übertragen.
„Es ist mir eine Ehre wieder zu euch sprechen zu dürfen“, begann er mit sanfter Stimme. „Ich möchte euch etwas wissen lassen … etwas, was euch eventuell beunruhigen könnte. Anfangs wollten wir euch mit dieser Nachricht nicht belasten, doch heute ist uns klar geworden, dass wir ehrlich zueinander sein müssen, um ein friedvolles Zusammenleben gewährleisten zu können. Also, die Sache ist die, dass in eurer Stadt etwas vor sich geht, was zu erheblichen Schwierigkeiten führen wird. Um es jetzt endlich auf den Punkt zu bringen: In dieser Stadt treiben seit geraumer Zeit böse Geister ihr Unwesen, die schon sehr bald viel mehr Einfluss auf euer Leben haben werden. Es sind Dämonen, die sich irgendwie aus den Fesseln der Hölle befreien konnten ...“
John genoss den Schock, der in den Gesichtern der hinaufsehenden Menschen saß. Ihm war soeben klar, dass er die Lage vollständig unter Kontrolle hatte.
„Aber kein Grund zur Panik, meine gesegneten Freunde“, fuhr er lächelnd fort, während er jede Bewegung oder jedes Augenzwinkern unter den Menschen aufmerksam beobachtete, „ich und meine Leute haben uns dazu bereit erklärt diese verlorenen Seelen wieder zu vertreiben. Genau deswegen haben wir auch gestern die Stadt wie verrückt nach ihnen durchsucht. Wir bitten nochmals um Verzeihung, dass ihr erst heute davon erfährt. Wir sehen uns dazu gezwungen etwas zu unternehmen! Es wird sich nicht vermeiden lassen“, kam er langsam zur Sache, „dass wir alle Wohnungen von euch in dieser Stadt nach diesen Feinden Gottes durchsuchen müssen! Wir bitten vielmals um Verständnis … aber es ist dringends notwendig diese Umgebung vom Übel zu befreien!“
Zustimmend nickten die Menschen John zu. Laura, die sich ebenfalls auf die Straße getraut hatte, konnte die Reaktion der Bürger kaum glauben.
„Ihr glaubt aber auch wirklich alles! Für mich ist das unbegreiflich!“, schrie sie durch die Mengen. Noch nie in ihrem Leben hatte sie so viel Verzweiflung gefühlt. Warum, zum Teufel, musste das alles nur passieren?, dachte sie sich mit vielen Tränen in den Augen. „Ihr seid doch alle nur seine Marionetten! Kapiert ihr das nicht?“
Egal, wie sehr sie sich auch anstrengte erhört zu werden – es blieb erfolglos. Jeder starrte wie hypnotisiert auf die kleine Kreatur in den Himmel. Alles andere war ausgeblendet und vollkommen belanglos.
„Ich hab mir schon gedacht, dass sich John so etwas einfallen lässt …“, murmelte aus heiterem Himmel eine Stimme hinter Laura. „Jetzt wird er mich bald haben … Es wird nur noch eine Frage der Zeit sein.“
Erschrocken drehte sich Laura um und erblickte den vor Angst zerfressenden Bronschia.
„Was tust du denn hier draußen?“, kreischte sie. „Geh schnell wieder ins Haus, bevor dich jemand von deinen Leuten sieht!“
„Nein“, stöhnte er kraftlos. „Ich ertrage dieses Versteckspiel nicht länger … Sie würden mich so oder so finden. Sie scheuen vor nichts zurück … Jetzt, da sie alle Häuser der Stadt ebenfalls nach mir absuchen dürfen, habe ich keine Perspektive mehr mich zu verstecken ...“
„Du darfst jetzt nicht aufgeben … Darauf wartet John doch nur …“, versuchte Laura ihren kleinen Freund wieder aufzubauen – jedoch blieb auch diese Sache erfolglos. Bronschia war letztendlich an die Grenzen seines Durchhaltevermögens angekommen.
„Egal, wie es auch kommt“, murmelte er unter Tränen, „Gott wird mit mir sein … Ich glaube ganz fest daran … Der Glaube versetzt Berge … Das ist doch eins eurer Sprichwörter, oder?“

Urplötzlich stürzten zwei Soldatenengel vom Himmel herab und griffen sich Bronschia gewaltsam. Es dauerte nicht einmal drei Sekunden und da war er schon an etlichen dicken schwarzen Ketten angebracht worden. Ehe Laura richtig reagieren konnte, wurde Bronschia bereits von Johns Handlangern mit enormer Geschwindigkeit in den Himmel verschleppt.
„Es ist wahrscheinlich besser so … Besser für uns alle …“, sprach er ohne jegliche Gefühlsregung, während er in den Weiten des Himmels verschwand.


Erneute Suche

„Wie lange habe ich auf diesen Augenblick gewartet …!“, kicherte John, als er endlich wieder Bronschia vor sich sah. „Meine kleine Ansprache an die Menschen hat dich doch noch aus deinem Versteck gelockt … wie ich es perfekt geplant hatte! Daran ist zweifelsohne zu erkennen, dass du gegen mich nicht die geringste Chance hast!“
„Du wirst deine gerechte Strafe schon noch bekommen ...“, murmelte Broschia aus sich heraus.
John beeindruckte dies nicht im gerinsten. „An deiner Stelle würde ich den Mund nicht so voll nehmen, mein Lieber. Ich bin immer noch derjenige, der darüber entscheiden darf, wie genau du sterben wirst! … Aber vorerst will ich wissen, wen du in dein süßes kleines Geheimnis eingeweiht hast!“
„Geheimnis? Was für ein Geheimnis?“
„Ach komm schon ...“, lächelte John. „Bitte jetzt nicht diese Tour … du wirst mir doch nicht weismachen wollen, dass du keiner Menschenseele etwas von unseren Plänen erzählt hast?“
„Du kannst es glauben, oder nicht. Das ist deine Sache. Ich jedenfalls habe zu keinem einzigen dieser Wesen Kontakt aufgenommen!“
„Ach, wirklich? Und wer war dann bitte die Frau, mit der du zusammen auf der Straße warst?“
„Ich habe sie nicht gekannt … Sie war nur eine von vielen naiven Menschen ...“
„Nein, ich glaube dir das nicht!“, lachte John siegessicher. „Aber so, wie du gerade alles gestaltest, macht es wenigstens mehr Spaß!“
„Du hast doch einen totalen Knall!“, kreischte Bronschia.
„Ja, na und? Ich weiß wenigstens, was ich will“, meinte John, „und ich will, dass du mir die Namen deiner Mitverschwörer nennst – ansonsten wird deine entzückende Todesstrafe unvorstellbar ausfallen!“
„Ja, mach doch! … Das wirst du sowieso niemals tun! Du brauchst mich noch!“
„Da muss ich dich leider enttäuschen, mein kleiner Freund. Meine Soldaten konnten die Frau, die an deiner Seite stand, schon längst identifizieren. Ihr Name ist Laura Clark.“
Bronschias Kopf sank immer tiefer. Seine Verzweiflung war kaum in Worte zu fassen. „Bitte tu ihr nichts ...“, flehte er.
„Das hängt ganz von dir ab!“, kreischte John urplötzlich wie ein Verrückter. „Wenn du mir noch ein einziges Mal versuchst eine Lüge aufzutischen, werde ich sie vor deinen Augen niedermetzeln! Und dann, zum krönenden Abschluss, wird ihre unschuldige kleine Tochter ebenfalls hingerichtet – sobald sie sich schon fast todgeheult hat!“
„Du bist ein krankes Monster … nichts weiter!“, traute sich Bronschia kraftlos zu stöhnen.
„Nein, ich verfolge nur meine Ziele mit einer gewissen Konsequenz … mehr steckt dahinter nicht, mein Süßer!“
„Ja, ist schon gut. Was willst du jetzt genau von mir?“
„Ich glaube, jetzt verstehen wir uns“, sprach John mit weicher Stimme. „Ich will nichts weiter als die Namen von den Personen, denen du ebenfalls alles von uns verraten hast! Oder waren etwa nur die Mitglieder der Familie Clark deine einzigen Verbündeten?“
„Zieh sie da nicht mit rein … Ich flehe dich an, John ...“
„Wie oft soll ich es noch sagen? Ich will Namen!“
„Es gibt aber keine … ich war vollkommen kraftlos und Familie Clark hat sich um meine Genesung gekümmert … mehr war da nicht …“
„Okay“, nickte John, „du sagst die Wahrheit. Ich spüre das … aber stell dich schon mal darauf ein, dass du heute trotzdem sehr viele Schmerzen haben wirst!“
Mit diesen Worten schlug er den angeketteten Bronschia mit nur einem Hieb auf die Schultern auf die Knie. Die Soldatenengel traten vor Angst erfüllt zurück.
„Dir wird schon sehr bald klar werden“, versicherte John eiskalt seinem Gefangenen, „dass deine richtige Leidenszeit erst noch beginnen wird! … Fangen wir doch gleich mit der langsamen Eliminierung der Clarkfamilie an!“
„Wir, Engel, sind nicht in der Lage dazu menschliche Wesen zu töten!“, sprach Bronschia voller Schmerzen, während er sich wieder aufrappelte. „Du wirst an gewisse Grenzen stoßen – ob du es willst, oder nicht!“
„Nein, werde ich sicherlich nicht. Es gibt keine Grenzen für unsere Spezies!“, meinte John felsenfest davon überzeugt. „Du wirst sicherlich schon einmal etwas davon gehört haben: Wir können den Menschen Gedanken schicken, die sie bis zum Selbstmord bringen könnten! Bei einer Familie, die gerade einmal 3 Mitglieder umfasst, dürfte das überaus machbar sein, mein Hübscher!“
„Du verdammter Scheißkerl!“, schrie Bronschia unter Tränen.
John wäre im selben Augenblick beinahe vor lachen zusammengebrochen. Dennoch riss er sich zusammen und kicherte: „Wann versteht das dein nichtstaugender Schädel endlich? Deine ach so gemeinen Schimpfwörter sind vollkommen erbärmlich und machen für dich die Sache nur noch schlimmer ... Du musst dich mit dem Gedanken abfinden, dass ich dich schon sehr bald wie ein lästiges Insekt zerquetschen werde! Ich weiß nur noch nicht genau auf welche Art und Weise ...“
„Der Teufel soll dich holen!“, schrie Bronschia verhasst.
„Du meine Güte!“, lachte John. „Und solche unanständigen Worte kommen von einem Engel, der sich doch tatsächlich wieder auf die Seite des Lichts stellen will? Da hast du aber noch einen langen steinigen Weg vor dir! … Leider wird es zu dem auch nicht mehr kommen, denn du wirst bald nicht mehr existieren!“
„Ja, ja … versuch nur mich runterzuziehen! Das hast du schon immer am besten gekonnt!“
„Danke für das Kompliment. Zur Belohnung werde ich jetzt mit Schritt eins von der Tötung deiner Freunde auf der Erde beginnen.“
John klatschte in die Hände und die Soldatenengel kamen wie der Blitz herbei.
„Ihr werdet wirklich immer schneller, Jungs. Ich schätze das sehr an euch ...“, gestand der Anführer augenzwinkernd. „Genau deswegen erhaltet ihr zwei auch jetzt eine sehr wichtige Mission: Beobachtet die Clarkfamilie so gut wie es nur geht! Ich möchte gern in Erfahrung bringen, ob sie anfällig für schlechte Gedankenschwingungen sind! Wenn ihr etwas aufgeschnappt habt, erstattet ihr mir unverzüglich Bericht! Ich werde mir dann überlegen, wie wir sie am besten ins Gras beißen lassen könnten! Sie sollen ja schließlich stilvoll abtreten!“
„Einverstanden, Sir!“, sprachen die beiden Soldatenengel gleichzeitig und flogen auch schon Richtung Erde.

In der Zwischenzeit war Laura Clark gerade damit beschäftigt drei Koffer mit allerlei Lebensmitteln bis oben hin zu füllen. Tochter Sarah stand ihr dabei tatkräftig zur Seite.
„Wo gehen wir hin, Mami?“, wollte sie neugierig wissen. Sie bemerkte die unruhige Art ihrer Mutter. Irgendetwas musste nicht stimmen.
„Wir gehen zu einem Freund“, antwortete Laura in Schweiß gebaden, „und dann sehen wir weiter ...“
„Und kann ich zu ihm meine Puppen mitnehmen?“
„Die wirst du nicht brauchen, Schatz. Nimm bitte nur das Nötigste mit!“, befahl die Mutter zitternd am ganzen Körper, während sie zu einer Zahnpasta griff und die ebenfalls in einen der großen braunen Koffer stopfte.
Jerold konnte über die schreckliche Eile seiner Frau nur den Kopf schütteln.
„Also ich finde diese Reaktion jetzt etwas übertrieben“, meinte er.
„Nein, ist sie nicht … Bitte glaub mir ...“, schrie Laura mit rot angelaufenem Gesicht. „Die Engelsoldaten konnten mich klar erkennen! Sie werden zurückkehren und uns irgendetwas antun, weil wir mit Bronschia zu tun gehabt haben! Ich traue diesen Biestern alles zu!“
„Ja, ist ja gut“, seufzte Jerold, während er mit Laura und seiner Tochter fluchtartig das Haus verließ. Wie der Wind startete er den Motor des Wagens und fuhr mit seiner Familie auf und davon – genau im richtigen Moment, wie es sich herausstellte. Die Soldatenengel, die von John ausgesandt wurden, kamen soeben auf dem Grundstück an.
„Okay, wir sind da“, sprach der eine. „Ab an die Arbeit!“
Als sie sich durch ein offenes Fenster leicht Eintritt verschaffen konnten, bemerkten sie sofort, dass niemand da war.
„Das wird dem Chef nicht gefallen ...“, stotterte einer.
„Immer mit der Ruhe“, erklärte der zweite. „Erstmal fordern wir Verstärkung an. Gemeinsam schaffen wir es sie zu finden.“
„Nein, nicht schon wieder eine großangelegte Suche … ich habe das sowas von satt!“, beschwerte sich der erste.
„Es bleibt keine andere Wahl, mein Guter. Mir gefällt es ja auch nicht.“
„Also seien wir doch mal ehrlich … Die ganze Operation gerät doch außer Kontrolle ...“
„Sag das niemals wieder!“, drohte der zweite. „Sonst muss ich das John berichten!“
„Entschuldige bitte ...“

Es vergingen keine fünf Minuten – und John war bereits über alles informiert worden. Völlig entsetzt starrte er auf seine vor Wut rot angeschwollenen Hände und kreischte: „Findet mir diese verdammte Familie! Ich werde es aber dieses Mal nicht dulden, dass diese Suche wieder so ein langes Ausmaß erreicht wie die nach Bronschia! Ansonsten könnte ich sehr ungemütlich werden!“
Die Soldatentruppen nickten und flogen daraufhin davon. Astianu sah ihnen nachdenklich hinterher. „Mein König“, meldete er sich zu Wort. „Unsere Leute konnten sich von der Suche nach Bronschia noch nicht richtig erholen …“
„Ich weiß, was du mir sagen willst“, murmelte John genervt. „Und die Antwort lautet NEIN! Wenn wir die Soldaten etwa drei Stunden ruhen lassen würden, würde das zu einem immensen Vorsprung der Familie Clark führen! Sogar ein sechsjähriges Menschenkind würde das verstehen!“
„Ja, mir ist das ja auch klar …“
„Na also! Dann halt den Mund!“, schrie John. „Deine Anmerkungen sind in letzter Zeit alles andere als durchdacht! Sollte sich dies nicht wieder ändern, kann ich für nichts mehr garantieren!“
„Wie meinst du das, mein Gebieter?“, fragte Astianu ängstlich.
„Frag nicht so dumm! Diener, die ich als unbrauchbar einstufe, kommen auf die Abschussliste! Und Abschussliste bedeutet Tod!“
„Habe verstanden … Ich werde meine Äußerungen bessern!“, versprach Astianu. „Ich gebe dir mein Wort.“
„Na dann hast du ja nichts zu befürchten“, kicherte John. „Und jetzt sorg mit den Soldaten dafür, dass sich diese dreckige Clarkfamilie finden lässt! Ich will sie schließlich ganz langsam sterben sehen!“
„Mit Vergnügen!“, verbeugte sich Astianu mit einem kühlen Lächeln.


