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Detektiv Ratte und der ermordete Börsen-Guru

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05.05.2012
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Detektiv Ratte und der ermordete Börsen-Guru

Ich heiße Billy Gehrmann und bin der Beste. Allerhand Leute verstehen Billiger Mann, wenn sie den kompletten Namen zum ersten Mal hören. Gute Freunde nennen mich auch Ratte, aber das sind nur sehr wenige. Alles Männer auch noch. Zurzeit bin ich solo und hoffe, dass ich eines Tages ein Weib treffe werde, welches mein verfettetes Cholesterinherz höher schlagen lässt.
Schwiegereltern könnte ich dieser Flamme dann leider nicht mehr vorstellen, denn meine Eltern sind bereits tot. Sie starben im Jahre 1974 friedlich im Schlaf. Trotz Speed und einer Handvoll Koffeintabletten fiel ein albanischer Lkw-Fahrer in einen Sekundenschlaf und kam so mit seinem Fahrzeug in einer scharfen Linkskurve von der Straße ab. Er bretterte mit 110 durch das Zimmer meiner Erzeuger.
Dadurch erbte ich bereits mit 19 eine Pommesbude in Ratingen-West. Diese befand sich in einer idyllischen Seitengasse, wo der Wind häufig ein schräges Lied pfiff und die gepflastert war mit zerdrückten Bierdosen, benutzten Kondomen und Einweg-Spritzen ohne Ende. Beim Anblick dieses Elends spielte ich eine Zeit lang mit dem Gedanken, diese gefallene Welt zu retten und ins Kloster einzutreten oder Pfarrer zu werden. Doch wie das Leben so spielt, es kam alles ganz anders.
Von den Schnapsfahnen meiner Stammkunden tränten mir laufend die Augen. Für die hatte ich immer einen besonders preisgünstigen Fusel mit gefälschtem Etikett im Angebot, der sich eigentlich weniger zum Trinken, sondern eher zum Abbeizen von altdeutschen Kleiderschränken eignete, was er an und für sich auch war. Das ich später Detektiv wurde lag zu diesem Zeitpunkt so abseits meiner kühnsten Träume, dass ein flotter Dreier mit Ingrid Steeger und Elisabeth Volkmann weit eher im Bereich des möglichen schien.
Für jüngere Leser möchte ich hinzufügen, dass es sich bei diesen beiden Damen um Schauspielerinnen handelt, die Anfang der 70er Jahre durch ihre sexy Outfits in der Blödelsendung Klimbim meine Erektion immer wieder rekordverdächtig zum Wachsen brachte, und ich konnte absolut nichts dagegen machen. Eigentlich war es peinlich, denn diese Sendung lief immer in meiner Arbeitszeit. Das war ungefähr so, als wenn heute Al-Kaida-Mitglieder vor den Toren Mekkas ihr Abendgebet halten, und jemand in der Heiligen Stadt das Sternenbanner hissen würde. Man kann in diesem Moment absolut nichts dagegen unternehmen. Man kann absolut nichts dagegen unternehmen.
Durch meine Arbeit im Getto, der Wurzel der Kriminalität schlechthin, bekam ich mit der Zeit jedoch ein recht feines Gespür für Ganoven, Bullen und andere Kleinkriminelle. Eines schönen Tages entlarvte ich mich selbst als den größten Gauner in unserer Betonsiedlung, deshalb wurde ich Detektiv und deshalb bin ich auch der Beste!

