Was ist neu

Der Unfall

Mitglied
Beitritt
27.06.2024
Beiträge
47
Zuletzt bearbeitet:

Der Unfall

Ich wischte mit einem Tuch über das dunkle Massivholz des Tresens meiner Kneipe. Stets beschäftigt aussehen. Ein Wirtstrick, den ich von meinem Alten gelernt habe. Ich nahm ein eigentlich sauberes Glas und ließ das Geschirrtuch darin kreisen. Die Leute wollen herkommen, um sich ohne Vorwürfe ein Bier zu genehmigen. Stehst du da wie ein Ladenverkäufer, werden sie nervös.

Diesen Abend blieben die Hocker jedoch leer. Nur ein Tisch vor den bunt gekachelten Fenstern war von Jürgen besetzt. Sein Gesicht wurde vom einzigen Spielautomaten in der Kneipe angeblinkt, während er auf das Glas Bier schaute. Er nippte von, streifte mit der Unterlippe den haftenden Schaum vom Bart und räusperte sich nach jedem Schluck.

Der Regen prasselte gegen die Fenster und bildete kleine Wellen. Was ein Sauwetter!

Die Kneipentür ließ das Tosen des Regens einen Augenblick passieren, als ein Mann in mein Gasthaus stürmte. Die Deckenlampe ließ die wenigen Haare auf seinem Kopf erblassen. Der Mann ist wohl ein Handwerker, was ich den Schriftzügen seiner Jacke entnahm, die am Garderobenhaken baumelte. Mit strebendem Gang kam der Handwerker zum Tresen und setzte sich.

„Ein Bier“, sagte er in gereiztem Ton.

Als ich ihm das Fassbier vor seine Nase stellte, hob er seine Hand, was ich als Dank erkannte. Das Bier schwappte über, nachdem er zwei Schlucke trank und den Tresen poltern ließ.

„...einfach Feierabend wollt' ich machen.“

Meinen Wirtstrick nicht vernachlässigend, erwiderte ich seine Aussage nicht. Eine Einladung des Wirts, dass er ein offenes Ohr für all die Gemütslagen hat.

„Jetzt muss ich warten, bis der lahme Abschleppdienst kommt, um meine Karre zu befreien, meinten die Bullen. Das kann doch ewig dauern“, fügte der Mann hinzu.

Mir war nicht ganz klar, wovon er sprach. Er machte auch keinen Anstand mich einzuweihen und meckerte weiter:

„Ich habe Feierabend... ich sollte jetzt mein Bier zuhause, auf dem Sofa genießen. Nicht hier in diesem Schuppen!“

Ich hob meine Augenbraue. Er schien vor Wut nicht sonderlich umsichtig daherzureden.

Die Kneipentür öffnete sich und das Prasseln des Regens bahnte sich aufs Neue einen Weg. Schwarze Schuhe klackerten auf den Fliesen und der ebenfalls schwarze Regenschirm verdeckte die Person, die in mein Gasthaus stolperte. Einklappend schwang der Schirm zu Boden und wurde von einer Frau mittleren Alters in den Ständer gelegt. Ihr Gesichtsausdruck verkündete ein zerstreutes Gemüt, weswegen sie uns nicht anschaute. Die Frau öffnete den Knebelverschluss ihres Wollmantels. Mir kam der makellose Fummel so Fehl am Platz vor, wie Champagne auf meiner Biertafel.

Mit angespanntem Gang kam sie zum Tresen und setzte sie sich auf einen der Hocker, wo sie von ihrem neuen Sitznachbarn gemustert wurde.

„Was haben Sie so da?“, fragte mich die Frau. „Also an Schnaps, meine ich“, ergänzte sie.
„Ich kann Ihnen einen guten Obstler anbieten. Sogar lokal, gebrannt in unserer Kleinsta...“,
„Ich nehme einen“, unterbrach mich die Frau.

Nervös spielte sie mit ihrem Blusenknopf, während ihre Augen ins Nichts starrten. Ihre Verschlossenheit ließ mich nickend den Obstler in ein Schnapsglas füllen. Die Frau kippte sich den Hochprozentigen die Kehle hinab und stellte das Glas vorsichtig wieder auf den Tresen.

„Sie kenne ich!“, posaunte es aus dem Mann neben ihr heraus.

Die Frau zuckte leicht zusammen und schaute apathisch zu ihrer Linken.

