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Der Weg durch die schwarze Leere

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17.11.2015
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Der Weg durch die schwarze Leere

Die Nacht sorgt dafür, dass sich das Bild in meinem Kopf manifestiert und für einen Moment zur Wirklichkeit wird. Sie umgibt mich mit Stille und lässt mich in einem scheinbar unendlich leeren, schwarzen Raum zurück. Ähnlich wie das Weltall, nur ohne die Sterne. Ich sehe die Wände meines Zimmers nicht mehr und es kommt mir so vor, als würde von überall Gefahr lauern. Wenn ich einen Schritt geradeaus machen würde, könnte ich den Zähnen und Tentakeln eines grässlichen Monsters zum Opfer fallen. Mein Blut würde sich überall im Raum verteilen, nur würde man es nicht sehen, da der Raum nach wie vor schwarz und leer wäre. Doch ich könnte die Kreatur auch besiegen und weiter meinen Weg durch den leeren Raum wagen. Was kommt von links? Was kommt von rechts? Wie genau ist der Boden geebnet? Gibt es überhaupt einen Boden, der mir sicheren Halt bietet oder falle ich letztendlich doch irgendwann in die Tiefe und verliere mich?

Den Schritt nach vorne möchte ich nicht wagen. Doch wenn ich zurückschaue, blicken mich die Augen noch finstererer Monster an. Nein, ich muss nicht einmal den Kopf drehen. Die Blicke und nach Blut lechzenden Reißzähne der Monstrositäten, die sich dicht hinter mir befinden, spüre ich wie das T-Shirt, welches sanft meine Haut berührt. Auch, wenn sie mich erreichen können. Auch, wenn sie sich kaum von mir fernhalten können – ich bin für sie auf ewig unerreichbar. Ich habe nicht immer an dem Fleck des leeren Raumes gestanden, an dem ich jetzt stehe. Ich bin bereits mehrere Schritte gegangen, die des Öfteren Leid verursachten – nicht nur bei mir.

Manchmal sehe ich verschwommene Fußabdrücke, die kurz in der Dunkelheit auf dem Boden aufblitzen. Wie von Geisterhand erschaffen erscheinen sie kurz, zeigen mir für den Bruchteil einer Sekunde die Richtung an und verschwinden dann für immer. Wenn ich mir nicht merke, welchen Weg ich gehen muss, verlaufe ich mich noch weiter in der Leere. Und das Schwarze meint des Öfteren mich verführen zu wissen. Schemenhafte Stimmen rufen in die Stille. Ich sehe zwar nichts, doch ich kann sie deutlich hören. Auch sie weisen mir eine Richtung, die ich einschlagen soll. Doch was passiert, wenn ich auf diesem Wege den Boden verliere? Und was ist, wenn auf dem anderen Wege die Fußabdrücke vergehen, ich panisch schneller laufe, dabei aber die Stimmen nicht mehr höre?

Deswegen stehe ich im leeren Raum. Geister, mir unbekannte Gesichter meinen zu wissen, welche Richtung die einzig richtige wäre. Doch für wen ist sie richtig? Für mich oder doch für denjenigen selbst, der sie mir aufzeigt? Ich habe Angst. Deswegen bleibe ich im leeren Raum stehen. Die Monster hinter mir können mich nicht erreichen, doch sie wollen es und ich spüre es mit jedem Atemzug. Sie spucken nach mir, besudeln mich mit ihren ächzenden Schreien und meinen so, mir Angst einjagen zu können. Doch auch, wenn ich nicht weiß, welche Richtung im leeren Raum die einzig richtige ist, meine ich doch zu wissen, dass ich nicht einfach umkehren kann. Zurück in die Arme der hungrigen Kreaturen. Dorthin kann ich nicht zurück. Es war schrecklich und ich bin froh, mich dort nicht mehr blicken lassen zu müssen. Doch ist es nicht beängstigender zu wissen, dass sich vor mir nicht mehr als ein schwarzer, leerer Raum befindet? Ohne Licht, wodurch ich nichts sehe und ohne Luft, weswegen ich nicht atmen kann?