Düsseldorf, im Februar 2007 - 9:33 Uhr

„Fahr du besser.“ Hansi wirft mir die Schlüssel zu. Mein Chef ist in München zur Welt gekommen, im Jahre 77, als mein Idol Elvis starb. Er hält sich für einen tollen Yuppie und nennt eine kleine Detektei in der City sein Eigen. Diese Ich-AG hat sich letztes Jahr während der Fußball-WM darauf spezialisiert, Sexorgien von Funktionären mit minderjährigen Nutten der Sitte zu petzen.
Der Dienstwagen springt mal wieder nicht an. Hansi ruft ein Taxi. „Bin schon heftig gespannt, was die Tochter des ermordeten Börsen-Gurus von uns möchte“, meint er zu mir, als er das Handy wieder im weißen Edel-Jackett verschwinden lässt. Friedrich Falken ist vor drei Wochen erschossen worden, gegen Mitternacht, in der Trierer Innenstadt vor dem Dreikönigshaus. Mit einer wirklich üblen Moralkeule, dass seinen Oberkörper in Tausend Partikel zerrissen hat. Vom Täter fehlt bislang jede Spur. Alles andere als ein billiger Döner-Mord. Wir warten nicht aufs Christkind, sondern aufs Taxi.
„Was hast du eigentlich gestern gemacht ... hicks ... Ratte? Ne´ Schickse abgeschleppt, wie ich? Ratten vernaschen doch zuerst ein trinkendes Weib, sobald sie einen im ... hicks ... Kahn hat.“ „Hatte keinen Bock auf kollektives Feiern. Verbrachte den Tag mit Rock´n´Roll hören und Krimis gucken. Um zehne abends lief einer mit Autos und Schüssen ohne Ende. Ein Mädel versuchte mit einem Fahrzeug zu flüchten, um einer gefährlichen Situation zu entkommen. Aber der Motor sprang nicht an, du kennst das ja. Bei meinem ersten 68er Ford Mustang war das genau umgekehrt, der sprang immer sofort an. Ich begann dann die Fahrt, um bewusst im Straßenverkehr gefährliche Situationen zu provozieren.“ „Exakt ... hicks ... scheiß Schluckser ...“ „Später lief auf einem Kanal der Klassiker Die Spur des Falken, Sam Spade.“ „Passte ja irgendwie. Aktienjongleur Falken führt uns ... hicks ... wie auch immer ... hicks ... an die ... Es kommt!“
Das Taxi ist da. Hinter dem Lenkrad ein kaum ortskundiger BWL-Student aus Bitterfeld, der sich sicher nicht nur bis zum Ende seines Studiums etwas dazu verdienen möchte. Zurück in den Osten wird er sich nicht wagen, denn in Dunkeldeutschland würde er nur in der Warteschleife hängen und unangenehmer Wohlstandsmüll sein.
Wir steigen ein, ich vorne. Hansi von hinten: „Die Spur des Falk... äh ... die Spur, hicks ... führt, hicks ... an die Mosel.“ „Wie? An die Mosel nach Fürth?“ „Quatsch - nach Trier! Die Spur führt ... äh ... die Tour geht an die Mosel. Geben Sie … hicks ... Gas!“ Unser BWLer drückt ordentlich auf die Tube. Quietschende Reifen, und alles.
Kaum sind wir auf der Autobahn, hat Hansi wie durch ein Wunder Bundeswehrfeind Nr. 1 in der Hand, eine Dose Hansa-Pils. Er macht sie auf, um die Nachwirkungen des Rosenmontags zu mildern. Dadurch verschwindet zumindest schlagartig sein Schluckauf und er zwingt mir ein Gespräch auf. „Glaubst du, Ratte, Liebe ist das logische Ergebnis von gutem Sex?“ „Frauen sind oft der Ansicht, Sex ist das Ende von Romantik. Aber ich denke, die Ehe ist das Ende aller Romantik - ohne mich.“ „Ich hab gestern eine kennen gelernt, du, die war richtig reif und konnte tolle Sachen im Bett. Und Titten hatte die!“ „Ich kannte eine, bei der ihrer Körbchengröße hätte Christo glatt mit dem BH die Kuppelhauben eurer Frauenkirche verpacken können. Bist du nun verknallt?“ „Nö, zum Glück nicht.“ „Auch besser so. Ich vermute, am Wochenende nagelt sie wieder ein Neuer.“ „Das scheint ihr Schicksal zu sein.“ Schicksal, wenn dieses Wort fällt, denk ich immer an etwas Negatives. An Unglück, Tod, Lady Di und so. Oder Zicke von Freundin will mit auf Kegeltour. Männer wissen, was ich damit meine.