„Woher sollten Sie mich kennen?“, wehrte die Frau ab.
„Naja, kennen tun wa' uns nich' wirklich“, sagte der Mann,
„allerdings erinnere ich mich an Sie. Sie saßen zusammen mit 'nem anderem Mann vor der Imbissbude. Beide wart ihr bleich wie Kreide!“

Die Frau drehte sich empört zum Mann.

„Entschuldigen Sie mal! Wie würden Sie denn aussehen, wenn Sie fast von zwei PKW's erwischt werden!“

In mir kam eine Vermutung auf, was die beiden verband.

„Gerade noch rechtzeitig konnte ich zwischen die parkenden Autos huschen, als es kurz darauf hinter mir krachte“, fuhr die Frau fort, „die verbogenen Karosserien hätten ich sein können!“

Sie schaute zu mir. Ihre Augen waren glasig.

„Noch einen“, orderte sie.

Erneut füllte ich das kleine Glas mit dem Obstler. In die Schranken gewiesen, drehte der mürrische Mann sich wieder zum Tresen. Unverständlich nuschelte er vor sich hin. Eine ganze Weile saßen der Mürrische und die Aufgelöste in meinem Gasthaus. Beide mit ihren Gemütern beschäftigt.

Die Kneipentür schnellte wieder auf und der Regen durchbrach die Ruhe der Trinkenden.

„Chef!“, hallte es mir entgegen „Ein Bier und einen Schnaps für mich.“

Eine bekannte Stimme. Es war Johannes, der direkt um die Ecke seine Imbissbude betrieb. Er wand sich aus seiner Bomberjacke und warf sie regelrecht an den Garderobenhaken. Mit freudigem Gang kam er zu uns an den Tresen und setzte sich an den äußeren Hocker. Sein Grinsen schien fast eingestanzt. So fröhlich hatte ich ihn länger nicht gesehen. Zumindest kam er sonst etwas gemächlicher in meinen Laden.


„Ein erfolgreicher Tag, sag' ich dir!“, fuhr er fort.
„Durch das miese Wetter drohte der Tag echt ein Desaster zu werden. Fast keine hungrigen Kunden, die Lust auf meine Currywurst hatten. Kurz vor Ende gab es allerdings ein Desaster, was meins schlagartig in einen Glücksfall wandelte.“

Ich stellte ein kleines und ein großes Glas auf den Tresen, um diese mit Johannes' Bestellung zu füllen. Ich hatte das Gefühl, zu wissen, welches Desaster er meinte. Zumindest fast.

„Direkt vor meinem Imbiss...bumm! Zwei Autos stoßen aneinander. Der eine Fahrer wirkte etwas benommen, weshalb er kauernd vor meinem Laden saß, während der andere Fahrer haarsträubend die abgefallenen Autoteile inspizierte. Die Schaulustigen ließen nicht lange auf sich warten. Auch die Polizei kam mit Blaulicht ums Eck, die später noch einen nörgelnden Typen zurechtwies, der nicht mehr mit seinem Auto aus der Parknische kam. Der hat gewütet sag ich dir“, lachte Johannes.
„Ach ja, und 'ne Frau, die es fast erwischt hat. Die Arme. Saß dann vor meinem Imbiss“, erzählte Johannes.

Mein Blick huschte zur aufgelösten Frau und zum mürrischen Mann. Sie starrte weiter auf ihr Glas, während der Mann entrüstet zu Johannes schaute, dem er angriffslustig eine Standpauke hielt:
„Schön, dass du so einen grandiosen Feierabend hast. Toll! Wunderbar! Andere nicht!“

Verdutzt schaute Johannes den Mann an. Dann zur Frau vor ihm. Sein Blick wurde wieder von Freude befallen.

„Ich kenne Sie, gute Frau!“, sagte Johannes.

Die Frau, weiterhin in sich gekehrt, ignorierte die freudige Stimme neben ihr. Mit einem eher abfälligen Blick schaute er zum mürrischen Mann.

„Und Sie auch..“

Der Mann sackte erneut in sich zusammen, sichtlich eingeschnappt, dass er auch an dem neuen Gast nicht seine Wut entladen konnte. Johannes weihte mich weiter in seine Erzählung ein.

„Wie dem auch sei. Wegen dem ganzen Regen suchten die Leute am Unfallort Schutz unter meiner Markise. Der Duft meiner Currywürste hat wohl Appetit gemacht. Trotz Unfall. Ich hab ordentlich Patte eingenommen, kurz vor Feierabend!"

