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Die Augen des Feindes

Seniors
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04.08.2002
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Die Augen des Feindes

„Wenn du mich noch einmal fickst, darfst du mich erschießen“, flüsterte Hans und zog Margo wieder zu sich. Die Flamme der einsamen Kerze spiegelte sich in ihren grünen Augen. Sie lächelte ihn belustigt an.
„Ich glaube nicht, dass du schon wieder kannst, Herr Leutnant.“
Ihre braunen Haare fielen über die hohen Wangenknochen, als sie sich vorbeugte um ihn kurz auf den Mund zu küssen.
„Ich weiß, was du bist. Mach mir nichts vor.“ Hans Augen hingen an den feinen Sommersprossen unter ihren großen Augen, die sich nun wütend zusammenzogen.
„Wenn ich eine Partisanin wäre, dann wärst du längst tot.“
Margo hüpfte vom Bett auf die knarrenden Dielen der Holzfällerhütte und griff sich Rock und Bluse. Ihre großen Brüste verschwanden genauso schnell unter dem weißen Stoff, wie Hans sie eine Stunde zuvor herausgezerrt hatte.
Er griff nach ihren Schultern, und zog sie mit sanfter Gewalt wieder zu sich.
„Du könntest meine Pistole nehmen, nachdem wir gefickt haben, und ich völlig fertig bin. Ich will nur, dass du mir in die Augen siehst und dass es schnell geht.“
Sie hielt seine Hand einen Moment fest, ließ sie dann aber doch weiter unter ihre Bluse gleiten.
„Hans, das ist nicht lustig.“ Sie drehte sich um und begann seinen Hals zu küssen. Er ließ sich zurücksinken und zog sie eng an sich.
„Deine Augen sind wie grüne Smaragde. Wenn sie das letzte sind, was ich sehe, was könnte ich mir mehr wünschen?“
„Idiot! Grüne Augen sind Zeichen von Mischlingen. Krieg ich jetzt meinen Passierschein?“
Sie riss sich los und zog ihre Bluse zurecht. Ehe Hans sich noch erheben konnte, war sie in ihren Rock und die Holzpantoffel geschlüpft.
„Kommst du morgen wieder?“
„Wo sind die die Papiere, die du mir versprochen hast?“
Hans deutete auf seine Aktentasche, die am Stuhl vor dem Fenster stand.
„Vielleicht.“ Margo griff hinein, als wüsste sie genau, wo der Passierschein war, holte ihn heraus und war im nächsten Moment durch die angelehnte Tür verschwunden.
Hans blieb eine Weile liegen. Dann schnappte er sich seine Pistole und tauschte die Platzpatronen wieder gegen scharfe Munition.

Die junge Frau hing an einem roh zusammengezimmerten Balken direkt neben der Hauptstraße.
Ein Sturmgeschütz ratterte vorbei und hüllte den Körper in eine Staubwolke.
„Partisanin“, stand in drei Sprachen auf einem umgehängten Papp-Schild. Ihr Gesicht war blau angelaufen und hing in einem seltsamen Winkel nach vorne.
„Sieh weg“, herrschte Hans Margo an.
„Wirst du zulassen, dass sie mit mir das Gleiche tun?“
„Sie war eine Partisanin. Sie hat deutsche Soldaten auf dem Gewissen.“
„Nein.“
„Woher willst du das wissen?“
„Ich weiß es.“
„Weil du eine von ihnen bist?“
„Woran erkennst du das? An meinen Augen?“
„Entschuldige. Wir sollten hier nicht offen darüber reden. Sehen wir uns am üblichen Platz zur üblichen Zeit?“
Sie schüttelte den Kopf.
„Ich muss weg von hier. Ich will nicht so enden wie die da.“
„Ich werde dich schützen.“
„Deine Kameraden können mit mir tun, was sie wollen. Ich bin Ukrainerin. Für mich gibt es kein Gesetz.“
„Jeden Tag werden unsere Soldaten erschossen. Tu nicht so, als seien hier alle unschuldig.“
„Kann sein, aber ihr macht euch nicht die Mühe das herauszufinden.“
„Ich gebe dir einen Hilfstruppenausweis.“
„Damit dauert es vielleicht fünf Minuten länger, wenn sie mich hängen. Wenn du etwas für mich tun willst, dann besorg mir einen deutschen Pass.“
„Margo, ein Deutscher Pass ist nicht so einfach zu kriegen. Und du würdest auffallen.“
„Warum würde ich auffallen. Ist mein Deutsch nicht gut genug?“
„Nein, aber einen Pass zu bekommen dauert.“
„Gut, dann dauert es. Lass eine Nachricht am Treffpunkt liegen, wenn du ihn hast. Bis dahin tauche ich unter.“
„Margo, das kannst du nicht machen!“
„Doch!“
Sie entriss sich seinem Griff und eilte zwischen den geduckten Holzhäusern davon.
Hans wollte ihr nachlaufen, doch in dem Moment kam sein Vorgesetzter aus dem provisorischen Hauptquartier in der Dorfkirche.
„Leutnant Lugger, immer wenn ich sie brauche, sind sie verschwunden.“
Hans widerstand der Versuchung, sich noch einmal nach Margo umzudrehen, streckte sich und salutierte:
„Herr Major. Bitte um Entschuldigung. War mir nur mal die Beine vertreten.“