Plan B

Während die Familie Clark auf der Flucht war, wurde Bronschia von Johns Soldaten halb tot geprügelt. Die Ketten, die an ihm angebracht worden waren, sorgten dafür, dass er sich nicht zur Wehr setzen konnte und damit ausnahmslos jeden Schlag über sich ergehen lassen musste. Jetzt saß er wieder in seiner Zelle, welche sich direkt in der achten Dimension befand. Diese trostlose Gegend, welche beinahe nur aus dickem Nebel bestand, hatte er während seiner Abwesenheit kaum vermisst.
„Ich habe gute Neuigkeiten“, sprach John plötzlich, der aus dem Nebel heraustrat. „Die Erfüllung meiner Träume ist so nah wie noch niemals zuvor! Dank der eifrigen Arbeit meiner Soldaten wird es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis die Familie Clark ausfindig gemacht worden ist!“
„Du verdammtes Dreckstück …!“, kreischte Bronschia aus Leibeskräften. Seine Wut war kaum mehr in Zaum zu halten. „Du schaffst es doch tatsächlich, meine Seele wieder mit purem Hass zu füllen ...“
„Du solltest mir dafür dankbar sein!“, fuhr John mit einem eiskalten Lächeln auf den Lippen fort. „Hass kann dir im Gegensatz zu Liebe nämlich Kraft geben! Natürlich ist es auch nicht zu leugnen, dass es dich innerlich ein wenig auffrisst … aber alles muss eben seine Vor- und Nachteile haben.“
„Ich glaube, dass du es niemals verstehen wirst …“, murmelte Bronschia, während er verzweifelt an die Gitter seiner Gefängniszelle griff. „Hass zerstört die Seele von Tag zu Tag immer mehr …“
„Das habe ich ja noch gar nicht gewusst“, meinte John ironisch. „Sonst noch irgendetwas, was ich noch nicht weiß?“
„Ja … da wäre noch etwas … Du wirst niemals mit deinen Plänen, oder wie du das auch nennen magst, durchkommen. Egal, wie sehr du dich auch anstrengst … Du hast einfach nicht das Zeug dazu!“
„Das glaube ich nicht“, sagte John mit verschränkten Armen. „Im Gegensatz zu dir habe ich es geschafft meine Seele vollständig abzustoßen. Das gibt mir die Möglichkeit, mich nur auf das wirklich Wesentliche zu konzentrieren. Du musst nämlich wissen … Die Seele gibt dir Gefühle und Emotionen. Und genau diese Dinge machen einen so verletzbar und vorhersehbar! Sie verursachen regelrecht einen sowas von dermaßen innerlichen Schmerz, der dir manchmal den Verstand rauben könnte! Die menschliche Rasse, zum Beispiel, ist besonders anfällig und sie wäre schon etliche Schritte in ihrer eigenen Entwicklung weiter, wenn sie sich nicht ständig abhängig von der Seele machen würde! Genau deswegen ist es unsere Aufgabe, solch einer inkompetenten Spezies den Garaus zu machen! Sie vergeudet nur wertvollen Platz im Universum und das kann ich nicht hinnehmen!“
„Ich muss dich leider wieder enttäuschen … Dein verzweifelter Versuch Eindruck zu schinden, zieht bei mir nicht im Geringsten! Da musst du dir schon einen anderen Deppen suchen, dem du dein dummes Gerede aufzwingen kannst!“
„Nur mal so zur Info, du kleines Stückchen Elend: Ich habe bereits mehr als genug Anhänger gefunden! Sie stehen alle zu jeder Zeit hinter mir! Und jetzt frage ich dich mal: Wer steht eigentlich hinter dir?“
„Gott!“, murmelte Bronschia etwas zögerlich, während sich sein Zustand rapide verschlechterte.
„Das musste ja jetzt kommen! … Mehr Kreativität hätte ich dir schon zugetraut, mein Freund!“
„Er ist es aber, der mir die Kraft gibt, durchzuhalten ...“
„Ist das schnuckelig!“, kicherte John wie ein kleines Vorschulkind. „Du vertraust also einer Kraft, die dir noch nie besondere Beachtung geschenkt hat? So etwas nenne ich einfach nur erbärmlich!“
„Du kannst es nennen, wie du willst … Ich vertraue so oder so weiterhin auf seinen Segen …“
„Ja, das wirst du sicherlich. Daran werde ich dich auch nicht hindern können … aber dafür kann ich bestimmten Personen den Horrortrip ihres Lebens verabreichen!“
„Dazu musst du erstmal diese BESTIMMTEN PERSONEN finden!“
„Oh, keine Sorge: Meine Leute geben sich die größte Mühe diese Pestbeulen ausfindig zu machen!“
„Ja, bla, bla, bla! Ich halte es langsam wirklich nicht mehr aus …! Warum tötest du mich nicht einfach sofort? Der Tod ist im Gegensatz zu deinem Gequatsche ein wahrer Segen!“
„Weil ich meinen Spaß haben will!“, antwortete John, der immer noch vor den Gittern stand. „Du hast es schließlich geschafft, mich für einige Zeit zur Weißglut zu treiben – und das kriegt heutzutage wirklich niemand mehr hin.“
„Hör doch endlich auf, dich so vollkommen und perfekt zu präsentieren! Du wirst es nämlich niemals sein!“, meinte Bronschia kichernd – trotz der unbeschreiblichen Schmerzen.
„Dein Durchhaltevermögen ist wirklich beachtlich“, gab John zu. „Du hättest ein wirklich guter Soldat werden können!“

Immer noch zitternd wie Espenlaub stiegen Laura und Jerold inzwischen aus dem Auto. Sie alle waren am Ziel ihrer Flucht letztendlich angekommen. Jedem war die Müdigkeit zweifelsohne anzusehen. Sarah war bereits im Auto eingeschlafen.
„Hier sind wir erstmal sicher ...“, glaubte Laura zu wissen, als sie das Haus ihrer besten Freundin Miranda betrachtete. „Es gibt momentan keinen besseren Ort.“
„So hundertprozentig davon überzeugt hörst du dich aber nicht an, Schatz“, fiel Jerold auf. „Muss ich mir Sorgen machen oder ist das nur wieder eine deiner Phasen?“
„Ich weiß es selbst noch nicht genau …“, sagte Laura. „Wahrscheinlich bin ich nur etwas aufgeregt, da ich meine Freundin schon lange nicht mehr gesehen habe. Wird bestimmt daran liegen ...“
„Und wann wollen wir Sarah eigentlich die Wahrheit sagen?“, wollte Jerold wissen.
„Über die Engel meinst du? Das kann erstmal warten … Ich will sie damit nicht unnötig belasten ...“
„Sie muss es aber erfahren. Wir haben uns gegenseitig versprochen, immer offen und ehrlich zu unserer Tocher zu sein.“
„Ich will aber nicht, dass sie sich jetzt damit beschäftigt! Das belastet sie doch nur ...“
„Es gibt im Leben nun mal nicht nur Dinge, über die man sich erfreuen kann! Das musst du ihr endlich mal klarmachen!“
„Ja, aber der Zeitpunkt muss auch passen!“, murmelte Laura etwas angenervt, während ihr nachdenklicher Blick zu ihrer Tochter schwankte, die immer noch genussvoll im Auto schlief. „Und hätten wir diesen Bronschia nicht getroffen, wären wir jetzt auch nicht in dieser unangenehmen Situation ...“
„Gib ihm bitte nicht die Schuld … Dir ist doch sicherlich bewusst“, meinte Jerold, „dass er es nur gut mit uns gemeint hat, oder? … Und dir ist hoffentlich ebenso bewusst, dass wir ihm irgendwie helfen müssen!“
„Ja, natürlich ist mir das bewusst. Aber wie sollen wir das anstellen? Er ist von Johns Soldaten in den Himmel verschleppt worden …“
„Wir werden schon irgendwie einen Weg finden ... Das sind wir ihm schließlich auch schuldig! Er war es schließlich, der uns alles über die finsteren Machenschaften der Engel erzählt hat …!“
„Ja, er war es, der mein Bauchgefühl bestätigt hat … Ich habe es auf irgendeine Art und Weise schon immer gewusst, dass sie etwas mit uns vorhaben ...“, sagte Laura in Gedanken vertieft. „Als ich diesen John bereits zum ersten Mal am Himmel sah, wurde mir klar, dass das keineswegs ein Freund war, der es gut mit uns meint …“
„Und ich habe deinem unguten Bauchgefühl keinerlei Beachtung geschenkt … Dafür möchte ich mich noch einmal entschuldigen, Schatz ...“
„Du entschuldigst dich bei mir mal? Träume ich gerade?“, lachte Laura.
„Nein, tust du nicht. Er hat sich gerade wirklich entschuldigt“, rief eine ironische Stimme soeben dem Ehepaar zu. „Ich sehe, bei euch hat sich nichts geändert.“
Laura und Jerold drehten sich zeitgleich um und erblickten Miranda mit einem großen Lächeln im Gesicht.

Zur gleichen Zeit hatte sich John wieder in den Himmel über Los Angeles begeben und wartete ungeduldig auf Berichterstattungen. Stunden und Stunden vergingen – und es kam einfach nichts. „Es darf nicht aus dem Ruder geraten“, sagte er zornig zu sich selbst. „Sonst vergesse ich mich noch …!“
„Mach dir nicht wieder unnötig Sorgen, mein König“, sprach Astianu, der gerade aus einer Wolke hervortrat. „Die Suche nach Bronschia hat auch seine Zeit gebraucht.“
„Ja, aber irgendwann reißt mir trotzdem der Geduldsfaden! Die Manipulation der Menschen sollte auch viel schneller über die Bühne gehen! Sie haben immer noch viel zu viel Energie in sich!“
„Wir haben ihre Kraft unterschätzt … aber das wird unser Vorhaben in keiner Weise irgendwie beeinflussen!“
„Man kann trotzdem nie vorsichtig genug zu sein! Zuerst verurteilen wir Bronschia zum Tode“, verkündete John lächelnd, „und dann widmen wir uns ganz genüsslich Plan B!“
„Plan B, Chef? Ist das wirklich schon nötig?“
„Ja, ist es! Wenn wir auf ihn zurückgreifen, sind wir auf der sicheren Seite und der Abgang der verfluchten Menschen kann endlich beginnen!“


Johns Strafgericht

Als die Nacht angebrochen war, versammelten sich die Engel auf einer pechschwarzen Wolke und starrten stillschweigend auf einen aufgebauten Richtertisch – und dahinter standen John und dessen loyale rechte Hand Astianu. Die Stimmung unter den Soldaten war angespannt, denn niemand wusste, was sie erwartete.
„Mir ist es bewusst“, sagte John mit lauter und strenger Stimme, „dass ihr euer mulmiges Gefühl nicht länger verbergen könnt … aber macht euch keine Sorgen: In unserer Spezies ist es erlaubt Unsicherheit zu zeigen. Dieses Mal steht schließlich sehr viel auf dem Spiel! Wir sind jetzt an dem Punkt angelangt, wo wir noch einmal nachdenken müssen, wofür wir eigentlich kämpfen!“
Die beinahe endlosen Reihen aus Engeln nickten auf die Sekunde zustimmend.
„Wir sind es, die für ein komplett neues System kämpfen, was fair und gerecht gegenüber uns ist! Es soll Gottes unsinnige Vorschriften endgültig zum Einsturz bringen, damit man endlich einmal die Möglichkeit hat sein Engelsdasein vollständig auszukosten! Man soll nicht gleich als Außenseiter oder gefallener Engel gelten, nur weil man ein einziges Mal mit Gottes Entscheidungen nicht übereingestimmt hat! Ebenso sollte man das Recht besitzen den Schöpfer höchst persönlich auch einmal kritisieren zu dürfen, denn er ist auch nicht perfekt!“
„Nichts ist perfekt!“, schrie ein Soldat.
„Richtig“, fuhr John fort, „und die Menschen sind es sowieso am wenigsten! Sie sind in ihrer Dummheit kaum noch länger zu ertragen! Sie beten blind den Gott an, der mit purer Absicht schreckliche Schicksalsschläge in ihrem Leben zulässt! … Also bei mir wär der Alte schon längst unten durch … aber die Menschen beten den Sack weiter an! Und warum? Weil sie zu blöd sind das momentane System zu kapieren! Sie erkennen einfach nicht, dass ihr Schöpfer noch weit aus viel nutzloser ist, als sie selbst! Aber irgendwie kann man das der menschlichen Spezies auch nicht für übel nehmen, denn ihr Gehirn befindet sich schließlich noch in der Anfangsphase! Sobald sie endlich einmal alles verstehen würden, haben sie sich längst selbst und ihren Planeten in die Luft gesprengt! … Aber dank uns werden sie schon viel früher vom Erdboden verschluckt sein!“
„Damit tun wir der Erde einen wertvollen Gefallen!“, fügte Astianu kleinlaut hinzu.
„Ganz genau“, lächelte John. „Und genau deswegen dürfen wir uns keinerlei Schuld oder Sünde bewusst sein! Jedes kleinste Zweifeln über unser Handeln und unsere Ziele würde zu unserem sicheren Verderben führen!“
Die Soldatenengel hörten ihrem Anführer weiterhin aufmerksam zu.
„Mit der Vernichtung der Menschheit wollen wir nicht nur Gott einen ordentlichen Denkzettel verpassen“, meldete sich Astianu wieder zu Wort, „sondern auch all den anderen Wesen, die es wagten uns ebenfalls auszustoßen und kaltblütig zu ignorieren! Und besonders die Verräter, welche sich einst in unserer Mitte aufhielten, müssen büßen! Genau deswegen werden wir heute einen von ihnen zum Tode verurteilen, um damit zu verdeutlichen, dass sich niemand uns in den Weg stellen kann!“
Im selben Moment betrat ein in schweren Ketten gelegter Engel die Wolke. Eiskalte Windstöße fegten in sein Gesicht, je näher er sich John und Astianu näherte. Jedoch war in seinem Gesicht keinerlei Spur von Angst zu erkennen.
„Ich möchte den Erzfeind Nummer eins vorstellen: Bronschia! Er dürfte euch allen sehr wohl bekannt sein!“, kicherte John. „Er ist einer der wenigen Verräter, der den endgültigen Seelentod überhaupt nicht fürchtet!“
„Warum sollte ich das auch?“, meinte Bronschia selbstbewusst, als er schließlich vor dem einschüchternden großen Richtertisch stand. „Ich sehe es als Erlösung an.“
„Wirklich beachtlich“, gab Astianu zu, „wie du dir die ganze Situation so schönredest.“
„Mit Schönreden hat das überhaupt nichts am Hut“, sprach Bronschia.
„Entweder bist du ganz schön mutig, oder einfach nur verrückt … ich würde auf letzteres tippen!“, kicherte Astianu.
„Alles klar ...“, gab sich Bronschia überhaupt nicht interessiert.
„Deine Schauspielleistung wäre für Erdenverhältnisse nahezu perfekt“, kreischte John genervt, „aber mich kannst du nicht an der Nase herumführen! Du magst es dir eventuell selbst nicht einmal eingestehen, was für ein kleine verzweifelte Missgeburt du doch bist!“
„Sag, was immer du willst. Mir ist es egal – und es war mir schon immer egal …!“
„Du erzählst mir wieder Sachen, die ich schon längst weiß! Ich würde dies als Zeichen von Schwäche auswerten!“
„Werte doch aus, was du willst! Es interessiert mich nicht! Ich lass mich nicht wieder auf ein Wortgefecht mit dir ein … Das führt zu nichts!“
„Ich habe dein verdammtes Mundwerk schon immer gehasst“, brüllte John voller Hass, „aber ab heute wird es endlich für immer stillstehen, denn du kennst das Urteil für Verräter: Tod!“
„Dein Gekreische schüchtert mich nicht ein … und dein Richtertisch auch nicht, der wohl irgendwie den lächerlichen Eindruck erwecken soll, dass wir uns in einem wirklichen Strafgericht befinden. Ist das niedlich … Du hältst dich echt für den Größten, nicht?“
„Reiz mich nicht weiter! Ich wollte diese Clark-Familie erst vor deinen Augen töten lassen, aber diese Tragödie tue ich dir nicht an! Sei dankbar dafür!“
„Willst du jetzt etwa wirklich ein Danke von mir hören, du krankes Scheusal?“
„Nein“, meinte John, während er sich über den Richtertisch lehnte und aus heiterem Himmel in das bereits entstellte Gesicht des Engels Bronschia schlug, „dieser Zug ist ein für alle mal abgefahren! … In die tiefsten verlorenen Sümpfe des Höllenfeuers!“
Dann verstärkte John den Druck seiner geballten Faust und durchbohrte mit seinem langen spitzen Fingernagel das Gesicht vollständig. Bronschias Kopf war von seinem restlichen Körper abgetrennt worden und löste sich augenblicklich in Luft auf. Statt Blut stieg helles Licht aus dem restlichen Körper heraus, was sich John sofort schnappte und in seiner Hand ohne zu zögern zerquetschen ließ.
„Mögest du für alle Zeit in der ewigen Dunkelheit verschlungen sein, du dreckiges Miststück!“, kicherte John. „Ich will deine potthässliche Fratze niemals wieder zu Gesicht bekommen!“
„Die wirst du auch nicht mehr sehen“, meinte Astianu lächelnd.
„Richtig!“, sagte John, während er sich wieder zu seinen Soldaten wandte. „Und jetzt, meine Freunde, kümmern wir uns um die Clark-Familie und Plan B! An die Arbeit! Wir dürfen keine Zeit verlieren!“