Ich nickte zustimmend.

"Die beiden Fahrer mussten allerdings zur Vorsichtsmaßnahme vom Krankenwagen abgeholt werden. Dem benommenen Mann schien es aber gut zu gehen. Konnte sogar selbst einsteigen.“

„Dem Mann geht es also gut?“, unterbrach ihn die Frau und schaute ihn an.

Johannes blickte neben sich.

„Jo, der war wohl einfach nur etwas geschockt und musste sich sammeln“, antwortete er lächelnd. „Glaube allerdings, die Autos warten stets auf den Abschleppdienst“, sagte er und linste mit schmalem Blick über den Tresen zum Handwerker.

Der Handwerker nuschelte erneut vor sich hin und ich entnahm ein Fluchen seinem unverständlichem Wutgerede. Freudig setzte Johannes das Glas Schnaps an, kippte es den Rachen hinab und nahm daraufhin ein paar Schlucke vom Bier. Anstatt es zurück auf den Tresen zu stellen, hielt er das Glas Bier in seiner Hand.

„Ahhhh“, tönte es befriedigend aus ihm heraus, „was ein tolles Desaster.“

Neben ihm war ein Seufzer und ein Grummeln zu hören. Meinen Wirtstrick nicht vernachlässigend, blickte ich nacheinander auf den freudestrahlenden Imbissbesitzer, die aufgelöste Frau und den mürrischen Handwerker, immer mit einem offenen Ohr für all die Gemütslagen.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Hirschkäfer ,

ich bin sozusagen zufällig in deine Geschichte geraten, weil ich etwas anderes suchte und habe sie gelesen, weil es hier heiß ist und die Sonne in mein Zimmer knallt. Ein bisschen Regen war mir da ganz lieb. :-)

Hier ein paar Eindrücke - eines schicke ich voraus, und ich hoffe, du bekommst das nicht in den falschen Hals: Kann es sein, dass Deutsch nicht deine Muttersprache ist? Im Text sind einige - teils haarscharf daneben, aber dennoch auffällig - falsch verwendete Worte, einige Verwechslungen von Vokabeln mit ähnlichen und an einigen Stellen fragwürdige Semantik.
Ich lese durchaus gern Surrealismus und mag es, wenn Leute sich Wörter ausdenken (Hanniball hat hier z.B. mal 'nebenbeiig' reingeworfen, das mag ich sehr, oder 'zum Bleistift' statt 'zum Beispiel' - aber da wird immer klar, dass es bewusste Wortspiele sind und den Eindruck hab ich hier nicht.

Zweiter Vorabeindruck: Adjektiv-/Adverbien-Overkill. Massiv. Kennst du den Bullshit-Detector bzw. Blablameter?

Ich denke, die eigentliche Geschichte entwickelt sich ganz wesentlich zu schleppend. Du möchtest sicher Atmosphäre und Setting reinbringen, auch einen etwas gewollt literarischen Ton (Leseeindruck, keine Unterstellung!), aber das zerschlägt dir insgesamt das Pacing und damit deine Geschichte. Kaum etwas davon bringt Plot oder Figuren voran, anderes beschreibst du doppelt oder mehrfach.

Details:

Ich wischte mit einem Tuch über das dunkle Massivholz des Tresens meiner kleinen Kneipe. Stets beschäftigt aussehen. Ein alter Wirtstrick, den ich von meinem Alten gelernt habe. Ich nahm ein eigentlich sauberes Glas und ließ das Geschirrtuch darin kreisen. Die Leute wollen herkommen, um sich ohne Vorwürfe ein Bier zu genehmigen. Stehst du da wie ein Ladenverkäufer, werden sie nervös.
Ich nahm ein sauberes Glas und wischte es mit einem Geschirrtuch aus: Ein Wirtstrick, den ich von meinem Alten gelernt habe. Die Leute wollen sich ein Bier genehmigen und werden nervös, wenn du da stehst wie ein Ladenverkäufer.
ImA fehlt da nix, weder vom Sound, noch Stimmung, noch Info.
Und: Ich rate vom Subjektwechsel innerhalb des gleichen Satzes ab. Sonst besser: Bindestrich zwischen den Satzteilen.

