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Der Untergang
Es war ein kalter, finsterer Herbsttag. Draußen tobte der wind und der Regen prasselte nieder. Frederick saß in seinem Schlafgemach und lauschte dem Unwetter. Neben ihm flackerte eine Kerze, das einzige Licht, das er hatte. Frederick war alt und gebrechlich. Seit Wochen war er bettlägerig, konnte sein Schlafgemach kaum noch verlassen. Seine einstige Lebendigkeit hatte er schon lange an die unaufhaltbar fortschreitende Zeit verloren. Seine Knochen waren schwach, seine Muskeln schlapp, seine Haut war runzelig und totenblass. Auch das Kernstück seiner Selbst, sein Herz, war nicht mehr das, was es einmal gewesen war. Bald würde es die Zeit zum Stillstehen bringen. Sein alter, ausgezehrter Körper war nur mehr eine vorrübergehende Bleibe für seine müde Seele, die bald schon in die ewigen Weiten eintauchen würde.
Fredericks Zustand spiegelte sich in dem seines Hauses wieder. Der einst so prachtvoll blühende Garten wurde nun von wilden Sträuchern und Büschen in Besitz genommen. Fast unmöglich war es geworden, sich einen Weg durch dieses Dickicht zu bahnen.
Das Gebäude selbst war nicht weniger von den Zeichen der Zeit verschont geblieben. Die Mauern waren porös, der Putz fast zur Gänze abgebröckelt. Der Fußboden knarrte bei jedem Schritt, als ob er vor Schmerzen aufschreien würde. Die Wände waren feucht und kalt, das düstere Licht ließ die Zimmer wie Verließe wirken.
Dieses Haus war wahrlich ein Verließ für Frederick. Tagein, tagaus saß er dort fest, während der Verfall des Hauses sowie sein eigener immer weiter voran schritten.
Fredericks Atmung wurde immer schwächer. Sein Körper fühlte sich schwerelos an, als ob er von einer unsichtbaren Hand getragen werden würde. Er spürte keine Schmerzen mehr.
Friedlich lag er in seinem Bett als seine Atmung aussetzte und mit ihr das Licht der Kerze erlosch, als hätte nun auch das Haus seinen Kampf gegen den Untergang verloren.