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Die Bank - I
Die Bank
Leicht, wie eine Feder, segelt das kleine, gelbe Blatt zu Boden.
Sanft landet es auf der weichen, warmen Decke, gebildet von tausenden seinesgleichen, gesellt sich zu ihnen, löst sich auf in den bunten Farben des Herbstes und stimmt in das Gewisper ein, welches es sanft umarmt.
Der Atem des Jahres wird ruhiger, der Puls des Fortwährenden wird langsamer.
Müdigkeit umgibt den einsamen Wanderer. Und nach vielen Schritten bleibt er stehen. Erstaunt dreht er sich um, verwundert blickt er zurück. Bunte Alleen schmücken seinen ausgetretenen Weg. Tote Blätter. Scharfkantige Scherben funkelnd am Rande. Teile gebrochener Herzen. Sie glänzen im spiegelglatten Wasser, geflossen aus Augen, die mit vorwurfsvollen Blicken glasig um ihn herumtanzen. Sie schweben umher, wie Worte, die ihm zugeworfen wurden. Aus wütenden Mündern...
Bedauernd dreht der einsame Wanderer sich wieder um. Neben ihm eine verlassene Bank. Seine Bank. Für kaputte Seelen bietet sie Heilung.
Im Herbst.
Der einsame Wanderer schließt die Augen und lächelt. Er verzieht die Lippen zur grausamen Grimasse. Lächeln, lächeln, lächeln... Eine stille Klage - das Lächeln. Ein totes Lächeln. Ein einziges Wort nur kämpft sich nach draußen. Nichts steht ihm mehr im Wege und leise löst es sich aus der Verankerung des Schweigens. Vor sich her schiebt es bunte Farben und leuchtende Augen.
"Aua" flüstert der einsame Wanderer. "Aua", sagt er leise und in den Sturm der Gefühle schreit er es hinaus. Er springt auf und wandert mit schweren Schritten und Erinnerungen an vergangene Gefühle auf den Anfang des selben Weges zu. Mitten auf dem ausgetretenen Pfad - ein Stück Eis. Ein Riss durchzieht seine glasige Haut. Vor langer Zeit hatte der einsame Wanderer hier etwas verloren.
Es war sein Herz.
Im Herbst.
"Tot bist du! Tot sollst du sein!" Der einsame Wanderer nimmt das Eis, legt es auf die Bank und leicht wie eine Feder gesellt sich ein kleines, gelbes Blatt hinzu, um mit seinesgleichen eine bunte, warme Decke zu bilden.