Hans war die letzten zwei Wochen jedes Mal zur halb verfallenen Holzfällerhütte geschlichen, die ihnen als geheimer Treffpunkt diente. Er hatte immer einen Korb mit Wein und Fleisch dagelassen, der beim nächsten Mal verschwunden gewesen war, doch Margo hatte sich nicht blicken lassen. Dieses Mal lag oben auf dem Korb ein druckfrischer Ersatzpass für Gretel Peschke, geboren in Wagstadt.
Hans duckte sich unter dem morschen Türbalken und stellte den Korb auf den Tisch. Die aufgehende Sonne warf seinen langen Schatten auf das massive Holzbett daneben.
Eine Hand legte sich auf seinen Rücken. Hans fuhr herum, doch Margo wich seinem Schlag aus, und warf sich einen Augenblick später in seine Arme.
„Margo“, konnte Hans nur sagen, doch dann verschloss sie seinen Mund mit unzähligen Küssen ihrer weichen Lippen.
Er hob sie schließlich hoch und setzte sie sanft am Bett ab. Sie trug hohe Reiterstiefel und drückte ihre harten Absätze in seinen Rücken
„Du glaubst nicht, wie ich dich vermisst habe“, keuchte sie.
„Wir haben nicht viel Zeit. Ich muss in einer halben Stunde zurück sein.“ Hans zerrte an ihrer Bluse und schob sie ohne aufzuknöpfen höher.
Margo öffnete währenddessen hastig seine Hose und drehte ihn auf den Rücken.
Sie streichelte sein Glied langsam mit der Hand. Dann zog sie ihren Schlüpfer zur Seite, ordnete ihren schwarzen Rock und begann sich noch in ihren Reiterstiefeln langsam auf ihn zu setzen. Sie schloss ihre Augen und bewegte ihr Becken langsam auf und nieder. Margo wurde schneller und begann zu keuchen.
„Margo, ich liebe dich“, stieß Hans hervor
Hans wiederholten den Satz immer schneller und kam zum Höhepunkt.
Margo blieb noch kurz auf ihm sitzen. Ein Sonnenstrahl drang durch eine der Ritzen zwischen den Brettern und ließ ihre Augen grün aufblitzen.
Hans zog sie zu sich, bis ihr Gesicht seine Sichtfläche ausfüllte.
„Ich habe nachgedacht über das was wir hier tun und über die Partisanen. Du hast recht und es tut mir leid, dass ich an all dem beteiligt bin. Ich kann deinen Leuten nicht viel helfen. Und ich verstehe auch, dass ihr versuchen müsst euch zu wehren. Und was immer du auch getan hat, es ist ok und du musst wissen, dass ich nicht dein Feind bin. Was immer du auch getan hast, ich verzeihe dir und du kannst mir alles erzählen. Ich werde dich weiterhin lieben und wenn du mich nur benutzt und mich am Ende erschießt, dann ist es ok, solange du mir dabei in die Augen siehst.“
Sie seufzte und stieg von ihm runter. „Du weißt genau, dass ich es hasse, wenn du so ein dummes Zeug daherredest.“
Sie ordnete Rock und Bluse und griff nach dem Pass.
„Gretel? Ist das ein Scherz? Da gibt es doch ein Märchen von Hans und Gretel bei euch?“
„Nein Margo, Gretel ist die deutsche Übersetzung deines Namens.“
Hans richtete sich auf und knöpfte sein Hemd zu.
Margo setzte sich neben ihn und griff nach seiner Hand.
„Du hast zum ersten Mal gesagt, dass du mich liebst.“
„Glaub mir, ich würde alles für dich tun.“
„Wirklich alles.“
„Was du willst.“
„Dann bring heute Nacht zehn Passierscheine mit Stempel und Unterschrift aber ohne Namen mit.“
„Darf ich fragen wozu die brauchst?“
„Nein. Du musst mir nur vertrauen.“
Margo hatte sich fertig angezogen.
„Ich liebe dich auch Hans. Das darfst du nie vergessen. Egal, was du vielleicht von anderen über mich hörst.“
„Du meinst, dass du eine Partisanin bist und dass du ein paar Deutsche umgebracht hast?“
„Vertrau mir einfach. Bis heute Nacht.“

