Der Wandertag
Unsere Klasse hatte einen Wandertag geplant.
Früh um 9Uhr trafen wir uns an der Schule und liefen los. 10km waren es bis zu dem Jungen, bei dem wir dann übernachteten. Zelte und Schlafsäcke hatte jeder dabei und im Rucksack ein paar Schnitten zu essen und eine Flasche zu trinken. Die Landschaft war wirklich schön, die Wiesen mit den Blumen und als wir durch den Wald liefen, standen viele Heidelbeersträucher links und rechts von uns. Ein paar aßen welche und hatten dann eine blaue Zunge, sie sahen aus wie Chow-Chows.
Nach drei Stunden hatten wir es geschafft. Wir setzten uns ins Gras und manche rauchten erst mal eine. Die Mädchen hatten sich auf eine Decke gesetzt und machten mit einem Grashalm Musik. Was uns Jungs ziemlich schnell auf die Nerven ging und wir zu ihnen rüber schrieen, dass sie damit aufhören sollen.
Der Nachmittag wurde recht lustig. Einige spielten Karten oder Fußball. Die Mädchen saßen auf ihrer Decke und unterhielten sich. Das einzigste was mir auffiel, war das Jule ein Stück weg saß und nachdenklich aussah.
In der zwischen Zeit, wo die Bratwürste auf den Grill lagen, bauten wir unsere Zelte auf. Dann konnten wir endlich etwas essen. Wir setzten uns auf die Bänke die in einem Kreis standen. Die Würste schmeckten hervorragend und Mike war wirklich ein perfekter Gastgeber. Es war strahlenblauer Himmel, ein richtiger schöner Maiabend.
So gegen 21.00 Uhr fingen wir an Bier zu trinken, wenig später Wodka mit Cola. Die Mädchen bleiben bei Wein und Sekt. Jule saß noch bei uns auf der Bank, die anderen hatten sich wieder zurückgezogen. Wir laberten über Gott und die Welt. Ich unterhielt mich kurz mit Jule und erfuhr, dass sie gar nicht mit übernachtete, sondern abgeholt werden würden. Dann klingelte ein Handy, jeder kramte in der Runde in seiner Tasche rum. Es war Jules Handy. Ich beobachtete sie.
“Ja.”
“Warum?”
“Ist okay, da übernachte ich hier und komme morgen mit dem Bus heim.”
Dann legte sie auf. Ich weis nicht, es war keine gute Nachricht die sie erhalten hatte. Sie saß da, wie ein Schluck Wasser. In Gedanken total versunken. Die Mädchen kümmerten sich nicht um sie und dann fing sie an zu weinen. Ihr flossen die Tränen, wie kleine Bäche über die Wange. Wir schauten sie alle an, doch keiner wusste was er sagen sollte. Sie stand auf und ging zu den Mädchen rüber, Sie fragte Nadine, ob sie bei ihr mit im Zelt übernachten könnte.
“Wenn´s sein muss.” Antwortete sie genervt. Jule kam zurück und setze sich wieder auf die Bank. Sie holte ein Taschentuch heraus und wischte sich die Tränen ab.
“Was ist los?” Fragte auf einmal Mike.
“Nichts.”, Sagte sie schluchzend. “Hat jemand ein Taschenmesser dabei?”
“Wofür brauchst du das?” Wollte Kai wissen.
“Ich muss was an meinem Rucksack reparieren.” Kai gab ihr sein Taschenmesser und Jule ging in Nadines Zelt. Man hörte sie noch schluchzend, doch das wurde dann leiser. Wir tranken unseren Wodka weiter und die Mädchen teilten sich immer noch ihre Flasche Sekt. Keiner verlor mehr ein Wort über Jule. Wir redeten über die Schule und lästerten über Lehrer ab.
Nach einer Weile kam Jule mit dem Rucksack aus dem Zelt gekrochen. Sie sah total fertig aus, rote Augen von weinen.
Sie setzte sich ins Gras, ein Stück weiter weg von den Mädchen. Sie holte einen Block aus ihrem Rucksack und fing an etwas zu schreiben. Jule schrieb ziemlich lange, denn ich schaute ein paar mal zu ihr rüber. Dann kippte sie auf einmal zur Seite. Ich ging zu ihr, sie war eingeschlafen. Irgendwie interessierte mich, was sie aufgeschrieben hatte. Ich nahm den Block und setzte mich zu den anderen. Ich sagte: “Ey, hört mal zu.”
“Kai ist ein richtig naiver Junge. Glaubt er doch tatsächlich, dass ich sein Taschenmesser für den Rucksack brauche. Aber ich brauche es für mich, damit ich nicht durch drehe.
meine Süße hatte gerade einen Autounfall, deshalb kann sie mich nicht abholen. Sie ist am Unfallort verstorben. Sie hat mich allein gelassen. Warum? Sie war doch mein allergrößter Schatz, meine süße Maus, mein Liebling. Und jetzt ist sie nicht mehr da.
Mein Arm schmerzt, ich habe einfach drauf los geritzt, bis ich es nicht mehr aushielt. Im Zelt zusammen sackte vor Schmerz.
Keiner tröstet mich.”
Ich atmete tief durch und fragte Mike nach einer Zigarette, obwohl ich sonst nicht rauchte. Ich las weiter: “Alle lassen sie mich alleine. Für diesen Gedanken ritze ich mich wieder, als Erlösung, nicht daran zudenken müssen, das ich allein bin. “ Plötzlich stand Jule neben mir und riss mir den Block aus der Hand.
“Du Blödmann,” brüllte sie mich an, “Jetzt wissen doch alle Bescheid. Jetzt wird alles nur noch schlimmer werden.” Sie fingen alle an zu heulen und rannte in das Zelt. Mike reichte mir ein Bier.
“Na da hast du was angestellt,” sagte er zu mir. Auf einmal tat es mir leid, dass ich es einfach vorgelesen hatte. “Ich werde mich morgen bei ihr entschuldigen,” dachte ich, jetzt will sie bestimmt alleine sein. Sie und dem..... Mir schoss es wie ein Blitz durch den Kopf. Sie mit dem MESSER! Ich sprang mit einem Satz von der Bank und rannte zu ihr ins Zelt. Sie lag da, als wenn sie schlief und dann sah ich es. “Ruft einen Krankenwagen.” Schrie ich aus dem Zelt. “Sie hat sich die Pulsader aufgeschnitzt.” Ich zog mein T-Shirt aus und versuchte es abzubinden. Es dauerte nicht lange und der Krankenwagen war da. “Das war knapp.” Sagte der Krankenwagenfahrer zu mir.
Ich besuchte Jule jeden Tag und sie versprach mir nie wieder so ein Mist zu tun. Soweit wie ich weis, studiert sie heute und ist wieder glücklich verliebt.
[ 05.08.2002, 13:58: Beitrag editiert von: Aitzo ]