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"Deutsch, für Gäste in Österreich"

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15.10.2003
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"Deutsch, für Gäste in Österreich"

Jeden Morgen beim Umsteigen in der U-Bahn lese ich diesen Spruch eines Wiener Sprachinstituts und jeden Morgen habe ich das Gefühl, diese Stadt will mir damit etwas sagen.
Ist es vielleicht eine geheime Nachricht, ein versteckter Hinweis: so lernen Sie die Sprache, mit der man Sie hier versteht. Dann sollte ich doch schleunigstens diesen Kurs belegen.
Oder soll es einfach nur eine Feststellung sein, dass ich immer ein Gast in Österreich sein werde.
Wer weiß, wer weiß, vielleicht ist es ja auch nur der unterschwellige Wunsch der Eingeborenen: Es gibt Österreicher und es gibt Gäste. Und jeder der schon mal eine Party gegeben hat weiß: Irgendwann geht auch der letzte Gast und man kann endlich in Ruhe schlafen gehen.

Die morgendliche U-Bahnfahrt hat für mich immer wieder was Spannendes, denn es kommt immer anders als man denkt.
Tatkräftig werde ich in dieser Vermutung auch durch den U-Express, einer kostenlosen täglichen Zeitung, unterstützt. Aufmunternd lachen mich schon beim Betreten des Bahnhofes die Schlagzeilen dieser "Bildzeitung für Arme" an.
Gestern z.B. mit den Zeilen: "Kein Geld fürs Bier: Ehefrau erschlagen"; darunter ein Foto mit einer dämlich lächelnden Blondine und einem mutmaßlichen Arzt, der ihr lächelnd tief ins Ohr schaut: "Mit den Ärzten voll zufrieden"; und links daneben rot umrandet: "Nur noch jeder zweite Wiener ist Katholik!".

Eigentlich war ich bis zu diesem Zeitpunkt froh, es geschafft zu haben aufzustehen, um mich unter Höllen Anstrengungen zur Arbeit zu schleppen. Nun aber geht es mir so richtig gut. Mit dieser Zeitung in der Hand weiß ich das Leben erst zu schätzen, denn auch die Ehefrau hatte Glück im Unglück. Mit einer 2/3 Wahrscheinlichkeit wird sie ihre medizinische Versorgung mit "sehr gut" oder "gut" beurteilt haben und da ihr Mann mit einer solchen Tat wohl kaum ein Katholik sein kann, hat sie nun wenigsten Gottes Beistand.

So aufgemuntert überhöre ich dann auch endlich mal wieder die Lautsprecheransagen der kommenden Stationen in U-Bahnwagon. Es gibt nichts depressiveres als diese monotone männliche Stimme aus dem Jenseits des Lautsprechers, die in gänzlicher Gleichgültigkeit und Lethargie die Stationsnamen breitschmiert.
An ganz trüben Tagen muss ich dann immer an eine Lache Honig denken, die an einem aufgeklappten Sargdeckel in Zeitlupe hinab rinnt.

Gestern war aber sowieso alles ganz anders, und vielleicht ist alles nur eine Frage der Vorstellungskraft, wie mir der Taubenfütterer von neulich anschaulich bewiesen hat.
Wenn ich nicht mit den Öffentlichen unterwegs bin, dann erobere ich mir die Stadt mit dem Rad. Mehrmals bin ich dabei spät abends auf dem Heimweg an der Wien entlang geradelt, dem Fluss, der der Stadt dem Namen gab.
Nur Jedem, der dabei an ein idyllisches Flüsschen mit Grün und Uferpromenade denkt, muss ich jäh enttäuschen. Die Wien fließt einbetoniert in einem fast sechs Meter tiefen Graben. Man kann dann vom Straßenniveau über ein Geländer hinweg die aus Felsstein gemauerten Wände betrachten, das betonierte Flussbett und ein Rinnsal graugrünem Wasser, welches nur bei schlechtem Wetter zu einem reißenden Strom wird.

Zwei mal bin ich dann an einem alten verwitterten Männchen vorbei- gekommen, welches Tonnen von Brot und Vogelfutter von dem Geländer her in das Flussbett warf. Als ich dann aber am dritten Tag an diesem Mann vorbei kam stutzte ich endlich. Mein Dynamo surrte und die Uhr zeigte Viertel nach zehn, und Tauben sind doch keine Eulen.
Ich fuhr langsamer und hielt an und fragte was er dort täte. In breitestem Wienerisch erzählte er mir von seinen Lieblingen, den Tauben, die er nun schon seit Jahren fütterte, und zeiget dabei hinunter in den Wiengraben. Ungläubig schaute ich hinab. Nachdem sich meine Augen nach einer Weile an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte ich sie tatsächlich sehen, seine Lieblinge, Heerscharen von bodenständigen (Flug)-Ratten, die alles andere als fliegen konnten.