Laura hatte sich derweil ins Wohnzimmer ihrer besten Freundin begeben. Jede Sekunde wünschte sich die junge Frau, dass das Treffen mit Bronschia niemals passiert wäre. Wie gern hätte sie doch ihr gemütliches Alltagsleben weiter geführt … und was passierte jetzt? Nun war Laura mit ihrer Familie vor kaltblütigen Wesen aus einer anderen Dimension auf der Flucht!
„Danke nochmal, dass wir für ein paar Tage bei dir untertauchen können“, sagte sie.
„Untertauchen vor was?“, wollte Miranda wissen. Die pure Neugier war ihr buchstäblich ins Gesicht geschrieben.
„Vor den Engeln …“, antwortete Laura ohne zu zögern.
Mirandas Augenbrauen schossen wie ein Blitz nach oben. „Wie jetzt?“
„Durch einen Entflohenen von ihnen konnten wir vieles in Erfahrung bringen“, fuhr Laura fort. „Wir sind die, die zu viel wissen ... Genau deswegen sind sie jetzt hinter uns her ...“
„Ist das dein Ernst …?“, stotterte Miranda mit zittriger Stimme.
„Mein Gott … ja! Diese kleinen Biester planen unsere Ausrottung! Alles, was sie uns erzählen, ist erstunken und erlogen!“
„Aber ich habe immer gedacht“, murmelte Miranda benommen, „dass sie unsere Retter in der Not sind ...“
„Nein, das sind sie ganz sicher nicht! John kann einfach nur große Reden schwingen …!“
„Ja, und was sollen wir jetzt machen?“
„Ich habe keine Ahnung … sie sind schließlich Bewohner einer viel höheren Dimensionsebene. Wie soll man bitte dagegen ankommen?“
„Aber irgendetwas müssen wir doch tun!“
„Wir können nur eins tun, Miranda: Auf Gott vertrauen ...“

Unterdessen befanden sich John und Astianu vollkommen in Gedanken versunken wieder am Himmel über Los Angeles. Ihre unzufriedenen Gesichter verabreichten jedem ihrer eifrig arbeitenden Soldaten regelrechte Schauer über die Rücken.
„Langsam ist es gar kein Wunder mehr, dass unsere Macht sich einfach nicht steigern will!“, stellte Astianu bestürzt fest. „Die Menschen senden ihre Gebete immer noch Gott zu, statt an uns! Wenn das so weitergeht, werden wir auf der Erde nicht mehr lange ausharren können …!“
„Sorge dich nicht um Sachen, die bald schon kein Problem mehr darstellen werden!“, meinte John mit selbstbewusster Stimme. „Wenn wir von den verruchten Missgeburten wirklich nichts erhalten, dann fangen wir einfach die Gebete ab, welche überhaupt auf Streife sind!“
„Und wie sollen wir das bewerkstelligen?“
„Das werde ich dir sagen: Wir erschaffen eine Blockade zwischen den höheren Dimensionsebenen und den Menschen! So wird die Kraft, die unserem Schöpfer gilt, automatisch zu uns geleitet!“
„Klingt vielversprechend … aber wie sollen wir eine Blockade errichten?“
„Denk doch mal logisch nach: Die erbärmliche Spezies Mensch an sich verströmt doch sicherlich nicht nur positive Energien, nicht wahr? Ihr alltägliches Leben ist geprägt durch Gier, Hass und Eifersucht. Das bringt natürlich auch schlechte Gedankengänge mit sich!“
„Auf was willst du hinaus, mein König?“
„Wir werden uns diese verhassten Energien unter den Nagel reißen, um dann anschließend mit ihnen den Verbindungstunnel zwischen Gott und Mensch zu verstopfen! So kommen wir an alle Gebete, die ausgeströmt werden!“
„Der Mensch wird sich sozusagen selbst das eigene Grab schaufeln!“, kicherte Astianu begeistert.
„Das wird er sich so oder so“, antwortete John. „Die Menschen haben sich mit ihrem eigenen System auf Erden bereits selbst krank gemacht! Ihre leicht zerbrechlichen Seelen sind durch den immer schneller werdenden Wirtschaftskreislauf einer großen Belastungsprobe ausgesetzt! Auf Dauer wirkt sich dies auch negativ auf den materiellen Körper aus! Wir sind es, die eigentlich nur noch den Schlussstein setzen müssen, der uns letzten Endes an die Spitze der höchsten Dimensionsebene krönen wird!“


Der Dämon

In der Zwischenzeit wurde Familie Clark bereits von den Soldatenengeln ausfindig gemacht. Astianu ließ selbstverständlich nicht lange auf sich warten und war schon dabei diese sehr guten Nachrichten an seinem Boss zu übermitteln.
„Der Aufenthalt der Familienmitglieder ist nicht länger geheim, mein König“, sprach er mit zufriedener Stimme. „Jetzt werden sie für ihr Wissen über uns ihre gerechte Strafe bekommen!“
„Das ist gut zu wissen“, entgegnete John mit strahlenden Augen.
„Und was sollen wir nun mit dem Trio anstellen?“
„Rein gar nichts“, meinte John lächelnd. „Ich will mir doch nicht an mickrigen Menschenseelen die Hände schmutzig machen. Wir lassen das einem Dämonen erledigen, den wir aus der Unterwelt zufällig aufschnappen konnten.“
„Ein Dämon? Ist es nicht auch für uns gefährlich, wenn wir ihn von den Ketten lassen?“
„Nein“, sprach John selbstbewusst. „Der grenzenlose Hass auf die menschliche Rasse wird ihn dazu veranlassen auf der Erde eine Weile zu verweilen und dort unvorstellbaren Schaden anzurichten! Sobald er für uns nicht mehr zu gebrauchen ist, lassen wir auch ihn von der Bildfläche verschwinden!“
„Sich mit Kreaturen der Macht der Dunkelheit einzulassen kann ich nicht gerade für sehr weise betrachten“, sagte Astianu.
„Deine Meinung interessiert hier nicht!“, brüllte John mit genervter Miene. „Sie ist vollkommen belanglos!“
„Gut“, gab Astianu schweren Herzens nach. „Dann vertraue ich deinem Urteil ...“
„Das kannst du trostlos, mein Guter. Ich weiß ganz genau, was ich zu tun habe!“
„Und das wäre?“
„Ich werde ein kleines Experiment starten“, antwortete der Anführer. „Ich wollte schon immer gern erfahren, wie viele schlimme Dinge passieren müssen, bis eine menschliche Seele von allein zu Grunde geht!“
„Und das willst du mit dem Dämonen erreichen?“
„Ganz genau. Außer Laura … soll er ausnahmslos jedes Mitglied der Clark-Familie ausradieren! Ich will sehen, wie die Frau langsam immer mehr und mehr eingeht, wenn sie den Tod ihrer liebsten Menschen durch ein erbarmungsloses Teufelsgeschöpf mit ansehen muss!“
„Damit schlagen wir auch gleichzeitig zwei Fliegen mit einer Klappe“, meinte Astianu mit eisigen Lächeln. „So bekommen wir auch noch mehr über die Psyche der Menschen raus!“
„Schlau erkannt. Wir gewinnen einen enormen Einblick in die menschliche Seele … was schließlich zwingend notwendig ist! Wir wollen ja auch einen perfekten Weg finden, sie innerhalb von Sekundenbruchteilen zu eliminieren!“

Zur selben Zeit verspürte Laura ein schrecklich unangenehmes Gefühl, welches ihr alles andere, als komplett fremd war. Haargenau diese unerklärbare Emotion kannte sie bereits beim allerersten Anblick von John am Himmel. Ihr war klar, dass irgendetwas Grausames auf dem Weg war. Lauras nachdenklicher Blick war Miranda nicht entgangen.
„Ist alles in Ordnung?“, wollte die besorgte Freundin wissen.
„Nein“, entgegnete Laura ohne jegliches Zögern. „Irgendetwas wird passieren ...“
„Wie ist das jetzt nun wieder gemeint?“
„Ich habe manchmal Vorahnungen“, murmelte Laura stotternd am ganzen Körper, „die in mir wahre Todesängste auslösen …“
„Hast du schon einmal mit Jerold darüber gesprochen?“
„Du kennst ihn doch … er meint nur die ganze Zeit, dass ich es ignorieren soll ...“
„Und glaubst du, dass das die richtige Lösung ist?“
„Nein, ganz sicher nicht … Wenn ich meine innere Stimme ignoriere, werden die Vorahnungen ein viel größeres Ausmaß erreichen ...“
„Was bedeutet das?“
„Das heißt, dass ich sie viel realer vor meinem geistigen Auge erlebe … es ist kaum zu beschreiben ...“
Urplötzlich gab es einen lauten Knall. Laura sprang wie von der Biene gestochen vom Sofa auf und rannte Richtung Bad, wo sie ihre Tochter vermutete. Als sie die Tür öffnete, erblickte die Mutter ihr regungsloses Kind auf dem Boden. Sarahs Augen strahlten keinen einzigen Lebensschimmer mehr aus. Ihr rot angeschwollenes Gesicht ließ beinahe keinen einzigen Centimeter ihres kleinen zerbrechlichen Gesichts mehr erkennen. Während die verzweifelte Laura ihre Tochter immer wieder versuchte wachzurütteln, bemerkte sie etliche eiskalte Windzüge an ihrer rechten Schulter.
„Ich habe sie umgebracht ---“, flüsterte das eiskalte Etwas in ihre Ohren. „Ich habe sie aus dem Leben gerissen ---“
„… WAS …?!“, kreischte Laura zu Tode erschrocken.
„Sie hat sich gewehrt ---“, fuhr die Stimme fort, „aber das hat keinen Sinn ---“
„Was bist du?“, weinte die Mutter, während sie sich verzweifelt an den leblosen Körper ihrer Tochter klammerte.
„Sie ist jetzt bei mir und wird unvorstellbare Höllenqualen erleiden ---“, flüsterte die Stimme. „Sie und ihr Vater gehören mir ---“
„Du verfluchtes Scheusal ...“, schrie die Mutter unter Tränen, während sie ihr Handy aus der Hosentasche packte und damit versuchte Jerold zu erreichen. Ihre verschwitzten Hände konnten vor lauter Panik und innerer Verzweiflung kaum noch die Tasten richtig tippen.
„Es ist auch für ihn zu spät ---“, murmelten die Windzüge. „Ich habe ihn auch zu mir geholt --- und irgendwann bist auch du dran ---“
In diesem Moment verschwanden die Windzüge wie aus dem Nichts und die Stimme gab keinen einzigen Ton mehr von sich. Laura konnte das gerade abgespielte Geschehen noch gar nicht richtig realisieren. Mehrfach stieß sie sich mit dem Kopf an den Spiegel und hoffte sehnsüchtig darauf endlich aus dem Alptraum aufzuwachen.
„Warum nur weckt mich niemand …?“, schrie sie aus vollen Leibeskräften, als sie plötzlich Miranda mit geschocktem Gesicht an der Tür stehen sah.
„Jetzt haben sie mir alles genommen ...“, brach Laura erneut in Tränen aus. „Diese verdammten Teufel haben mir alles genommen ...“

„Der Dämon konnte wieder zu seinem rechtmäßigen Platz zurückgebracht werden“, teilte Astianu derweil seinem stolzen Anführer mit. „Und wie erwartet zeigt die verzweifelte Mutter Laura bereits erste Anzeichen von verheerenden Selbstmordgedanken, die sie auf Erden sicherlich nicht mehr lange wandeln lassen werden!“
„Wie soll es auch anders sein?“, sprach John mit einem kindlichen Kichern. „Wir haben uns ihr nichtsnutziges Kind geschnappt! Ihr materieller Körper wird mit dieser neu eingetretenden Situation vollkommen überfordert sein! Ich kann dazu nur sagen: Eine Spezies, welche sich fast ausschießlich nur von Emotionen und Mitgefühl steuern lässt, hat auch nichts anderes, als pure Verzweiflung verdient!“
„Ganz deiner Meinung, Chef … nur hat es ein paar Schwierigkeiten betreffend ihres Ehemannes gegeben … Der Dämon konnte nur einen kleinen Teil von ihm in die Unterwelt abspalten …“
„Und was heißt das jetzt?“
„Er wird wahrscheinlich erst nach ein paar Stunden das Zeitliche segnen ...“
John lächelte. „Ist doch auch nicht schlecht!“
Mit diesen Worten schwenkte sein Blick auf einen anderen Engel, der soeben neben Astianu auftauchte.
„Mioskia“, lächelte John mit einem leichten Kopfnicken. „Du, als meine getreue zweite rechte Hand, bist mit der Überwachung von Plan B beauftragt worden! Was kannst du mir berichten?“
„Alles läuft wie geschmiert, mein Gebieter“, antwortete Mioskia mit einer respektvollen Verbeugung. „Auf diese Weise werden die Seelen der Menschen fast wie von selbst in unsere Hände fallen!“
„Und sobald der Schöpfer versuchen wird auch nur einen Finger gegen uns zu rühren“, sagte John selbstbewusst, „werden wir ihn rechtherzlich empfangen und sein sinnfreies System ein für alle mal zum Einsturz bringen!“


Unerwünschte Besucher

In der Zwischenzeit saß Laura immer noch unter Tränen in Mirandas Badezimmer. Einerseits fühlte sie ein entsetzliches Gefühl der Traurigkeit – andererseits einen gewaltigen Hass auf die Welt, den sie nur schlecht unter ihrer Kontrolle halten konnte. Oft verspürte sie den unwiderstehlichen Drang nach draußen auf die Straßen zu gehen und jeden Menschen, der ihr über den Weg lief, aus voller Kehle anzubrüllen – bis ihr letztendlich die Stimmbänder explodieren würden.
„John hat soeben sein eigenes Todesurteil unterschrieben …“, kreischte sie wie am Spieß.
Miranda befand sich noch immer an der Tür und wusste einfach nicht, was sie tun sollte. Auch schien sie die gesamte Situation noch gar nicht richtig realisieren zu können.
„Ich verspreche dir …“, murmelte Laura mit zittriger Stimme zu ihrer geschockten Freundin. „Ich werde den Tod meines Kindes rächen … und niemand wird mich davon abhalten können!“
„Ich werde dir zur Seite stehen!“, sagte Miranda fest entschlossen. „Schließlich bin ich deine beste Freundin ...“
„Nein!“, drang es aus Laura heraus. „Das geht nur mich etwas an … Außerdem hast du keinen blassen Schimmer, wie diese Engel vorgehen. Es wäre viel zu riskant ...“
„Aber ich kann doch nicht einfach hier tatenlos im Haus herumsitzen!“, meinte Miranda.
„Aber es wäre das Beste für dich … Wenn du dich weiter mit mir blicken lässt, wirst du dich nur unnötigen Gefahren aussetzen! Bitte sei nicht dumm und erspare dir das, okay? Ich will dich nicht noch mehr in diese Sache mit reinziehen ...“
„Aber wie willst du es bitte ganz allein mit diesen Wesen aufnehmen?“
„Mach dir mal darüber keine Sorgen“, versicherte Laura ihrer Freundin mit plötzlich sehr sicheren Stimme. „Ich werde einen Weg finden … und dann können diese Biester ihre letzten Gebete sprechen!“