Warum nur ist es so schwarz? Ich will hier raus. Ich will nicht mehr ins Nichts starren und mich dabei verlieren. Ich möchte die Wände entdecken, das Ende der Leere. Sie scheinen nicht fern zu sein, doch nach wie vor unerreichbar für mich. Ich kann nicht weitergehen, obwohl ich es so dringend möchte. Und was ist, wenn ich es doch irgendwann schaffe, das Ende der Leere zu erreichen? Befindet sich dort nur das Ende oder kann ich noch einmal den richtigen Weg gehen, um die nach draußen führende Tür zu finden? Gibt es sie überhaupt oder befinde ich mich in einem Raum ohne jeglichen Ausweg? Ich will nicht glauben, dass es hier nur die blutigen Kreaturen gibt, die ich schon einmal überwinden konnte. Sie werden mich niemals zurückzerren.

Ich muss hier herausfinden. Die Fußabdrücke müssen etwas bedeuten. Sie können nicht nur so zum Spaß von jetzt auf gleich erscheinen und nach wenigen Augenblicken wieder verblassen und mich alleine zurücklassen. Was ist, wenn ich ihnen folge? Auch die Schreie und Rufe nach mir lassen manchmal nach und werden teilweise immer lauter. Als wüssten sie, dass ich mich mit Absicht von ihnen entfernen möchte. Was passiert, wenn ich den Schreien folge? Die Abdrücke, Rufe und auch Monster in meinem Rücken sind immer da und strecken ihre langen, knochigen Finger nach mir aus. Ist das der Hinweis? Geisterhafte, tödlich erscheinende Hände, die nach mir greifen? Als würden sich Tote aus dem Grab erheben und mich nach unten ziehen wollen.

Das ist doch der Unterschied zu dem Monster, welches sich genau vor mir befindet, oder nicht? Das Skelett ist nicht sichtbar, sondern der Körper ist auf einmal eindeutig zu erkennen. Ich sehe den Schleim, ich sehe die entstellte Miene, ich sehe das Grauen genau vor mir stehen. Doch es erscheint lebendiger als alles andere, was sich um mich herum befindet. Es lebt. Ist das der Hinweis? Die Lebendigkeit? Warum lebt es und streckt eben keine knochigen und zerbrechlichen Fingerspitzen nach mir, sondern steckt voller Energie und Sehnsucht nach meinem Herzen? Ist das mein Weg?

Ich schließe die Augen und lasse den Raum so, wie er ist. Ich sehe nichts, wenn meine Augen geöffnet sind und ich sehe nichts, wenn meine Augen geschlossen sind. Doch trotzdem ist der Blickwinkel ein völlig anderer. Die Leere in meinem Kopf formt sich immer wieder zu dem, was ich wirklich bin. Brauche ich also einen Weg, der mich führt? Brauche ich Abdrücke, die mir den Weg weisen wollen? Brauche ich Stimmen, die meine Ohren betören? Ich brauche mich. Ich brauche das lebendige Monster, das vor mir liegt, um es wie die anderen tod und verdorben hinter mir lassen zu können. Das ist mein Weg, der in die Richtung der endenden Leere führt und dafür sorgt, dass ich ankomme. Ich muss die Augen nicht offen halten. Ich muss einfach nur wissen, wann ich auf das Monster zugehe und es mit meiner scharfen Klinge durchbohre und somit überwinde, um mich der nächsten Kreatur zu stellen.

Die Klinke der nach draußen führenden Tür scheint auf einmal näher, obwohl sie sich im schwarzen Raum bisher nicht zeigt. Sie ist da. Nur führt sie wirklich nach draußen? Oder stößt sie mich nur in eine noch größere Leere, die das unendliche Grauen für mich birgt? Ich muss die Tür finden. Ich muss die Klinke endlich nach unten drücken und auf das Ende der schwarzen Leere hoffen.

Wo ist sie?

 

DeteHo schrieb über seine Geschichte:


Guten Abend!

Habe mich erst vor kurzem hier angemeldet und freue mich schon auf meine Zeit bei den Wortkriegern :-)

Liebe Grüße, DeteHo


Bitte solche Anmerkungen immer in einem Extra-Beitrag.