Hans sah sie zwischen den Bäumen verschwinden. Die Wälder ringsum waren von Partisanen verseucht. Er dachte nach, während er sich anzog. Noch immer unschlüssig tastete er nach seiner Pistole und sah in Richtung des Pfades, auf dem Margo verschwunden war. Der Boden war weich und er konnte ihre Spuren leicht lesen.
Nach einigen Metern quer durch den Wald fand er einen kaum wahrnehmbaren Trampelpfad. Der Abstand zwischen ihren Schuhabdrücken wurde weiter. Sie war gelaufen. Hans erhöhte sein Tempo. Schweiß stand auf seiner Stirn. Der Weg war kaum noch zu erkennen und dann hörte er von der linken Seite hinter dichten Büschen Stimmen. Er bog ab, duckte sich unter den Büschen und ignorierte die Dornen, die seine Haut aufrissen, denn eine der Stimmen war die von Margo.
Ein halb umgefallener Baum versperrte ihm den Weg. Margo sprach ukrainisch, sie stritt mit einem Mann und protestierte, das konnte er deutlich hören. Der Mann wollte ihr weh tun.
Hans richtete sich auf und sprang über den Baum und dann in einem weiten Satz über einen sumpfigen Tümpel. Vor sich sah er bereits eine Lichtung auf deren Rand zwei Gestalten am Boden lagen. Der Mann sprach russisch oder ukrainisch und Margo antwortete ihm in beschwichtigenden Tonfall. Sie hatte ihre Bluse geöffnet und der Fremde, ein drahtiger Kerl mit langem Schnauzbart, zog seine Hose hinunter. Dann half er Margo ihren Rock über die langen Beine zu ziehen und dann ihr Unterhöschen. Hans griff nach seiner Pistole, zog sie langsam aus dem Holster und entsicherte. Das Klicken des Karabiners keine zwanzig Meter neben ihm traf ihn völlig unerwartet. Er ließ sich fallen und der hastige Schuss des Partisanen ging über ihn hinweg. Noch bevor er am Boden aufgekommen war, zielte Hans in Richtung des bärtigen Mannes und gab vier Schüsse ab, die ihn zurückwarfen. Hans rollte zur Seite und richtete sich dann wieder auf. Vorsichtig sah er sich nach allen Richtungen um. Der eine Angreifer war tot, doch der Mann bei Margo griff nach einem Gewehr, dass neben ihnen gelegen hatte. Margo schrie „Njet, Wladimir!“ und weitere Befehle auf Ukrainisch, doch Wladimir rollte sich herum und richtete in der Bewegung den Lauf des Gewehres auf Hans. Es war ein Scharfschützengewehr und Wladimir legte an, obwohl Margo auf ihn ein brüllte und dann aufsprang und rief.
„Hans, nicht schießen!“
Wladimir machte nicht den Fehler seines Kameraden, der ungezielt geschossen hatte. Hans spürte den Wind der Kugel, als sie an seiner Schläfe vorbeiflog. Margo sprang erschrocken zurück, griff sich ihren Rock, und verschwand im Gebüsch. Hans duckte sich hinter eine kleine Birke und robbte nach vorne, eine weitere Kugel pfiff durch das Geäst über ihm und dann sah er Wladimir an, dessen Gewehr jetzt direkt auf ihn gerichtet war. Hans warf sich zu Seite, und die Kugel bohrte sich knapp neben ihm ins Erdreich.
Hans dachte „er oder ich“, und sprang auf, die Pistole im Anschlag. Der Partisan machte den Fehler zu zielen und war damit einen Augenblick zu langsam. Hans sah in die Mündung des Laufes der sich nach oben hob. Dann drückte er ab und Wladimir sackte über seinem Gewehr zusammen. Hans rollte sich noch einmal zur Seite und lud in Deckung liegend nach.
„Hans, er ist tot!“ hörte er Margo. Hans wankte mit der Pistole in der Hand nach vorne. Seine Hand zitterte.
„Hans!“ Tränen strömten ihre Wangen entlang. Sie hatte sich hastig wieder angezogen, ihre Bluse stand noch immer offen. In einer Hand hielt sie das Gewehr des Partisanen. Margo beugte sich über Wladimirs blutigen Schädel und streichelte seine braunen Haare.
Als Hans direkt vor ihr stand, nahm sie es und legte auf ihn an.
Tränen strömten über ihren Hals und sammelten sich zwischen ihren Brüsten.
„Warum bist du mir gefolgt?“
„Waren das deine Partisanenfreunde?“
Hans sah ihr in die Augen und steckte seine Pistole in den Holster.
„Ich habe dich geliebt und es war mir egal, dass du eine Partisanin bist. Aber dass du mit ihm fickst, nachdem du bei mir warst. Du hättest mich besser vorher erschossen.“
Hans trat einen Schritt näher. Der Lauf ihres Gewehrs zeigte auf seine Brust.
„Du Idiot! Du hast alles verdorben.“
„Hättest du es mit Beiden getrieben, wenn ich nicht vorher gekommen wäre?“
„Wladimir war mein Freund. Früher einmal. Er wollt dass ich zu deutschen Offizieren gehe, um sie auszuhören. Ich habe es nicht gerne getan, aber es war notwendig für unser Vaterland. Ich habe mir dann immer vorgestellt, dass ich mit ihm im Bett liege.
„Schieß bitte in meinen Kopf.“
Hans hob den Lauf langsam an seine Stirn.
„Bis du gekommen bist. Ich habe dich wirklich geliebt, dass musst du mir glauben und mit Wladimir, das war nicht so leicht. Er hat mich nicht gehen lassen und ich benötigte seinen Schutz.“
„Drück schon ab!“
Hans sah sie starr an. Langsam begannen zwei kleine Bäche seine Wangen hinunter zu rinnen.
„Hans, ich liebe dich! Vergiss dass nie.“
Margo warf das Gewehr zur Seite, trat einen Schritt vor und ohrfeigte Hans links und rechts.
„Ich dachte, sie vergewaltigen dich.“
Sie ohrfeigte ihn noch einmal, dieses mal weniger heftig.
Dann küsste sie seine Tränen.
„Sie werden glauben, ich hätte Wladimir und Nikolai in eine Falle gelockt Wir hatten viel Streit in letzter Zeit.“ Sie knöpfte ihre Bluse langsam zu und strich sich ihre braunen Haare zurecht.
„Verdammt, Margo, nimm das Gewehr und bring es zu Ende. Ein deutscher Leutnant auf deiner Liste wird dir doch eine Beförderung einbringen..“
„Du verstehst das nicht. Ich kann nicht so einfach ohne die Beiden zurückkommen. Hier misstraut jeder jedem. Es gibt viele Spitzel bei uns und ich bin schon mehrmals in Verdacht gestanden, heimlich mit euch zusammenzuarbeiten.“
„Weil du so oft bei mir warst?“
Sie nickte.
„Hans, ich wollte dich nicht verletzen und ich habe dich wirklich geliebt. Aber es ist Krieg, und ich wollte nicht alles schwieriger machen, als es schon war.“
Margo umarmte ihn fest. „Ich versuche mich durch die Front zurück zur roten Armee zu schleichen. Ich werde dich nie vergessen. Denk immer daran, was ich dir gesagt habe.“
„Nein! Ich verzeihe dir. Dieser verdammte Krieg wird irgendwann aus sein und dann …“
„Der Sieger wird den Verlierer nicht am Leben lassen. Für uns gibt es keine Zukunft.“
„Dann erschieß mich, aber verlass mich nicht.
Sie schüttelte den Kopf und hob das Gewehr auf. Erneut strömten Tränen über ihr Gesicht.
„Ich könnte dich und deine Partisanen viel besser unterstützen, wenn du hierbleibst.“
„Wir werden alle sterben, wenn ich bleibe.“
„Ich hab das ernst gemeint. Ich tu alles für dich. Ich wusste nicht, was Liebe ist, bis ich dich kennen lernte.“
„Nein!“, sie schulterte das Gewehr und drehte sich um.
„Ich bin der Adjutant des Majors. Ich kann euch allen Pässe der Ukrainischen Hilfstruppen verschaffen und Waffen und Verpflegung so viel ihr wollt. Drechsler ist ein Säufer. Ich mache die gesamte Arbeit für ihn, er hat keine Ahnung, welche Waren wohin und zu wem geschickt werden.“
Margo blieb stehen.
„Du wirst auffliegen und dann hängst du selber.“
„Ihr könntet uns eine Niederlage zufügen. Du wärst dann eine Heldin.“
„Du müsstest zu uns überlaufen. Ich behaupte du seist Kommunist.“
„Das kann ich nicht.“
„Dann gibt es keine Lösung.“
„Gib mir zwei Wochen, um euch zu helfen. Dann gehe ich mit dir. Und den anderen Partisanen erzählst du, ihr wäret in eine deutsche Patrouille gelaufen. Ich werde ein paar Soldaten hierher senden. Dann werden sie dir glauben.“
Margo starrte ihn eine Minute an.
„Du musst morgen Hilfstruppenpässe und Uniformen zur Hütte schaffen. Ich hoffe, damit kann ich sie überzeugen, dass ich kein doppeltes Spiel spiele.“ Dann drehte sie sich um, und stapfte davon.
Hans wischte seine Tränen trocken und rannte zurück. Im Hauptquartier glaubten ihm die anderen Stabsoffiziere die Geschichte von den verdächtigen Gestalten, die er zufällig am Waldrand gesehen hatte und die er auf eigene Faust verfolgt hatte. Major Drescher polterte los, wie leichtsinnig er sich verhalten hatte, aber Hans konnte erreichen, dass sofort zwei Züge Soldaten den Wald durchkämmten. Als die Soldaten weg war, holte Drescher eine Flasche Schnaps heraus, schenkte Hans ein und sagte freundlicher: „Machen sie mir das nicht noch einmal. Wer soll denn sonst den ganzen Schreibkram machen?“