Die Schnupftabaksdose fische ich aus meiner schwarzen Motorradlederjacke. Die Dose ist ein Geschenk von Hansi, als er mich vor vier Wochen fest eingestellt hatte, nachdem er kurz vorher einem überkapazitären Mitarbeiter gekündigt hatte, als die Auftragslage schlecht war. Ich ziehe mir eine Überdosis Tabak rein und fange natürlich an zu niesen, voll auf die Scheibe. Der Fahrer sagt nichts dazu und schaltet einen Gang höher. Dank Staus vor Baustellen erreichen wir erst nach drei Stunden die alte Römerstadt. Wir beenden unsere Reise am nördlichen Stadttor, der Porta Nigra. Mein oberschlauer Boss verrät uns: „Verwitterung, Ruß und Staub ließen die Steine im Laufe der Jahrhunderte schwarz werden.“ Der Fahrer sagt nichts dazu, denn das kennt er bestens aus dem Osten. Hansi darf bezahlen. Wir steigen aus und gehen zum Dreikönigshaus, dem Schauplatz des Verbrechens, um ein wenig rum zu schnüffeln.
Exkretionen besoffener Karnevalsjecken sind überall zu finden, natürlich nichts mehr von den Überresten des Börsen-Gurus. Vieles werden Tauben direkt nach dem Mord aufgepickt haben, sowieso. Ich schicke meinen Brotherrn kurz ins Garni-Hotel, mich interessieren die Zimmerpreise. Dann gehen wir zurück zur Porta Nigra. Hansi wedelt wie wild mit den Armen und stoppt so ein Taxi. „Wohin soll es gehen?“, fragt der Fahrer, nachdem wir eingestiegen sind. „Wasserliesch. Zum Häuschen von Friedrich Falken. Sie wissen, den sie vor drei Wochen getötet haben.“ „Muss ein intelligentes Waffensystem gewesen sein, wenn Sie mich fragen. Wasserliesch, das Tor zur Obermosel, sagt man hier bei uns. Dort beginnt ein landschaftlich besonders reizvoller Flussabschnitt.“ Wunderschöne Landschaften sind nichts für mich. Bei farbenfroher Flora und Fauna droht mir ein Naturflash. Ich brauch Beton, alles andere wäre für mich alternativlos. Keine 20 Minuten später sind wir da. Schon die Ästhetik der Villa beeindruckt mich. Wer das Gegenteil vom Plattenbau sucht, der muss sich diese Hütte anschaue. Es ist die, wo ein gelbes Schild mit roten Großbuchstaben den Besucher vor einem bissigen Hund warnt. Ich lasse klingeln.
Die Tür öffnet uns ein Rasseweib im heißesten Alter. Mein Schwanz reagiert so heftig, dass es mir fast den Stringslip zerreißt. Ich: „Melanie Falken?“ Auf meine Frage wird mit einem leisen „No, senor ...“ und mit einem lauten „Senorita Melanie!“ reagiert. Ausländerfrei ist das hier nicht. Ein Teenie in Jogginghose und sexy Top kommt an die Haustür gehopst. „Oh hallo, ich bin Melanie. Sie sind sicher der Beste.“ „Richtig, ich bin Herr Gehrmann, der Beste. Und das ist Herr Obermoser.“ „Bitte, kommen Sie herein.“ Ihre tierische Oberweite verrät mir, dass die Kleine ihre Pubertät bereits erfolgreich hinter sich gelassen hat. Wir betreten das feudale Haus. Das sportliche Humankapital des Ermordeten dirigiert uns ins Wohnzimmer.
Die Räume sind auffallend sauber, wie glatt geleckt. Von den Schlampen, mit denen ich in meinem Leben zusammengewohnt habe, kenne ich das überhaupt nicht. „Carmen, du kannst jetzt oben mit dem Reinigen weiter machen.“ Die Grazie verschwindet schnell, aber mein Ständer nur langsam. Unterbezahlt ist diese Angestellte mit Sicherheit nicht. Die Putze trägt Klamotten von Calvin Klein, Carl Budweiser oder so und geht bestimmt jeden Monat einmal zum Investment- und Finanzcenter, um ihre Peanuts vernünftig anzulegen. Und sie besitzt mit Sicherheit eine amüsante Möse. Hansi und ich werfen uns auf die Couch, unsere Gastgeberin bleibt stehen.