Diesen Abend blieben die Kneipenhocker jedoch leer.
Das Wort gibt es nicht - es existiert wohl eine regionale Variante, da beschreibt es aber eine Person, die oft in Kneipen sitzt.
Dann hab ich gestutzt, weil es das Wort 'Stubenhocker' gibt, und am Ende meinst du Barhocker. Würde 'leer' - was sich ja auf einen Inhalt bezieht -, auch durch 'unbesetzt' austauschen.

Die Arme auf die Tischkante gelehnt (1), nippte er von (2) seinem Bier und streifte danach den haftenden Schaum (3) mit der Unterlippe in den Mund.
(1) Falsche Kollokation: An etwas lehnen (Ich lehne die Krücke an die Theke) und sich auf etwas (den Tisch) stützen. Die Kante würde ich mir sparen, das zerfusselt das Bild und sehr viel anders geht es anatomisch auch kaum.
(2) Falsche Kollokation: Ich nippe am Bier, ich trinke / koste vom Bier.
(3) Mhmmm, das ist falsch. Ich weiß, was du meinst, aber haften braucht hier ein woran. Und dann: DIe Unterlippe streift Schaum in den Mund? :susp:
Letztlich ist es aber überflüssig, weil deine Leser nicht ganz so stumpf sind, das ist ja logisch.

Also irgendwie ist die Aussge ja nur: Er hat die Ellbogen aufgestützt, nippt am Bier und wischt sich den Schaum ab / vom Mund. Spezieller würd ichs nicht machen, weil das kein gewichtiges / inhaltlich komplexes Bild ist.
(Ja, bei dir: saugt /schlürft den Schaum von der Oberlippe - aber das klingt meh.)

Der Regen prasselte gegen die Fenster und die Flut an Tropfen bildete kleine Wellen auf dem bunten Glas.
Das gibt es nicht, eine Flut an Tropfen sind Ströme. Und klein, klar, kein Tsunami. Letzlich: Der Regen prasselte gegen das Fenster, lief in kleinen Wellen herunter. Präzisere Beschreibungen ergeben klare Bilder und treiben die Geschichte voran.

Ich finde klein (hier böte sich wie im Beispiel unten sogar ein 'winzig' an) manchmal echt gut, aber du verballerst solche Adjektive einfach. Guck mal beim letzten Satz wie das hier aussieht, das ist einfach toll gemacht, toll getimt, hat einen guten Flow und - trotz gewollter Wiederholungen - nix Überflüssiges:
"When I was six our dentist got these little cars. Dragsters, cement mixers, all kinds of shit. My brother Derek got a little cop car and I was obsessed with that thing. I used to pretend it had tiny cops inside it, drinking tiny coffees and complaining about their tiny wives. (...)"
Gretchen Felkner-Martin: Manhunt.

Die Kneipentür ließ das Tosen des Regens einen Augenblick passieren,
Wiechen? :susp:

Die perlenden Regentropfen an seiner kargen Kopfbehaarung leuchteten kurz auf,
Wenn einfache Sachverhalte melodramatisch mit unpassend auf poetisch gebüsteten Beschreibungen ausgedrückt werden, entsteht Humor. So funktionieren Monty Pythons (Schwarzer Ritter: "I demand ... a SHRUBBERY!")
Dazu ergibt das hier semantisch gesehen auch nur haarscharf einen Sinn. Das Licht reflektiert ja letztlich.

Prustend entledigte er sich seiner blauen Jacke und hing sie an den Garderobenständer.
Passiv / Aktiv - Verwechslung: Ein Zombie hing am Glockenseil. Aber: Er hängte seine Jacke an die Garderobe / den Garderobenständer.
Er schien ein Handwerker zu sein, was ich den Schriftzügen seiner Jacke entnahm.
Scheinen / anscheinend - Verwechslung.
Er war vermutlich = anscheinend (ein) Handwerker.
Er schien (ein) Handwerker zu sein, doch als ich mit ihm ins Gespräch kam, stellte sich heraus, dass er Taxi fuhr.

Mit strebendem Gang
Nope.
Konzertbesucher streben auf den Ausgang zu. (Eine besondere Art der Bewegung, die aber etwas Strecke braucht.)
Ich strebe an, Dirigent zu werden.
Etwas übertrieben / witzlend gesagt könntest du schreiben: Er strebte auf die Theke zu. (Geht das nicht auch mit normalem Gehen? Das ist doch zielgerichtet.)