Hans hielt sein Versprechen und in der Holzhütte landeten haufenweise gefälschte Ausweise, Waffen, Verpflegung und auch einige Uniformen, so dass Margo und zehn als Hilfstruppen verkleidete Partisanen nach zwei Wochen einen ganzen Spähwagen voll mit Gewehren, Vorräten und einer Karte mit der Lage der Deutschen Posten abholen konnten.
„Hans, die zwei Wochen sind um. Ich habe alles vorbereitet.“
Mondlicht schien auf den immer noch schwer atmenden Hans. Ihre neue Hütte war nicht viel mehr als ein paar Bretter und eine Bettdecke, aber besser versteckt als die Holzfällerhütte, die nun von Partisanen besetzt war.
„Margo, ich kann nicht kommen. Ich möchte, dass du zu mir kommst. Nach Deutschland.“
“Bist du verrückt?“
„Die Kontrollen werden immer strenger und wenn du erkannt wirst, hängen sie dich am nächsten Baum auf.“
„Ich dachte, mein Pass sei echt?“
Sie richtete sich auf.
„Sicher, aber du wirst nach deiner Einheit gefragt und wenn die Wache nur einen Funken Verstand hat, dann lässt er sich deine Daten bestätigen. Und du kennst niemand dort außer mich.“
„Dann müsstest du mich bei dir einstellen, damit ich unauffälliger bei dir bin.“
„Im Hauptquartier arbeiten keine Frauen.“
„Wir wäre es als Putzfrau?“
„Ein deutscher Soldat hat keine Putzfrau.“
„Dann musst du mich ins Bordell stecken.“
„Margo, mach keine blöden Witze. Und hör mir gut zu. Ich habe einen Plan. Ich möchte dich heiraten.“
Margo zögerte. Hans fasste ihre Hand. Sie schüttelte zögernd den Kopf.
„Nein, Hans. Ich würde in ständiger Angst vor der Gestapo leben. Und ich hätte nicht einmal mein Gewehr um mich zu verteidigen. Und am Ende bringen mich meine eigenen Leute um, weil sie mich für eine von euch halten.“
„Wenn du meinen Namen annimmst, kriegst du neue Papiere. Du könntest bei meinen Großeltern am Land leben.“
„Verdammt Hans, du hast versprochen, dass du zu mir kommst. Man hat alles vorbereitet, dich hinter die Kampflinie zu bringen.“
„Ich kann nicht. Ich bin kein Kommunist.“
„Außerdem verliert ihr den Krieg. Und dann sitze ich als Witwe in Deutschland.“
„Das glaube ich nicht. Schon bald kommen Unmengen neuer Panzer und neue Flugzeuge.“
„Ach Hans, wir haben schon so oft darüber geredet. Wenn du nicht mitkommst, werde ich weggehen.“
„Warum können wir nicht einfach diesen Krieg beenden?“
„Für einen Leutnant bist du verdammt naiv. Der Krieg wird dauern, bis einer von uns vernichtet ist. Und ich will nur dafür sorgen, dass wir euch Faschisten zurück bis nach Berlin treiben und dass ihr uns nie wieder überfallen könnt.“
„Gib mir noch einen Tag und überlege dir meinen Vorschlag“, sagte Hans.
„Wenn du nicht mitkommst, muss ich hier weg. Man wird glauben, ich hätte sie angelogen.“
„Lass uns morgen Nacht nochmals diskutieren. Sag, ich würde noch weitere Papiere beschaffen.“
„Einen Tag. Wenn du morgen nicht mit mir kommst, gehe ich weg.“
Margo zog ihre langen Stiefel an, küsste ihn und schlüpfte nach draußen. Hans glaubte zu sehen, wie sie ihr hinter einem Baum verstecktes Scharfschützengewehr auf den Rücken schnallte. Dann ging er einen anderen Weg zurück, als den, auf dem er hergekommen war. Im Osten zeigte sich bereits das erste Rot der Morgendämmerung. Es würde ein langer Tag werden.