Derweil füllte sich der Himmel stetig mit immer mehr und mehr Engeln. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, wo die Menschen von ihnen vollständig eingekreist worden waren.
„Jedes Gebet, was diese erbärmliche Spezies an Gott aussendet“, kicherte John an der Spitze einer pechschwarzen Wolke über Los Angeles, „fangen wir ab und ernähren uns solange davon, bis unsere Macht ins Unermessliche gestiegen ist! Nun wird es nicht mehr lange dauern, bis der Schöpfer in uns eine Bedrohung sehen wird … und dann haben wir endlich das, was wir schon immer wollten: SEINE AUFMERKSAMKEIT!“
„Wir sind aber anscheinend nicht die einzige Partei, die an den Seelen der Menschen interessiert ist“, meldete sich im selben Augenblick Astianu zu Wort.
„Wie ist das gemeint?“, wollte John mit genervter Gesichtsmiene wissen.
„Wie es aussieht scheinen immer mehr Dämonen aus niedrigeren Dimensionsebenen großen Gefallen an unserem Plan zu finden. Sie wollen etwas vom Kuchen abhaben ...“
„Das können die sich schon mal getrost abschminken!“, murmelte John. „Was fällt denen eigentlich ein sich in meine Pläne einzumischen und irgendetwas einzufordern?“
„Die Angst vor diesen Kreaturen ist unter unseren Leuten mehr, als nur spürbar, mein Gebieter … Solange wir noch nicht genau wissen, aus welcher Dimension sie nun wirklich kommen“, fügte Mioskia hinzu, „wäre es ratsam vorerst auf keinem ihrer Forderungen zu reagieren ...“
„Das wird wohl vorerst das Beste sein ...“, stimme John in Gedanken versunken zu. „Unüberlegte Handlungen gegenüber diesen Teufelswesen können wir uns unter gar keinen Umständen leisten ...“
„Der Versuch an jede Menschenseele zu kommen hat bis jetzt mehr Probleme hervorgerufen, als vorerst gedacht. Wenn sich bald noch mehr Dämonen zusammentun“, meinte Astianu mit eingezogenem Kopf, „müssen wir uns eventuell ganz und gar zurückziehen …“
„So weit wird es niemals kommen!“, versprach John zähneknirschend. „Niemand wird sich mir in den Weg stellen … nicht so kurz vor dem Ziel …!“

Unterdessen hatte Laura das Haus ihrer besten Freundin Miranda verlassen und war nun auf der Suche nach ihrem immer noch vermissten Mann Jerold. Noch hatte sie die Hoffnung ihn irgendwo putz und munter wieder zu sehen – egal, was auch die unheimliche Dämonenstimme in ihr Ohr geflüstert hatte.
„Ich werde dich finden, Jerold … bitte halte durch … egal, wo du auch steckst ...“
Sie konnte es sich nicht richtig erklären … aber irgendwie führte es sie zu einer abgelegenen kleinen Gasse. Vorsichtig setzte sie einen Fuß nach dem anderen, da sich wieder ein eigenartiges Gefühl in ihrem Bauch ankündigte. Haargenau diese Unsicherheit konnte sie im Moment nun wirklich nicht gebrauchen, denn schließlich könnte jede verschwendete Sekunde den Tod Jerolds bedeuten.
„Jetzt reiß dich doch endlich mal zusammen!“, murmelte sie zu sich selbst, während sie weiter in die dunkle Gasse hineintrat.
„Ein bisschen früher hätte ich dich schon erwartet …“, meinte im selben Moment eine leise Stimme sarkastisch.
Laura verlor beinahe das Bewusstsein. So sehr hatte sie sich noch nie im Leben erschreckt. Hysterisch drehte sie ihren rot angelaufenen Kopf zur Seite – und erblickte ihren Ehemann: Er lag blutüberströmt hinter einer Mülltonne. Trotz unbeschreiblicher Schmerzen rutschte ihm jedoch ein leichtes Grinsen heraus. „Ich wette … so hast du mich noch nie gesehen, Baby ...“
„Lass dein Gerede jetzt erstmal sein …“ Vorsichtig suchte Laura den gesamten Körper ihres Mannes nach Wunden ab. Ungläubig schüttelte sie beim zweiten Durchgang den Kopf.
„Keinerlei Anzeichen von Verletzungen … aber wo kommt dann bitte das ganze Blut her?“
„Keine Ahnung … Das Einzige, was ich noch weiß ... Ich wollte einen Spaziergang machen … Plötzlich fühlte ich einen entsetzlichen Schmerz an meiner Brust … und … dann wurde mir ganz schwarz vor Augen ...“
Laura schluckte tief. Sie wusste, dass sie ihm die Wahrheit über Sarah mitteilen musste. Deswegen machte die junge Frau noch einmal einen tiefen Atemzug und sprach: „John hat auf dich und unserer Tochter einen Dämonen gehetzt … Nicht einmal ich sah es kommen ...“
Jerolds Augenbrauen schossen wie eine Pistolenkugel nach oben. Nun war auch ihm der Schock anzumerken. „Also … hat er unseren Aufenthaltsort doch rausgekriegt … dieser verdammte Mistkerl …!“
„Ja … vorsichtshalber habe ich Miranda in ihrem Haus zurückgelassen …“
„Das war eine gute Entscheidung … und wie hat unsere Tochter den Dämonenangriff überstanden? … Bitte sag mir, dass ...“

Über den Wolken von Los Angeles betrachtete John erwartungsvoll die Millionen von kleinen leuchtenden Energiekugeln, welche von den Menschen abgesendet wurden. Jetzt lief ihm förmlich das Wasser im Mund zusammen. So siegessicher wie heute hatte sich der Engelsanführer noch nie gefühlt. Trotz der Dämonenbedrohung sah er noch keinerlei Grund seinen Plan in eine andere Richtung zu lenken. „Hier kommt wieder eine neue Ladung, meine Freunde! Lasst keins dieser Gebete entwischen, sonst kriegt ihr es mit mir zu tun!“
„Haben verstanden, Sir!“, antworteten die Soldaten, während sie ausnahmslos jedes ausgesandte Gebet in ihre pechschwarzen Taschen einsammelten. „Absolut gar nichts wird zum Schöpfer gelangen! Damit werden wir ihn bis zum Äußersten schwächen!“
„Nicht nur ihn …!“, kicherte John, während er sich stolz zu seinen beiden Dienern Astianu und Mioskia drehte. „Aus den gesammelten Gebeten bauen wir uns ein Schutzschild, um die lästigen Dämonen wieder zurückzutreiben und gleichzeitig erschaffen wir mit ihnen eine künstliche Brücke zur Dimension unseres unfähigen Schöpfers, um ihm endlich den Saft abzudrehen! Wir schlagen damit gleich zwei Fliegen mit einer Klappe!“
„Je mehr Gebete wir den Menschen jetzt wegnehmen“, fuhr Mioskia mit eiskaltem Lächeln fort, „desto schwächer und krankheitsanfälliger werden ihre ohnehin schon längst jämmerlichen Seelchen!“
„Damit sollten wir nun endlich die Aufmerksamkeit der höheren Dimensionen bekommen“, fügte Astianu mit voller Vorfreude hinzu, „die uns schon immer gebührt hat!“
„Eigentlich müssten wir uns bei den Menschen bedanken ...“, fiel John auf. „Ohne ihre Naivität hätten wir niemals Fuß in ihrer verseuchten Welt fassen können ... Damit haben sie sich ihr eigenes Aussterben eingebrockt! Auf irgendeine Art und Weise empfinde ich diese Erkenntnis höchst amüsant ...“

In der Zwischenzeit zogen schwarze Phantomgestalten mit glühend roten Augen ihren perfekt ausgeklügelten Kreis immer enger um die beschäftigten Engel der achten Dimension. Die Dämonen haben sich innerhalb von ein paar Sekunden verdreifacht und warteten ungeduldig auf den perfekten Zeitpunkt sich die Gebete und Seelen der Menschen unter den Nagel zu reißen.

Es dauerte nicht lange … und da war sich auch John der wachsenden Dämonenbedrohung bewusst. Jedoch schien er sich deswegen noch lange nicht unter Druck setzen zu lassen. Bei seiner rechten Hand, Astianu, sah alles ganz anders aus. Zitternd wie Espenlaub flog er an die Seite seines Anführers und versuchte durch ein leichtes Räuspern auf sich aufmerksam zu machen. Es dauerte einige Zeit, bis John ihn wirklich neben sich bemerkte.
„Was gibt es denn, Astianu? Du siehst besorgt aus.“
„Mir kommt es nur ein bisschen komisch vor, warum sie plötzlich so an unserer Beute interessiert sind ...“
„Weil wir einen von ihnen für unsere Zwecke benutzt haben. Ich kann mir keinen anderen Grund erklären ...“, entgegnete John ohne groß zu überlegen.
„Aber was sollen wir jetzt tun, Chef? … Wenn sie angreifen, haben wir nicht den Hauch einer Chance! Langsam, aber sicher droht die ganze Operation zu eskalieren … Diese Dämonen werden uns mit großer Wahrscheinlichkeit nichts mehr übrig lassen! Wir müssen uns irgendwie mehr Zeit verschaffen … Die Anzahl der bereits eingesammelten Gebete wird noch nicht ausreichen, um uns von hier wegzubringen und in die höheren Dimensionsebenen zu gelangen … und die Menschen werden so gut, wie schadensfrei bleiben! Das ist eine Schweinerei, die wir nicht auf uns sitzen lassen können!“
„Dann brauchen wir eben jemanden“, antwortete John noch ganz entspannt, „der mit den Dämonen verhandelt und sie für eine Weile hinhält!“
„Sollten wir uns dann dafür nicht vorsichtshalber einen Experten zu Rate ziehen?“
„Bronschia wäre der perfekte Kandidat dafür gewesen. Er hat auf diesem Gebiet sehr viel Erfahrung sammeln können ...“
„Wir hätten ihn doch etwas länger am Leben lassen sollen … Er war doch weit aus wertvoller, als wir zunächst gedacht haben. Bronschia war einer der Einzigen, der das Verhalten und die Sprache von Dämonen genauestens studiert und analysiert hat.“
„Dann holen wir uns diesen Verräter eben zurück!“, schoss es aus John wie ein Blitz heraus.
Astianu traute seinen Ohren nicht. „Du denkst jetzt nicht wirklich daran in die Vergangenheit zu reisen und ihn hierher zu holen, oder?“
„Mir bleibt keine andere Möglichkeit! Wir brauchen diesen Mistkerl nun mal!“
„Das ist doch verrückt …!“, meinte Astianu. „Wir haben nicht die Macht dazu die Zeit zu manipulieren!“
„Doch, die haben wir! … Vorerst müssen wir selbstverständlich noch ein paar Tests durchführen!“
„Um in die Vergangenheit reisen zu können“, sprach Astianu, „muss man exakt zwischen den Dimensionswellen schwimmen und dazu noch im richtigen Moment abspringen … Nur die höchsten Engel Gottes wären eventuell dazu in der Lage …“
„Davon lasse ich mich nicht beeindrucken! So leicht werde ich es diesen Biestern aus der Unterwelt nicht machen!“
„Wir müssen uns aber die Fakten ansehen …“
„Fakten haben mich noch nie in meinem Leben interessiert!“, kreischte John voll und ganz von sich überzeugt. „Ich werde dem Geheimnis der Zeitreise auf die Spur kommen! Koste es, was es wolle! Und ja, ich weiß, dass unsere Zeit knapp ist!“

Zur selben Zeit war Jerold kaum mehr ansprechbar. Laura musste ihm soeben klarmachen, dass sich seine Tochter Sarah nicht mehr am Leben befand. Nach dieser Nachricht schien er sich gedanklich nicht mehr in dieser Welt zu befinden.
„Egal, was auch passiert ist ...“, sagte Laura mit fest entschlossener Stimme, während sie ihrem Mann über die Wange streichelte. „Ich werde an deiner Seite bleiben … und niemals wieder werde ich dich alleine lassen …“
„Irgendetwas ist mit mir passiert ...“, gab Jerold mühsam von seinen Lippen. „Und es fühlt sich eigenartig an.“
„Wie meinst du das?“, fragte Laura.
„Ich empfinde keinerlei Emotionen … keinerlei Traurigkeit … auch wenn ich gerade von dir erfahren habe, dass Sarah nicht mehr unter uns weilt ...“
„Könntest du das bitte noch einmal wiederholen ...?“
„Irgendwie ist es mir egal …Was kümmert mich denn überhaupt dieses Kind?“, meinte Jerold mit einem unheimlichen Lächeln, was Laura das Blut in den Adern gefrieren ließ. „Es stand uns sowieso ständig im Weg! Wir sollten dem Schicksal dankbar sein, Schatz! Es hat uns einen großen Gefallen getan!“
„Nein … das hast du jetzt nicht gesagt …!“ Lauras verzweifelte Augen füllten sich mit Tränen und unvorstellbarer Wut. Ihr kam die schreckliche Erkenntnis, dass der Dämon noch viel mehr mit ihrem Mann angestellt hatte.


Bronschias Rückkehr

Zwei Augen öffneten sich.
„Wo … wo bin ich …?“, stöhnte eine Stimme kraftlos.
Ein Engel erwachte auf einer weißen Wolke über Los Angeles. Sein Gesicht sah so aus, als ob ihn ein Wirbelsturm stundenlang mitgerissen hätte. Das andauernde Schwindelgefühl war kaum in Worte zu fassen.
„Ich hoffe, dass du sehr schnell wieder dein richtiges Bewusstsein erlangst“, meinte John mit einem kühlen Lächeln. „Es war immerhin kein leichtes Unterfangen dich wieder zurückzuholen.“
„Wie ...?“ Erst langsam konnte Bronschia die Gegend um sich herum klar und deutlich erkennen. Grübelnd runzelte er sich die Stirn. „Was ist passiert ...?“
„Erinnerst du dich wirklich nicht? Ich habe dich umgebracht, mein lieber Junge!“, antwortete John. „Und glaub mir … es hat mir richtig Freude bereitet. Unglücklicherweise hat es ein paar Probleme mit ein paar unerwarteten Gästen gegeben, die uns ganz schön das Leben schwer machen.“
„Ich verstehe“, meinte Bronschia. „Deswegen habt ihr mich zurückgeholt! Und jetzt soll ich wieder die Drecksarbeit machen, nicht?“
„Wie hast du das nur erraten?“, kicherte John.
„Wir haben ein Angebot für dich, das du nicht ablehnen kannst“, meldete sich Astianu zu Wort. „Es ist ganz einfach: Wenn du uns die Dämonen vom Hals schaffst“, fuhr er fort, „werden wir dich mit großer Freude wieder bei uns aufnehmen. Deinen schlechten Ruf als Verräter hättest du somit los!“
„Hört sich wirklich ansprechend an“, gestand Bronschia. „Das muss ich schon zugeben … ihr müsst ja richtig verzweifelt sein! … Bekomme ich eine Bedenkzeit?“
„Bedenkzeit? Davon war nie die Rede!“, kreischte Astianu wie ein Verrückter.
„Immer mit der Ruhe ...“, murmelte John lächelnd, während er seiner rechten Hand auf die Schulter klopfte.
„Aber Chef … er will doch nur Zeit totschlagen, um uns damit immer mehr in die Bredouille zu bringen ...“, meinte Astianu wutentbrannt.
„Das ist mir auch schon klar. Jetzt komm erstmal wieder runter ...“, sprach John mit ruhiger Stimme. Dann wandte er sich wieder Bronschia zu. „Nun, es würde dich sicherlich interessieren, was während deiner Abwesenheit geschehen ist, nicht wahr?“
„Was heißt das nun wieder?“, wollte Bronschia wissen.
„Das heißt, dass eventuell etwas mit ein paar deiner Erdenfreunden passiert ist … Erinnerst du dich noch an das kleine Mädchen Sarah?“
Bronschia stockte der Atem.
Jetzt mischte sich Astianu wieder mit ein: „Kurz und schmerzlos: Wir haben einen Dämonen auf das Biest gehetzt und jetzt ist sie in den ewigen Jagdgründen!“
„Besser hätte ich es auch nicht sagen können“, meinte John sarkastisch.
„Ihr verdammten Monster …!“, brüllte Bronschia voller Hass. „Was bitte wollt ihr mit solchen Taten bezwecken? Nur um mich leiden zu sehen …?“
„In erster Linie ging es um die nähere Erforschung des menschlichen Durchhaltevermögens“, antwortete John. „Die junge Mutter Laura sollte als Testobjekt für dieses Experiment dienen. Durch den Tod ihres Kindes hat sich ein gewaltiger Hass in ihre Seele gezwängt. Wir kamen also zu dem Entschluss, dass sie von diesem Hass schon sehr bald verschlungen wird.“
„Na sehr schön … und seid ihr jetzt stolz auf euch?“, kreischte Bronschia aus Leibeskräften. „Gibt euch das jetzt ein tolles Gefühl? ... Ihr seid genauso wie Satans Gefolgsleute … und es wird nur noch eine Frage der Zeit sein, bis auch sie euch holen werden!“
„Wohl kaum, denn wir haben bereits mehr, als genug Macht!“, meinte Astianu. „Sieh dich doch nur mal um: Wir haben eine wahrhaftige Meisterleistung auf die Beine gestellt! Uns ist es gelungen eine vollkommen EIGENE Dimension zu erschaffen, in der wir untereinander eine EIGENE Armee aus ehrgeizig arbeitenden Engeln gründeten! Bisher haben das nur Gott und der Teufel hingekriegt!“
„Richtig … und beide stellen jeweils das Gute und das Böse dar. Nun frage ich mich … was stellt ihr dann bitte dar?“
„Eine Partei, die exakt in der Mitte angesiedelt ist!“, entgegnete Astianu ohne zu zögern.
„Nur mal so zur Info: Die Mitte gibt es nicht!“, fuhr Bronschia fort. „Ihr seid bemitleidenswerte verwirrte Kreaturen, die überhaupt keine Ahnung haben, wohin sie gehören!“
„Jetzt hast du es uns aber gegeben …!“, sagte John grinsend. „Aber lenk jetzt bitte nicht länger vom Thema ab: Du bist wieder hier, da deine Dienste benötigt werden!“
„Ich werde für euch keinen einzigen Finger rühren!“, sprach Bronschia. „Den Dämonenbesuch habt ihr euch selbst eingehandelt! Euer unbegründeter Hass auf die Menschheit und Gott zieht sie magisch an!“
„Das, was sie anlockt, sind wohl eher die gestohlenen Gebete!“, sprach John. „Und ich lasse nicht zu, dass sie mir diese wertvollen Energiekugeln wieder wegnehmen!“
Mit diesen Worten packte er Bronschia steinhart an der Kehle und murmelte: „Es ist ganz simpel, du kleiner Lackaffe: Entweder hilfst du uns, oder ich sorge höchstpersönlich für den Tod von Laura!“

