- Anmerkungen zum Text
Die Kurzgeschichte ist im Vergleich zu vielen andern hier im Forum wesentlich kürzer. Dies ist meinem Schreibstil zuzuordnen. Genau das ist jedoch auch charakteristisch für Kurzgeschichten. (Online gibt es unzählige Definitionen von Kurzgeschichten und beim Betrachten der Merkmale trifft so gut wie fast jedes auf meine Geschichte zu. Nur kurz vorab, da manche über die Länge der Texte verwundert sind. Viel Spaß beim Lesen
Der verblasste Alltag
Es war das zweite Mal diese Woche, dass mir auf dem Heimweg im Bus die Tränen kamen. Die laute Popmusik, die durch meine Kopfhörer dröhnte verblasste. Der Gedankenstrom überfuhr mich förmlich. Diese Leere, diese Einsamkeit, so vertraut und doch noch nicht müde von ihr. Sie machte mir zu schaffen, jedes Mal aufs Neue regten diese Gedanken einen hitzigen Wutausbruch in mir aus. Trotz der vermeidlichen Besserung in den letzten Monaten steh ich nun wieder am gleichen Punkt, ganz am Anfang. Unverständnis kommt auf. Alles kommt mir plötzlich wie eine Inszenierung vor, wie ein lebhaftes, abenteurerreiches Musical, was nun sein Ende gefunden hat. Ich spüre die Schmerzen an meinem Körper, die Verletzungen, die Wunden welche ich verbunden hatte, aus denen nun Blut in unkontrollierbaren Bahnen rausströmt. Von einem Moment auf den anderen so empfindlich, dass auch nur die leicht kratzende Jeans riesige Schmerzen auslöst. Allein in diesem überfüllten Bus. All die Menschen, die in der vergangenen Zeit Platz in meinem Leben und in meinem Herzen gefunden haben sind nun nicht da. Vertraut und doch so fremd, die Begleiter auf meinem Weg. Der Wunsch, die Sehnsucht war nie abgeklungen. Sie war nur nicht zu spüren, wegen des Verbandes mit dem ich mir das Blut abschnürte, sodass nur noch wenige Tropfen zum Atmen blieben. Alles wirkt erstunken und erlogen, verfälscht - oder war es doch nur meine Wahrnehmung, die sich täuschen wollte? Der schmerzlichen Wahrheit nicht ins Auge sehen wollte? Aus Angst diese nicht noch einmal zu ertragen? Wie ein schwerer Backstein um den Fuß geschnürt, verfolgen sie mich. Diese Gedanken. Ich werde und werde sie einfach nicht los. Werden sie jemals vorüberziehen, wie dunkle Wolken an einem stürmischen Tag? Hat das Schicksal auch für mich noch ein Ass im Ärmel? Vorfreude und Ungeduld, meine stetigen Begleiter. In der Hoffnung, dass sie ihre Berechtigung haben. Wie ein Film spielen sich bekannte Gesichter in meinem Kopf ab. Jedes Mal wenn ich, einen Neuen Post auf Instagram sehe oder ein nur zu überglückliches Lachen in der Schulbank, fällt es mir schwerer zu atmen. Auf einmal wirkt jeder erfüllt. Doch welch einen Grund sollte es geben, mir all das vorzuenthalten. Ein ungerechter Akt des auf die Folter Spannens. Welche Tat, welche Aussage muss das Schicksal so verärgert haben, mich auf diese Weise zu Strafen? Oder ist es doch die Zeit, welche auf den richtigen Moment wartet, um mit der Tür ins Haus zu fallen? Gedanken über Gedanken kreisen in meinem Kopf. Sich immer und immer wieder wiederholende Fragestellungen. Stets mit dem Wissen, und trotzdem unvergänglicher, lautstarker Hoffnung, dass auch die nächste Busfahrt am nächsten Tage so enden wird. Das Weinen fiel mir schwer.