Der Vergewaltiger!
Es war kalt, bitter kalt.
Ich lief durch die engen Hintergassen der Stadt. Ich wusste eigentlich selbst nicht warum ich diesen Weg bevorzugte und nicht durch die menschenüberfüllte Innenstadt nach Hause ging. Vielleicht weil es hier so wunderbar ruhig und verlassen war. Aber vielleicht auch aus Angst! Aus Angst wieder rückfällig zu werden, wieder das zu tun, was mich damals vor genau sieben Jahren hinter Gittern brachte. Eine wehrlose Frau zu überfallen und sie zu vergewaltigen. Es war damals wie eine Sucht für mich. Immer wenn ich ein passendes Opfer ausgesucht hatte, war ich brutal und unberechenbar.
Heute noch, manchmal, kommt das Gefühl von damals wieder in mir hoch. Ich spüre ein so starkers Verlangen danach. Doch ich schaffe es immer wieder mich dagegen zur Wehr zu setzen.
Lautlos schleiche ich durch die Nacht. Wie ein Mörder auf der Suche nach einem Opfer.
Auch wenn ich mich schon lange nicht mehr meinem Verlangen hingegeben habe, verhalte mich immer noch wie damals.
Eine leicht geduckte Haltung und immer die Augen offen nach einem potentiellen Opfer.
Ich schaue mich schnell um, da sehe ich sie. Sie steht vor einem geschlossenen Hoftor und wühlt in ihrer Handtasche. Mein Herz beginnt zu rasen. Ich verkrampfe mich am ganzen Körper.
Wie ein heller Schein in der ganzen Dunkelheit steht sie da. Wieso musste sie jetzt gerade nur da sein? Wusste sie denn nicht das ich unberechenbar sein konnte?
Mein Auge zuckte. Ich versuchte mich zu beherrschen und lächelte sie an, als ich langesam an ihr vorbei ging.
Kaum zehn Schritte war ich vorbei und schon beruhigte ich mich. Ich hatte es geschafft, ich war nicht schwach geworden. Tief atmete ich aus und wischte mir den Schweiß von der Stirn.
doch plötzlich hörte ich eine Stimme hinter mir "Entschuldigen sie, mein Herr!" rief sie.
Zitternd drehte ich mich um. Da stand sie, direkt vor mir. Mit ihrem kurzen Mantel und ihren hochhackigen Schuhen. Sie lachte mich an. "Was ist denn?" fragte ich in einem scharfen Ton. Ich hoffte sie vielleicht so erschrecken zu können, dass sie selbst einsah, wie gefährlich ich war. Doch sie ließ sich nicht abwimmeln. "Könnten sie mir helfen? Ich finde meinen Hoftürschlüssel nicht! Sie müssten nur schnell übers Tor klettern und es mir von innen öffnen, mehr nicht!"
Ich starrte sie an. Was sollte ich nur tun? War ich stark genug sie in Frieden zu lassen?
Tausende Gedanken sausten mir durch den Kopf. Ich erinnerte mich an die schreckliche Zeit im Gefängnis zurück. Wie die Insassen mich quälten und ich war mir in diesem Moment sicher ich würde es schaffen.
"Ja, natürlich helfe ich ihnen!" sagte ich und lächelte sie an.
Es war kein Problem für mich über das Hoftor zu klettern. Erleichtert öffnete ich ihr die Tür. "Oh, danke!" sie reichte mir die Hand. Ihre Haut war so weich und zart. Ich zuckte zusammen. "Wollen sie nicht noch auf einen Kaffee mit rein kommen? Ihnen ist doch sicher kalt?" Sie schloss die Wohnungstüre auf und machte mir den Weg hinein frei. Ich zögerte einen Moment, ging aber dann doch auf ihr Agebot ein.
Sie legte ihren Mantel ab. Mir wurde ganz heiss. Ihr Ausschnitt war einfach atemberaubend.
" Schwarz oder mit Milch?" fragte sie und zog ihre Schuhe aus. "Schwarz!" antwortete ich nervös.
Als sie in der Küche verschwunden war sank ich zusammen. Der Druck war zu groß für mich. Leise stand ich auf und ging zur Tür.
"Wo wollen sie denn hin?" sie hielt mich an der Schulter fest. "Ach, ich habe die Toilette gesucht!" stammelte ich. "Die Treppe hoch und dann die erste Türe links!" lächelte sie und ging zurück in die Küche.
Mein Kopf war ganz heiss. Ich schloss sie Badezimmertür hinter mir zu und ließ kaltes Wasser über meine Hände laufen. Wie konnte ich nur ja sagen? Es war so schwer für mich einen klaren Kopf zu bewahren.
