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Der Vater der Zeit

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03.07.2002
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Der Vater der Zeit

Der Vater der Zeit


Eines Morgens entschloss sich der sonst so in sich verschlossene Peter Kant eine Reise in seine Vergangenheit zu machen. Um den Zugang zu der Ebene der vergangenen Zeit zu erhalten, benötigte er aber den besonderen Schlüssel der individuellen Wahrheit. Peter, der wie so oft mit dem Gedanken spielte seine Meinung kurzfristig zu ändern, ging aber dennoch zu dem Vater der Zeit, um ihn darum zu bitten, den besonderen Schlüssel ausleihen zu dürfen. Auf die mürrische Frage des Vaters der Zeit, warum er denn unbedingt in die Vergangenheit blicken wolle, antwortete Peter mit gesenkter Stimme und geneigten Kopf: „Ich will wissen warum bestimmte Dinge geschehen sind, die mir heute keine Ruhe lassen“. Der Vater der Zeit erhob sich von seinem, mit Gold reich verzierten Thron und erschien nun um das Dreifache so groß wie zuvor. Peter wagte nicht seine Augen nach oben zu richten aber wenn er es tat dann bemühte er sich stets den Augenkontakt zu vermeiden. Er wusste von vielen Leuten, die bei dem Vater der Zeit gewesen waren, und das ist im Verlauf der letzten Jahrzehnte nur eine Handvoll gewesen, dass dieser ein ziemlich launischer und jähzorniger Zeitgenosse war. Als dieser nun vor ihm stand, meinte Peter bereits Blitze zu vernehmen, die nur noch darauf warteten, bis der Vater der Zeit ihnen befehlen würde, dass sie diesen jämmerlichen kleinen Menschen spalten sollten. Der Vater der Zeit betrachtete Peter K. von oben bis unten, während seine gewaltige Hand in die Tasche glitt und einen silbernen Bund mit tausenden von Schlüsseln hervorholte. Die Blitze und der Donner, die anscheinend die Macht des Vaters der Zeit ausdrücken sollten, nahmen immer weiter zu und symbolisierten Peter, dass er mit dem Herrscher der Zeit nicht spaßen sollte. Der Schlüsselbund funkelte und gab seltsame Schwingungen von sich, die teils von Menschen herrührten, die liebten aber teils auch von Personen kamen, die in ihrer Vergangenheit gelitten haben. Der Vater der Zeit beobachtete- es ist bekannt das er ein sehr neugieriger Jemand war-, dass Peter mit starren Blick auf den Schlüsselbund starrte und dabei den Anschein machte als wäre er losgelöst von diesem Planeten. Peter sehnte sich so sehr nach dieser Gelegenheit, nach dieser Chance auf seine Fehler zurück zu blicken, dass er sich plötzlich und unerwartet vor dem riesigen Körper des Vaters der Zeit hinkniete und begann zu bitten und zu flehen. Der Vater der Zeit verstand wie wichtig diesem Mann seine Vergangenheit zu sein schien, in die er um alles in der Welt einen Blick werfen wollte. Da er für viele Andere dieses Privileg eine lange Zeit abgelehnt hatte und bereits sehr lange keinen Besuch mehr von einem Menschen gehabt hat, entschloss er sich den Schlüssel auszuhändigen. Peter, immer noch kniend, blickte langsam hinauf und erkannte dass der Vater der Zeit etwas flüsterte, woraufhin der Schlüsselbund anfing zu glühen und ein einzelner Schlüssel eine rote Farbe annahm. Gleichzeitig erhob sich ein, mit silbernen Symbolen verziertes Tor aus dem steinigen Boden. Der Vater der Zeit entfernte den roten Schlüssel von dem Bund, wobei er Peter ansah, ihn nochmals genau analysiert und ihn schließlich aufforderte aufzustehen. Mit den Worten, dass dieser Schlüssel nur für ihn bestimmt wäre und dies der Schlüssel zu allen seinen Antworten sei, übergab er ihn und setzte sich wieder auf seinen prachtvollen Thron. Peter war so überglücklich, dass er einen Freudentanz aufführte, was den Vater der Zeit ebenfalls für einen Moment amüsierte, bis er sich schließlich wieder anderen Dingen zuwandte. Peter nahm den Schlüssel, steckte ihn in das Schloss des Tores und drehte ihn, so dass plötzlich mehrere Mechanismen in Bewegung gebracht wurden. Nach zwei Minuten, öffnete sich das Tor und ein grelles weißes Licht trat zu Tage, welches keinen Einblick in das Innere zuließ. Es war gespenstig ruhig geworden. Keine Donner und Blitze mehr, die zischten. Verheißungsvolle Stille. Obwohl Peter so sehr nach diesem Schlüssel gestrebt hatte, so sehr auf diese Möglichkeit versessen war, zeigte er nun eine Unsicherheit, die ihm selbst am meisten Angst machte. Der Vater der Zeit, dem das Zögern des Mannes nicht unbemerkt blieb fragte den unsicher Vor der Schwelle der Vergangenheit stehenden Peter,: „Was ist denn? Ich dachte du wolltest unbedingt deine Vergangenheit erleben“ Darauf schaut ihn Peter verdutzt an und sagte: „Den Schmerz vergangener Zeiten wieder aufleben zu lassen, nur um eine Ursache zu finden für das, was damals in der Familie geschehen ist? Ist dies wirklich das, was ich will? War ich schuld? Waren andere schuld? War überhaupt jemand schuld?“ Meine Vergangenheit ist vergangen. Lassen wir sie ruhen“. Der Vater der Zeit erhob sich daraufhin erneut, blickt auf Peter, der ihm ängstlich, aber einsichtig, falls dieser ihn nun bestrafen wollte, entgegenblickte. Mit einem strengen Gesichtsausdruck, leicht lächelnd und doch mit respektvollen Zügen entgegnete der Vater der Zeit „ Endlich mal ein Mensch, der verstanden hat, um was es geht“, fügte den roten Schlüssel wieder an seinen Schlüsselbund und schaute, sitzend auf seinen prunkvoll glänzenden Thron, den zufriedenen Peter hinter her, der es endlich geschafft hatte mit sich selbst ins Reine zu kommen.


