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Desperado

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21.01.2002
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Desperado

Das Schweigen des dunkelen Zimmers,
dass nur durch den flimmernden Fernseher geisterhaft erhellt wurde
und so die zwei schemenhaften Silhouetten auf der schäbigen
Couch erahnen liess,
wurde plötzlich von ihm gebrochen:

"Weißt du was ?" ,
fragt er
und ohne eine Reaktion abzuwarten fährt er fort:
" Ich musste gerade rülpsen
und der Geschmack in meinem Mund...
( er kichert )
...schmeckte nach Bier mit Tequila."

" Genau wie das Bier, dass ich damals immer getrunken habe.
Gott, wie alt war ich wohl ?
17, 18...19, so was
und abends zogen wir los.
Die ganze Bande.
Mit Rucksäcken voller Bier und Zigaretten,
auf irgendeine Wiese
und es kamen Scharen aus allen Himmelsrichtungen,
um bei tanzenden Lichtern und wummernder Musik
wilde Parties zu feiern..."

"Und weißt du was ?",
fragt er
mit einem zufriedenem Lächeln und
einem alten Glanz in den Augen :
"Für ein paar Sekunden stand ich wieder auf der Wiese.
Mit einem Bier mit Tequila in der Hand,
einem Rucksack auf den Schultern
und dem ganzen Leben zu meinen Füßen."

Er blickt scheu zu ihr rüber.

Langsam, ganz langsam
dreht sie
den Kopf.
In einer Bewegung,
die die einzelnen Halswirbel knacken lässt.
Sie blickt ihn an
und in jedem Auge spiegelt sich der schwarz-weiß Schinken,
der lamentierend im Hintergrund läuft.

Sie blickt ihn von oben bis unten an,
als ob sie ihn zum ersten Mal sieht,
zum ersten Mal wahrnimmt.
Ihr Mund zuckt.
...
*und einen Augenblick lang denkt er sie wird sich erinnern an diese Nacht als...*
*und einen Augenblick lang liebt er sie wieder unendlich wie...*
*und einen Augenblick lang leuchten seine Augen wie der aufgehende Mond
und vielleicht wird ja alles...*
...
Ihr Kopf schnappt zurück.
die Wirbel rasten ein.
der Blick ist wieder starr geradeaus gerichtet.

" Ach halt die Fresse. "
grunzt sie
mit kratziger Stimme
und er
schweigt
und wendet den Blick wieder
Richtung Bildschirm.

und irgendwo anders
fegt ein Höllenfeuer über eine Wiese.
Verschlingt brüllend die Bäume,
das Gras,
die dort tanzenden Schatten
und hinterlässt
eine geisterhaft rauchende Einöde,
verkohlte Glasscherben,
schwarze, stinkende Schlacke...
und der beissende Rauchgestank
überdeckt mit Leichtigkeit
den schwachen, träumerischen Geruch
nach
Bier mit Tequila.

[Beitrag editiert von: flohmarkt am 22.01.2002 um 20:51]

 

Sehr schön, sehr lyrisch (Kontrapunkte), sehr gut beobachtet. Vermeide "welches" (noch schlimmer ist "selbiges"), wann immer möglich!

 

Fand ich auch ziemlich gut.
Würde nur "beide Augen" statt "in jedem Auge" schreiben.

 

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