So scheint hier alles in dieser Stadt eine Frage der Vorstellung und der Taktik zu sein. Auch der U-Express verriet mir dann auf Seite Vier, dass demnächst Mitarbeiter der Stadtmission auf der Straße das Gespräch mit den Menschen suchen werden, um somit das Evangelium gleichsam öffentlich zu verkünden.
Unwillkürlich muss ich an einen süßen Punk denken, der mich auf offener Straße anquatscht, aus dem Evangelium vorliest um mit dem Satz zu enden: "...has`te mal ´nen Euro für mich, Amen!".

Der österreichische Staat ist da viel perfider. Es gibt sogar eine Art Finanzamt für Gebühren, und eigentlich kostet hier alles irgendeine Gebühr. Will man z.B. einen auf drei Jahre befristeten Mietvertrag unterzeichnen, muss man an dieses Finanzamt 1% der gesamten zu zahlenden Miete von drei Jahren abgeben. Auch wenn man nach drei Monaten schon wieder auszieht.
Beim Telefonieren schlägt der Gebührenteufel mit 20% Umsatzsteuer zu und beim Einkaufen mit 20% Mehrwertsteuer.

Vielleicht hat das ja den armen Ehemann schier in den Wahnsinn getrieben, und als er herausbekommen hat, wie hoch die Luxussteuer auf Alkohol und Tabak ist, ist es dann geschehen. Und vielleicht hatte die arme Ehefrau zwar noch Geld für die Biersteuer, aber nicht mehr für das zu kaufende Bier.

Zu spät!

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo lollypop!

Herzlich willkommen auf kg.de! :)

Hm, also Deinem Text kann ich nicht viel abgewinnen, zumal er eigentlich in meinen Augen auch keine richtige Geschichte ist.

Vor allem aber sehe ich keine Satire, sondern vielmehr eine Beschreibung. Menschen, die Tauben füttern, gibt es überall, und der Ausdruck Flugratten für selbige stammt auch nicht von Dir, den gibt es schon ziemlich lange.

Ich verstehe auch nicht, warum Du Dich über die Wien lustig machen willst, was aber vielleicht daran liegt, daß ich die Geschichte dieses Flusses kenne und weiß, warum man ihn so gebändigt hat.
Die derzeitige Lösung ist zwar nicht sehr schön, aber sie erfüllt ihren Zweck, nämlich den 14. Bezirk vor Hochwasser zu schützen, das bis Ende des 19. Jahrhunderts zahlreiche Menschenleben gekostet hat. Denn er konnte von 0,3 Kubikmetern pro Sekunde innerhalb kürzester Zeit auf 600 Kubikmeter Wasser pro Sekunde ansteigen, was einem niedrigen Wasserstand der Donau entspricht.
Dabei suchte er sich immer neue Wege und riß ganze Häuser fort, oder es ertranken die Menschen im Schlaf, bevor man ihn um 1900 regulierte.
Natürlich könnte man ihn heute umgestalten, da er selbst bei Schlechtwetter und Schneeschmelze kaum mehr das Flußbett ausfüllt, was aber seit Jahrzehnten an den Kosten scheitert. Vorschläge gibt es bereits genug für seine Umgestaltung, übrigens auch einen von mir...

Aber jetzt zurück zu Deiner Geschichte...
Steuern und Abgaben gibt es überall, auch diese Bemerkungen in Deiner Geschichte finde ich weder komisch noch witzig und auch den Aufhänger mit dem Artikel im U-Express nicht.

Es scheint mir eher ein Frustabladen zu sein, aus welchem Grund auch immer.
Und das ist alles andere, nur nicht Wienerisch:

"...has`te mal ´nen Euro für mich, Amen!"

Tut mir Leid, aber Dein Text hat mir wirklich nicht gefallen...

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo lollypop,

leider habe ich auch etwas an Deiner Geschichte zu bemängeln: Es fehlt die Überzeichnung, die eine Satire ausmacht.
Aber selbst als Alltagsgeschichte könnte ich den Text nicht akzeptieren, ihm fehlt ein Spannungsbogen, eine Aussage, die über eine Schilderung von Einzelheiten hinaus geht. Vielleicht fällt Dir noch etwas entsprechendes zu Deinem Text ein, es lohnt sich immer, an einem Text zu arbeiten.

Tschüß... Woltochinon

 
Zuletzt bearbeitet:

Ich kann mich der negativen Kritik hier absolut nicht anschließen, dein Text hat einfach Charakter, du hast größtenteils einen großartigen Ausdruck, das gefällt einfach. Ich denke, Häferl hat diese Geschichte mißverstanden bzw. fühlt sich durch die nicht wirklich löblichen Ausführungen über diese Stadt etwas auf den Schlips getreten. Verständlich, wenn man eine Stadt liebgewonnen hat... Doch meiner Meinung nach handelt es sich hier um eine Satire, deshalb kann ich derartige Elemente eigentlich nur gutheißen.