Ein glutäugiger Butler mit buschigen Augenbrauen in einer komischen Tracht betritt unheimlich unauffällig den Raum, wie ich es nur von Kinski aus den Edgar-Wallace-Krimis her kenne. Im Gegensatz zur Diva Carmen wirkt diese Figur irgendwie ärmlich und befindet sich bereits jenseits der Wechseljahre. Was Carmen zu viel an Lohn bekommt, wird bei ihm wohl abgezogen. Wahrscheinlich kann er deshalb aus der Portokasse bezahlt werden. Oder mit Flaschenpfand. „Drago, bring den Herren einen Erfrischungsdrink. Am besten unseren berühmten Früchte-Cocktail. Für mich auch einen, also insgesamt ...?“ Melanies Fingerabzählen ist für mich ein sicheres Indiz, dass ihr IQ bei einem Test wohl kaum mehr als zwei Ziffern aufweisen wird. „Drei?“ Der Diener macht einen Diener und verschwindet lautlos.
„Drago kommt aus dem ehemaligen Jugoslawien, als dort noch nicht ethnisch gesäubert wurde. Er ist verheiratet und war früher Ziegenhirte. Die Tiere hat er mitgenommen, seine Frau hat er zurückgelassen. Man findet sie in den Bergen.“ „Wen? Die Herde oder seine Frau?“ Mit dieser Frage übertreffe ich mich selber, da ich aufgrund meiner Lebenserfahrung zwischen einer Ziege und einer Frau bis heute keinen großen Unterschied feststellen konnte. „Die Ziegen natürlich. Sie grasen auf einem unserer Grundstücke in der Schnee-Eifel. Wo sich seine Frau zurzeit aufhält? Keine Ahnung ...“ Noch ein Ausländer! Die Bude ist ja total überfremdet. Wenn die den nicht vor lauter Mitleid aus einem Sammellager mitgenommen haben, um seine freiwillige Ausreise zu verhindern. Drago wird eine Abkürzung für Dragoslav sein. So hieß auch der serbische Trainerfuchs Stepanovic mit Vornamen. Trainierte Anfang der 90er sogar kurz die Eintracht hier.
„Kann ich, bis die Getränke da sind, einen Blick auf Ihre Literatursammlung werfen?“ „Selbstverständlich, Herr Fiel...?“ „Gehrmann war mein Name.“ Ich begebe mich zum Bücherregal und greife mir wahllos ein Paperback. Kamasutra - 69 Stellungen, die zum Megaorgasmus führen. So was können nur nymphoman veranlagte Weibesbilder lesen. Ich tue das Buch wieder an seinem Platz und wähle abermals blind ein Werk. Bei meinem zweiten Versuch beinahe das gleiche Ergebnis. Kamasutra - 69 neue Stellungen, die zum Megaorgasmus führen. Die ganze Sache scheint irgendetwas mit Sex zu tun haben. Ich blättere mit großer Begeisterung langsam durch den Ratgeber.
Drago hat sich von Neuem ins Zimmer geschlichen, dass ich es erst registriere, als er drei Gläser mit Wertpapierschirmchen fast schon auf den Marmortisch gestellt hat. Ich setze mich erneut neben Hansi auf die Couch und nippe am Glas. Es mir kommt es vor, dass dieser Exotic-Drink mehr Vitamine enthält, als das gesamte Obstangebot von Otto Mess bei mir zu Hause zwei Straßen weiter. Mein Chef wird bleich und verzieht seltsam sein Gesicht, als ob er unter Vitaminschock steht. Schweigend leeren wir die Gläser.
„Schönes Aquarium“, meldet sich Hansi schließlich. Ihm scheint es wieder besser zu gehen. „Ja genau“, nickt Melanie und fügt hinzu: „Mit tropischen Königszahn-Piranhas.“ „Fleischfressende Fische also.“ Hansi brilliert mit Fachwissen, war ja auch auf einer Elite-Uni. „Ja genau, die mögen alles. Sogar Separatorenfleisch“, erklärt Melanie. Ich dazu: „Da könnte man durchaus drin schwimmen, wenn das alles Vegetarier wären, so groß ist das ...“ Eine seltsame Promenadenmischung mit einem buschigen Schwanz springt plötzlich kläffend ins Zimmer und unterbricht unsere Biologiestunde. Der kleine, freche Köter hat sich Hansi als Opfer ausgesucht, den er nun zähnefletschend anknurrt. Vor diesem Biest wird also gewarnt. „Pino still!“, befiehlt das kleine Busenwunder, die sich nun nach vorne beugt und mir einen herrlichen Blick auf ihre Möpse ermöglicht. Wenn das mal alles Natur ist, frage ich mich und mein String reißt.