Hans gähnte und ordnete die Papiere, die er nicht mitnehmen wollte. Bevor er sein Büro im ersten Stock des Pfarrhauses verließ, sah er noch einmal nach draußen. Die letzten Sonnenstrahlen leuchteten rot im aufsteigenden Staub hinter einem mittleren Lastwagen. Auf der Ladefläche johlten Soldaten und schlugen mit ihren Händen auf die gefesselten Gefangenen. Den ganzen Tag waren Truppen zur Partisanenjagd aufgebrochen. Dieses Mal hatte er zu spät davon erfahren und Margo nicht warnen können.
Der Lastwagen parkte schräg gegenüber vor dem Wirtshaus. Fünf gefesselte Männer und eine Frau wurden hinuntergetrieben. Ein Soldat trat einen der Gefangenen nieder, doch Hans sah nur auf die Frau. Er konnte ihr Gesicht nicht erkennen, doch die Haare waren die gleichen wie die von Margo.
Er hastete hinunter, doch die Soldaten hatten sie schon durch das offenstehende Doppeltor des Gasthauses getrieben. Hans rannte hinüber, bremste dann aber vor dem Eingang ab und schlenderte gemächlich durch das Tor. Aus dem Keller kam ihm ein junger Leutnant in Begleitung eines Feldwebels entgegen.
„Herr Leutnant, wir haben heute endlich dieses verdammte Scharfschützenluder dingfest gemacht, und gleich sieben ihrer Freunde mit dazu. Die hatten sogar die Frechheit einen deutschen Passierschein zu fälschen. Hier sehen sie sich das an.“
Hans nahm das Blatt und trat einen Schritt zur Seite, um seine Handschrift im Schein der Lampe an der Wand besser lesen zu können. Margo Kovpac stand in gestochen scharfer Schrift auf dem Passierschein.
„Haben sie noch mehrere solcher falschen Papiere gefunden?“
Der Leutnant schüttelte den Kopf. „Aber wir haben sie schon befragt. Hier sind die Namen.“ Er reichte ihm die Liste.
Hans nickte geistesabwesend und ging dann mit dem Passierschein in sein Büro, wo er ihn in den noch glimmenden Ofen steckte. Dann marschierte er zum Wirtshaus, trank einen Wodka, und ging dann über die ausgetretenen Steine die Kellerstiege hinunter. Das Licht flackerte und er hörte das Stöhnen der männlichen Gefangenen, die schemenhaft hinter einem provisorisch zusammengezimmerten Verschlag lagerten. Zwei Soldaten standen Wache.
Hans spähte durch die Bretter. Die Partisanen waren schmutzig und mit Ledergurten gefesselt.
„Wo ist denn die Scharfschützin, die sie erwischt haben?
Der Kleinere deutete auf eine schwere Eichentür. „In Einzelhaft. Hübsches Ding.“
„Kann ich sie mir mal ansehen?“
„Nee, die darf keener sehn, bis sie der Drescher selber in die Mangel genommen hat.“
Hans fluchte innerlich.
„Ich will sie nur kurz anschauen. Will nur sichergehen, ob ich sie nicht schon einmal wo gesehen habe.“
„Ja, ja,“ meldete sich der zweite Posten, „das kennen wir: ̦̦Nur kurz mal ansehen̕.“
Der Soldat grinste verschlagen. „Und wir sollen dabei immer schön die Tür zu machen. Eine Schweinerei ist das. Wir müssen hier Wache schieben und ihr Offiziere habt euren Spaß.“
„Nein, da versteht ihr mich falsch. Ich würde mich bei so einer doch nur den Tripper holen. Kriegt ihr wenigstens ordentlich was zu essen hier unten?“
„Das glauben sie nicht, was für einen Fraß die uns hier liefern. Und oben sitzen sie und saufen. Von den Offizieren denkt keiner an uns.“
„Aber meine Herren“, Hans setzte ein gewinnendes Lächeln auf.
„Ich finde solch soldatische Pflichterfüllung hat eine Belohnung verdient.“
Er eilte nach oben und bestellte drei Flaschen Tokajer.
„Danke Herr Leutnant“, sagte der erste Soldat. „Aber wir dürfen hier wirklich keen Auge zudrücken. Das müssen see verstehen. Kommen see doch morgen Vormittag wieder.“
„So gegen elf“, mischte sich der zweite Soldat ein. „Dann ist Drescher mit ihr fertig und aufgehängt wird sie erst am Nachmittag.“
„Werdet ihr bis dahin nicht abgelöst?“
„Um sechse sind wir normalerweise fertig und gehen pennen. Aber der Hauptfeldwebel Müller, das Arschloch hat unseren Dienst einfach bis Mittag verlängert. Und wenn der Partisanin da drinnen nur ein Haar gekrümmt wird, reißt er uns die Eier ab.“
„Ist schon gut“, log Hans, „wollte sie wirklich nur kurz ansehen. Ich komme dann morgen wieder. Gute Nacht die Herren.“
Oben in der verrauchten Gaststube bestellte sich Hans einen weiteren Wodka und sang mit den betrunkenen Soldaten, wobei er die gereichten Wodkagläser immer wieder unauffällig auf den Boden schüttete.
Nach drei Stunden stand auf und wankte zur Tür hinaus. Als er sie öffnete, starrte er in Dreschers rotes Gesicht.
„Lugger? Was für eine Überraschung. Jetzt trinken wir doch mal eine Flasche auf ihre Heldentaten. Hinter ihm drängten Hauptmann Schneeweiß und ein Fahrer in die Gaststube.
„Jawohl, Herr Major“, lallte Hans und lachte laut auf.
Im Laufe der nächsten Stunden zechten sie und Hans tat, als tränke er mit Freuden mit. Als die Morgendämmerung anbrach lallte der Major.
„Und jetzt verhören wir noch unsere kleine Partisanin im Keller.“
Hans war plötzlich wieder nüchtern.
„Passen sie nur auf“, merkte der Fahrer an. „Die soll eine richtige Wildkatze sein. Hat Greiner vom Zweiten Zug in die Hand gebissen.“
Hans bemerkte, dass der Fahrer nicht lallte, so wie die anderen Offiziere.
„Na los, auf was warten wir noch. Quetschen wir sie aus“, lallte Hans.
Dann fasste er den Arm des stämmigen Drescher und zog ihn hoch. So torkelten sie in den Keller hinunter und Hans musste seine gesamte Kraft einsetzen um nicht einfach mit ihm die Kellerstiege hinunterzufallen.
Die beiden Wachen griffen zu ihren Gewehren und salutierten.
„Aufsperren“, herrschte sie der Major an und schüttelte Hans ab.
Der erste Soldat stellte seinen Karabiner ab und nestelte am Schlüsselbund.
„Stellen sie das Gewehr weg. Mit der werden wir auch so fertig. Und dann lasst uns hier mal alleine.“
Die beiden Wachen sahen ratlos drein.
„Geht nach oben und holt euch ein Frühstück. Die armen Kerle haben sich doch mal eine Pause verdient?“ wandte er sich zu Drescher, der nur mit der Hand undeutlich in die Luft wedelte. Die beiden Soldaten trotteten langsam nach oben. Hans sah ihnen nach. Als sie verschwunden waren, hatte der Fahrer eine Taschenlampe herausgeholt und leuchtete in den offenstehenden Raum.
Hans zog seine Pistole und drückte sie dem völlig überraschten Drescher in den Rücken.
„Hände hoch.“ Eher jemand etwas sagen konnte, hatte Hans ihm seine Pistole abgenommen.
„Sind sie völlig übergeschnappt?“ fragte Schneeweiß und machte keinerlei Anstalten seine Hände zu heben.
Da sah Hans die Gefangene. Es war nicht Margo.

