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Deutschland gegen Tschechien gleich Erbsen

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07.01.2004
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Deutschland gegen Tschechien gleich Erbsen

Nach dem EM-Spiel „Deutschland gegen Tschechien“, Deutschland verlor 1 : 2, nahm mich meine Mutter in den Arm, wischte mir mit ihren kratzigen Veloursärmeln die Tränen weg und erzählte mir dann die ganze Geschichte:

Also Junge, ich habe Dir noch nie erzählt, wie ich Deinen Vati kennen gelernt habe. Erstens, weil Du nie gefragt hast und zweitens, weil ich wichtigere Dinge zu tun hatte. Zum Beispiel Dich aufziehen, verdammt noch mal und glaub mir, einfach war das nicht, aber was erzähl ich Dir das. Du warst ja dabei.
Ich glaube, es war im Frühling 1978. Wie eine Wahnsinnige hatte ich mich auf diesen Frühling gefreut, denn im Fernsehen wurde eine Erbsenschwemme vorhergesagt. Damals gab es ja nicht immer alles. Man konnte froh sein, dass es überhaupt Gemüse gab. Du brauchst gar nicht zu grinsen.
Ich also zum HO, ne Fluppe lässig im M-Winkel und dock mich an die Schlange an. Ich lauschte den Nachbarn, die verbotenerweise übers Westfernsehen erzählten und malte mir schon ein nettes Essen mit die Erbsenbeilage aus. Wie, man sagt nicht „mit die“? Wenn Du alles besser weißt, kannst du ja gleich weitererzählen.
Als ich dann an der Reihe war und gerade mein Geld in die hohle Verkäuferhand abwarf, sah ich ihn. Es war alles wie in Zeitlupe. Als mein 2 Markstück gelandet war hatte ich mich verliebt. Nein, verdammt noch mal, nicht in den Verkäufer. Ein junger Mann stand bei den Kisten und sortierte Erbsen aus. Mann oh Mann, war das ein Mann. Er hatte breitschultrige Hüften, ausladende Schultern und einen richtigen Knackkiefer. Ein Mann halt wie er im Buche steht oder wie man sagt. Den musste ich haben und Du weißt ja, wie ich bin, wenn ich etwas haben will. Also bezahlte ich und stellte mich zum „Erbsen in Eimer packen“ fast genau neben ihn. Ich glaube, ich zitterte so stark, dass die Regenwürmer, in der Erde unter mir, aus ihren Erdbettchen fielen.
Er sah mich an. Ich sah ihn an. Er schaute weg. Ich schaute weiter. Er schaute wieder. Ich sah weg. So ging das 11 Minuten. Das weiß ich so genau, weil ich, immer wenn ich wegschaute, auf meine Uhr sah. Er muss gedacht haben, ich leide unter Uhrschauzwang. Während unsere Blicke sich die Klinke in die Hand gaben, pulte er weiter in den Erbsen. Unterdessen waren mir die Erbsen ganz egal geworden und ich füllte in meinen Eimer das, was meine Hände griffen. Irgendwann sah er meine Achtlosigkeit, erschrak und kam auf mich zu. Hastig flogen seine Finger in die Erbsenmasse und flink hatte er die fauligen Früchte in die Kisten geworfen. Dann schaute er mich an. Lächelte ein wenig, seine blitzblanken Zähne leuchteten durch mich hindurch. So wie es Röntgenstrahlen tun. Nur viel schöner, weil man Röntgenstrahlen nicht sehen kann. Wobei mir noch niemand meine Augen geröntgt hat. Ich hatte mich das zweite Mal verliebt oder vielleicht war meine erste Verliebtheit auch nur bestätigt. Heute kann ich nur noch sagen, dass es ein Kribbeln an den Fußsohlen und ein Brubbeln im Bauch war. Positiv versteht sich.
Er sagte „nichts“. Also ich meine, er war ruhig und hat nicht das Wort „Nichts“ erwähnt. Muss man denn hier alles doppelt und dreifach erklären?
So hab ich Deinen Vater kennen gelernt. Was geschah, als ich ihn dann mit nach Hause nahm, möchte ich Dir gerne vorenthalten. Denke nur daran, dass Du nicht wärst, wenn ich ihn da stehen gelassen hätte oder wenn er meinen Eimer nicht von den schlechten Erbsen befreit hätte.
Ach ja, hätte ich beinahe vergessen. Ich kam auf diese Geschichte, weil Dein Vater Tscheche war. So brauchst du auch gar nicht weinen, denn irgendwie hat Dein Land ja auch gewonnen.