Der Problemhund wird von Melanie gepackt und sie schwingt ihren Hintern in einen Ledersessel. Jetzt wird der Störenfried auch noch gestreichelt, gibt aber Gott sei Dank Ruhe. Ich lege los. „Was genau ist der Grund für diese Einladung, die Sie uns gestern auf Band gesprochen haben?“ „Es geht um meine Mutter. Sie ist seit Donnerstag verschwunden. Als Vater noch lebte, warf er ihr einen Liebhaber vor. Möglicherweise hatte mein Dad Beweise für ihre Untreue. Dies habe ich bisher der Polizei verschwiegen.“ „Haben Sie eine Vermutung, wer das sein könnte?“ „Nein, tut mir leid, nein ...“ „Wie alt ist Ihre Mutter?“ „43.“ „Ihr Vater war ...?“ „64. Er stand kurz vor der Rente.“ „Melanie, sind Ihnen eventuell bei der Beerdigung Menschen aufgefallen, die Ihnen unbekannt waren?“ „Oh ja. Es kamen ja viele mir nicht bekannte Beileidstouristen zum Begräbnis. Vermutlich Aktienspekulanten, die durch Vaters Kauftipps gutes Geld gemacht hatten und seine Gewinnwarnungen ernst nahmen.“ „Kann es sein, dass Ihr Vater irgendwelche schriftlichen Aufzeichnungen hinter lassen hat? Eine Art Tagebuch vielleicht?“ „Nicht dass ich wüsste. Selbst die Polizei scheint nichts gefunden zu haben.“ „Was ist mit ihrer Mutter? Hat die vielleicht eins?“ „Könnte sein. Soll ich es suchen?“ „Das wäre nett. Fangen Sie im Schlafzimmer an. Unterm Kopfkissen oder im Nachtschränkchen, da könnten Sie schnell fündig werden. Ein Foto dazu wäre nicht schlecht.“ Frauen täuschen Orgasmen vor, sagen Männern nie die ganze Wahrheit, geben falsche Antworten auf Fragen über ihr Alter und Gewicht. Sie gehen selbst mit dem Mann ihrer besten Freundin in die Kiste, aber leugnen es, doch ihr Tagebuch, das belügen sie nie. That is the thruth ...
Melanie hört die Kraulerei auf und gibt dem gefährlichen Pino wieder seine Freiheit zurück, indem sie ihn auf den Teppich setzt. „Schön brav, mein Schnuffel, schön brav.“ Der Hund gehorcht seiner Meisterin. Hansi scheint dem Frieden jedoch nicht ganz zu trauen. „Könnten Sie mir gleich die Toilette zeigen?“ „Einfach mir nach, Herr ...?“ „Obermoser.“ Obermoser steht auf, folgt der Kleinen und zu mir meint er noch: „Werd mal testen, ob das Klopapier parfümiert ist und fünf Sterne verdient. Scheiß Altbier! Ich gehöre zumindest nicht zu den Idioten, die Rosenmontag nüchtern bleiben.“
Kaum hat man mich alleine gelassen, meldet sich lautstark dieser Köter aufs Neue, jetzt bin ich das Opfer. Das Tier geht mir auf den Keks. Ich hole meinen Schnupftabak ans Tageslicht und schütte etwas davon auf den Teppich. Pino gibt augenblicklich Ruhe und schnüffelt am Köder. Die Neugierde ist groß und kann zur Falle werden, nicht nur bei uns Menschen. Flink und geschickt packe ich alter Alligatorjäger die Nervensäge von hinten an seinem buschigen Ende, halte ihn hoch und steuer mit meiner winselnden Beute schnurstracks aufs Aquarium zu. „Ich werd dir schon Streicheleinheiten geben, mein Freund ...“ Da tauche ich die Bestie bis zum Arschloch ins Wasser. Rock´n´Roll, my friend! Als das Hündchen aufhört zu zappeln, ist das Wasser blutrot. Den Schwanz mit dem Knochengerüst lasse ich in einer passenden Ming Vase verschwinden. Für mich nur ein vierbeiniger Kollateralschaden. Spart das Fischfutter und die Hundesteuer!