„Ein Bier“, sagte er mit gereiztem Ton. Der Mann wirkte genervt
Wieso schiebst du den zweiten Satz noch hinterher? Und wenn du das Bier als Befehl mit ! schriebst und dazu noch ein aktives Verb (wie schnauzen oder so), sparst du dir das ganze vage Doppeln:
"Ein Bier!", schnauzte er mich an.
Sagt dann ganz kurz und unaufällig, was du sagen willst und man ist gleich ein Stück weitergekommen in der Geschichte.

Die meisten Adverb + Verb-Kombis (oder wie hier noch länger als Verb + Adjektiv + Substantiv) lassen sich durch starkes, passendes Verb ohne erklärende Zusätze ausdrücken.
mit lauter Stimme sagen = laut rufen -> schreien / brüllen
mit leiser Stimme sagen = leise sagen -> flüstern
schnell laufen -> rennen (geh. eilen)
etc.

und tippte mit den Fingern im schnellen Takt auf das urige Holz.
urige Holz? Wie kann ein Tresen urig sein? Das ist doch eine glatte Fläche, nix Besonderes.

... und trommelte aufs Holz. (Klar mit den Fingern, klar schnell, klar in irgendeinem Takt, urig gehört da nicht hin und dann hast du ein klares Bild.)

Als ich ihm das schaumige Fassbier vor die Nase stellte, hob er halbherzig seine Hand, was ich als Dank erkannte.
Zu viele Worte für einen simplen Sachverhalt. Ich muss zu lange lesen, um die winzige Info aufzunehmen. Das macht einen Text zäh, ich werde ungeduldig, weil ja bislang nur Nebensächliches kommt, Setting / Figuren (aber nix Ungewöhnliches) und ich langsam etwas Plot erkennen möchte.
als hätte ich ihn aus seinem Tunnelblick gerissen.
Falsche Verwendung: Aus seiner Erstarrung / Gedanken gerissen.
Man kann niemand aus einem Blick reissen, das ergibt semantisch keinen Sinn - auch nicht im übetragenen Sinn, als Bild.
wo sie prüfend von ihrem neuen Sitznachbarn gemustert wurde. „Was haben Sie so da?“, fragte mich die Frau. „Also an Schnaps, meine ich“, ergänzte sie. „Ich kann Ihnen einen guten Obstler anbieten.
Falsche Verwendung des Passivs (ist vorher auch schon): Man kann Passiv nur grammatikalisch korrekt einsetzen, wenn der 'Täter' unbekannt ist, absichtlich verschleiert werden soll oder etwas ohne Willen ist. Letztlich muss man es auch in diesem Fällen nicht unbedingt verwenden:
Es klopfte = Jemand klopfte an die Haustür.
Die Tür wurde von einem Windstoß aufgerissen = Ein Windstoß riss die Tür auf.
In deinem Fall nennst du die 'Täterin' und was sie macht, also geht hier kein Passiv.

Zudem: Zeilenumbruch, wenn eine Figur etwas tut (oder sagt) und dann eine andere Figur etwas sagt.

Aufbäumend drehte sich die zittrige Frau zum Mann. „Entschuldigen Sie mal! Wie würden Sie denn aussehen, wenn Sie fast von zwei PKW's erwischt werden!“
zu jemandem umdrehen
Aufbäumen ist das. Im übertragenen Sinne kann sich ein Sterbender aufbäumen, oder jemand gegen ein Schicksal, dann aber sind wir schon eher in einem Kontext von Die Kanonen von Navarone oder Snyders 300.
Hier lässt das Bild wieder Komik entstehen (s.o.), und da du 'Gesellschaft' getaggt hast (ernsthafte Auseinandersetzung mit einem gesellschaftsrelevanten Thema), denke ich, dass du diese Wirkung nicht intendiert hast.

Zudem ist das Bild konfus:
- aufbäumen: Heftige, dramatische oder zumindest großräumige Bewegung
- zittrig: zusammengekauert, verkrampft, ganz kleine Bewegungen, unfreiwillig
- Wörtliche Rede: Frech, aufmüpfig, sarkastisch, auftrumpfend, selbstsicher
Die Dreierkombi ergibt überhaupt kein sinnvolles Bild einer Figur.

„Durch das miese Wetter drohte der Tag echt ein Dilemma zu werden. Fast keine hungrigen Kunden, die Lust auf meine Currywurst hatten. Kurz vor Ende gab es allerdings ein Dilemma, was meins schlagartig in einen Glücksfall wandelte.“
:confused: Meinst du Disaster = Katastrophe?
Weil: Dilemma = Innerer Konflikt durch zwei unvereinbare Gegensätze.