„Du bist ja mal wieder sehr kreativ …!“, keuchte Bronschia, als er sich mühsam von Johns Griff befreite. „Kaum bin ich fünf Minuten wieder hier … und schon gehst du mir wieder mit deinen Drohungen auf den Sack! Ich hätte dir wirklich mehr Fantasie zugetraut.“
„Tut mir ja wirklich leid, dass ich deinen Vorstellungen nicht entspreche“, lächelte John mal wieder voller Sarkasmus. „Vielen Dank, dass du mir überhaupt etwas zutraust.“
„Bedank dich doch dafür nicht“, kicherte Bronschia. „Ich bin doch derjenige, der sich bedanken müsste.“
„Wieso denn das?“, wollte Astianu genervt wissen.
„Ihr habt mich zurückgeholt und jetzt kriege ich mit, wie sehr ihr in der Scheiße steckt! Das erfüllt mein Herz mit unbeschreiblicher Freude.“
„Mir reißt wirklich gleich der Geduldsfaden!“, warnte John, während sein Gesicht rot anlief.
„Aber es ist doch wahr! Ihr steckt in der Scheiße! Es stehen tausende von Dämonen vor der Tür und darüber hinaus verhält sich der Schöpfer nicht so, wie ihr es gerne hättet. Tja, das hatte ich euch gleich prophezeien können!“
„Und ich prophezeie dir, dass deine Erdenfreundin Laura schon sehr bald Geschichte sein wirst“, kreischte John, „wenn du nicht endlich tust, was man von dir verlangt!“
„Ach, und wie wollt ihr sie umbringen? Mithilfe eines Dämonen? Wenn ihr erneut einen von ihnen benutzt, werden seine Artgenossen nicht länger zögern und auf euch losgehen. Wollt ihr wirklich dieses Risiko eingehen?“
„Dann senden wir ihr eben schlechte Gedankenschwingungen, die sie zum Selbstmord treiben! Diese Option hätten wir auch noch!“, sagte Astianu.
„Das würde auch wieder Unmengen von Energie kosten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ihr auch nur ein kleines Stück entbehren könnt. Die Dämonen könnten jederzeit zum Angriff übergehen und dann braucht ihr jede noch so kleine Kraft!“
John kochte innerlich vor Wut. „Du strotzt vor Selbstbewusstsein … Du glaubst doch tatsächlich, dass du am längeren Hebel sitzt, nicht wahr?“
„Ich glaube es nicht“, entgegnete Bronschia. „Ich weiß es! Eure Existenz steht auf dem Spiel! Deswegen überlegt euch gefälligst gut, wie ihr mit mir umgeht!“
„Das werden wir wohl müssen ...“, murmelte John, während er sich wütend auf die Zunge biss.
Im selben Moment überkam Bronschia ein unübersehbares Grinsen, was sich über sein gesamtes Gesicht erstreckte. „Wer hätte gedacht, dass ich die Gelegenheit bekomme, dich noch einmal so zu reizen ...“
„Das war wohl für uns beide gleichermaßen unerwartet, du kleine Made ...“, knirschte John mit den Zähnen.
„Ich weiß … du würdest mich jetzt am liebsten erwürgen“, grinste Bronschia, „aber diesen Gedanken würde ich an deiner Stelle gleich wieder verwerfen.“
„Was, zum Teufel, verlangst du?“, fragte John schweren Herzens.
„Ich verlange lediglich, dass ihr die Menschheit in Ruhe lässt und endlich aufhört daran zu denken den Schöpfer zu stürzen. Das ist alles ...“
„Ist das nicht etwas zu viel des Guten?“
„Ganz sicher nicht!“, lächelte Bronschia. „Es sei denn … ihr hättet lieber Lust euch von den erbarmungslosen Dämonen auseinandernehmen zu lassen. Diesen Anblick würde ich mir nicht gern entgehen lassen.“
„Ich denke“, fuhr John nach einer kleinen Denkpause fort, „dass wir deinen Forderungen bestimmt nachkommen können.“
„Dann schwöre bitte darauf … dieser Wahnsinn muss wirklich langsam ein Ende haben ...“
„Das kann ich einrichten“, nickte der Anführer zustimmend. „Ich schwöre auf alles, was mir etwas bedeutet.“
„Und woher weiß ich, dass du mich nicht anlügst?“, fragte Bronschia unsicher.
„Hey, Kumpel … hundertprozentige Absicherungen gibt es nie … weder bei uns – noch bei den Menschen. Jetzt liegt alles in deiner Hand“, grinste John.
„Irgendetwas stinkt da ganz gewaltig!“
„Das Einzige, was hier stinkt, ist dein unbegründetes Misstrauen gegenüber meinem Versprechen.“
„Unbegründet? Soll das witzig sein? Seit wann bist du zu Späßen aufgelegt?“
John verdrehte genervt die Augen. Anschließend beugte er sich zu Astianu und flüsterte: „Eins ist so sicher wie das Amen in der gottverdammten Kirche: Sobald wir diesen missgeburtigen Nichtsnutz nicht mehr gebrauchen können, wird er unverzüglich unserem gefangenen Dämonen zum Fraß vorgeworfen!“
„Wird erledigt, Chef.“
„Und wenn wir uns von den Dämonen verabschiedet haben, können wir auch endlich das Ende der menschlichen Spezies einläuten!“
„Was habt ihr bitte da zu flüstern?“, dröhnte plötzlich Bronschias immer unsicher werdende Stimme.
„Rein gar nichts, du dummer Junge“, meinte John mit eiskaltem Lächeln. „Rein überhaupt nichts.“

Zur gleichen Zeit war Laura zu Miranda zurückgekehrt. Den Anblick ihres Mannes konnte sie nicht weiter ertragen. Ohne jegliche Gefühlsregung ließ sich die Frau auf das Sofa im Wohnzimmer fallen. Wie viele Welten sollten für sie bitte noch zusammenbrechen? Die Antwort wollte sie sich kaum vorstellen.
„Und hast du Jerold gefunden?“, wollte ihre Freundin wissen.
„Gefunden habe ich ihn …“
„Ja … und geht’s ihm gut?“
„Ich glaube nicht“, murmelte Laura in sich gekehrt. „Er hat keinerlei Emotionen mehr ...“
„Wie bitte?“
„Am Anfang, als ich ihn auf der Straße liegend gefunden habe, schien er noch ganz normal zu sein … nach nur ein paar Minuten jedoch veränderte sich seine gesamte Aura ...“
„Das wirst du dir nur eingebildet haben … Du standest schließlich unter Schock … Und wo ist er jetzt?“
„Kann ich nicht genau sagen … Ich bin weggelaufen.“
Miranda traute ihren Ohren nicht. „Habe ich mich gerade verhört? Du hast deinen Mann einfach zurückgelassen?“
„Das war nicht mehr mein Mann … und er wird es auch niemals wieder mehr sein … könnten wir es bitte darauf belassen …?“

Unterdessen stand Bronschia der Herde von Dämonen direkt gegenüber. Jegliche Angst versuchte er so gut wie möglich zu unterdrücken. Ihm war klar, dass diese Kreaturen aus der Unterwelt überhaupt nicht einzuschätzen waren. Jeden Moment war es möglich von einer unbarmherzigen Dunkelheit ergriffen und wer weiß, wohin verfrachtet zu werden.
„Ich kann nicht glauben, dass ich das wirklich mache ...“, murmelte er starr vor sich hin, während er sich vollen Mutes dem unheimlichen Geflüstere der Dämonen näherte. Seine Lippen waren steifgefroren, aber trotzdem versuchte er mit voller Überwindungskraft etwas von sich zu geben.
„Ich weiß, dass ihr an unseren eingesammelten Gebeten interessiert seid“, begann Bronschia. „Mit Sicherheit gibt es eine gerechte Einigung, so dass beide Seiten voll und ganz zufrieden sind.“
„Du hast ganz schön Mut mit uns zu verhandeln“, flüsterte eine von den unzähligen pechschwarzen Schatten.
„Unser Vorschlag lautet folgendermaßen: Ihr überlasst uns die gestohlenen Gebete … und im Gegenzug dazu erschafft euch John einen Durchgang zur Dimension der Menschen. Damit könnt ihr mit den Seelen dieser Spezies machen, was ihr wollt.“
John und seine rechte Hand verfolgten das Geschehen aus sicherer Entfernung.
„Bronschia macht seine Sache recht gut“, gestand Astianu. „Ich hätte nicht gedacht, dass er diesen Drecksjob für uns erledigt.“
„Ich auch nicht, aber das ist momentan völlig irrelevant. Seine Naivität wird ihm am Ende zum Verhängnis. Das ist das Einzige, was zählt!“, kicherte John. „Nicht zu fassen, dass er mir mein Versprechen wirklich abgekauft hat … wie kann man nur so dumm sein?“
„Früher schien er ja das krasse Gegenteil gewesen zu sein“, erinnerte sich Astianu. „Ich habe gedacht, dass solche gravierenden Änderungen immer nur auf Menschen zutreffen würden ...“
„Er hat wahrhaftig komplett die Seiten gewechselt … die Konsequenzen wird er sich niemals ausmalen können!“
Im selben Moment war eine unerträgliche Totenstille aufgetreten. Alle Blicke der Dämonen waren auf Bronschia gerichtet. Ihm war klar, dass jetzt alles passieren konnte.
„Nicht gerade eine sehr angenehme Situation“, sagte er zu sich selbst. „Nichts bleibt mir erspart ...“
„Wir sind einverstanden“, ertönte im Moment eine Stimme von ihnen. „Sorgt dafür, dass der Durchgang zur Menschenwelt innerhalb von drei Stunden bereitsteht! Ansonsten überlegen wir es uns ganz anders!“
Bronschia schnaufte erleichtert auf. Ehe er sich versah, haben sich die Dämonen wieder in die unendliche Dunkelheit zurückgezogen. Dieses Aufeinandertreffen hatte er sich wahrlich ganz anders vorgestellt.
„Man kann mit ihnen ja doch verhandeln ...“, lächelte er. „War doch gar nicht so schwer ...“
„So sieht es wohl aus“, meinte John zufrieden. „Wir sind dir zu ewigem Dank verpflichtet. Ich muss dich wirklich loben.“
Bronschia sah nun die Stunde der Wahrheit gekommen. „Lob mich nicht, sondern erfülle deinen Teil der Abmachung! Ich hoffe doch sehr, dass du ihn nicht vergessen hast ...“
„In einer Sache kann ich dich beruhigen: Vergessen habe ich ihn nicht!“, grinste John. „Aber leider halte ich nicht sehr viel von Abmachungen. Irgendwie steht mir das nicht.“
„Verdammt … das kannst du nicht tun …“, stotterte Bronschia wieder am ganzen Körper. „Du hast es versprochen!“
„Ach, du willst ein Versprechen?“, meinte John. „Okay, ich gebe dir hiermit ein Versprechen, das sich dieses Mal zu hundertprozentiger Sicherheit als wahr herausstellen wird: Ich werde die Menschheit an den Rand der Hölle bringen … und noch viel weiter, du dreckiges Schleimgehäuse!“
Jetzt waren Johns Soldaten nicht länger am zögern und begannen damit auf den wehrlosen Bronschia wie wild einzuschlagen.
„Prügelt ihn meinetwegen bis zur Unkenntlichkeit!“, rief John. „Lasst ihn aber noch am Leben, meine Freunde. Der Dämon will schließlich noch etwas an ihm zu knabbern haben!“
Nach diesen Worten begab sich John an einen ruhigen Ort hinter einer riesigen alleinstehenden Wolke. Voller Konzentration schloss er die Augen und schon katapultierte es ihn in eine grün leuchtende Paralleldimension. Mit vorsichtigen und zittrigen Flügelschlägen bahnte sich der Engel den Weg durch einen dicken Nebel – bis er schließlich an einer schwarzen Silhouette eines Kopfes ankam.
„Mein Herr“, begann John mit einer respektvollen Verbeugung. „Unser Ziel ist zum Greifen nah. Schon sehr bald wird der Pfad zur Schöpferdimension wieder begehbar sein.“