Als Melanie zurückkommt, sitze ich artig auf dem Sofa und habe eine Sonnenbrille aufgesetzt. „Ich hab´s! Und ein Foto auch.“ Die zeigt mir das Bild ihrer Mutter. „Nicht schlecht“, murmel ich. „1982 war sie die Weinkönigin von Mosel, Saar und Ruwer“, erklärt mir Melanie. Das Foto wird auf den Tisch gelegt. Ich nehme ihr das Tagebuch aus der Hand und schlage weit hinten auf. „Schon was gefunden, hier am 30. Dezember steht. Habe heute Abend mit meinem Potenzprotz Drago im Casa Chiara Garni die Stellungen 67, 68 und 69 aus dem neuen Buch ausprobiert.“ „Was? Mit dem? Das darf nicht wahr sein! Drago!!! - Kommen Sie bitte mal!!!“ Gut gebrüllt, mein Raubkätzchen.
Wie der Blitz eilt der Diener im Laufschritt in den Raum. „Drago! Was haben Sie mit meiner Mutter angestellt?“ Der gibt vor Schreck ein Geständnis ab. „Fräulein Melanie, ja, ich habe Ihre Mutter geliebt.“ Dazu ich: „Und Herr Falken stand ihrer Liebe im Wege und Sie sorgten für sein sozialverträgliches Frühableben, stimmt´s?“ „Nein, Frau Falken trennte sich Anfang des Monats von mir. Ich habe mit dem Mord nichts zu tun.“ „Aber ich!“ Ein seniles Weib mit Tuch um den Kopf, Patronengurt am Körper und einer Maschinenpistole in den Händen schneit ins Zimmer. „Maria?!“ Drago ist irritiert, ich nicht. Das ist mit Sicherheit seine Ziege, die er im Kosovo oder weiß der Teufel allein gelassen hat. „Nachdem Mord wollte ich euch erpressen, aber da ward ihr schon nicht mehr zusammen. Schade, aber deinen Seitensprung vergebe ich dir nicht.“ Mit diesem unchristlichen Bekenntnis schickt sie mit einem Kugelholocaust Drago ins Reich der Toten. Ehrenmord - eindeutig!
Hansi hat sich mittlerweile schwitzend, aber sehr erleichtert, von hinten an die Topkillerin angeschlichen und haut sie zu Boden. Mit einem gekonnten Handkantenschlag in den Nacken, dass es nur so knackst. „Wir brauchen einen Sani“, fordere ich. Carmen platzt herein und schreit: „Jesus!!!“ Dann untersucht sie die auf dem Teppich liegende Altenplage und teilt uns auf Spanisch mit, dass beide mausetot sind. „Sind Sie sicher?“, will ich von ihr wissen, aber Melanie ist schneller. „Natürlich. Carmen kennt sich bestens aus in Medizin, sie hat ja sieben Semester in Sevilla studiert.“ „Dann kann sie ja mal meine Orangenvorhaut angucken.“ Ich grinse. „Pech gehabt! Das wird sie nicht! Ihrer Meinung nach werden die Herren der Schöpfung alle von einem hirnlosen, pulsierenden Motor angetrieben, den sie nicht mehr mit ihren prallen Lippen lutschen möchte.“ Mir kommt´s! Carmen, die geilste Sünde auf dieser Welt, ist eine Lesbe! „Damit Sie´s wissen, Herr ... Fielmann? Carmen und ich haben ein Verhältnis.“ Sag ich doch!
Hansi entdeckt auf dem Tisch das Foto. „Eh Leute! Es darf nicht wahr sein! Die habe ich gestern flachgelegt!“ „Was? Mama?“ „Sie wollte sich während der Faschingstage beim Düsseldorfer Jetset als noch gut brauchbare Fickmaschine etablieren.“ Darauf Melanie: „Da bin ich ja beruhigt. Was mir gerade durch den Kopf geht, jetzt wo Mama alleinerziehend ist, kann sie nun Herdprämie beantragen?“ „Keine Ahnung,“ meint Hansi kopfschüttelnd, „wichtiger ist im Moment, wohin nur mit den Sozialleichen? Den Dreck abfackeln?“ Ich dazu: „Na ja, Sozialleichen sind das jetzt im Grunde genommen keine mehr. Das waren vielleicht mal welche. So wird die Rentnerschwemme wieder erträglicher. Ich weiß schon, wohin damit. Runter mit den Klamotten und ab ins Aquarium.“ Melanie gefällt meine Lösung nicht. „Doch nicht ins Becken? Aber warum ist das Wasser überhaupt so rot?“ „Die haben da drinne kollektiv ihre Tage. Helf mir mal beim Ausziehen, Hansi. Und das Schild, Melanie, vor dem Haus tauschen Sie bitte gegen Vorsicht - bissige Fische!“ Ich denk an alles. Bin ja auch der Beste. Wenn die Kleine das kapiert haben sollte, pfeift sie nicht lange nach dem Hund, sondern kauft sich gleich morgen einen neuen ...

