Der Unterschied zwischen Musikern und Polizisten (überarbeitet)
Der Unterschied zwischen Musikern und Polizisten (25.05.2002, überarbeitet am 26.05.)
“Musiker sind allesamt seltsame Menschen, das weiß ich aus Erfahrung. Ich putze doch jede Woche in der Musikschule in der Hofstrasse und da hängen diese Gestalten dann immer rum. Unter der Woche sind da hauptsächlich die Kinder, die sind noch so lieb und spielen so brav Flöte. Aber am Wochenende, besonders Freitagnachmittag, wenn ich da doch zum Putzen bin, da sind die Räume dann offen für diese Hobby-Musikanten mit ihrem teuflischen Lärm. Bräuchte ich das Geld nicht, hätte ich mit dem Putzen da schon längst aufgehört.
Ich versuche sie ja gar nicht zu beachten – aber wie will man das denn schaffen? Schon alleine deren Aussehen, wenn sie qualmend auf dem Gang stehen und sich neue Schweinereien ausdenken, ganz zu schweigen von dem Krach wenn sie spielen – da wundert es mich wirklich nicht, dass es daheim so oft Streit gibt. Die Mütter müssen sich doch Sorgen um die Jungs machen – schlimmer: Sogar Mädchen sind dabei!“
Der RTL-Reporter nickte zustimmend und fragte:
“Sagen, Sie Frau Müller, hatten Sie schon vorher Erfahrungen mit der Kölner Polizei?“
“Ja, na klar! Das sind gute Menschen. Einer von denen hat mir mal meine Katze vom Baum links neben unserem Haus geholt. Eigentlich hätte das ja der Feuerwehrmann machen sollen, der bekam es aber mit der Angst zu tun. Der Polizist war sehr mutig, ein richtig netter Kerl, und stieg schnurstraks auf den Baum um mein süßes Kätzchen zu holen. Nein, auf die Polizei lasse ich nichts kommen. Bestimmt nicht auf die Kölner Polizei!“
Der RTL-Reporter nickte wieder zustimmend und kam endlich zum Thema:
“So, nun einmal zu den aktuellen Ereignissen. Sie kannten den Stephan doch, oder?“
“Ja, der Stephan war auch so ein Hobby-Musikant. Der hatte oft Streit deswegen mit seiner Mutter. Die hat sich doch nur Sorgen gemacht! Die Ärmste saß wohl oft daheim und betete darum, dass die Jungens keinen Unfug treiben und bloß kein Unkraut rauchen. Ich kann das so gut nachvollziehen. Ich bin doch auch Mutter.
Früher war der Stephan so lieb. Ich kann gar nicht verstehen, wie so ein Grobian aus ihm werden konnte. Die Mutter – sie meinte es doch nur gut mit ihm.
Und was machte der Bengel? Er schrie sie an. Neulich war er dann besonders laut, da hatte ich Angst um die arme Frau und rief die Polizei. Der hätte seiner Mutter vielleicht noch was angetan, dieser Satanist!
Die Polizisten kamen zum Glück sehr schnell. Sechs Mann kamen. Gegen die konnte er nicht, da hat er sich eingeschlossen. Ganz klein war er da in seinem Zimmer. Die Tür aufbrechen mussten sie, sonst hätte er sich bestimmt noch umgebracht. Wäre wohl besser gewesen.
Die Polizisten mussten sich doch wehren! Auch gefesselt war der doch kaum zu bändigen! Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie sie ihn aus dem Haus trugen und in den Polizeiwagen geworfen haben. Anders ging das doch nicht!
Auf der Wache brauchten sie acht Mann um mit ihm fertig zu werden! Bestimmt hatte der doch Drogen genommen. Der ist doch selbst schuld, sicherlich hat er noch um sich geschlagen! Was können da die Polizisten dazu?
Nein, Polizisten sind liebe Menschen, die haben nur ihre Arbeit getan. Wer sonst soll uns denn vor diesen Hobby-Musikanten schützen?“
“Danke für das Interview, Frau Müller!“
Die Reporter packten ihren Kram in den Bus und fuhren zufrieden zurück in die Redaktion. Am nächsten Tag sendete RTL eine Reportage mit dem Titel: “Wer schützt uns vor Musikern?“
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Hintergrund:
In Köln wurde am 11. Mai ein Musiker (natürlich ein Zufall) nach einem Familienstreit mit seiner Mutter von mehreren Polizisten auf der Wache ins Koma geprügelt. Er verstarb gestern – vermutlich aufgrund eines schweren Trittes gegen den Kopf. Einer der angeklagten Polizisten hatte bereits zwölf Anzeigen wegen Körperverletzung im Dienst.
[ 28.06.2002, 14:34: Beitrag editiert von: hexachord ]