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Die Busfahrt

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07.03.2002
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Die Busfahrt

Es ist Montagmorgen. In etwa 5 Minuten kommt der Bus. Trotz der frühen Uhrzeit ist es schon fast taghell. Ein laues Sommerlüftchen streichelt bei blauem Himmel meinen Rock. Eigentlich ein schöner Tag. Aber ich fühle mich beschissen. Meine Beine sind aus Blei, meine Gedanken schlagen Kapriolen. Einfach nicht mehr dran denken. Den Samstag vergessen. Am Besten die Zeit zurückdrehen. Ich glaube da vorne kommt schon der Bus um mich zu holen. Er kommt näher. Geifernde Gesichter erscheinen hinter den Scheiben des längst schrottreifen Busses. Aber für die Leute vom Land ist er ja gut genug.
Es ist zwar schon ein halbes Jahr her seit ich mit meinen Eltern aus der Stadt hierher gezogen bin, aber ich werde mich wahrscheinlich nie an diese Öde gewöhnen. Jeden Morgen mit diesem verdammten Bus. Jeden Morgen diese Tratscherei. Hast du schon gehört hier, weißt du schon das Neuste da. Wahrscheinlich wissen es schon alle.
Die Türen gehen auf. Der bullige Busfahrer, der auch Bauer hätte sein können würdigt mich keines Blickes. Gut so. Wie immer steigt mir dieser, an der Grenze des Ertragbaren wabernder Muffgeruch in die Nase. Mist, kaum noch Plätze frei. Vorne kleine Kinder, ich drängle mich halbwegs durch. Hat da grade eines mit dem Finger auf mich gezeigt? Ich muss mich getäuscht haben. Da hinten 1, 2, 3, bestimmt ein Dutzend die Samstag dabei gewesen sind. Frank hat glaub ich sogar noch einen Kurzen mit mir getrunken. Freunde sind keine da. Nicht in diesem Bus. Die meisten gehen zwar auf meine Schule, aber sämtliche Schüler meines Jahrgangs aus diesem Kaff sind natürlich in meiner Parallelklasse. Eine eingeschworene Gemeinde.
Da entdecke ich noch einen Platz. Leider genau neben Dorftrottel Karl, den meistens nicht gerade die angenehmste Aura umgibt. Besonders nicht Heute, wo er nur ein T-Shirt trägt. Gerade grinst er mich mit seinem ungepflegten Gebiss an, wobei er ungeschickt seine Tasche vom Platz räumt. Oh Gott, er weiß es, alle wissen es. Plötzlich habe ich das Gefühl von allen Seiten beäugt zu werden. Schweiß tritt mir auf die Stirn. Hoffentlich versucht er sich jetzt nicht an mich ranzumachen.
OK, Samstag bin ich betrunken gewesen. Es war eine der seltenen Zeltfeten in dieser, von der Außenwelt abgeschnittenen Gegend. Und der Typ sah gar nicht mal so schlecht aus. Außerdem kam er aus dem Nachbardorf, was ihn auf Anhieb sympathisch machte. Leider muss es wohl ziemlich heiß hergegangen sein. Später auch wohl auf der Toilette. Soweit ich mich erinnern kann jedenfalls. Von der Nacht sind leider nur noch Bruchstücke in meiner Erinnerung. Aber ich glaub, dass ich noch weitestgehend angezogen war. Aber diese Bauerntrottel machen bestimmt wieder ne halbe Orgie draus. Ich hör schon die Gerüchteküche brodeln.
Mein Blick wandert nach links. Eva sieht mich mit einem hämischen Blick an. Ich weiß doch was die Weiber denken. Na du Schlampe, kleines Flittchen, hast dir mal wieder ein bisschen Spaß für eine Nacht gegönnt. Selber sind sie natürlich die Unschuld in Person. Die und Sex vor der Ehe, niemals. Noch zweimal Abbiegen bis zur Schule. Heute erfährt es die Stufe. Morgen die gesamte Schule und Übermorgen weiß es bestimmt schon die ganze Stadt. Es ist ein Teufelskreis aus dem es kein Entrinnen gibt.
Die Bustüren gehen pfeifend auseinander, alle stürmen raus. Da kommt mir eine Freundin aus meiner Klasse entgegen, grüßt mich: „Hi, wie war dein Wochenende?“ und muss laut loslachen. „Sag mal, ist es eigentlich jetzt Mode das Top Falschrum anzuziehen?“

[Beitrag editiert von: Drumsmasher am 12.03.2002 um 16:15]

 

Moin Drumsmasher.

Bingo. Viel besser.

Da Du jetzt den Leser an Deinen inneren Gedanken teilhaben läßt, und auch besser die umgebung Deiner Handlung beschreibst, liest sich das Ganze viel runder, und flüssiger.
Ich kenne solch Schulbusfahrten noch von früher :D :D

Nur zwei Anmerkungen:

Das Laue Sommerlüftchen STREICHELT Deinen Rock,
und:
Statt Rock, würde mir "meine Haut" besser gefallen.

Mach weiter so, ich glaub´Du kannst es.

Lord :wein: :bier: :engel:

 

Hi Lord Arion,

danke für deine Kritik. Ich glaub die brauchte ich jetzt irgendwie. :D

Die Stelle mit dem Rock hatte ich auch schon anders. Aber da hat ein Leser bemängelt, dass er sich bis zur Mitte des Textes gefragt hat ob es sich um einen Protagonist oder /in handelt. Deshalb hab ich den Rock am Anfang eingefügt um die Frage des Geschlechtes sofort zu klären.

MfG, Drumsmasher

 

ÄÄhh, sag mal heißt Du jetzt Stefan, oder gar StefanIE ???

:rotfl:

Klär mich mal auf....

Lord :D :D

 

Irgendwie heiß ich wohl Stefan und bin MÄNNLICH! :p

Falls du dir also Hoffnungen gemacht hast vergiss es. :D

In der Geschichte bin ich allerdings weiblich.

Gruß, Drumsmasher

[Beitrag editiert von: Drumsmasher am 13.03.2002 um 21:57]

 

hi Drumsmasher!
ich finde, die Geschichte ist gut! Sie erzählt schön, wie man sich mit seinen eigenen Erwartungen selbst ein Bein stellen kann.
Ich mußte am Ende kräftig lächeln!
gut, gut!
die Stelle mit dem Rock ist gut. Ob ich sonst von einer Frau ausgegangen wäre, weiß ich nicht... die Wortwahl ist da weder so noch so eindeutig.
Aber ich würde auch sagen, daß die Formulierung nicht ganz stimmt.

Ein laues Sommerlüftchen streicht bei blauem Himmel meinen Rock.

ich würde sagen: streicht unter meinen Rock.
Weht meinen Rock um meine Beine.
oder "streift" den Rock.

Sonst keine Kritik!

Lieben Gruß
Arc

PS: finde ich gut, wenn man zur Erzählung das Geschlecht wechselt...hoffe, es ging reibungslos! ;) mache ich auch gern...

[Beitrag editiert von: arc en ciel am 13.03.2002 um 15:00]

 

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