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Deutsch-Türkische Freundschaft
Deutsch-Türkische Freundschaft
Es geht nichts über einen Döner zum Frühstück. Ein Tag fängt für mich immer blendend an, wenn ich sofort nach dem Aufstehen eins dieser leckeren Fladenbrote mit fettigem Fleisch und am Mundwinkel heraustropfenden Soßen zu mir nehme.
So dachte jedenfalls, bis eine Gruppe von ultra-progressiven Veganern mal wieder was an meinen Frühstücksgewohnheiten rum zu meckern hatte. Die Kollegen bauten sich direkt und sehr zum Unmut meines Kumpel und Dönerfachverkäufers Ali vor der Dönerbude auf. Alle im Laden konnten das Spruchband mit der Aufschrift Fleisch ist Mord“ sehen. „Fleisch ist Mord!“ ??? Das angestrengte Nachdenken über diesen Satz hielt mich einige Minuten vom ersten Biss in den Döner ab. Naja, ich hab dann doch reingebissen und mich bestätigt gefühlt, dass Ali die besten Döner der Stadt macht.
So wie es aussah, kümmerte sich keiner um die Demonstranten vor dem Imbiss. Sie dachten wohl, sie müssten etwas lauter sein, damit jemand auf das hören würde, was sie sagen.
„Fleisch ist Mord! Fleisch ist Mord! “
Schließlich ging ich mal raus, um einige Dinge klar zu stellen.
„Könnt ihr mir sagen, was Fleisch ist Mord bedeutet?“
„Tiere werden ermordet, damit du Fleisch essen kannst.“ , sagte der Oberprogressivo.
„Und warum schreibt ihr das nicht so auf euer Transparent? Mord ist ein vergegenstandlichte Handlung, Fleisch nicht. Den Vergleich, den ihr da zusammenzustellen versucht, ist grammatikalisch sehr bedenklich. Handlungen wie Mord sollte man auch nur mit Handlugen vergleichen. Fleisch essen ist Mord! wäre viel besser. Oder wie wär’s mit Fleisch herstellen ist Mord!
Bäng!, das hatte gesessen, denn der Trupp machte sich hastig daran, die Aufschrift auf dem Transparent zu verbessern. Zusätzlich warf man mir wegen meiner Klugscheißerei noch ein paar patzige Kommentare zu.
„Und damit du es weißt: Du bist ein Mörder! Und alle, die da drin sitzen auch!“
So eine Anfeindung konnte ich natürlich nicht auf mir sitzen lassen.
„Und was macht ihr? Zieht Euch irgendwelche synthetischen Klamotten an, die in tausend Jahren noch nicht verrottet sind, fresst nur chemisch gedüngtes Zeug. Und außer dem, wisst ihr überhaupt, wie vielen Hasen, Rehen und Wildschweinen während der Ernte die Beine abgesäbelt und die Bäuche aufgeschlitzt werden, nur damit ihr euer Müsli futtern könnt?“
Zur Strafe wurde ich heftigst kunstlederbiogelatscht und musste in den Imbiss flüchten. Eine harmlose Demonstration war dabei in eine Straßenschlacht auszuarten. Zurück im Imbiss erwartete mich tosender Applaus. Ali schnitt genüsslich am Dönerspieß rum und spendierte eine Runde für alle.
Draußen auf der Strasse entbrannten heftige Diskussionen. Der Veganertrupp schien sich irgendwie uneins zu sein, jedenfalls schuppten sich einige der Tierliebhaber ständig hin und her und warfen sich böse blicke und unflätige Worte zu. Einer der Truppe fing an, seine Klamotten auszuziehen und sich die Wäscheetiketten zu betrachten und legte dann ein Kleidungsstück nach dem anderen auf einen Haufen. Seine Unterhose behielt er an, denn die war offensichtlich nicht aus irgendwelchem umweltschädlichen Synthetikmaterial sondern aus reinster Baumwolle gemacht. Nach einer Weile taten es die anderen ihm gleich. Ein komischer Anblick.
Als die grammatisch verbesserten Protestrufe der halbnackten Tierfreunde lauter wurden, überkam Ali dann doch die Wut und er bewaffnete sich mit einem leeren Dönerspieß. Er sprang auf die Straße und rief den Veganern irgendwelche Fluchworte auf türkisch zu. Die Gäste applaudierten. Alis Kollege Mahmoud kramte noch mehr leere Dönerspieße aus dem Lager hervor, verteilte sie an die Gäste und forderte uns auf, Ali Gesellschaft zu leisten. Ali freute sich über die Unterstützung und stimmte einen Sprechchor an. Ich weiß nicht, was wir da brüllten, es klang aber sehr martialisch. Zusätzlich schlugen wir mit den Spießen gegen die Bordsteinkante und fabrizierten eine Lärm, wie man ihn einst bei den legendären Schlachten der Osmanischen Armee nicht lauter hätte hören können.
Völlig unbeeindruckt von unseren Schlachtgesängen wurden die Veganer immer heftiger in ihren Gesten. Irgendwann wurde es dann doch langweilig und wir gingen wieder in den Imbiss zurück. Unsere Ignoranz stachelte die Gegenseite natürlich noch mehr an. Mittlerweile hatte sich ein schöner Pulk von Schaulustigen auf der Strasse vor dem Lokal versammelt. Gespannt warteten die Passanten darauf, was wohl als nächstes passieren könnte. Die Veganer schrieen sich die Seele aus dem Leib, aber niemand im Imbiss reagierte noch auf bloße verbale Provokationen. Schließlich griffen sie zu drastischeren Methoden und fingen an, die Hundescheiße auf der Strasse aufzusammeln und gegen die Scheibe der Dönerbude zu werfen. Das war zuviel! Wir entschieden, dass der Mob eine Abreibung verdient hatte, wollten aber niemanden ernsthaft verletzen. Also blieben die Dönerspieße stehen. Stattdessen opferte Ali mehrere Eimer feinster Knoblauchsoße, abgefüllt in kleinen Tütchen. Wir stellten uns wieder auf der Strasse auf und fingen an, die Fleischfeinde zu bombardieren. Einer von ihnen reagierte sehr heftig auf die Knoblauchsoße und entledigte sich seines absolut tierproduktfreien Frühstücks. Zwei andere waren von diesem Vorgang so was von angeekelt, dass sie es ihm gleich taten. Die feindliche Armee wich zurück und floh schließlich in die Seitenstrassen. Ein grandioser Sieg!
Wieder zurück im Dönerimbiss spendierte Ali einige Flaschen Raki und hielt eine flammende Rede auf die deutsch-türkisch Freundschaft. Wir prosteten uns zu und versackten bis tief nach Mitternacht im Imbiss.
Es lebe die Deutsch-Türkische Freundschaft!!!