Der Angriff beginnt

Bronschia wurde derweil wieder in seine alte Gefängniszelle befördert. Mehrmals schlug er sich selbst in das Gesicht und ging zu Boden. Jetzt wollte er wirklich nur noch den Seelentod. Er konnte sich seine eigene Dummheit einfach nicht logisch erschließen.
„Du bist und bleibst eine wehrlose Marionette von mir!“, begann plötzlich John, der gerade wieder aus der Paralleldimension herausgekommen war. „Aber wir sind doch alle nur Marionetten, mein Freund … Marionetten, die ihren Meistern gehorchen müssen … Man kann sich sein Schicksal eben nicht raussuchen ...“
„Oman … bist du wieder schlau!“, murmelte Bronschia genervt vor sich hin.
„Und soll ich dir etwas verraten? Ich konnte dich früher wirklich gut leiden.“
„Weil ich früher eine exakte Kopie von dir war … so etwas ist unverzeihlich ...“
„Du hast mich erst auf die Idee gebracht die Schöpferdimension zu stürmen. Deine Ziele hatten Hand und Fuß ...“, sprach John. „Wir waren unzertrennlich … und dann musste ich einen sehr bedauerlichen Fehler machen ...“
„Dein sogenannter Fehler stellte sich für mich als die wunderschönste Erfahrung meines Lebens heraus!“
„Diese Erfahrung hat dir nur Probleme eingebrockt … und darauf bist du wohl auch noch stolz“, seufzte der Anführer. „Du bist schon ein armes Würstchen … aber vielleicht bekommst du ja doch noch die Erleuchtung, wenn all deine Menschenfreunde ins Gras gebissen haben!“
„Ich sag es nur noch einmal: Wir haben kein Recht über das Schicksal der Menschheit zu entscheiden! Das wird schon seine Gründe haben!“
„Gründe? Willst du damit ausdrücken, dass sich der Schöpfer seine grauen Zellen einmal angestrengt hat?“, lachte John. „Deine Wahnvorstellungen sind ja kaum mehr zu überbieten! Gerechtigkeit ist für deinen Gott ein Fremdwort! Es muss etwas gegen ihn unternommen werden! Niemals darf zugelassen werden, dass er noch länger an der Macht bleibt!“
„Du weißt nicht, was du anrichtest …“, sagte Bronschia. „Du hast wirklich überhaupt keinen Schimmer ...“
„Und wieder irrst du dich! Es wird nun mal erst Gerechtigkeit herrschen, wenn er sich vor unseren Gesetzen beugen muss!“
„Du kannst keine Dimension betreten, die du nicht verstehst … Keiner deiner Leute wird Schritt halten können ...“
„Das steht noch nicht fest!“, kreischte John. „Ihr jahrelanges Training wird sich bezahlt machen! Selbst der Schöpfer wird diese Tatsache nicht leugnen können!“
„Dein Vertrauen in deine Soldaten ist unglaublich ...“, gab Bronschia zu.
„Du wärst eine große Bereicherung für uns gewesen … Früher hätte ich dich wahrscheinlich zu meiner rechten Hand ernannt ...“
„Hör jetzt bitte mit diesem Gequatsche auf!“, brüllte Bronschia. „Ich will die Zeiten mit dir einfach nur noch vergessen!“
„Lächerlich! Du kannst nicht alle Spuren von mir beseitigen! Dir fehlt der Mumm, mein alter Kumpel!“
„Nenn mich nicht Kumpel!“
„Entschuldigung … war nicht meine Absicht“, lachte John.
„Na dann ist ja alles im grünen Bereich, du krankes Monstrum!“, meinte Bronschia.
„Wir müssen uns wirklich abgewöhnen Schimpfwörter zu benutzen“, fiel dem Anführer sarkastisch auf.
„Das dürfte sich wohl als sehr schwierig gestalten, nicht wahr?“
„Schwierig, aber sicherlich nicht komplett unmöglich“, lächelte John. „Immerhin sind wir doch erwachsene Engel.“
„Noch einmal zum mitschreiben: Du und … erwachsen? Bitte verschon mich doch endlich mit diesen schlechten Witzen ...“, flehte Bronschia. „Das wird wirklich langsam langweilig und ekelerregend ...“
„Was war auch sonst von mir zu erwarten?“, zwinkerte John mit seinen Augen. Jedoch war seine Freude nur von kurzer Dauer. Astianu kam mit blitzschnellen Flügelschlägen angebraust. Sein Gesichtsausdruck ließ nichts Gutes versprechen.
„Die Dämonen haben uns hinters Licht geführt“, flüsterte er seinem Chef hysterisch ins Ohr. „Fast all unsere Gebete haben sie mit sich genommen … Zuerst hat niemand der Wachen etwas davon bemerkt … diese Biester waren zu schnell ...“
John war geschockt. An die Dämonen hatte er überhaupt nicht mehr gedacht. Dieses Thema galt bereits als komplett abgeschlossen.
„Wir hatten mit diesen Dingern eine Abmachung! Das können sie nicht tun …!“
„Wenn ich ehrlich sein darf, mein König … Es passt einfach nicht zusammen, dass sich Wesen der Dunkelheit an irgendeine abgesprochene Abmachung halten … dieser Sache müssen wir ins Auge sehen ...“
„Na? Gibt’s Probleme?“, grinste Bronschia in seiner Zelle.
„Wir werden uns durch diesen Vorfall bestimmt nicht verunsichern lassen!“, meinte John.
„Chef … du willst also weiterhin auf die Schöpferdimension zusteuern …?“, fragte Astianu neugierig.
„Aber selbstverständlich ... Durch den enormen Verlust von Gebeten denkt sich der Schöpfer sicherlich, dass wir am Boden sind … aber dabei spornt es mich nur noch mehr an ihn zu eliminieren!“
„Unser Glück war wohl, dass uns die Dämonen noch ein paar Gebete übrig gelassen haben. Wahrscheinlich konnten sie nicht mehr von ihnen tragen.“
„Wundert mich nicht … diese kleinen entzückenden Kugeln bestehen ja auch aus einer enormen Ansammlung von heiliger Energie.“
„Und nun liegt es an uns diese Dinger in Waffen umzuwandeln!“, fügte Astianu hinzu.
„Richtig. Jetzt gilt es noch den abgrundtiefen Hass der Menschen einzusammeln und ihn auf schlaue Weise in die Gebete hineinzustampfen ... und schon können wir die heilige Mauer zwischen Gott und uns in tausend Stücke zerschmettern!“
„Wenn ich es recht bedenke … ist es vollkommen egal, wie viele Gebete wir noch besitzen. Solange wir nur genug Hass haben, ist alles unter Kontrolle! Er ist schließlich die Menge, die wirklich zählt!“
„Und den haben unsere fleißigen Soldaten bereits besorgt!“, lächelte John. „Egal, was auch passiert ist: Ich stelle fest, dass unsere Mission noch nie gefährdet war. Ist das nicht ein unbeschreibliches Gefühl?“
Bronschias Grinsen war bereits Geschichte.
„Na was ist denn los? Du strahlst ja gar nicht mehr ...“, bemerkte Astianu voller Freude. „Das Wetter bekommt dir wohl nicht!“
„Halt doch einfach die Klappe …“, seufzte Bronschia. „Oder hindert dich deine grenzenlose Dummheit daran?“
„Chef … haben Sie gehört, was dieser Bursche zu mir gesagt hat? Diesem Versager gehört wirklich noch einmal richtig das Maul gestopft!“
„Schluss jetzt mit euren kindischen Spielchen!“, kreischte John. „Wir haben uns jetzt um viel wichtigere Angelegenheiten zu kümmern! Der Meister verlangt einen ausführlichen Bericht von mir – sobald mit dem Verschmelzungsexperiment zwischen Hass und Gebete begonnen wird! Das Letzte, was wir jetzt gebrauchen können, sind eure kleinen unbedeutenden Differenzen!“
„Verstanden, Chef“, nickte Astianu. „Es war auch nie meine Absicht die Mission irgendwie sinnlos in die Länge zu ziehen ...“
„Das weiß ich doch“, lächelte John, während er seiner rechten Hand sanft auf die Schulter klopfte. „Deine Mitarbeit soll auch später belohnt werden.“
„Das ist doch nicht nötig, Chef ...“, kicherte Astianu künstlich. „Absolut nicht nötig. Das größte Geschenk hast du mir ja schon ausgehändigt.“
„Ach … und das wäre?“
„Na ja … Du hast mir erlaubt die ganze Zeit an deiner Seite stehen zu dürfen … deine Weisheit ist kaum in Worte umzusetzen, weil sie einfach zu perfekt ist ...“
„Sag mal, ist dir bekannt“, wollte John plötzlich genervt wissen, „dass der Meister nicht sonderlich viel von lästigen Schleimereien hält?“
„Der Meister? … Ja, mir wurde das gleich am Anfang mitgeteilt ...“
„Dann verhalte dich gefälligst auch ganz natürlich! Es ist schließlich nur zu deinem eigenen Besten!“, sagte John mit erhobenem Zeigefinger.
„Aber Chef … du redest so, als ob er sich bald wieder blicken lassen würde ...“, meinte Astianu. Sein Zittern am ganzen Körper war wieder aufgetaucht.
„Man sollte immer mit einem unangemeldeten Besuch von ihm rechnen! … Und jetzt hör schon auf wieder so zu stottern …!“
„Ich bitte um Verzeihung ...“, murmelte Astianu. „Ich kann es manchmal eben nicht richtig kontrollieren … es kommt und geht, wann auch immer es will ...“
„Dann arbeite daran! Und zwar sofort!“, brüllte John.

Unterdessen durchströmte ein helles Licht durch die offenen Wohnzimmerfenster. Laura und Miranda sprangen auf und verkrochen sich schweißgebanden unter den Tisch.
„Was soll das? Bin ich wirklich so furchteinflößend?“, rief eine Stimme.
Laura konnte sie sofort Bronschia zuordnen. Blitzschnell richtete sie sich wieder auf und betrachtete den Engel in der Mitte des Lichtkreises.
„Was macht ihr unter dem Tisch?“, wollte er wissen.
„Wir haben einen Angriff von Johns Soldaten erwartet“, antwortete Laura.
„Keine Sorge … die sind mit anderen Sachen beschäftigt. Der letzte Schritt ihrer Mission ist angelaufen … Ich muss mich kurz fassen, denn meine Kraft reicht nicht aus, um lange mit dir zu kommunizieren. In Wirklichkeit sitze ich angekettet in einer überaus unbequemen Gefängniszelle ...“
„Okay, schieß los ...“
„John wird mit seiner Armee bald die Dimension Gottes angreifen … ich werde nicht in der Lage sein ihn davon abzuhalten … aber du kannst es …!“
„Bronschia … hast du vergessen, dass ich nur ein Mensch bin? … Wie soll ich das bitte bewerkstelligen?“
„Ich weiß, deswegen möchte ich, dass du mit einem gewissen Ploiga Kontakt aufnimmst … er ist ein guter Menschenfreund von mir und eventuell dazu in der Lage, dich für eine bestimmte Zeit in die Dimension der Engel zu versetzen …“
„Ach … und dann soll ich also ganz allein gegen John und seinen Leuten antreten?“, lachte Laura.„Du wirst einen Weg finden … So sagt es die Prophezeiung ...“
„Mir ist das gerade wirklich alles zu viel … Was … was für eine Prophezeiung?“
„Zu wenig Zeit, dir das auch noch zu erklären … ich habe es leider zu spät erkannt ...“
„Okay … und sonst noch irgendetwas?“
„Ja … ich habe außerdem herausgefunden, dass John auch nur eine rechte Hand darstellt.“
„Das heißt, dass noch jemand über John steht ...“
„Richtig … aber wer oder was dieses Wesen ist, weiß ich nicht … Auf jeden Fall bleibt uns nicht mehr viel Zeit …“
Bronschias Erscheinung wurde immer unsichtbarer – bis sie schließlich endgültig verschwand.
„WARTE!“, rief plötzlich Laura. „Wie soll ich diesen Ploiga denn finden …?“

Inzwischen verrichtete jeder Engel eine tiefe Verbeugung. Ihr Meister war gekommen, um sich den Fall der Wand, die ihn noch von der Schöpferdimension trennte, mitanzusehen. Mit großen und selbstsicheren Schritten begab er sich vor seinen beiden loyalen Dienern John und Astianu.
„Mein Herr. Schön, Sie wieder begrüßen zu dürfen. Es ist uns eine große Ehre“, begrüßten sie ihn gleichzeitig. „Die Gebete sind für den Abschuss bereit. Die Soldaten warten jetzt nur noch auf Ihr Startzeichen.“
„Ihr habt es weit gebracht“, lobte eine große Gestalt, die komplett in einem schwarzen Umhang umhüllt war, „aber der eigentliche Kampf wird wohl erst noch beginnen. Die hohen Engel des Schöpfers werden ihr Revier, sobald die Wand gefallen ist, mit aller Kraft verteidigen. Damit wird das weitere Vordringen eine schwierige Angelegenheit.“
„Nicht mit unserer Geheimwaffe“, sagte John stolz. „Solch einen perfekt ausgeklügelten Angriff haben unsere Feinde noch nie gesehen!“
„Dann steht uns ja nichts mehr im Wege“, meinte die Phantomgestalt mit zufriedener Stimme. „Die Zeit des Wartens ist vorbei!“
„Endlich sagen Sie diesen großartigen Satz, ehrenwerter Meister ... Das ewige Versteckspiel muss auch jetzt endlich einmal aufhören!“, sprach John.
„Leider gab es ja genügend Verzögerungen! Die meisten von ihnen hätten wir uns erspart, wenn ein gewisser Engel niemals in unserer Gruppe aufgenommen worden wäre!“
„Niemand konnte Bronschias Verrat vorhersehen … Der Schock sitzt immer noch tief bei mir und meinen Leuten“, gestand John. „Sein falsches Handeln wird ihn teuer zu stehen kommen, ehrenwerter Herr!“
„Habt ihr euch schon eine passende Strafe für ihn ausgedacht?“, wollte der Meister neugierig wissen.
„Ja, das haben wir schon längst“, lächelte John.
„Und warum ist er dann noch am Leben?“
„Weil ich sein verzweifeltes Gesicht sehen möchte, wenn wir am Ende als Sieger hervorgehen ... Ist das in Ordnung für Sie …?“
„Die Erlaubnis wird dir mit Freude erteilt. Ich habe nichts dagegen“, lächelte das stockdunkle Gesicht in der Kapuze, „wenn du ihm eine tolle Show präsentieren willst.“
„Und wieder muss ich mich bei Ihnen bedanken, mein Herr“, verbeugte sich John.
Im selben Moment bewarfen die Engel die Wand mit den Gebeten, die zuvor mit Unmengen von Hass vollgestopft wurden und somit eine enorme Explosionskraft auslösten. Wie erwartet geriet die Wand stark ins Wanken. Große Risse waren bereits leicht erkennbar. Trotzdem dachte die Wand noch lange nicht daran einzustürzen.
„Wir brauchen noch einige Ladungen, ihr Idioten!“, kreischte John. „So leicht wird dieses Hindernis auch wieder nicht nachgeben! Zeigt unserem Meister doch mal, aus welchem Holz wir geschnitzt sind!“
Mehr und mehr mit Hass vollgestopfte Gebete wurden daraufhin auf die bereits beschädigte Mauer abgeworfen. Zwar zeigten sie Wirkung, aber es ging nur mäßig voran.
„Wie viele Einschläge verkraftet dieses verfluchte Ding denn noch? Die Mauer ist dicker, als gedacht!“, regte sich John auf.
„Du hast mal wieder überhaupt keine Geduld“, kritisierte die Gestalt in der finsteren Kapuze. „Denk daran: Bisher war Geduld unsere größte Stärke! Das darf man niemals vergessen.“
„Sie haben wirklich immer die passenden Worte, Herr“, meinte John. „Ich bin überglücklich, dass ich mich Ihnen anschließen konnte.“
Daraufhin beugte sich Astianu leicht zu ihm herüber und flüsterte: „Hast du nicht gesagt, dass man beim großen Meister niemals schleimen sollte …?! Oder habe ich tatsächlich etwas falsch verstanden?“
„Ein bisschen schadet nie“, grinste John. „Und jetzt hör auf mir ins Ohr zu flüstern! Er mag das überhaupt nicht, du Hornochse!“
„Wieso denn das?“
„Um Himmels Willen! Frag ihn doch selber!“

In der Zwischenzeit wusste Laura nicht, wie genau sie Bronschias Wunsch nachkommen sollte. Weder nannte er die Adresse des Mannes – noch irgendeinen anderen Anhaltspunkt, der hilfreich sein konnte. Auch ihre Freundin Miranda hatte keine geeignete Lösung auf das Problem parat. Plötzlich stand ein alter Mann mit Bart direkt vor ihnen. Zuerst bemerkten sie ihn durch das ganze Nachdenken gar nicht.
„Wie kommen Sie hier rein?“, kreischte Miranda erschrocken.
„Entschuldigt bitte die Störung … die Tür stand offen … ist hier zufällig eine gewisse Laura answesend?“
„Hängt ganz davon ab, wer Sie sind ...“, erkundigte sich Miranda vorsichtig.
„Ich bin Ploiga“, stellte sich der ältere Mann vor. „Ein Freund namens Bronschia hat mir in einer Vision mitgeteilt, dass ich hierher kommen soll.“
Laura konnte ihr Glück kaum fassen. Der Engel hatte bereits für das Zusammentreffen gesorgt.
„Ich bin die Person, nach der Sie suchen!“, meldete sie sich erleichtert zu Wort.
„Na wunderbar!“, lächelte Ploiga. „Auf meinem Kumpel Bronschia ist immer Verlass. Dann können wir ja gleich zum Wesentlichen kommen. Laut seinen Aussagen müssen wir uns sputen.“
„Er meinte, dass Sie in der Lage wären, mich in die Dimension der Engel zu befördern.“
„Richtig“, nickte der Mann. „Ich habe diese besondere Gabe von meiner Mutter geerbt. Aus irgendeinem Grund war ihr zweites Ich mit dem Engelsreich verbunden. Nur sehr wenigen Menschen wird diese Ehre zuteil.“
„Interessant … Und wie haben Sie dann Bronschia kennengelernt?“
„Er erschien mir immer wieder in Träumen, in denen er mich vor den fiesen Machenschaften seines noch damaligen Freundes John warnte.“
„Wie? Er und John waren einmal befreundet?“, staunte Laura.
„So ist es… Johns Egoismus und wahnsinniges Streben nach Macht ließ die Freundschaft aber nur von kurzer Dauer sein. Das ist wirklich sehr bedauerlich, denn Bronschia hatte ihn wirklich sehr lieb gewonnen.“
„Das ist mir alles sehr neu“, gestand Laura überrascht.
„Bronschia hat es mir auch erst sehr spät anvertraut.“
„Und ist die Reise mit gewissen Risiken verbunden?“
„Ja … Zum Beispiel kann ich nicht mit Sicherheit versprechen, dass Sie auch später wieder in ihrem materiellen Körper aufwachen werden.“
„Und gibt’s noch mehr Gefahren?“, fragte Laura.
„Ist anzunehmen. Niemand weiß, wie Ihre Seele auf diese neue Dimension genau reagieren wird. Vielleicht wird Sie diese Welt auch komplett abstoßen und Sie landen dann irgendwo in einem Paralleluniversum. Im Prinzip ist alles möglich. Seien Sie am besten auf alles gefasst.“
„Okay, habe verstanden ...“, sprach Laura vollen Mutes.