Plötzlich stieg mir ein seltsamer Geruch in die Nase. Was war das nur? Es roch scharf und giftig. Verwundert ging ich wieder in den Flur und sah mich um. Rechts neben mir war noch eine Tür. Ich vermutete es war das Schlafzimmer. Je näher ich dieser Tür kam, desto stärker wurde der Geruch. Sollte ich sie öffnen? Trotz meiner Angst erwischt zu werden, drückte ich den Türknopf hinunter.
Der beissende, scharfe Gestank brannte in meinen Augen. Es war stockdunkel in dem Zimmer, ich konnte nichts sehen. Vorsichtig tastete ich die Wand nach dem Lichtschalter ab und fühlte etwas weiches und eiskaltes. Gänsehaut lief mir über den Rücken. Was war das bloß?
Ich fand den Schalter und knipste das Licht an.
Vollkommen erstarrt stand ich da. Ein grausames Gefühl von Ekel kam in mir auf. Erschrocken sprang ich einen Schritt zurück.
Vor mir lag ein Bild des absoluten Grauens. Mindestens zehn Leichen waren in dem Zimmer. Teilweise verwest. Manche hingen an einem Strick, die mit Blut verspritzte Decke herunter. Das Summen von hunderten Fliegen bohrte sich in meine Ohren. Die Fenster waren mit blutigen Laken abgedeckt. Wo war ich hier nur gelandet?
Ich dachte, ich sei eine Gefahr für das Mädchen und nun das.
Mein Magen drehte dich um, als ich bemerkte das es nur Männer waren, die so schrecklich getötet wurden.
Verwirrt machte ich das Licht aus und schloss die Tür. Was sollte ich jetzt nur´tun?
Schnell rannte ich die Treppe hinunter und wollte die Haustüre öffnen. Doch zu meinem Entsetzen war sie verschlossen. Mein Herz pochte. Ich sah mich um, irgendwo musste es doch noch einen Ausweg geben!
"Na, haben sie die Toilette gefunden?" plötzlich stand sie vor mir und lächelte mich an. "Der Kaffee steht auf dem Tisch!" sie nahm meine Hand und zog mich sanft, aber bestimmt, mit sich. Ich konnte nichts sagen. Ich war nur entsetzt. Was würde jetzt nur geschehen? Würde sie mich genauso brutal ermorden?
Verkrampft setzte ich mich an den gedeckten Tisch. "Ich hoffe sie mögen starken Kaffee!" sie schenkte mir ein. "Entschuldigen sie, aber ich denke ich sollte jetzt gehen! Ich habe noch viel zu tun, heute!" stammelte ich mit zittriger Stimme und stand auf. "Aber warum denn? Bleiben sie doch noch ein bißchen! Ich habe jetzt extra Kaffee gemacht!" Ihr Ton wurde lauter. "Ja, aber ich muss jetzt wirklich gehen!" sagte ich und ging zur Haustüre. Für einen Moment dachte ich sie ginge mir nach, aber als ich mich umdrehte war sie nicht da. Nochmals und diesesmal fester drückte ich den Türknopf hinuter, aber es half alles nichts. Sie bewegte sich nicht. "Hallo, machen sie mir sofort die Haustür auf!" schrie ich voll Panik. "Kommen sie jetzt!" fest trat ich dagegen.
Das Telefon! Kam mir in den Sinn, ich musste die Polizei anrufen. Schnell rannte ich ins Wohnzimmer und nahm den Telefonhörer ab.
Doch die Leitung war tot. Ich versuchte einen klaren Kopf zu behalten und überlegte. Durch ein Fenster! War meine nächste Idee, doch sie waren alle zu klein für mich. Ich passte nicht durch. Plötzlich stand sie wieder vor mir "Was haben sie denn nur? Hab ich ihnen denn etwas gemacht?" fragte sie und runzelte mit der Stirn. "Lassen sie mich sofort hier raus!" schrie ich und schüttelte sie fest hin und her. "Lassen sie mich bitte gehen!"
Plötzlich fühlte ich einen stechenden Schmerz. Erstarrt schaute ich an mir herunter. Ein riesiges Messer steckte tief in meiner Brust. Ich konnte nicht mehr atmen. Das Blut lief an mir hinunter und durchnässte meine Kleider. Verzweifelt versuchte ich mich noch dagegen zu wehren, aber es war unmöglich. Ich fiel fest auf den Boden. Ich, der so vielen Frauen das Leben genommen hatte, wurde jetzt dafür bestraft. Ich lag in meinem eigenen Blut und zappelte. Hatte ich mir den Tod so vorgestellt? Von einer Frau abgestochen? Es war jetzt egal. Bald wäre alles vorbei. Langsam schloss ich die Augen und spürte wie ich mich immer weiter entfernte...
[Beitrag editiert von: Poncher am 14.01.2002 um 11:40]