Zwei PKW's? Mir dämmerte es, woher der Mann die Frau kannte.
Irgendwie fängt hier nun langsam die Geschichte an. Die wird jetzt im Rückblick erzählt und dann ist Schluss. Da rate ich, die Gewichtung und das Pacing insgesamt noch mal zu überdenken. Braucht die Kerngeschichte diesen voluminösen Aufbau? So arg viel Setting? (Es ist ja keine spekulative Welt, die du lange erklären müsstest - eine Eckkneipe kennt sicher jeder irgendwoher.)
Und: Mir dämmerte es: Ich kannte die Frau gar nicht. vs Mir dämmerte, dass ich die Frau doch nicht kannte.

Der Mann sackte erneut auf seinen Hocker zurück,
Falsche Kollokation.
Der Mann sackte in sich zusammen. vs Der Mann lehnte sich zurück.
Durch den ganzen Regen suchten die Leute am Unfallort Schutz unter meiner Markise.
Häh? Syntax. Das ist so kein Satz.
Stockend blickte Johannes neben sich.
:confused:
Stockend berichtete er vom Geschehen. = Das geht nicht mit Blicken, weil es bedeutet, dass jemand - z.B. im Schock - Pausen beim Sprechen macht. Etwas nicht flüssig herausbekommt.
„Ahhhh“, tönte es befriedigend aus ihm heraus, „was ein tolles Dilemma.“
Zu Dilemma: s.o.
Unbehelligt weihte Johannes mich weiter in seine Erzählung ein.
Häh? Unbehelligt von wem oder was? Das ergibt null Sinn, sorry. Ich habe wirklich den Eindruck, dir sind einige Wortbedeutungen tatsächlich unbekannt.

Ich hab nicht alles rauszitiert, was fehlerhaft ist, aber vielleicht gehst du ja selbst noch mal kritisch drüber.

Ich hoffe jetzt wirklich, du nimmst meine Anmerkungen - die absolut nicht despektierlich gemeint sind - als Ansporn. Hab schon gesehen, dass du dich selbst mit Komms engagierst, das ist super und nicht selbstverständlich!

Ich bin gespannt, was aus dem Text noch werden könnte, herzlichst,
Katla

 

Hallo @Hirschkäfer

Ein zäher Einstieg. Die Chancen, Spannung aufzubauen, verspielst du. Viel zu schnell wird klar, dass es um einen Unfall geht. Dadurch kann der Leser nicht in den Genuss eines Spannungsbogens kommen, indem er sich fragt, was der Typ eigentlich hat.

Apropos Spannung. Die gibt es leider auch in dem anschließenden Text kaum. Ein Unfall ist geschehen und nacheinander kommen Personen in die Kneipe, die irgendwie mit dem Unfall zu tun haben. Dann erzählen sie, was der Unfall für Auswirkungen auf sie hatte. Dass die sehr unterschiedlich sind, kann den Plot meiner Meinung nach nicht retten. Es böte sich an, sie in Streit geraten zu lassen, nur damit irgendetwas passiert.

Und das Fazit: Der Wirt hat ein offenes Ohr für jede Gemütslage. Was bleibt, ist also eine gemütliche Kneipenszene. Mehr kann ich aus deinem Text nicht herauslesen, tut mir leid.
Vielleicht können ja andere mehr damit anfangen.

Nun einige Kleinigkeiten, die @Katla noch übrig gelassen hat:

„Ein Bier“, sagte er mit gereiztem Ton.
in gereiztem Ton
Er setzte das Glas an, nahm zwei gewaltige Schlucke und schnellte es mit einem abgehakten Klang wieder auf den Tresen.
Lass es einfach knallen :D. ... nahm zwei gewaltige Schlucke und knallte es auf den Tresen.
„Jetzt muss ich warten, bis der lahme Abschleppdienst kommt, um die zusammengekrachten Autos aufzusammeln“, fügte der Mann verächtlich hinzu.
Klingt nicht authentisch, wie auch manche anderen Stellen mit wörtlicher Rede. Das müsste für meinen Geschmack knackiger formuliert werden: Z.B: "Jetzt muss ich auf den lahmarschigen Abschleppdienst warten. Bis der kommt, das kann dauern. Die Autos können die gleich zum Schrott fahren.“ Kürzere Sätze, mehr mündlich eben.
Sie sah kultiviert aus, in ihrer feinen Bluse die hervorkam.
... ,die zum Vorschein kam.
„Durch das miese Wetter drohte der Tag echt ein Dilemma zu werden.
Wie schon von @Katla angemerkt, es handelt sich um ein Desaster (Das ist die korrekte deutsche Schreibweise, nicht Disaster).

