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Deutsche vereinigt euch!
Deutsche vereinigt euch!
Eines Tages blickte ich aus dem Fenster. Was ich da sah, ließ mich erst mal ganz laut seufzen. Ich sah sie draußen, sie kamen direkt auf mich zu. Es durchfuhr mich wie ein Blitz. Plötzlich fühlte ich mich einsam, ich hatte das Gefühl, mich unter die Menge mischen zu müssen. Als ich auf die Straße trat, hörte ich laute Rufe und Pfiffe. Auf einmal hatte ich dieses Gemeinschaftsgefühl. „Deutsche vereinigt euch!“, ging es durch meinen Kopf. Deutsche vereinigt euch. Ein historischer Satz. Das Gefühl überkam mich, überflutete meine Sinne und meinen Verstand. Diejenigen, die unter dem ganzen Geschrei etwas verstehen konnten, hörten nun auch mich lauthals den Frust von der Seele schreien. Unsere Gruppe ging die Straße entlang, immer noch mit lautem Getöse. Einige von uns wurden von öffentlich-rechtlichen sowie privaten Sendern interviewt. Mir fiel auf, dass die Reporter sich nur diejenigen raussuchten, die den Anschein hatten, ihre Meinung nicht überzeugend rüberbringen zu könnne, also solche, die unscheinbar waren. Doch wir liefen unbeirrt weiter, vorbei an Müllhalden, vorbei an streikenden Schwimmbädern. „Diese Halunken“, kam es beinahe aus mir heraus, „müssen die denn unbedingt streiken? Sind doch nur achtzehn Minuten mehr am Tag.“ Ich denke, nicht nur ich empfand so, auch viele andere hatten sich darüber aufgeregt, dass diese Faulpelze nicht mal etwas mehr unbezahlt arbeiten, um der Gemeinschaft, die sich einen Dreck um sie schert, zu dienen. Aber ich ließ mich nicht ablenken und rief weiter: „Mehr Recht, weniger Arbeit!“ und hielt mein Schild mit der Aufschrift „Weniger Arbeit oder zusätzliche bezahlen. Ärzte arbeiten nicht umsonst!“ noch etwas höher.