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Der Wunderelefant
Die Sonne brannte heiß auf Nalas Kopf. Sie setzte sich in den Schatten neben der Hütte. Die anderen Kinder spielten mit einem kaputten Fußball in der afrikanischen Mittagssonne. Gelbbrauner Staub wirbelte hoch. Nala würde so gerne mit ihren Freundinnen herum toben, aber sie fühlte sich sehr schlapp. Nalas Mutter trat vor die Hütte, sah ihr Kind dort im Staub sitzen und erschrak.
„Kind, was ist mit dir? Du siehst gar nicht gut aus. Du bist doch hoffentlich nicht krank.“ Sie beugte sich über Nala und fühlte ihr die Stirn. Nalas Kopf glühte und man sah ihr die Blässe unter der dunklen Haut an. Die Mutter brachte Nala in die Hütte und legte sie auf die Strohmatte. Sie musste warten bis der Vater vom Markt zurück kam. Vielleicht brachte er genug Geld mit, damit er in die Stadt laufen und Medikamente kaufen konnte.
Nala fühlte sich hundeelend und wurde vom Fieber geschüttelt. Sie war inzwischen so schwach, dass sie den Wasserbecher fast nicht mehr halten konnte, den ihre Mutter ihr gab. Sie trank ein wenig und sank auf die Matte zurück. Schweiß bedeckte ihren zierlichen Körper und sie fiel in einen unruhigen Schlaf. Von den leisen Stimmen ihrer Eltern wachte sie auf. Nala hörte wie sie miteinander sprachen.
„Ich fürchte, Nala hat Malaria. Ich habe große Angst um sie. Wir haben doch schon einmal ein Kind verloren." Die Mutter rang verzweifelt die Hände. Der Vater wusste nicht, wie er seine Frau beruhigen sollte. Auch er war in großer Sorge um seine kleine Tochter. „Sie ist doch erst zwölf Jahre alt und hat noch ihr ganzes Leben vor sich“, schluchzte die Mutter. Nala wälzte sich auf ihrer Strohmatte schlaflos hin und her. Die Nacht legte sich wie ein Schatten über das kleine Dorf mitten in Afrika. Die Eltern wachten abwechselnd an Nalas Seite. Am nächsten Morgen war das Fieber nicht gesunken. „Nala geht es immer schlechter“, sagte die Mutter. Nala sah ihre Mutter wie durch einen Schleier. Schließlich fiel sie in einen unruhigen Schlaf.
Sie wurde geweckt von seltsamen Geräuschen. Ein Medizinmann warf eine Hand voll Pulver ins Feuer. Dabei murmelte er geheimnisvolle Zauberformeln. Es blitzte, zischte und knallte und Rauch stieg empor. Der Medizinmann tanzte um das Feuer herum, drehte sich im Kreis, hüpfte auf und ab und sang dabei. Er hatte schlohweißes Haar und trug eine Haube, in die Hühnerfedern und allerlei Perlenschmuck eingearbeitet waren. Seine Haut war runzlig und mit weißem Staub bedeckt. Die Ketten um seinen Hals klapperten bei jeder Bewegung. Mit weit aufgerissenen Augen sah er Nala an. Seine lange dürre Gestalt warf unheimliche Schatten an Decke und Wände. Nala verkroch sich in den hintersten Winkel der Hütte und wagte kaum zu atmen. „ Mama wo bist du?“, rief sie zitternd vor Angst. Ihre Mutter war nicht da und auch ihr Vater kam nicht um ihr zu helfen.
Der Medizinmann kam immer näher auf Nala zu. Er streckte seine große klauenartige Hand nach ihr aus. Inzwischen war die Hitze in der kleinen Hütte fast unerträglich geworden. Beißender Schwefelgeruch hüllte Nala ein.
Als die Hand des Medizinmannes fast ihren Kopf berührte, stand sie wie in Trance auf. Ohne ein Wort zu sagen, folgte sie ihm nach draußen ins helle Sonnenlicht. Sie traute ihren Augen kaum, als sie einen riesigen leibhaftigen Elefanten vor sich sah. Er war mit vielen bunten Tüchern und Decken prachtvoll geschmückt und sah sie mit sanften Augen liebevoll an. Nalas größter Traum war schon immer gewesen, einmal auf einem Elefanten zu reiten. Der Medizinmann, der im hellen Tageslicht stand, sah überhaupt nicht mehr bedrohlich aus, sondern wie ihr freundlicher Onkel aus dem Nachbardorf.
Er hob sie hoch und setzte sie auf den Rücken des Elefanten. Nala fühlte sich so leicht und unbeschwert wie eine Feder. Sie drehte sich hin und her, so dass ihre kleinen schwarzen Zöpfe flogen. Eine Prinzessin konnte sich nicht glücklicher fühlen.
Plötzlich blieb der Elefant mit einem heftigen Ruck stehen. Sie spürte eine Berührung auf ihrer Schulter. Nalas Mutter kniete neben der Strohmatte und strich ihr zärtlich über den Arm. Nala richtete sich auf. „Mama, ich bin auf einem Elefanten geritten. Mir geht es wieder gut. Er hat mich gesund gemacht.“ Die Mutter lächelte glücklich, nickte mit dem Kopf und schloss sie in die Arme.