Grüße
Sturek

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Katla ,

vorerst möchte ich dir für deine mühevolle Kritik danken. Sie war hart, aber gut!
Besonders geübt bin ich im literarischen Bereich tatsächlich nicht, was allerdings nicht an der Muttersprache liegt. Ich bin einfach nicht besonders belesen in der Literatur. Nur in Fachliteratur.
Erst vor kurzem habe ich Spaß daran gefunden Texte zu verfassen. Ich muss einfach noch viel lernen, das ist alles :P
Weshalb ich konstruktive Kritik als sehr wertvoll ansehe! Also alles cool.

Mir nützliche Tipps und Anmerkungen konnte ich entnehmen und hatte Freude am überarbeiten.
Einige Absätze habe ich allerdings beibehalten, da sie etwas aussagen sollen, wie z.B. einige Wiederholungen oder auch der "strebende" Gang. Jeder Gast kommt mir einer anderen Art von Gang zum Tresen, zur Verdeutlichung ihrer Gemüter.

Der große Kritikpunkt, den ich auch bei @Sturek (auch dir vielen Dank für deine Anmerkungen) herausgelesen habe, ist die Fülle an Adjektiven und die zähe Einleitung.
Ich habe den Text nun überarbeitet und er gefällt mir nun selber deutlich besser.
Die Anmerkung des Spannungsbogens habe ich versucht besser auszubauen. Es ist nun nicht von Anfang an klar was passiert ist. Auch wenn der Titel so heißt denke ich, dass die Umstände dennoch verschleiert werden und erst zum Ende vollkommen aufgelöst werden. Besonders, wie die Menschen zueinanderstehen bzw. zum Unfall.

Ich bleib dran

Bis dann!

 

Hallo @Hirschkäfer,

der Einstieg funktioniert, danach komme ich kurz ins Schlingern:

Diesen Abend blieben die Hocker jedoch leer. Nur ein Tisch vor den bunt gekachelten Fenstern war von Jürgen, einem Stammgast, besetzt. Sein Gesicht wurde vom einzigen Spielautomaten in der Kneipe angeblinkt, während er vor sich auf sein Glas schaute. Er nippte von seinem Bier, streifte mit seiner Unterlippe den haftenden Schaum von seinem Bart und räusperte sich nach jedem Schluck.

Zum einen wären da die vielen markierten "sein"s, zum andern wäre da dieser Satz:

Nur ein Tisch vor den bunt gekachelten Fenstern war von Jürgen, einem Stammgast, besetzt.

Der Einstieg funktioniert für mich, weil er so lakonisch daherkommt - business as usual für den Wirt, er steht da halt, wie fast immer, was soll man sagen. Aber hier habe ich dann den Eindruck, dass er überlegt, was er sagen soll bzw. lese ich hier den Autor, der überlegt, was der Wirt sagen soll. Weil er von Jürgen, dem Stammgast, spricht. Nicht einfach von Jürgen. Denn gerade weil der ein Stammgast ist, ist das ja keine Erwähnung wert, das ist halt der Jürgen, wer sonst, und so bekomme ich den Eindruck, dass der Wirt doch nicht nur da steht und denkt, was er halt so denkt.
Das ist nur ein kleines Detail aber gerade am Anfang einer Geschichte müssen die sitzen, damit ich mich auf das Geschehen einlassen kann.

Die Kneipentür ließ das Tosen des Regens einen Augenblick passieren, als ein bulliger Mann in mein Gasthaus stürmte. Die Regentropfen an seiner kargen Kopfbehaarung leuchteten unter der Deckenlampe kurz auf. Prustend entledigte er sich seiner blauen Jacke und hängte sie an den Garderobenständer. Der Mann ist wohl ein Handwerker, was ich den Schriftzügen seiner Jacke entnahm. Mit strebendem Gang kam der Handwerker zum Tresen und setzte sich. „Ein Bier“, sagte er in gereiztem Ton. Als ich ihm das Fassbier vor seine Nase stellte, hob er halbherzig seine Hand, was ich als Dank erkannte. Er setzte das Glas an, nahm zwei gewaltige Schlucke und knallte es wieder auf den Tresen. Ungefragt ließ er seiner mürrischen Laune Raum.

