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Die Autofahrt
Die Autofahrt
Willi Henlein lässt seinen letzten Arbeitstag vor Heiligabend hinter sich und steigt in seinen Wagen. Es ist bereits viertel vor sieben, eigentlich wollte er schon vor einer halben Stunde zu Hause sein. Sie müssen ja noch die Wohnung schmücken, schließlich ist morgen Weihnachten.
Zu seinem Ärger ist die Straße überfüllt. Von allen möglichen Seiten drängen Autos auf die Hauptstraße, vermutlich auch Menschen, die es eilig haben. Nur langsam kriecht der alte, mitgenommen aussehende Volkswagen vor Henleins blitzeblankem BMW voran.
Er schielt auf sein Handy. Am liebsten würde er jetzt Anne anrufen. Doch als er auf den riesigen Lastwagen schaut, der hinter ihm fuhr und mit sägefertigen Baumstämmen beladen ist, verscheucht er diesen Gedanken wieder.
Henleins Gurt ist ihm zu eng. Er versucht ihn zu lockern, doch vergeblich. Er flucht, schnallt sich ab.
Langsam scheint es mit dem Stau besser zu werden. Erleichtert lehnt Henlein sich zurück. Denkt an Anne und an Matz, den Hund. Müsste der nicht heute zum Tierarzt?
Endlich ist er auf der Landstraße. In Breitenbach sind einige abgebogen. Ob er gerade alleine fährt? Er vermutet es. Zwanzig Minuten sind vergangen, seit er vom Firmengelände wegfuhr. Henlein unterdrückt ein Gähnen. Doch plötzlich - es war eine Sekunde, nur eine Sekunde! Vor ihm kracht es. Ein großes, blaues Ding sticht ihm in die Augen. Glas splittert, er spürt einen Schmerz am Kopf. Seine Hand greift zur Tür. Er landet am Rand der Fahrbahn. Im nächsten Moment kracht es, lauter als je zuvor. Leckende, rote Zungen schlagen um sich, beißender Rauch kommt aus dem nicht mehr definierbaren Schutthaufen.
Henlein sitzt am Baum, greift mit der Hand zum Kopf er spürt Blut. Was ist passiert? Er weiß es nicht, versucht einen Gedanken zu fassen. In seinem Kopf scheint alles wie ausgelöscht.
Minuten später ist der ganze Straßenbereich umzäunt von Menschen und Fahrzeugen. Zwei Männer schauens sich Henleins Kopfwunde an. "Zum Glück nur eine Platzwunde. Aber einen Schock hat der schon", sagt der eine und verbindet.
"Herr Henlein!" Henlein sieht auf. "Wissen Sie schon...", fragt er. "Nun ja. Sie sind wohlauf, schön zu sehen. Was ich zu sagen habe, ist nicht sehr erfreulich. Sie haben einen Unfall verursacht, bei dem ein junger Autofahrer ums Leben kam. Er war erst 19 Jahre alt. Zur Stunde wird geklärt, ob Sie Schuld tragen oder nicht. Schleierhaft ist mir allerdings, wie sie aus Ihrem Wagen herausgekommen sind! Wenn Sie angeschnallt waren, ist das gar nicht möglich.
Sie waren doch angeschnallt, oder?"