 

Hi,

Zurück in den Osten wird er sich nicht wagen, denn in Dunkeldeutschland würde er nur in der Warteschleife hängen und unangenehmer Wohlstandsmüll sein.
Ach, ist schon wieder 1991?
Muss das sein? Also … es ist unheimlich viel Kram, der neben der Geschichte liegt, und über den man echt mal reden müsste, eigentlich. Am Anfang ist das ganz interessant, was da so für Kalauer kommen Aber es ist ein bisschen übererklärt (Klimmbimm) und hier an der Stelle nervt es mich wirklich, weil ich das Gefühl habe, hier beschreibt ein Autor nicht eine Figur, sondern ein Autor hat die Gelegenheit mal vom Leder zu ziehen.
Sowas wie „Dunkeldeutschland“ – heute noch schreiben, ach … vorhin „Schickse“ – das ist eine jüdische Beziehung für nicht-jüdische Frauen und so, das ist alles bisschen arg von früher.

Der Fahrer sagt nichts dazu, denn das kennt er bestens aus dem Osten.
Wenn der heute BWL studiert, ist er wahrscheinlich zwischen 19 und 25. Dann ist er irgendwann zwischen 87 und 93 geboren. Und der erinnert sich noch daran, dass im Osten durch die Braunkohle die Gebäude schwarz waren?
Ich hab Freunde in Leipzig in dem Alter. Die wissen überhaupt nichts mehr von der DDR. Was die über die DDR wissen, kennen sie aus Kabarettprogrammen von Nils Heinrich.

