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Die drei Söhne des Schäfers

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12.06.2002
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Die drei Söhne des Schäfers

Es war einmal ein alter Schäfer, der hatte drei Söhne. Die beiden älteren waren wohl geraten: groß im Wuchs, stark wie Ochsen und hoch angesehen bei den Männern im Ort. Der jüngste hingegen war klein, schmächtig und oft das Ziel des Spottes.

Eines Tages wurde der alte Schäfer sehr krank. Also sprach er zu seinem ältesten Sohn: "Geh und bringe die Schafe auf die Weide! Behandle sie sorgsam, denn ihr Fleisch gibt uns zu essen und ihre Wolle zu kleiden!"

Aber Schafe hüten schien dem ältesten Sohn nicht das Richtige für einen wie ihn zu sein. Er kehrte in der Schänke des Ortes ein und beklagte lauthals sein Schicksal. Ein Krug Bier nach dem anderen wanderte über den Tisch und am Morgen nahm der Wirt den ältesten Sohn zur Seite und sagte "Du bist groß und stark. Kein Gast verweigert dir die Zeche. Genau so einen wie dich wünsche ich mir als Schwiegersohn!"

Die Tochter des Wirtes war hässlich und fett. "Besser als die Schafe allemal", dachte der älteste Sohn und heiratete sie.

Der alte Schäfer wurde darüber traurig. Doch draußen vor dem Haus blökten die hungrigen Schafe, also sprach er zu seinem zweitältesten Sohn: "Geh und bringe die Schafe auf die Weide! Behandle sie sorgsam, denn ihr Fleisch gibt uns zu essen und ihre Wolle zu kleiden!"

Aber auch der zweitälteste Sohn fühlte sich zu Besserem berufen. Er kehrte in der Schänke des Ortes ein und beklagte sein Schicksal. Ein Krug Bier nach dem anderen wanderte über den Tisch und am Morgen nahm ihn der Müller zur Seite und sagte: "Du bist groß und stark. Auf jeder Schulter kannst du einen Sack Mehl tragen. Genau so einen wie dich wünsche ich mir als Schwiegersohn!"

Die Tochter des Müllers war hässlich, fett und hatte eine krumme Nase mit einer riesigen Warze drauf. "Besser als die Schafe allemal", dachte der zweitälteste Sohn und heiratete sie.

Der alte Schäfer wurde darüber sehr traurig. Doch noch immer blökten draußen vor dem Haus die hungrigen Schafe. Also sprach er zu seinem jüngsten Sohn: "Geh und bringe die Schafe auf die Weide! Behandle sie sorgsam, denn ihr Fleisch gibt uns zu essen und ihre Wolle zu kleiden!"

Der jüngste Sohn trieb die Schafe zusammen. Er zog mit ihnen die Berge hinauf und von einer grünen Weide zur nächsten. Er behandelte sie sorgsam, wie sein Vater es ihm befohlen hatte. Die Schafe wurden fett und ihr Fleisch war das beste und zarteste, das je im Ort gegessen worden war. Ihre Wolle war so weich und warm, dass aus den fernsten Ländern Händler angereist kamen sie zu kaufen. Bald war der jüngste Sohn der reichste Schäfer im ganzen Land.

Die Kunde über den reichen Schäfer drang schließlich bis an den Hof des Königs. Und da dieser schon lange nach dem richtigen Mann für seine Tochter Ausschau hielt, verkleidete er sich, dass ihn niemand erkennen möge und er sich mit eigenen Augen von dem Reichtum des jungen Schäfers überzeugen könne. Und wahrlich: der jüngste Sohn hatte seinem alten Vater einen Palast gebaut; seine Mutter trug die feinsten Gewänder und die edelsten in reinstem Gold gefassten Steine.

Da ließ der König seine Verkleidung fallen und er rief aus: "Genau so einen wie dich wünsche ich mir als Schwiegersohn!"

Die Prinzessin war hässlich und fett, sie hatte eine krumme Nase mit einer riesigen Warze drauf und auch keine Zähne mehr. "Besser als die Prinzessin allemal", dachte der jüngste Sohn und ging zurück in die Berge zu seinen Schafen und lebte mit ihnen glücklich bis an sein Lebensende.

 
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Hallo Klaus,

da hast Du die Ankündigung das Märchen zu posten ja schneller wahrgemacht als ich dachte. :-)

Also: Mir gefällt das Märchen, der Stil ist wunderbar altmodisch ohne ins Geschwollene abzugleiten und was mir besonders gefiel ist die Struktur. Die märchen-typischen Wiederholungen sitzen ohne zu nerven und das Ende, das eine der Wiederholungen aufgreift und in lustiger Weise variiert, hat mir am besten Gefallen.

Ein Fehlerchen meine ich entdeckt zu haben:

Aber Schafe hüten schien dem ältesten Sohn nicht das Richtige für einen wie ihn zu sein.
Muss der Akkusativ hin.

Fazit: Hübsches, kurzes Märchen mit gelungener Pointe und passender Sprache.

Ginny

 

Hi
Ich kann mich Ginny nur anschließen. Schönes Märchen. Vor allem der Schluss. Ich dachte zuerst schon jetzt kommt wieder sowas, dass der jüngste dann zufrieden ist und dann die schöne Prinzessin kriegt.
Also, ich finde jetzt nichts zu bemängeln. Fehler sind mir keine aufgefallen.
Liebe Grüsse
Judy

 

Hallo Sternenkratzer!
Ich mag dein Märchen. Nichts überragendes, das wolltest du wohl auch gar nicht, aber dennoch eine schöne Geschichte für zwischendurch. :)

Auch mir gefällt der typische Märchenerzählstil.

bye und tschö

 

Hallo Ginny-Rose, Judy_Girl und moonshadow,

freut mich, dass euch der Text soweit gefallen hat! Danke! - Ihr habt natürlich recht, dass er soweit nichts besonderes ist - eben eine Fingerübung, würde ich mal sagen. Hilfreich war übrigens eine Vorlage mit einem goldenen Vogel.

Klaus

 

Moin Sternenkratzer!

Mir hat dein Märchen auch gefallen. Mächtig überraschend war es nicht, aber wie moony schon sagte, "eine schöne Geschichte für zwischendurch". Aber soweit ich weiß, gibt es selten Märchen, die überraschen - obwohl, in einem typischen Märchen hätte der jüngste Sohn am Ende wohl eine reiche Prinzessin geheiratet oder so, soweit ich mich entsinne.

Auch stilistisch gesehen fand ich deine Geschichte gut gelungen (besonders die parallelism - heißt das im Deutschen Parallelismen? *grübel* - fand ich gut).

Greetinx
Alisha

 

Hallo Alisha Devils,

in einem typischen Märchen hätte der jüngste Sohn am Ende wohl eine reiche Prinzessin geheiratet

Ja. Vermutlich.

In einem typischen Märchen hätten die Protaganisten auch nicht die Wahl gehabt zwischen "Frau" und "Schaf". :rotfl:

Klaus

 
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Geschrieben von Alisha Devils
besonders die parallelism
Ja, genau ... das war der Ausdruck, der mir auf der Zunge lag. (Gedanklich bin ich wohl schon in Semesterferien.)

Geschrieben von Sternenkratzer
Hilfreich war übrigens eine Vorlage mit einem goldenen Vogel.
:-)
(Fast so schön wie eine Widmung. :D )

Ginny

 

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