***************

Ich habe mich wirklich köstlich beim Durchlesen dieses Textes amüsiert. Für mich ist dieser Text eindeutig einer der besten, die ich je hier gelesen habe. Nur in zwei Punkten muss ich meinen Vorrednern beschränkt Recht geben:

1) Nimmt man`s ganz genau, dann ist dies hier vielleicht wirklich keine Kurzgeschichte im klassischen Sinn, sondern eher eine satirische Berichterstattung oder ähnliches. Aber auf solche i-Tüpfelchen-Reitereien will ich mich nicht einlassen.

2) "...has`te mal ´nen Euro für mich, Amen!" ist echt nicht Wienerisch, editiere doch diesen Teil und setze stattdessen "Euda, host` vielleicht an Euro, Amen!" oder artverwandtes ein.

 

Ich denke, Häferl hat diese Geschichte mißverstanden bzw. fühlt sich durch die nicht wirklich löblichen Ausführungen über diese Stadt etwas auf den Schlips getreten. Verständlich, wenn man eine Stadt liebgewonnen hat...
Nein, ich fühl mich nicht auf den Schlips getreten, wie sollte ich? Es ist nicht meine Stadt, ich wohne nur hier. Aber Satire besteht nicht aus einer simplen Beschreibung der Dinge. Und was z.B. den Wienfluß betrifft, würde es halt für mich zur Recherche gehören, erst nach den Gründen zu fragen, bevor man sich über etwas lustig macht. Gewiß entspricht die derzeitige Form der Regulierung nicht dem heuten Stand von Umweltwissen, aber das zu ändern würde Milliarden verschlingen. Außerdem hat man ein Stück weiter draußen, in HaWei, ja bereits mit dem Rückbau begonnen...
Und wenn man weiß, welche Schäden der Fluß vor der Regulierung angerichtet hat, ist meiner Meinung nach ein Sich-darüber-lustig-Machen ungefähr so, als würde man über den Mundschutz lachen, den Ärzte während einer Operation tragen: einfach aufgrund des Zwecks nicht angebracht.
Und um die Gründe zu erfahren, hätte es gereicht, "Wienfluss" in die Suchmaschine einzugeben...

 

Servus Schlecker (so nennt man hierzulande den angelsächsischen Lutscher)

Eine echte Wiensatire aus der Feder eines offensichtlich hier wohnhaften Deutschen hätte mir durchaus Spaß gemacht, aber dafür war mir der Text ein wenig zu blaß.

Gut getroffen die Stelle, mit der Stimme aus den Lautsprechern der U-Bahn, kein wahres Ruhmesblatt. Die ÖBB haben wenigstens Chris Lohner als Ansagestimme.

Der Titel war irreführend, ich hatte mir nämlich eine Art Geschichte über Mißverständnisse erwartet. Was das gefühl des Fremdseins betrifft: das hat man überall, das ging mir in vielen Ländern so.

wirkliche Hauptstädte haben eine gewisse Arroganz an sich (fahr mal nach Rom, hehe). Ich war zwar noch nicht in Berlin (muß mal hinfahren), aber das ist wahrscheinlich aus der Geschichte her ein Sonderfall. Ähnliche Beschreibungen kenn ich von Leuten, die in Paris oder Madrid waren auch, nur ist das "Schleich Dich halt, wennst da net paßt" halt anders je nach Kultur und Mentalität.

Der Wienfluß na ja, gefallen tut mir das auch nicht, aber wie Häferl schon schrieb, lieber schiach als gefährlich...

Ich hoffe allerdings, daß sie da etwas unternehmen, damit der Kai etwas attraktiver wird.

Wenn Du diesen Text nochmals überdenkst und vielleicht vertiefst (Dich auf einen betimmten Aspekt konzentrierst), bzw. ausbaust

könnte etwas durchaus interessantes herauskommen

liebe Grüße

Echna (Urwiener, hier geboren und aufgewachsen)

 

Hmm auch ich sehe hier keine wirkliche Satire.. vielleicht einen Bericht aus dem Alltag, einen Bericht aber leider keine Kurzgeschichte.
Man erwartet die ganze Zeit das etwas interessantes passiert, erwartete irgendeinen Höhepunkt im Text und landet unvermittelt am Ende ohne eine wirkliche Geschichte gelesen zu haben... man könte hier auch Wien durch Frankfurt, Berlin ect ersetzen... als Zugezogener ist man immer erst mal abgestossen von grossen Städten....

 

Hej Lollipop,

Deine Art zu Schreiben hat mir durchaus gut gefallen, nur ist Dein Text halt keine Satire. Wenn Du noch ein bisschen mehr Inhalt, gerne auch kritischer Art, hinein legst, kann es aber eine sehr schöne Geschichte werden!

Ach ja - was der Titel mit der Geschichte zu tun hat, ist mir auch noch nicht so recht klar geworden...

Lieben Gruß

chaosqueen

 

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Es gibt Österreicher und es gibt Gäste. Und jeder der schon mal eine Party gegeben hat weiß: Irgendwann geht auch der letzte Gast und man kann endlich in Ruhe schlafen gehen.

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Fand ich lustig. ;oD
Ich kann aber ehrlich gesagt oftmals nicht richtig verstehen, was du sagen willst.
Nun denn.

Liebe Grüße. die Oh

 

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