Als Hans nicht zu ihrem neuen Treffpunkt kam, wusste Margo sofort, dass etwas schiefgegangen war. Sie schlich sich zum Dorf.
Die Wachen waren verdoppelt worden und mehr Lastkraftwagen als zuvor standen vor den Bauernhöfen neben der Straße.
Die letzten Meter kroch sie durch das taunasse Gras, während hinter ihr langsam die Morgendämmerung begann.
Hastig schwärzte sie ihr Gesicht und kroch zu einem großen Apfelbaum von dem aus sie Blick auf den Dorfplatz hatte. Aus dem Gasthaus gegenüber der Kirche torkelten die letzten Betrunkenen heimwärts. Margo sah sich sorgfältig um. Das Schussfeld war sehr gut, doch ihre Deckung miserabel und der Rückzug würde durch die Hölle führen. Aber sie konnte es schaffen, wenn sie das Gewehr zurückließ und rannte was ging.
Im Licht der ersten Sonnenstrahlen sah sie Bauersfrauen auf die Straße schlurfen und einige streunende Katzen. In der Ferne stiegen Nebelschwaden auf und selbst die Wachposten vor der Kirche schienen eingeschlafen.
Ein entfernter Schuss riss sie hoch und plötzlich erwachte das Dorf. Schreie gellten aus dem Gasthaus und weitere Schüsse fielen. Margo blickte durch das Suchfernrohr. Die doppelflügelige Eingangstür sprang auf und Hans stürmte mit einer Frau an der Hand heraus. Margo erkannte in ihr eine der Neuen, die erst vor kurzem zu ihnen gestoßen waren. Hans rannte zu einem Kübelwagen und versuchte ihn zu starten. Schüsse fielen und die Partisanin sackte getroffen zusammen. Hans zog seine Pistole und gab mehrere Schüsse in Richtung der beiden Wachen ab. Margo visierte den ersten an. Hans hatte keinen von ihnen getroffen. Sie traf rasch hintereinander beide in die Brust, doch nun kamen von der anderen Seite weitere Wachen und Hans schaffte es nicht den Kübelwagen zu starten. Er sprang heraus und lief nun hinter einem Haus vorbei in ihre Richtung. Die Tür zum Gasthaus sprang auf und ein Deutscher Major umgeben von drei weiteren Soldaten kam herausgetorkelt. Er blutete aus einer Wunde an seiner Hüfte und schrie so laut, dass Margo seine Worte verstand:
„Schießt auf die Füße. Ich will das Schwein lebendig und dann ziehe ich ihm die Haut ab.
Im nächsten Moment drückte Margo ab und der Kopf des Majors wurde nach hinten gerissen. Die drei Soldaten neben ihm warfen sich in Deckung und Margo spähte jetzt wieder nach Hans. Der wurde nun von vier Soldaten verfolgt Er rannte über die Wiese beinahe direkt auf sie zu. Schüsse krachten und Hans fiel. Er robbte ein kurzes Stück weiter und wurde wieder ins Bein getroffen. Die vier Soldaten standen hinter einem Haus außerhalb ihres Sichtfelds. Ein Alarm heulte und überall torkelten verschlafene Deutsche aus den Häusern.
Hans robbte langsam weiter und sah sie jetzt.
„Margo, ich liebe dich“, las sie von seinen Lippen.
„Schnell erschieß mich, sie wissen schon deine Position.“
Ein Schuss fiel und eine Kugel pfiff durch das Geäst des Apfelbaums. Margo hatte noch immer Hans Kopf im Visier.
„Bitte!“ sagte er. „Ich sehe deine Augen.“
Margos Zeigefinger berührte den Abzug. Hans Gesicht war hinter einem Tränenschleier verschwunden.