Das sportliche Humankapital des Ermordeten dirigiert uns ins Wohnzimmer.
Das waren jetzt 2 Unworte des Jahres in 2 Sätzen: Alternativlos und Humankapital.
Also diese prollige Hinterwäldler-Salz-der-Erde-Rassisiten-Sexisten-Dummlaberei des Textes , die zehrt sich selbst auf. So im ersten Absatz: Interessante Figur, wo führt das hin. Und dann les ich das weiter und der Text fängt tierisch an, mir auf den Sack zu gehen. Mit diesem ewigen Genöle hier. Uh, Ossi - dunkeldeutschland! Uh, Frau – dicke Titten! Uh Ausländerfrei ist das nicht. So dieser Bierhallenwitz so breit gewalzt. Mit Krimi hat das nix zu tun.
Wenn’s wenigstens irgendwie erkennbar wäre, dass dem Protagonisten da mal Widerstand entgegenweht, dass einer sagt: Gleich hast mal eine hängen. Nee, im Prinzip hört man hier gefühlt stundenlang einem Typen zu, wie er in dem Konstain Wecker Lied „Willy“ als Feindbild beschrieben ist.

und geht bestimmt jeden Monat einmal zum Investment- und Finanzcenter, um ihre Peanuts vernünftig anzulegen.
Peanuts – nächstes Unwort. Das sind 15 Jahre alte Witze, glaub ich. Durch den Text zieht sich das.
Der ist von 97 oder wann?
Dann würd auch das mit Dunkeldeutschland passen und dem Taxifahrer BWL-Student.

„Satire“ – ja, man könnte auch sagen, als sie in Rostock das Asylantenheim angezündet haben, war das von den Neonazis auch nur ironisch gemeint.
Also das ist mit Sicherheit einer der unangenehmsten Texte der letzten Jahre.
Ich hab überhaupt nichts gegen politisch unkorrekte Erzähler, die mal einen raus hauen, ich hab nichts gegen ein bisschen Sexismus, oder wenn man einen unsympathischen Helden zeigt (Eastwood in Gran Torino war großartig), aber wenn ich das Gefühl habe, ich les einen Text, in dem ein Autor diesen ganzen Mist ablädt und das mit uralten Pointen verquickt, dann ist das ein Problem.

Handwerklich: 95% des Textes bestehen aus der Anreise, irgendeinem Gelaber über irgendwas, und der Fall selbst ist: ich hab ihn geläöt, weil ich im Pornoheft geblättert habe und dann ist die Geschichte halt ins total absurde gekippt. Das heißt: Der versprochene Krimi-Plot oder so findet nicht statt.
Am Anfang wollte ich doch sogar loben, weil die Geschichte im ersten Absatz eine Struktur hatte – die hatte dein letzter Text mit Malta nicht -, aber das war ja wirklich nur vorgetäuscht und es kommt wieder nur so ein Sermon.
Also konstruktive Kritik: Gibt Leute im Forum, wenn die den Text lesen, ist hier Kirmes.
Also echt …

 

Hallo hoppermann,

Satire ist das keine. In der Rubriken-Information steht:

Die Satire ist die literarische Form der Ironie bzw. des Sarkasmus'. Durch die Reduzierung auf den negativen Kern einer Sache, und die Überspitzung bestimmter Charakteristiken einer Person oder Gesellschaftsschicht, ist sie der Ausdruck einer geschichtlichen und/oder gesellschaftlichen Kritik.

Was dein Text macht: Er mokiert sich im Vorbeigehen über alle möglichen Personengruppen, bleibt aber nie bei einer Gruppe oder Sache und liefert keine inhaltliche Kritik. Ich verschiebe ihn nach Humor, weil er (wie ich annehme) lustig sein soll.

Mein Humor ist das nicht! Diese Sammlung von Stereotypen wirkt wie die schnell erzählten Scherze eines Stand up Comedians.
Ich würde mich sehr über bissige Texte in Satire freuen - aber halt mit intelligenten Pointen und stichhaltiger Kritik. Auch mit der Handlung hast du dir keine Mühe gegeben. ;)

Den Stil finde ich eigentlich sauber. Was beim Lesen genervt hat, ist dieser Drang, mindestens in jedem zweiten Satz einen lustigen Scherz unterzubringen.

In Satire und Humor ist weniger, dafür aber gezielter und treffender, eindeutig mehr!

Freundliche Grüße,

Berg

 

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