Dumm gelaufen

Gnadenlos wurde die Mauer weiter und weiter von den Soldaten mit Gebeten beschossen. Zur Schöpferdimension war es nicht mehr weit.
„Jetzt gilt es nur noch ein bisschen durchzuhalten!“, rief John. „Als Belohnung winkt euch unermessliche Macht, meine Freunde!“
„Ich kann den Thron Gottes bereits riechen!“, stieß Astianu voller Aufregung aus sich heraus.„Sobald das gesamte Universum nach unserer Pfeife tanzt, kann sich der Alte endgültig die Kugel geben!“
„Und das will ich um nichts in der Welt verpassen!“, lachte John. „Auf diesen Moment habe ich mein Leben lang gewartet!“
Bronschia konnte in seiner engen Zelle nichts weiter tun, als mit anzusehen, wie die Mauer immer weiter nachgab. Sehnlichst hoffte er, dass Laura den Seelensprung in diese Dimension gut überstanden hatte.
„Ich vertraue auf Ploigas Hypnosefähigkeiten voll und ganz ...“, sagte er zu sich selbst. „Warum mache ich mir dann diese Sorgen? Ich verstehe mich einfach nicht ...“
„Gewisse Zweifel sind ganz normal“, meinte plötzlich eine vertraute Stimme. Bronschia traute seinen Augen nicht: Laura stand direkt vor seiner Zelle.
„Ich habe keine Sekunde an dir gezweifelt ...“, meinte Bronschia. „Und ich dachte schon, dass ich zu viel erwartet habe.“
„Ich hole dich erstmal hier raus“, versprach Laura, während sie vesuchte die Gitterstäbe zu entfernen.
„Spar dir die Kraft“, seufzte Bronschia. „Nur Johns Wille kann sie zerstören lassen. Dagegen kommst du nicht an … Diese Gefängniszelle ist perfekt abgesichert. Verschwende damit nicht deine wertvolle Zeit! John und dieses Wesen werden sich jeden Moment Zugang zur Schöpferdimension verschaffen! Du musst sie unbedingt daran hindern!“
„Du hast mir immer noch nicht gesagt, wie ich das am besten bewältigen soll ...“
„Es wird dir bestimmt etwas einfallen! … Ich kann das klar und deutlich fühlen ...“, versicherte der Engel.
„Bronschia … also irgendwie beruhigt mich diese Aussage kein bisschen ...“

Unterdessen stürzte die riesige Mauer in sich zusammen. John schnaufte erleichtert auf. Der Weg zur allerhöchsten Dimension lag nun komplett frei. Auch den Soldaten war die Erleichterung nicht gerade schwer anzusehen. Das ständige Abwerfen der schweren Gebete ließ sie bis an die Grenzen ihres Durchhaltevermögens bringen. Jetzt waren sie viel zu erschöpft, um noch irgendeinen bedeutenden Kampf zu starten.
„Da haben wir noch einmal Schwein gehabt“, meinte John zu seinem Meister. „Bald wären uns noch alle restlichen Gebete ausgegangen … Dann hätten wir wieder ganz von vorne anfangen müssen.“
„Dieser unheimliche Gedanke wäre kaum zu ertragen gewesen!“, sprach die Gestalt im schwarzen Umhang. „Aber jetzt scheint das Glück endlich auf unserer Seite zu sein! … Und damit das Glück noch perfekter wird, benötige ich noch ein bisschen Energie, um gegen den Schöpfer ankommen zu können!“
„Wollten Sie sich das nicht für später aufheben?“, fragte John.
„Ich sehe jetzt keinen Grund mehr dazu ... Es soll mit ihnen hier und jetzt vorbei sein!“
„Dann wünsche ich Ihnen einen guten Appetit, allmächtiger Meister! Genießen Sie es!“, kicherte John mit eiskalter Miene, während er sich schon einmal langsam in sichere Entfernung begab.
„Was hat das nun wieder zu bedeuten?“, wollte Astianu wissen. „Haben sich die Pläne etwa schon wieder geändert?“
„Die Mauer liegt in Schutt und Asche! … Der große Herr kann euch jetzt nicht mehr gebrauchen! Ihr werdet sein Festmahl sein! Er muss doch schließlich vor dem Schöpfer eine gute Figur machen!“, rief John, der sein Lächeln einfach nicht unterdrücken konnte.
„Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder …?“, stotterte Astianu panisch. „Du und der Meister habt uns nur ausgenutzt ...?“
„Wonach sieht es wohl sonst aus, du Vollidiot?“
„Ich glaube das einfach nicht ...“
„Dann bist du noch dümmer, als ich gedacht habe!“, kicherte John. „Ich hätte es eigentlich wissen müssen! Was soll man auch anderes von dir erwarten, du nichtsnutziger Dreckhaufen?“
Den Soldaten stockte der Atem. Im selben Moment versprühte ihr Meister eine pechschwarze Substanz, die jeden der Engel blitzschnell leblos erstarren ließ. Anschließend wuchs der Mund in der stockdunklen Kapuze dieser Kreatur zu einer enormen Größe an und verschlang Astianu und die anderen Engel mit nur einen Bissen. Dieser ganze Prozess dauerte nicht einmal fünf Sekunden. Glücklicherweise blieb Laura dieser entsetzliche Anblick erspart, denn sie war immer noch damit beschäftigt, Bronschia aus seiner Zelle zu befreien.
„Irgendwie reicht mir das noch nicht ...“, murmelte der Meister, der sich plötzlich aus seinem Umhang befreite. Zum Vorschein kam ein kaum erkennbares Gesicht mit einem pechschwarzen Körper und glühend roten Augen. „Ich brauche eindeutig mehr Seelen! Man kann gegen den Schöpfer nie vorsichtig genug sein!“
„Wenn Sie auf Nummer sicher gehen wollen“, meldete sich John wieder zu Wort, „wird Bronschia auch noch dran glauben müssen! Dieser Verräter sollte sowieso schon längst tot sein! Er wird Ihnen bestimmt schmecken!“
„Das wird aber immer noch nicht genug sein“, meinte das Wesen.
„Immer noch nicht genug? Sind Sie sicher?“, fragte John langsam unruhig.
„Absolut!“ Im selben Augenblick öffnete die dunkle Kreatur wieder ihren Mund. Heraus trat wieder die schwarze Substanz. Diesmal lähmte sie John am ganzen Körper und sorgte für unbeschreibliche Schmerzen.
„Das … das ist doch nicht wirklich nötig, Chef ...“, kreischte John verzweifelt, während er sich versuchte zu wehren.
„Um den Schöpfer endlich zu stürzen, ist alles nötig! Das kannst du mir ruhig glauben, mein Junge!“
„Ich glaube Ihnen ja … aber ...“
„Es gibt kein aber!“, brüllte der Meister, als er auch John ohne mit der Wimper zu zucken verschlang. Seine Zähne bohrten sich auf brutalste Weise in die Seele des Engels und zerschmelzten sie binnen Sekunden.
„Das müsste ja jetzt wohl reichen!“, sagte die schwarze Kreatur. Ihre Größe hatte sich jetzt nach diesen unglaublichen Energieaufnahmen beinahe verdreifacht.

Im selben Moment verschwanden die Gitterstäbe an Bronschias Gefängniszelle.
„Was ist passiert?“, fragte Laura überrascht.
Bronschia war die Antwort sofort klar. „Dafür gibt es nur eine logische Erklärung: John scheint irgendwie nicht mehr zu existieren.“
„Du hast eine erstaunliche Beobachtungsgabe“, kreischte plötzlich die schwarze Kreatur, die wie von der Tarantel gestochen auf Laura und Bronschia zuraste. „Ich habe schon sehr viel von euch beiden Nervensägen gehört. Natürlich haben mich diese Berichte nicht gerade sehr positiv gestimmt … Sobald ich euch auch aufgesaugt habe, wird mich selbst der Schöpfer nicht mehr aufhalten können!“
Urplötzlich wurde das stockdunkle Ungetüm immer durchsichtiger und durchsichtiger. „Was passiert jetzt?“, kreischte es zu Tode erschrocken.
„Da hat wohl jemand zu viel Energie auf einmal verschlungen“, lächelte Bronschia. „Ich hatte gehofft, dass das passiert!“
„Was? Was sagst du da …?“ Mit diesen Worten löste sich die Kreatur im puren Nichts auf. Der Engel konnte sein Glück noch nicht fassen.
„Da haben wir ja noch einmal richtig Schwein gehabt ...“
„Sieht wohl so aus … Und was war nun bitte mein Job an dieser ganzen Sache gewesen?“, wollte Laura verwirrt wissen.
„Hmm ...“, rätselte Bronschia mit einem leichten Grinsen. „Eine gute Frage ..."

Ende

 

Hallo HollywoodOni,

"(...) Und was war nun bitte mein Job an dieser ganzen Sache gewesen?"
, fragte der verwirrte Leser.

 

Hey Alaglast,

danke für dein Kommentar. Leider weiß ich nicht genau, was du mir sagen willst o_o

Liebe Grüße
HollywoodOni

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo HollywoodOni,

ja, was Alaglast genau meinte, ich weiß es nicht, hoffe, er antwortet dir noch, denn so ein Satz allein, naja.
Was er aber meinen könnte, das ist, dass du schon allein mit der Länge der Geschichte und dem vielen Hin- und Herspringen und der ausufernden Beschreibung von Ereignissen, die man nicht nachvollziehen kann, den Leser strapazierst. Ich weiß, das ist ein hartes Urteil, wenn man sich doch Mühe gegeben hat wie du mit dieser echt langen Geschichte, aber ich fürchte echt, du musst, was das Schreiben betrifft, so ziemlich zu den Basics zurück.

Ich finde, du hast schon eine Menge abgefahrener Ideen, das meine ich als erst mal als Lob. Allein die Idee, ein Haufen Engel kommt auf die Erde und hat dann Schwierigkeiten mit der Medienpräsenz, sie können die Menschen nicht recht medial überzeugen, so dass die das Demonstrieren gegen Engel anfangen, das allein ist schon für eine Geschichte gut.
Oder die Idee, dass Engel kommen, einen auf Glück, Frieden und Frohsinn machen und in Wirklichkeit den Menschen die Energie absaugen wollen, um den lieben Gott vom Stuhl zu stoßen. Auch daraus könnte man was machen.

Das Problem ist aber, dass du das dann mit so vielen anderen Ideen verknüpfst, wie z. B. dem guten gefallenen Engel undundund dass man die Übersicht verliert, weil Logik, Nachvollziehbarkeit der Handlung, Motove etc fehlen.
Ich glaube, das ist für jemanden, der noch nicht so lange schreibt, einfach viel zu viel, so ein eig langer plot. Mir fällt beim Durchsehen der ersten Stellen einfach auf, dass da Bilder sind, die du sprachlich noch gar nicht auserzählt hast. Das geht gleich mal mit dem ersten Auftreten der Engel los.
Und es ist ja auch nicht so, dass dir nur die Geschichte aus dem Ruder gelaufen wäre, sondern auch die Charakterzeichnungen sind noch nicht gelungen. Das betrifft den Ehemann, die Laura auch der Chef von der Engelssippe ist so gar nicht geglückt. Er soll ja dämonisch und gemein wirken, aber es klappt nicht dadurch, dass man ihn fies lachen und ein bisschen rumdrohen lässt, sobald sein Untergebener mal nicht sofort gehorcht.
Und nicht zuletzt kommt dann der Stil, auch an dem solltest du noch arbeiten. Und zwar dringend. Das ist so ziemlich das allererste.
Da gibt es viele zu allgemeine Formulierungen, grammatikalische Ungenauigkeiten und ab und zu unpräzise oder unfreiwillig komische Formulierungen.
Insgesamt hatte ich den Eindruck, dass du ein bisschen drauflosschreibst, dir wenig überlegst und planst. Noch nicht mal die Stimmung der Geschichte ist durchgehalten. Soll es spanned sein? Oder witzig?

Ich hoffe immer noch, dass du nicht aufgibst, jemand, der nach harter Kritik (wie nach deinen letzten geschichten) immer noch weiter macht, hat es verdient, dass man ein bisschen genauer draufschaut.

Exakt um 12 Uhr mittags veranlasste ein seltsames Gefühl die gesamten Bewohner von Los Angeles dazu KOMMA in den sich plötzlich aufhellenden Himmel zu sehen. Im selben Moment hatte jeder wie gebannt seinen Blick auf eine kleine weiße Wolke gerichtet, aus der eine menschenähnliche Kreatur mit weißen Flügeln erschien.

gesamten kann man weglassen.
hatte jeder gebannt gerichtet = erstens stimmt die Zeit hier nicht, und wenns nicht nötig ist, dann niemals Plusquamperfekt schreiben. Es klingt immer blöder als Präteritum. Und dann Blick gebannt richten - das ist eine distanzierte Ausdrucksweise. Such dir lieber ein Verb, das dieses blicken besser ausdrückt, intensiver und aktiver ist. Starren, stieren, glotzen, was weiß ich, selbst blicken finde ich besser als Blick richten .

Die Szene könnte durchaus eindrucksvoller werden. Lass doch die Menschen auf die Straße treten, verdunkele vielleicht den Himmel, so dass die Wolke besser rauskommt. Und es fehlt völlig das Staunen der Leute. Stell dir mal die Panik vor, wenn da ein paar Typen auf einer Wolke aufkreuzen, das muss man doch ein bisschen auserzählen. Vielleicht erzählst du es sogar gleich aus Lauras Sicht.

Meine lieben Freunde“, verkündete der aufleuchtende Engel mit den lockigen schwarzen Haaren, der lächelnd in die erstaunten Augen der Menschen sah und dabei seine Arme ausstreckte, „mein Name ist John. Es ist mir und meinen Leuten eine große Ehre endlich vor euren Augen erscheinen zu dürfen. (...)Schon sehr bald wird der Mensch den nächsten Schritt seines Seelendaseins erreichen und somit einen der wichtigsten Plätze im gesamten Universum einnehmen.“

aufleuchtender Engel, das ist unglücklich ausgedrückt, er ist doch keine Glühbirne.
Und dann die Rede von John, wen soll das denn hinter dem Ofen vorlocken. Das ist so ein allgemeiner Kram, die wollen doch als Heilsbringer auftauchen, und nicht so allgemein rumschwafeln, die müssen die Menschen an irgendwas packen. Und John. Also nee.


Laura Clark konnte wie all die anderen Menschen diese Erscheinung kaum in Worte fassen. Mehrmals zwickte sie sich am ganzen Körper, um die Gewissheit zu haben, dass sie nicht in einem unbedeutenden Tagtraum versunken war. Jedoch entsprang das Geschehen vor ihren beiden ungläubigen Augen der puren Realität! Als sie sich endlich dieser unbeschreiblichen Sache hundertprozentig klar war, fasste sie sich an ihren Kreuz-Anhänger um den Hals und lächelte. Sie sah hinunter zu ihrer kleinen Tochter Sarah und nahm sanft ihre Hand.

kaum in Worte fassen ist doch nicht der Punkt, sie glaubt doch gar nicht, was sie sieht. Und es ist kein unbedeutender Tagtraum, den sie befürchtet. jedoch entsprang ist zu kompliziert ausgedrückt.


