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Meine erste Kurzgeschichte für Kinder. Meine Idee dahinter ist daraus eine Serie zu machen. Bin gespannt wie diese ankommt. Viel Spaß damit...
Die abenteuerliche Reise von Netsy auf der Suche nach seinen fünfzig Erinnerungen.
Eines Morgens erwachte Netsy aus dem Tiefschlaf. Netsy ist ein kleiner Junge. Gerade mal acht Jahre alt. Sein Kopfabdruck war noch deutlich im Kopfkissen zu sehen. Außerdem die morgendliche Sabberfütze. Diese nahm jeden Morgen ungefähr die Hälfte seines Kopfkissens ein. An seinem Kinn konnte man noch den getrockneten Verlauf seines letzten Sabberfadens erahnen. Seine Augenlider waren noch schwer.
Er hatte von einer skurrilen Reise geträumt.
Alles fing damit an als er die Tür seines Hauses betrachtete. In der Tür befand sich das Bullauge eines alten Schiffes. Als er näher kam öffnete sich dieses und eine raue Piratenstimme forderte den kleinen schmächtigen Netsy auf das Haus zügig zu betreten.
Eine spannende Reise sollte den kleinen Jungen erwarten.
Nun stand er da im langen schmalen Flur. Merkwürdig. Zu dieser Uhrzeit war niemand zu Hause. Das war in der Tat sehr eigenartig. Netsy machte das Bullauge mit einem leichten Ruck zu. Er drehte sich zur weißen Kommode, welche direkt neben der Tür unter dem großen rechteckigen Spiegel hing. Sie hatte zwei Schubladen und zwei große Klappen hinter der sich Krimskrams verbarg.
Netsy war knapp 1,40m groß. Er zog sich seine Jacke aus und feuerte sie auf den gefliesten Fußboden. Dann zog er sich seine Sneakers aus, um diese in der Kommode zu verstauen. Netsy öffnete die rechte untere Klappe der Kommode und fiel beinahe in Ohnmacht.
Ein fürchterlicher Gestank drang aus der Kommode und verteilte sich in seiner Nase. Sein großer Bruder hatte da wohl den Schrank mit dem Wäschebottich verwechselt. Er blickte auf eine schwarze, knittrige Socke. Paah, wie abartig das stank. Vom bestialischem Geruch noch berieselt beugte er sich hoch, um seinen Haustürschlüssel in die Schublade zu legen. Als er dabei in den Spiegel sah, traute er seinen Augen nicht. Auf seinem Kopf befand sich ein riesiger Sombrero, der seine Ohren herunterdrückte.
Netsy hing den mexikanischen Hut an den Kleiderhaken und ging anschließend vom Flur aus in die Küche. Von dort aus ging es nach rechts in den angrenzenden Hauswirtschaftsraum. Beim Öffnen der Tür zum HWR hörte er wie sich das Bügelbrett lautstark über den Wäschestapel beschwerte. Was ist hier nur los dachte er? Noch als er im Gedanken war und um die Ecke schaute sah er das zusammengeschrumpfte Bügelbrett. Darüber die zusammengelegte Wäsche. Der Berg Wäsche machte sich lautstark über die Spatzenarme des Bügelbrettes lustig. „Erbärmlich, wie schwach Du bist“, hörte man eine leise, krächzende Stimme.
Im Wäschetrockner nebenan drehte derweil ein Motorradhelm seine Runden. „Was zum Henker macht Papa’s Motorradhelm dadrin, fragte sich der kleine, schmächtige Netsy.“ Es polterte so laut. „Wie zum Geier nochmal?“ Netsy kam jedoch auf keine plausible Antwort. Kopfschüttelnd verließ er den Hauswirtschaftsraum und ging zurück in die Küche.