 

Hallo Bernhard,

der historische Hintergrund Deiner KG ist wunderbar geeignet, um spannende, aufwühlende, mitreißende Geschichten zu erzählen. Das gefällt mir sehr gut.

Ein paar Kleinigkeiten sind mir aufgefallen, die nicht in diese Zeit passen. Beispielsweise hat sicher kein Offizier zu einem anderen gesagt: Sie haben sich unprofessionell verhalten. Das ist Neudeutsch. Ein weiterer Punkt ist das leidige Halfter. Auch wenn das umgangssprachlich manchmal verwendet wird, ist es falsch. Es heißt Holster.

Deine Dialogstruktur macht es manchmal schwierig zu erfassen, wer gerade was sagt. Da solltest Du noch mal rüber gehen.

Gleich am Anfang gibt es diese Merkwürdigkeit:

„Wenn du mich noch einmal fickst, darfst du mich erschießen.“ Hans starrte in Margos grüne Augen. Die Kerze auf dem staubigen Holzboden der Holzfällerhütte warf tanzende Schatten in ihr Gesicht.
„Noch einmal? So viel Munition hast du nicht.“ Ihre halblangen braunen Haare fielen über ihre hohen Wangenknochen, als sie sich vorbeugte um ihn zärtlich auf den Mund zu küssen.
Hans öffnete die Augen, sah ihre langen Wimpern geschlossen, darunter das dichte Muster der Sommersprossen. Plötzlich öffnete sie die Augen und zog sich zurück.

Schau noch mal, wer wann die Augen auf oder zu macht.

Diese Liebesgeschichte greift die Themen und Motive von Lust, Todesangst und Verrat auf. Ich fand es spannend und auch den Twist mit der "falschen" Margo gelungen. Dass Margo zuerst (chronologisch) mit Wladimir schläft, dann mit deutschen Soldaten, dann mit Hans und dann wieder mit Wladimir und wie sich dabei Kalkül, Lust und wahre Liebe mischen, finde ich ein wenig umständlich und nicht ganz plausibel.

Ich finde auch die wiederholte Aufforderung Erschieß mich! ein bisschen zuviel des Guten. Sprachlich hat es mir gut gefallen. Es gibt einige fragwürdige Formulierungen im Text, aber die sind kaum der Rede wert.

Gern gelesen, Bernhard.

Gruß Achillus

 

Hallo Achillus,
Vielen Dank für dein Feedback.
Werde mich gleich an die Überarbeitung machen.

lg
Bernhard

 

Hallo Bernhard!

Ich hatte schon gleich am Anfang Verständnisprobleme. Achillus drückte es so aus: "Deine Dialogstruktur macht es manchmal schwierig zu erfassen, wer gerade was sagt." => Ich stimme ihm voll und ganz zu. Das Problem zieht sich durch den gesamten Text.

Ich habe weitergelesen, weil mich das Umfeld interessiert. (Familienhistorie. Meine Großmutter väterlicherseits war auch Ukrainerin, "Fremdarbeiterin" in ihrem Fall.)

Ich gehe noch mal zum Anfang, um dir meine Probleme deutlich zu machen:

„Wenn du mich noch einmal fickst, darfst du mich erschießen.“ Hans starrte in Margos grüne Augen.
=> Wer sagt das? Hans oder Margo? Das ist nicht klar ersichtlich.
=> Im übrigen verstehe ich nicht, warum (wer auch immer) das sagt, was es bedeuten soll?
=> Ist das eine Neckerei im Liebespiel, eine Drohnung, eine Warnung? Was?

„Noch einmal? So viel Munition hast du nicht.“ Ihre halblangen braunen Haare
=> Ich gehe davon aus, dass Margo dies sagt. Also muss die erste Dialogzeile von Hans sein. Macht die Sache für mich aber leider nicht klarer. Das "noch einmal" muss sich aufs "Ficken" beziehen.
"So viel Munition hast du nicht"
=> Soll bedeuten? Erstmal braucht man zum Erschießen ja nicht "viel" Munition, eine Kugel kann reichen, außerdem, warum bezieht sie sich auf ihn, auf seine Munition, wenn sie ihn erschießen könnte/sollte/dürfte?

=> Du siehst, das erzeugt einen riesigen Knoten in meinem Hirn - und ist damit das Gegenteil von etwas, was ich für einen guten Anfang halte, einen, der den Leser in den Text zieht.

Selbst, wenn ich mich zum letzten Satz des Abschnittes vorarbeite ("Dann schnappte er sich seine Pistole und tauschte die Platzpatronen wieder gegen scharfe Munition.") wird mir immer noch nicht klar, was in dieser Situation passiert ist. Spielen die da irgendein SM-Spielchen mit Scheinerschießung?
=> Falls ja, warum zeigst du diese Erschießung am Anfang nicht? Damit könnte man wunderbar die Szene malen, den Leser gleichzeitig auf eine falsche Spur führen und 'ne Menge Spannung erzeugen.
=> Na ja, vielleicht liege ich auch total falsch.

Soviel erstmal von mir.

Grüße,
Chris

 

Hi Chris,
Vielen Dank für deine Anmerkungen. Hier habe ich wohl einen blinden Fleck.
Ich bin schon mal über das Gröbste drüber gegangen und hoffe dass es nun etwas klarer ist.

lg
Bernhard

 

Hallo Bernhard,
mir erschließt sich der Anfang auch nicht so ganz.
Und dann ist mir das Ganze... wie soll ich sagen? Irgendwie zu lang. Z.B. die Action-Szenen. Es sollte doch eher um das Psychologische gehen, oder?
IM Resultat bleiben mir die Figuren relativ egal, besonders der Hans.
Gruß
T.