Lauras Lächeln war bereits seit einigen Sekunden wieder verschwunden. Irgendetwas schien ihr nicht geheuer. Das urplötzlich auftretende Gefühl von völliger Hilflosigkeit war für sie kaum erklärbar.
war verschwunden. Warum nicht verschwand?
Und warum verschwand es? Du behauptst das einfach, wär doch mal spannend gewesen, woraus sie ihr Misstrauen bezieht.
Was ist gemeint mit dem Gefühl der Hilflosigkeit? Ist es das, was sie misstrauisch macht?

„Die Erleuchtung ist nahe, meine lieben Freunde“, beendete John seine Worte mit einem leichten Lächeln, „und die Antwort über den Sinn des Lebens ebenso. Ich freue mich, dass wir, Engel, endlich auf euch, Menschen, aufeinanderstoßen dürfen und voneinander sehr viele nützliche Sachen lernen können.“
Ne, das ist alles unfreiwillig komisch.
Die Antwort auf den Sinn des Lebens ist spätestens seit Douglas Adams geklärt. Und der nächste Satz ist grammatikalisch durcheinandergewurstelt.
auf euch Menschen aufeinanderstoßen dürfen - auf euch Menschen stoßen oder auf euch Menschen treffen.
Voneinader nützliche Sachen lernen können, na das klingt wie eine Verlegenheitslösung. Wie soll man denn so einemzuhören wollen oder ihm trauen, den lässt man doch auf der Wolke versaften.

Nach diesen Worten flog Engel John wieder in die kleine weiße Wolke, aus die er einst gekommen war, und verschwand.
Engel John, das klingt automatisch nur komisch. Jeder mögliche Schrecken ist damit futsch. Und einst gebraucht man dann, wenn viel Zeit vergangen ist, so ein halbes Jahrhundert und nicht zehn Minuten.
Und: aus der er einst gekommen war, nicht aus die (hab ich erst nachträglich eingefügt, weil ichs vergessen hatte)

Sarah sah wieder zu ihrer mittlerweile immer steifer gewordenen Mutter Laura und fragte: „John kommt doch wieder, oder?“
„Aber natürlich, mein Schatz. Da bin ich mir sicher. Er wird sich bestimmt nur eine kleine Auszeit nehmen ...“
Auszeit nehmen - das passt nicht, wenn eine Mutter ihrer Tochter gerade das Verschwinden eines Engels erklärt.
immer steifer geworden - passt hier nicht, sie friert doch nicht ein, lass das Mädchendie Mama berühren und die Kleine spürt ihre Anspannung oder so.

Währenddessen fand sich John in einer stockdunklen Umgebung wieder, die einem schier endlos langen Sumpf ähnelte. Verlorene Seelen streiften ziellos durch den dicken Nebel, der sich an jeden Fleck dieser Dimension festgesetzt hatte.
„Und schon ist man mal wieder daheim ...“, seufzte John in sich hinein, während er in die trostlose Ferne sah. „Wird Zeit, dass etwas passiert …

Hier merkt man es ganz deutlich. Du bist einfach sehr sehr unentschieden, ob du eine spannende oder eine witzige story schreiben willst.
Außerdem wieder eine wenig stimmungsvolle Beschreibung. Ich denke fast, das liegt daran, dass du dich nicht entschieden hast. Überleg doch selbst mal, was dich ängstlich machen würde. Und das benutzt du dann für diese eklige Dimension. Ist doch jeder schon mal in den Keller gegangen und hat sich einen Stock mitgenommen, wenn er allein im Haus war. Diese düstere Dimension, das muss man ein bisschen atmosphärischer beschreiben.


Johns Augen formten sich zu einem völlig verhassten Blick. „Ich würde das unserem Schöpfer nicht raten! Einen weiteren Fehlversuch soll er sich bei mir ja nicht leisten!“
Also das klingt ein bisschen hysterisch, wie ein hilfloses Kind, das Drohungen susstößt, die eh keiner ernst nimmt. Der sitzt fest in diesem Nebelloch, ist von Gott da reingesteckt worden und jetzt motzt er größenwahnsinnig gegen den, der ihn dahin verbannt hat? Das klingt nicht sehr mächtig.


Das Verhältnis zwischen diesem Ehepaar ist schon sehr merkwürdig. Der Gatte geht ja bei allem in die Luft und völlig unvorhergesehen. Seine Abgenervtheit ist für den Leser schwer nachvollziehbar. Entweder geht seine Frau ihm schon seit langem auf die Eier, dann fragt man sich, warum die überhaupt noch zusamme sind. Oder du willst schildern, dass es zwischen den beiden anfängt zu kriseln, weil er eine andere Meinung über die Engel hat. Dass er so hysterisch dann rumkreischt, also das ist null nachvollziehbar.

Ich könnte das noch ewig so weitermachen.

Mein Rat ist: Ich denke, du solltest einfach mal kleinere Brötchen backen, dir einen Aspekt aus der Engelgeschichte nehmen, also die ganze Geschichte auf ein Drittel kürzen, schon allein inhaltlich. Dir einen Schwerpunkt setzen. Eine Atmosphäre festlegen. Und dann am Stil arbeiten, die sprachlichen Holperer aufspüren, versuchen präziser zu werden und wenn du schon dabei bist vielleicht die Charaktere, die dann noch übrig geblieben sind, ein wenig nachvollziehbarer machen, würde mir immer überlegen, ob das eigentlich dich persönlich ansprechen würde, wenn dir einer so käme wie die Person, die du gerade am Wickel hast.

Und einen Tipp noch, wenn ich so was Langes geschrieben habe, lass ich es erstens eine Zeit lang liegen. So abgehangen hat man eine größere Distanz zu dem Geschriebenen. Und außerdem lese ich mir den Text immer laut vor. Wenn du ein kleines bisschen darauf achtest, wirst du merken, dass du an bestimmten Stellen stolperst. Die Zunge ist oft ein bisschen schlauer als das Hirn :) Weil man spürt, dass das irgendwie komisch klingt, oder es wiederholt sich was. Laut lesen ist wirklich ein unheimlich gutes Korrektiv. Man muss sich nur darauf einlassen.

Wünsch dir weiter viel Erfolg ud viel Spaß
Grüße von der Novak

 

Hi HollywoodOni!

Ich hab mich beim Lesen deines Textes gefragt, wie alt du bist und ob Deutsch deine Muttersprache ist. Sprachliche Unbeholfenheiten und Grammatikfehler ziehen sich komplett durch. Also entweder hast du massiv geschludert oder du weißt es wirklich nicht besser.
Wenn das geschludert ist: lies um Himmels Willen Korrektur.
Wenn du es wirklich nicht besser weißt: besorg dir jemanden, der deine Texte korrigiert bevor du sie hier einstellst.
Oder finde dich damit ab, dass du bald keine Leser für deine Texte findest.
Was ja blöd wäre.

Novak hat dir einen sehr ausführlichen Kommentar geschrieben (und sich sogar die Zeit genommen, ein paar Grammatikfehler rauszusuchen! gar edle Tat!), ich hoffe, du kannst daraus was für dich mitnehmen.
Ich schließe mich Novak an:
1.) BRING DEINE SPRACHE AUF VORDERMANN.
2.) Verheb dich nicht gleich, versuch einen kürzeren Text, vielleicht zwei Figuren, wenige Szenen.
3.) Mein Vorschlag wäre, hör mit deinen Witzeleien auf. Absolut jede Dialogzeile in diesem Text hier ist hoffnungslos albern - albern, ohne witzig zu sein. Der plot ist vermutlich ernst gemeint. Die Mischung funktioniert nicht. Mein Vorschlag also: Probier es mal mit einem Text, bei dem du dir vornimmst, wirklich jedes Gefühl beim Leser hervorzurufen AUßER Belustigung. Das gelingt dir im Moment nämlich überhaupt nicht gut, lustig sein. Probier mal einen ernstgemeinten Horrortext meinetwegen, was Spannendes, oder irgendwas, was den Leser betroffen und nachdenklich macht oder ...

Ich hab unter deine anderen Texte geguckt, und stimmt schon, dass du nach so hartem Gegenwind nicht aufgibst, das verdient Respekt. Das mein ich ernst. Wenn du in Zukunft mit derselben Hartnäckigkeit an die Verbesserung deiner Texte gehst, müsstest du beim Schreiben eigentlich schnell Fortschritte machen.

Toi toi toi! :)

PS: Du hast zwar "Hollywood" im nick, aber müssen die Engel ausgerechnet in die Stadt der Engel einfallen? Dieser Gag ist schon so oft verwurstet worden ...

 

Hallo nochmal,

entschuldige meinen kryptischen ersten Beitrag, HollywoodOni, aber dein Text war so vollkommen unreflektiert, dass er mich aus dem Konzept geworfen hat.

Die Sätze brettern die Geschichte entlang und bremsen für niemanden, nichtmal für die Charaktere, die sie beschreiben sollten. Immer Vollgas. Dein scheinbar sorgenfreier Umgang mit dem Schreiben war charmant, aber irgendwie betäubend.

Vielleicht wäre es gut, wenn du einen Gang runter schaltest: Ein Thema, wenige Charaktere, langsames Tempo, weniger Umfang. Mach dir einen Plan, wo du mit der Geschichte hin willst und nach jedem Absatz nochmal kurz überlegen: führt mich der zum Ziel? Wenn nicht, umschreiben oder rauswerfen.

Grüße

 

So, nach einer etwas längeren Abwesenheit bin ich wieder da.
Zunächst einmal möchte ich mich bei Alaglast, Möchtegern und Novak bedanken, dass sie diese etwas zu lange Geschichte kommentiert und auch Verbesserungsvorschläge erwähnt haben.
Ja, ich werde mir Gedanken machen, wie ich die Geschichte am besten kürzen und die unnötigen Sachen herausstreichen könnte. Auch werde ich mir Möchtegerns 3 Ratschläge zu Herzen nehmen und mir darüber Gedanken machen.
Am meisten möchte ich mich bei Novak bedanken, der sich jede Menge Textteile herausgesucht und ausführlich kommentiert hat. Ich werde diese Teile umgehend umschreiben und verbessern.

Mit freundlichen Grüßen
HollywoodOni

 

Hallo,

aus dem Anlass, dass ich die Geschichte gestern abend (ganz) gelesen habe, hier meine erste (Laien-)Kritik.

Die Grundidee der Geschichte finde ich gar nicht so schlecht. Handwerklich gibt es aber, wie die Vorposter schon angemerkt haben, einige Mängel.

Mich hat besonders gestört, dass die Protagonisten die ganze Zeit durch die Gegend "schreien", "kreischen" usw. Irgendwann muss doch auch mal Ruhe einkehren. Die Schreie sollte man sich für wirkliche Höhepunkte aufheben...

Auch an den Charakteren sollte gearbeitet werden. "John" ist ein vollkommen eindimensionaler lupenreiner Bösewicht. Das ist zwar in Hollywood-Filmen ein gern genutztes Stilmittel, mir sagt es aber überhaupt nicht zu, in "gedruckter" Literatur noch weniger. Dann dieser "Bronschia", der ja vor Naivität nur so strotzt und trotzdem am Ende irgendwie (unrealistischerweise) als Sieger dasteht. Die Freundschaft zwischen den beiden in der Vergangenheit könnte auch besser herausgearbeitet werden. Auch die Menschen - Laura Clark weiß alles von Beginn an, der Ehemann staucht sie nur zusammen. Da fehlen bei einer Geschichte dieser Länge echte Konflikte und Entwicklungen. Die Idee mit der Demonstration gegen die Engel hat mir dagegen sehr gefallen ;)

Auch wartet man am Ende tatsächlich darauf, wass die Frau nun jetzt da in der 8. Dimension eigentlich soll. Nichts? Das ist für den Leser enttäuschend und klingt nach Verlegenheitslösung.

Wie gesagt, die Idee gefällt mir aber prinzipiell.

Alles unter dem Vorbehalt, das ich literaturmäßig Laie bin...

Gruß
voyageur

 

Hallo voyageur!

Vielen Dank schon mal, dass du dir die Zeit genommen hast, diese lange Story durchzulesen und auch noch eine ausführliche Kritik abzugeben. Hat mich gefreut. :)
Ja, an sich mangelt es mir nicht an schlechten Ideen - an der Umsetzung hapert es eben etwas ... Ich werde mir noch einmal alle Kritiken durch den Kopf gehen lassen und überlegen, was ich aus dem Werk noch so alles machen könnte.

Mit freundlichen Grüßen
HollywoodOni

 

Hallo HollywoodOni,

Deine Geschichte war für mich anfangs recht spannend und ich habe voller Eifer weitergelesen. Dann habe ich den roten Faden verloren und bin bei "der Angriff beginnt" komplett ausgestiegen.
Ich bin hier auch kein Profi und neige ebenfalls dazu, viel zu viel in eine Story reinzupacken. Ich glaube, es ist wichtig, sich auf das WESENTLICHE der Handlung zu konzentrieren und alle Nebenschauplätze und unnötige Erklärungen zu vermeiden.
Ich mag Deine Geschichte und die dahinterliegende Idee, aber bitte mach sie etwas leserfreundlicher und kürze den Text.
Ich weiß nicht, was Du bisher schon geändert hast. Mein Kommentar bezieht sich auf die aktuell hier vorliegende Version.

Grüße
mamamauzi

 

Hallo mamamauzi! :)

Vielen Dank, dass du die Geschichte so weit gelesen hast. Warst ja fast komplett durch ;)
Ich bin schon dabei, ein paar Sachen zu ändern. Anscheinend habe ich wirklich etwas zu viel in diese Story reingepackt. Mal sehen, was nach meinen Verbesserungen herauskommt :)

Mit freundlichen Grüßen
HollywoodOni

 

Hallo HollywoodOni,

du verarbeitest viele an sich gute Ideen. Zu viele.
Die Engel, Lauras Misstrauen, Dämonen, Bronschia, eine Prophezeiung, verschiedene Dimensionen, Ploiga... zu viele Elemente, um sie in einer einzelnen Kurzgeschichte entsprechend zu verarbeiten, es sei denn, man wäre ein wahrer Gott unter den Autoren (bin ich selbst auch keiner).

Mein Tipp: Konzentriere dich mehr auf Laura und ihre Familie (und weniger auf Johns unfreiwillig komische 'Bösartigkeit'); und vermeide es, jeden neuen Charakter in dem Moment, in dem er gebraucht wird, überhaupt erstmals zu erwähnen. Dann könnte eine großartige Geschichte entstehen.

MfG
Rick S

 

Hallo auch von mir,
Die Grundidee der Story finde ich ganz gut. Aber nach einem Drittel bin ich abgedriftet und die zweite Hälfte hab ich nur noch überflogen. Vielleicht liegt es daran, dass ich das Ende nicht verstanden habe.
Detailkritik ist meines Erachtens nicht angebracht. Dafür sind noch zu viele Grobe Mängel drin.

1. Fokus:
Was ist der Sinn der Geschichte? Alles was diesem nicht unmittelbar dient kann raus.
Beschränke dich auf einen Handlungsstrang und eine Erzählperspektive. Mich würde Bronschia reizen, aber Laura ginge natürlich auch.

2. Rhythmus
Deine Story hetzt an mir vorbei. Wäre die sie ein Song, er bestünde aus einem Akkord, der eine viertel Stunde lang, in 32tel Noten monoton herunter geschrubbt, über den Hörer herein bricht.
Rhythmus lebt von Abwechslung. Beschleunigung, Verzögerung, Pausen. - Dir fehlen vor allem die ruhigeren Phasen. ;-)

3. Zusammenhalt
Die Szenen sind aneinander geklatscht wie zufälliges humgezappe am Fernseher. Deswegen kommt man als Leser irgendwann nicht mehr mit. Zusammenhalt entsteht dadurch, dass Entwicklungen sich vorankündigen - nicht plump offensichtlich. Aber auch eine scheinbar überraschende Wendung muss sich (in der Rückbetrachtung) logisch aus dem Vorherigen ergeben.

Ansonsten schließe ich mich meinen Vorrednern an. :-)
Viel Erfolg bei. weiterüben.
lucutus

 

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