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Serie Die Buntschli

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30.05.2002
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Die Buntschli

Sie war trotz allem scheinheilig.

Als sie eingestellt wurde, arbeitete ich schon zwei Jahre lang in diesem Laden. Mein Chef war sehr nett, aber manchmal wohl viel zu gutmütig. Er ließ sich oft viel zu viel von den anderen gefallen.

Diese Frau war einige Jahre älter als ich. Ich selbst war damals Mitte zwanzig, noch immer ledig und unentwegt auf der Suche nach dem "Richtigen".

Frau Buntschli war gut zehn Jahre älter als ich, verheiratet, schon zum dritten Malle, die beiden früheren Ehen waren absolute Katastrophen, behauptete sie, da war ich schon skeptisch. Schließlich gehören bei allem und vor allem in der Liebe immer zwei dazu. Also. Von wegen "absolute Katastrophen".

Von Anfang an versuchte die Buntschli, mächtig aufzutrumpfen und sich unentwegt in den Mittelpunkt zu spielen. Unser Chef war in ihren Augen eine Niete, weil viel zu weich und viel zu wenig autoritär. Der konnte nicht mal richtig sagen, wo es "langgehen" sollte. Wenn Sie Chefin wäre, ja, dann wüsste sie schon, was sie zu tun hätte.

Ich hatte sofort so ein komisches Gefühl dabei, als sie das so sagte. Aber sie streute unserem Chef unentwegt Sand in die Augen, diese Hexe. Ja, heute, nach so vielen Jahren habe ich noch immer richtig Wut auf sie.

Damals, als sie bei uns anfing, da war ich manchmal noch mächtig beeindruckt von ihr. Wie das nun mal so ist: "Neue Besen kehren gut..."

Alles sollte anders werden, alles sollte besser werden. Die Buntschli kam sich oft richtig gottähnlich vor. So, als ob sie alles besser wüsste, alles besser könnte und allen noch etwas vormachen könnte. Unbedingt.

Zugegeben, sie war manchmal sehr kreativ, ihr reges Denken bordete über vor immer wieder neuen und manchmal ziemlich ausgefallenen Ideen.

Unser Chef ließ sie anfangs auch geduldig und großzügig gewähren. Schließlich wollte er niemand von vornherein demotivieren, das war sein Credo damals.

Die Buntschli war alles in allem auch ganz tüchtig. Hatte bloß ein wenig Probleme mit einer differenzierten Wahrnehmung der Dinge.

Das war oft ziemlich anstrengend. Unser Chef gab sich sehr viel Mühe, dass irgendwie richtig einzuordnen und hinlänglich zu verstehen, hat immer lange und ausführliche Gespräche unter vier Augen mit ihr geführt, die Buntschli war ihm manchmal auch ganz dankbar dafür, aber manchmal war das einfach nicht möglich, etwas einzuordnen oder hinlänglich zu verstehen, das war dann oft so exzentrisch von der Buntschli, exzentrisch und mehr noch egozentrisch. Die sah immer nur sich. Sah sich als Nabel der Welt.

Dann kam der Punkt, von dem an sich einiges entscheidend änderte, ganz entschieden änderte, so wie die Modulation in einem Sonatensatz die Melodie deutlich verändert.

Unser Chef war nicht länger bereit, gewisse Eigenarten und vor allem Unarten der Buntschli länger unwidersprochen hinzunehmen.

Anfangs konnte sie damit noch einigermaßen vernünftig umgehen und die vielen neuen Vorschriften akzeptieren.

Als sie aber immer deutlicher zu spüren bekam, wie ihr Grenzen gesetzt wurden und wie ihr persönlicher Handlungsspielraum im Laden deutlich eingeschränkt wurde, da fing sie irgendwann an, innerlich durchzudrehen. Ist einfach durchgeknallt.

"Für die bin ich ja doch nur noch der Fußabstreifer, egal, was ich früher alles für die gemacht habe. Hab mir den Arsch aufgerissen, für Nichts und wieder Nichts. Habe meine Freizeit geopfert, um Sachen zu besorgen, die nur der Firma zugute kamen. Und jetzt? Und jetzt??"

Dass sie das alles tendenziell sicherlich total falsch sah, das zu begreifen, dazu war sie einfach nicht mehr in der Lage.

Karfreitag 1998 kam sie in die Nervenklinik. Durchgedreht. Ihr Mann war völlig ratlos.

Als man sie wieder entließ, warf sie sich zwei Tage später vor die S-Bahn.

 

Du beschreibst eine Person die sich überheblich als Mittelpunkt der Welt sieht. Solche Menschen gibt es haufenweise... :-) Gott sei Dank drehen die im Normalfall nicht gleich durch oder werfen sich vor Straßenbahnen, wenn man sie mit Vorschriften einschränkt sondern kündigen eher in ihrer realitätsfremden Art...

Genau deshalb liest sich das Ende deiner Geschichte etwas billig und plump, eben etwas abgeklatscht und unoriginell, verstehst du? Der Leser fiebert gespannt dem Ende zu und wartet, was nun mit der Schnepfe und dem gutmütigen Chef passiert und dann wird man mit einer überdramatisierten, ausgelutschten Einweisung in die Psychatrie abgespeist.

Mein Fazit: Anfang und Mittelteil akzeptabel bis gut herausgerbeitet, Ende nicht zufriedenstellend.

 

Hallo.

Das Ende finde ich auch sehr unbefriedigend, da es sich nicht aus der Geschichte erklärt. Ich hätte es verstanden, wenn es zu einer Schlägerei o.ä. gekommen wäre. So aber bin ich genauso ratlos wie der Ehemann der Frau :p

Liebe Grüße

 

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