 

Hallo DeteHo,

herzlich willkommen bei den Wortkriegern!

Dein Text ist für mich einer von den schwierigen. Es fällt mir schwer, eine Beziehung zu den Worten aufzubauen, mich hineinzufühlen. Dabei machst Du vieles richtig: Du schreibst sehr eloquent, mit variabler Wortwahl und gutem Satzbau. Der Text liest sich sehr flüssig und ohne sprachliche Stolpersteine, die man bei Debütanten meistens zuhauf findet (drei kleine Ausnahmen unten). Du erzeugst Bilder und Stimmungen, die man sofort versteht. Aber trotzdem sitze ich am Ende vor dem Text und frage mich: Was ist das?

Ich denke, meine beiden Hauptprobleme sind, dass Du von einer Sache zu viel und von einer anderen zu wenig hast. Zu viel ist diese Beschreibung ein und derselben Situation und Gefühlslage. Da ist eine Menge Wiederholung drin - nicht unbedingt sprachlich, aber inhaltlich. Du reitest Deine "Masche" (nicht negativ gemeint) ein bisschen zu Tode, indem Du uns dasselbe in immer neuen Worten mitteilst.

Ganz klar zu wenig hast Du an Handlung. Außer der Situations- und Gefühlsbeschreibung hat Dein Text gar nichts. Deshalb bezeichne ich ihn auch die ganze Zeit als "Text" und nicht als "Geschichte". Ich meine damit gar nicht, dass es einen actionhaltigen Plot geben muss, aber es müsste sich irgendetwas bewegen, weiterentwickeln - das kann auch im Innern Deines Protagonisten sein. So stehen wir an einer Stelle und wissen weder, wie wir dorthin gekommen sind, noch, wie es von dort aus weitergeht.

Ich hoffe, Du kannst nachvollziehen, was ich meine. Und bitte antworte jetzt nicht: "Das wollte ich dem Leser überlassen." Denn das wäre viiiel zu einfach. Dem Leser etwas zum Nachdenken geben, gerne! Etwas Mysteriöses aufbauen, das die Fantasie anregt - au ja! Aber eine Grundlage, ein Anfasser muss schon da sein.

Was Du m.E. hast, ist eine sehr gute Fähigkeit, mit der Sprache umzugehen. Das ist enorm viel wert. Diesen Text kann man als Fingerübung sehen, auf der Du aufbauen kannst, um mit ein bisschen mehr Handlung eine prima Geschichte zu erzählen. Darauf freue ich mich!

So, und jetzt die drei winzigkleinen sprachlichen Dinge:

Und das Schwarze meint des Öfteren mich verführen zu wissen.

Vielleicht: ... verführen zu müssen?

Schemenhafte Stimmen rufen in die Stille.

Ungewöhliche Sprachbilder mag ich. Aber ein Schemen ist immer etwas, was man sieht - wie eine Stimme schemenhaft sein soll, kann ich mir nicht wirklich vorstellen, obwohl ich mir denken kann, was Du ausdrücken willst. Dafür findest Du mit Sicherheit eine andere Formulierung.

Ohne Licht, wodurch ich nichts sehe Komma und ohne Luft, weswegen ich nicht atmen kann?

Eingeschobener Nebensatz.

Eine so geringe Fehlerquote sieht man hier selten, das ist für sich schon eine echte Leistung.

Grüße vom Holg ...

 

Vielen Dank für die tolle Kritik!

Ja, die inhaltlichen Wiederholungen sehe ich in diesem Text auch. Trotzdem hat er mir irgendwie ganz gut gefallen - logisch, sonst hätte ich ihn ja auch hier nicht als Beitrag mit euch geteilt.

Ne, dem Leser wollt ich nicht unbedingt Alles überlassen ;-) Dadurch, dass der Text zu sehr auf der Stelle steht, wird dieses Gefühl aber erzeugt.

Danke noch einmal für die Kritik, ich freue mich schon darauf, die nächsten Texte mit euch zu teilen!

 

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