Der verlorene Seemann
Er steht. Er steht einfach nur da. Blick in Richtung Ferne. Richtung Sonnenuntergang, der sich blutrot hinter dem Riesensee, der die Kontinente verbindet, verabschiedet. Er steht dem großen Spiegel gegenüber. Reflektion. Er ist weg, weit weg von daheim. Vom ewigen Kreislauf des Alltags in dem er Sekunde für Sekunde, Stunde für Stunde, Tag für Tag und Jahr für Jahr gefangen ist. Endlich raus, raus dem täglichen Trott. Er hatte sich in den letzten Jahren sehr verändert. Manchmal wenn er in den Spiegel sieht erkennt er den sich so selbst fremd gewordenen Mann nicht wieder. Jetzt. Er. Alleiniger König auf dem Schachbrett. Er steht auf einem kleinen Steg der keine Brüstung besitzt und augenscheinlich seine besten Jahre schon hinter sich hat. Keine Sicherheit. Dafür keine Enge. Eine leichte Brise streichelt sein Haar. Seine Augen suchen Weite.
Er blickt in die Ferne.
Das Meer erzählt große und kleine Geschichten.
Er blickt in die Ferne
Keine Wolke bedeckt den Himmel, grenzenloses blau.
Er blickt in die Ferne
Frei von allen Zwängen fliegen Möwen am Himmel
Er blickt in die Ferne
Das Meer zeichnet Sekundengemälde
Ganz nah bei ihm brechen sich die Wellen. Melodie des Meeres. Musik die er daheim nur selten hört. Jetzt keine Zeit zum Denken. Kein Augenblick zum Denken. Er fühlt. Er fühlt sich wohl. Er scheint angekommen zu sein. Nicht daheim, sondern zu Hause. Am Horizont bahnt sich ein Schiff mit großen weißen Segeln seinen Weg über den Tellerrand. Er beobachtet es. Stück für Stück wird es größer und größer bis es dann zum Greifen nah ist. Er greift es, setzt die Segel und fährt dem Fernweh entgegen. Nun scheint ihm die Ferne unendlich nah zu sein. Er, der verlorene Seemann kehrt nach Hause.