 

Hi tortich,
Vielen Dank für deinen Kommentar.
Über die Dialoge bin ich drüber gegangen. Die Actionszene und Hans sympathischer zu machen wird noch etwas dauern.

lg
Bernhard

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Bernhard,

Landserromantik!? Damit könnte ich dieses etwas andere Hänsel (Hans im [begrenzten] Glück) und Gretel (Margo) ohne märchenhaften Ausgang belassen. Aber mit dem Wissen um Babij Jar muss die Arroganz des Herrenmenschen, der – nachdem er seine direkten Nachbarn überfallen hat - soeben einen Feldzug gegen den „jüdischen Bolschewismus“ begonnen hat und sich doch wundert, dass nicht alle begeistert sind und sogar böse Eingeborene sich in einer Guerilla gegen den ordentlichen und korrekten Landser wehren (dass die Partisanenarmee eigentlich „Wehr“macht heißen müsste). Denn, was sofort auffällt, ist eine Vorliebe für entbehrliche Adjektive, die zudem noch Kitsch befördern

Die Flamme der einsamen Kerze spiegelte sich in ihren grünen Augen.
Die „einsame“ Kerze klingt wie Poesie, ist aber entbehrlich, weil „die Kerze“ eh nur eine sein kann und in aller Regel auch keine Gefühle zeigt, nicht einmal eine andere Kerze vermisst.

Der nächste Satz ist dann nicht wegen der Adjektive, sondern wegen eines weiteren Mangels aufgeführt: Flüchtigkeit. Hier ist es das regelgerechte Komma vor der Infinitivgruppe, erzwungen durchs "um"

Ihre braunen Haare fielen über die hohen Wangenknochen, als sie sich vorbeugte[,] um ihn kurz auf den Mund zu küssen.
Warum Flüchtigkeit? Weil die Zeichensetzung i. d. Regel gelingt und doch auch immer wieder mal misslingt - hier z. B. vor und nach dem Relativsatz
„Ich habe nachgedacht über das[,] was wir hier tun[,] und über die Partisanen.
, auf alle Fälle bis hin zum Schluss, wenn ein übergeordneter Satz ("sagte er") der wörtl. Rede folgt und es z. B. heißt
„Bitte!“[,] sagte er. „Ich sehe deine Augen.“

Dafür ist das Komma zwischen gleichrangigen Aufzählungen an sich entbehrlich, wenn es durch eine Konjunktion ersetzt wird
Er griff nach ihren Schultern[...] und zog sie mit sanfter Gewalt wieder zu sich.
Dann ist zwomal der abschließende Punkt geflüchtet
Sie trug hohe Reiterstiefel und drückte ihre harten Absätze in seinen Rücken
„Margo, ich liebe dich“, stieß Hans hervor

Probleme ganz anderer Art tauchen durch fehlende oder entbehrliche Endungen auf, etwa wie hier
Ehe Hans sich noch erheben konnte, war sie in ihren Rock und die Holzpantoffel geschlüpft.
Kann ja sogar sein, dass M. nur einen Schlappen hat ... aber würde sie dann nicht, um eine Art zu humpeln zu vermeiden, eher barfüßig laufen?

Hans wiederholte[...] den Satz immer schneller und kam zum Höhepunkt.

Die Höflichkeitsform ist an sich eine Säule der unterschiedlichen Stellungen innerhalb der Hierarchie
„Leutnant Lugger, immer wenn ich sie brauche, sind sie verschwunden.“
Wären die beiden befreundet, käme eher - auf jeden Fall, wenn sie "unter sich" sind, das vertraulichere Du in Frage.

Genug der Flüchtigkeiten (die ich nicht alle aufführen mag), aber nochein bisschen Rechtschreibung

, es ist ok …
Wenn schon, denn doch o. k. oder okay – aber ist es nicht im teutschen „in Ordnung“?

„Hättest du es mit Beiden getrieben, wenn ich nicht vorher gekommen wäre?“
Beide/n immer klein (nur nicht, wie hier) am Anfang eines Satzes!

Sie ohrfeigte ihn noch einmal, dieses mal weniger heftig.
Korrekt entweder diesmal oder dieses Mal!

Genug für heute vom

Friedel,
der gleichwohl ein gutes neues Jahr wünscht, das ja immerhin noch 339 Tage hat ...

 

Hallo Friedl,
Vielen Dank für deine wie immer penible Auseinandersetzung mit meinem Text
Die Flüchtigkeitsfehler wurden sofort korrigiert bzw. habe ich die Holzpantoffeln gegen 'Stiefel getauscht, weil das klingt bei genauerem hinsehen doch nach alter Oma.
Darf ich deinen ersten Kommentar in der Art auslegen, dass du in dem Text einen Hang zum Kitsch findest. Was ich bedauerlich finde, wiewohl ich mir der Kitschgefahr natürlich bewusst bin.


lg
Bernhard

 

Darf ich deinen ersten Kommentar in der Art auslegen, ...

Hallo Bernhard,

klar, bei mir darf jeder fast alles,

außer, man will mein Haar krümmen oder gar beschneiden - aber es schreddert arg am Kitschigen vorbei und gelegentlich schlägt es voll ein wie hier schon direkt zu Anfang. Aber wer ein guter Schriftsteller sein will, muss auch so was schreiben können. Was aber wenig tröstlich ist --- und dass es auch anders geht, weiß ich ja.

Tschüss

Friedel,
der noch ein gutes Wochenende wünscht!

 

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