Ich ging mit merkwürdigen Gefühlen schlafen.

 
Zuletzt bearbeitet:

Schnell reagiert. Über Nacht. Merkt man aber auch.

Stilistisch liest dich der Text zeitweise etwas schleppend und umständlich, trotz seiner Kürze, und Gebilde wie das "2 Markstück" stören auch.
Ebenfalls hatte ich das Gefühl, dass hier einiges als Gag gedacht war, was dann doch nicht recht funktioniert (z.B. "er sagte nichts").
Dadurch, dass die Mutter Ausdrücke wie "Fluppe lässig im M-Winkel" oder "dock mich an die Schlange an" gebraucht, wirkt ihr Charakter stellenweise unglaubwürdig. Zu der versöhnlich gedachten Geschichte, die sie ihrem Sohn erzählt, gehört m.E. ein anderer Tonfall.

Das Ende versöhnt mich dann wieder mit der Story: Schöne Idee. Nicht der große satirische Brüller, aber schön. Der Rest der Story wirkt dagegen ein Bisschen wie ein Platzhalter zwischen Anfang und Ende des Textes.

Gruß

Ben

 

Leider hat mich das Ende nicht befriedigt, da alleine die Tatsache, dass der Vater Tscheche war, der Geschichte keinen Sinn gibt, ich habe zumindest eine Verbindung zum Fußball erwartet.

Was den Stil anbelangt, ließ sich diese Geschichte ganz angenehm lesen, die Handlung schritt schnell voran und an manchen Stellen blitzte etwas auf, was durch bessere Überarbeitung zu Humor hätte werden können.

Er sah mich an. Ich sah ihn an. Er schaute weg. Ich schaute weiter. Er schaute wieder. Ich sah weg. So ging das 11 Minuten. Das weiß ich so genau, weil ich, immer wenn ich wegschaute, auf meine Uhr sah. Er muss gedacht haben, ich leide unter Uhrschauzwang. Während unsere Blicke sich die Klinke in die Hand gaben

"Immer wenn ich wegschaute" würde ich streichen. "Er muss gedacht haben, ich leide unter Uhrschauzwang" ist überflüssig und stört, niemand erklärt seine Witze. "Während unsere Blicke sich die Klinke in die Hand gaben" finde ich albern.

An einigen Stellen scheint die Sprache nicht zur Hauptperson zu passen.

Ich also zum HO, ne Fluppe lässig im M-Winkel und dock mich an die Schlange an.
Redet so eine 45-jährige?

 

Hallo Robert Zobel,

also bei aller Liebe zum Thema, deine Geschichte ist gar nicht mal schlecht, sie hatte was, ist es aus meiner Sicht jedoch so, dass es nun wirklich keine Satire ist.
Was bitteschön soll denn der Missstand sein, was willst du als Autor denn kritisieren?

Etwa die Trauer um einen verlorenen Sieg der deutschen Fussballmannschaft?
Die Bornhiertheit, dass man überhaupt sich ländermäßig mit seinem Freud und Leid festlegt? Soll dein Thema ein Seitenhieb auf die im Fußballsport fehlende Globalisierung sein? Doch wohl nicht.
Die Geschichte ist ein netter kleiner Hupferl im Bereich Humor und eben keine Satire.

Ironie ist nicht gleichzeitig Satire!

Übrigens hab ich auch an Mutter Flodder denken müssen und hätte mir gewünscht, dass du da noch mehr aufdrehst bei der wörtlichen Rede der Mutter.
Fand, dass da noch mehr Potential drin gewesen ist.


Lieben Gruß
lakita

 

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