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Der Wein meiner Mutter
Meine Mutter trank ziemlich viel.
Obwohl ich nur ein Kind war, blieb es mir nicht verborgen, dass sie ein Problem damit hatte.
Ihre Laune waren wechselhaft wie das Aprilwetter.
Manchmal wurde sie sentimental, heulte stundenlang, nahm mich im Arm und wiederholte immer wieder sie sei eine schlechte Mutter. Ich hasste sie dafür. Sie stank und sah erbärmlich aus.
An solchen Tagen flüchtete ich vor ihrer plötzlichen Zuneigung und wünschte mir die gewohnte Gleichgültigkeit.
Dann gab es die Momente, an denen sie hysterisch wurde und die ganze Wohnung zusammenschrie. Sie tobte manchmal so laut, dass ich Angst bekam und mich im in mein Zimmer verkroch, die Tür abschloss und das Radio aufdrehte, um sie nicht mehr zu hören.
Am schlimmsten für mich war allerdings, dass sie häufig Männer mitbrachte.
Meistens waren es ordinäre, grobschlächtige Typen mit großen rauen Händen, mit denen sie mir durchs Haar fuhren um Wohlwollen vorzutäuschen.
Wir schauten dann alle zusammen Fernsehen bis ich ins Bett musste.
Unsere Wände waren nicht besonders dick, und so hörte ich sie reden und lachen.
Irgendwann verschwanden sie dann ins Schlafzimmer meiner Mutter und vögelten.
Ich bekam alles mit. Das quietschen der Federn. Das Crescendo ihres Gestöhne. Ich hörte wie meine Mutter darum bettelte tiefer penetriert zu werden, hörte wie sie beschimpft werden wollte, hörte das röcheln ihres Liebhabers. Ich war zwar noch jung aber ich verstand, was da vor sich ging.
Es machte mich krank vor Ekel.
Noch heute verkrampfe ich, wenn ich mit einer Frau schlafe die laut stöhnt. Dann muss ich an Mutter denken und die Libido schwindet. Meistens endet es damit, dass meine Partnerin denkt es wäre ihre Schuld.
Eine Morgens – ich hatte bei einem Freund übernachtet -, fand ich meine Mutter, mit Nylonstrumpfhosen, an ihrem Bett gefesselt. Jemand hatte sie ins Gesicht geschlagen.
Ihre Augen waren geschwollen und hatten eine seltsame violette Färbung angenommen. Die Nase war schief und wurde von einem blumenähnlichen Kranz geronnenem Blutes umrandet.
Es war wirklich kein schöner Anblick.
Ich fühlte wie die Wut mich packte.
Ohne sie anzusehen, stieß ich ihr wüste Beleidigungen entgegen; es war einfach zuviel für mich.
Ich lief aus dem Schlafzimmer, ohne meine Mutter aus ihrer misslichen Lage zu befreien, nahm mir eine Flasche Wein aus dem Wohnzimmerschrank und ging zum Grab meines Vaters. Ich war dreizehn Jahre alt und betrank mich.
Es war das erste Mal, aber nicht das Letzte.
[ 06-08-2002, 15:26: Beitrag editiert von: Querschläger ]