Die Drückebergergasse
Käsebleiche Zombies trinken im Starbucks ihren Kaffee und starren auf ihre Laptops. Männer und Frauen laufen gehetzt vorbei, schauen nicht nach links oder rechts. Autofahrer hupen. Eine Fremdenführerin erzählt einer Gruppe Touristen die immer gleichen, alten Geschichten. Schnell knipsen sie ein paar Fotos.
Ein alter Mann spielt Cello. Ich lausche. Halte inne, bleibe stehen. Die Melodie berührt mich, lässt meine Gedanken in die Ferne schweifen. Ein Stück Menschlichkeit in einer Welt, in der es keine Menschlichkeit gibt.
Nur Grauen. Krieg, Zerstörung, Hunger und Angst. Und Zombies. Überall diese Zombies, die nichts sehen und nichts hören. Nur funktionieren, immerzu funktionieren.
Warum?
Das kleine Gässchen dort hinten, erklärt die Fremdenführerin, trägt im Volksmund den Namen Drückebergergasse. Ich kenne die Geschichte. Damals, als die Nazis an der Macht waren, haben sie Mahnwachen vor der Feldherrnhalle aufgestellt. Als Erinnerung an den gescheiterten Putsch von 1923. Jeder, der vorbeikam, musste stehenbleiben und den Hitlergruß machen. Aber die Leute, die das nicht wollten, waren schlau - und gingen einfach hinten rum.
Das Cello spielt weiter.
Nichts sehen und nichts hören. Einfach hinten rum gehen. Ich bin ja nicht so.