Ende

 

Geschrieben von coolspott
"Endlich mal ein Mensch, der verstanden hat, um was es geht"

dieser satz hat mich besonders ins nachdenken gebracht. sind denn alle menschen bislang darauf aus gewesen, in ihre vergangenheit zu blicken? und wollten sie überhaupt die verantwortung für ihre alten fehler und ihre schuld tragen?
hieße dann das "korrekte" motto: das leben findet JETZT statt - und somit könnte man sich von alten schmerzen befreien und losgelöster leben?
fände ich mal interessant zu sehen, wie genau du das verstanden/gemeint hast.
die themen schuld & schmerz machen mich nämlich schon seit langem sehr nachdenklich.

 
Zuletzt bearbeitet:

hey!Ich danke, dass ihr euch die Zeit genommen habt meine Geschichte oder besser die Parabel zu lesen.

Ich denke ich wollte einfach mal ausdrücken, wie sehr die Menschen beeinflusst sind von Dinge die eines Tages mal geschehen sind und heute ihre Auswirkungen in Schuldgefühlen und Ähnlichem zeigen.
Der Vater der Zeit ist wohl jene Instanz, die uns dazu verleitet eben ständig über Vergangenes nachzudenken, weil man weiß es gibt immer diese Möglichkeit, Die vergangenheit Revue passieren zu lassen meine ich.
Doch man vergiesst dabei oft, dass der Mensch nun mal fehlbar ist. Er ist ein Individuen, der auch Fehler macht und diese als eine Zeichen seiner eigenen Existenz ansehen sollte anstatt ein Leben lang an Vorwürfen zu hängen und sich damit kaputt zu machen.. Ich denke die Vergangenheit ist zwar wichtig, da sowohl gute als auch schlechte Dinge immer im Herzen bleiben sollten.Doch das LEben spielt sich hier und jetzt in der Gegenwart ab.Dort wo wir selbst unser Schicksal lenken und bestimmen können ..

cu ...
gez. Coolspott

 

ok.. wenn man es aus diesem Blickwinkel siht hast du vielleicht recht..
Trotzdem danke für deine Kritik...!!

 

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