Vor lauter Aufregung überkam dem Jungen ein leichtes Hungergefühl. Man sagte Ihm nach er hätte einen Bandwurm. Jeder der Netsy kannte, wusste das er essen konnte wie ein Scheunendrescher. Dennoch und das war wirklich erstaunlich, merkte man es Ihm nicht an. Er war ein wirklicher Schlacks. Es gab genügend gleichaltrige Jungs auf seiner Schule, welche nicht mit diesem Glück gesegnet waren. Ein erstes Magenknurren ertönte in Ihm. Gerade als er sich an den großen, gläsernen Küchentisch setzen wollte, nahm er eine Stimme war. „Wo kam diese her, fragte er sich.“ Netsy beugte hinunter und sah auf dem gegenüberliegenden Stuhl, wie ein stumpfer Buntstift mit sich und seinem Dasein am hadern war. Es kam Ihm so vor, als wäre er Teil eines unglaublichen Märchens. Netsy begann zu grübeln und kam zu dem Entschluss das ein griechischer Joghurt mit Honig genau das Richtige wäre, um seinen klagenden Bandwurm fürs Erste zu besänftigen. Der hungrige Netsy kam unter dem Küchentisch hervor, ging in Richtung des Kühlschrankes und erschrak völligst. Die Angst schoss Ihm in Sekundenschnelle bis ins Mark. Hatte er richtig gesehen? Da steckte ein großes, scharfkantiges Schlachtermesser in der Kühlschranktür. Dicke Tropfen einer roten Flüssigkeit hingen an der gesamten Schneide. „Aaaah, schrie Netsy auf, rutschte aus und fiel zu Boden.“ Er konnte sich gerade noch mit den Händen abfangen und kniete verängstigt auf allen Vieren. Sein leerer Blick schweifte umher, als er diese rote, zähe Konsistenz an seiner rechten Hand bemerkte. Mit hektischen, fast panischen, Fuchteleien versuchte Netsy diese Flüssigkeit irgendwie abzuschütteln. Alle Versuche waren vergebens. Irgendwie musste er mit der Hand an seine Unterlippe gekommen sein. Er bemerkte wie sich ein süßlicher Erdbeer-Geschmack auf seiner Zunge verteilte. Gott sei Dank. Seine schlimmsten Befürchtungen es könne Blut sein bestätigten sich nicht. Es war seine geliebte Marmelade.
Am Boden sitzend begann Netsy damit seine Eindrücke zu verarbeiten. Es gelang Ihm jedoch nicht diese korrekt einzuordnen. Immer wieder kam ein und dieselbe Frage auf... „Was zum Kuckuck ist nur los?“
Gerade als Ihm eine Idee in den Sinn kam, hörte er ein leises „Ommmh“.
Netsy zog sich an der Arbeitsplatte neben dem Herd hoch. Sein Hunger war vergangen. Zumindest war Totenstille in seinem Bauch eingekehrt. Kein Wunder dachte er sich nach all den Ereignissen. Konnte das wahr sein, fragte sich Netsy. Auf der hinteren Herdplatte hockte ein meditierender grüner Brokoli. Er nahm all seinen Mut zusammen und sprach den in sich gekehrten Brokoli an: “Was macht Ihr alle hier? Doch das einzige was der Junge vernahm war erneut ein langes, tiefes Ommmh.
Netsy war aufgefallen, dass überall in der Küche Geschirr herumlag. Er machte sich die Mühe und sammelte alle Messer, Löffel und Gabeln ein die er fand. Er legte sie auf die Spüle, sortierte es nach sauber und schmutzig und versuchte zunächst die Besteckschublade zu öffnen. Er bekam sie kaum auf. Als sie sich endlich öffnen ließ lag darin sein völlig zerknittertes Vokabelheft. Langsam wurde Ihm klar was hier los war. Genau in dem Moment als er sein Heft erblickte. Heute in der dritten Stunde wird der allererste Vokabeltest geschrieben. Netsy hatte sich am Abend zuvor nochmals alle Vokabeln angesehen und sich zunehmend damit verrückt gemacht. Sein Vater, amtierender Gedächtnisweltmeister, hatte Ihm geraten sich möglichst alle Vokabeln so bildhaft wie nur irgend möglich vorzustellen und einzuprägen. So würden diese ins Langzeitgedächtnis gelangen. Plötzlich erschienen Ihm seine Vokabeln der Reihe nach vor seinem geistigen Auge. Papa sollte wieder mal recht behalten. Typisch Eltern. Immer haben sie recht. Da hörte Netsy seinen Wecker klingeln. Es war allerhöchste Zeit sich für die Schule fertig zu machen.