Ich glaube, dass du jedes dieser Adjektive streichen könntest. Option A wäre, sie einfach ersatzlos zu wegzulassen. Würde funktionieren, schon weil es zum lakonischen Einstieg passen würde. Option B, und das wäre vermutlich die herausfordernde (und damit lehrreichere?) Variante: Das, was du da mit dem Adjektiv behauptest, zu zeigen.

Statt bulliger Mann - die Gläser wackeln auf dem Tresen, als er mit seinen Baumstammbeinen in die Kneipe stürmt.
Statt karger Kopfbehaarung - die Regentropfen klammern sich an die wenigen Haare, die noch an seinem Kopf kleben.

Klar darf man Adjektive nutzen, aber oft sind sie einfach nur der einfache Weg, ein bereits vorhandenes, tausende Male genutztes Bild. Obwohl es ja eigentlich deine Aufgabe als Autor ist, diese Bilder zu zeichnen.

Die Adjektivflut zieht sich auch durch den weiteren Text und ist mit der größte Stolperstein für mich.

Das kann doch ewig dauern“, fügte der Mann verächtlichhinzu.

Mir war nicht ganz klar, wovon der Mann sprach.


Unschöne Mann-Dopplung

Sie sah kultiviert aus, in ihrer feinen Bluse die zum Vorschein kam.

SIe sah kultiviert aus ... Ich weiß nicht. Abgesehen von dem sowieso etwas unelegant formulierten Satz, den ich mir an deiner Stelle noch mal angucken würde, ist das wieder zu behauptend für mich. Klar, du beziehst das dann auf die feine Bluse, aber da würde ich mir mehr Fleisch wünschen, so was wie: Jede ihrer Bewegungen wirkte seltsam kultiviert auf mich und ihre feine Bluse, die in dieser Kneipe ähnlich fehl am Platz wirkte wie Jürgen auf einem Staatsbankett, unterstrich diesen Eindruck.

(Meine Beispiele sind nur das, was mir als erstes in den Sinn kommt und erheben keinen Anspruch auf ... dings ... Gutheit :shy:)

Sie wirkte in sich gekehrt, als wolle sie nur das Nötigste preisgeben und danach ihre Ruhe.

Da, ich erwähne das danach nicht mehr, versprochen, aber wieder: Zu behauptend! Warum wirkt das so? Okay, ich höre ja, was sie sagt, sie ist knapp angebunden, aber auch da würde ich mir wieder ein bisschen mehr Fleisch wünschen, ein besonderes Bild, das mir ganz deutlich zeigt: Ah, ja, tatsächlich, sie will wohl für sich bleiben. Vermeidet sie jeglichen Augenkontakt? Guckt sie auf ihr Handy, während sie spricht?

Noch ein Tipp zur besseren Leserlichkeit: Bei Dialogen würde ich einen neuen Absatz machen, sobald jemand anderes spricht, also so:

„Woher sollten Sie mich kennen?“, wehrte die Frau ab.
„Naja, kennen tun wa' uns nich' wirklich“, sagte der Mann, ...

Sie saßen, zusammen mit 'nem anderem Mann vor der Imbissbude.

Komma kann weg

Gut, ich bin Kommentar-technisch ein wenig eingerostet, deshalb jetzt nur noch ein paar Worte zum Inhaltlichen.

Ich finde das alles nicht verkehrt: Erzählender Wirt steht in der Kneipe und mehr oder weniger skurrile und komplett unterschiedliche Gestalten schneien herein, die der titelgebende Unfall verbindet.
Gleichzeitig habe ich aber auch das Gefühl, ähnliches schon unzählige Male gelesen zu haben: Erzählender Wirt steht in der Kneipe und skurrile Gestalten schneien rein. Wirt beobachtet, die Geschichte schreibt sich von selbst. Der Reiz des Neuen, den ich bei Geschichten immer spannend finde, fällt hier also ein bisschen weg.

Dabei gäbe es eine Menge Reiz-Potenzial: Der stumme Jürgen könnte plötzlich eine Rolle einnehmen, die dem ganzen eine neue Wendung gibt. Der Wirt selbst könnte aus seiner Beobachterrolle treten und etwas Unerwartetes tun/sagen. Die drei Gestalten mit ihren so unterschiedlichen Gemütslagen könnten wie durch Zauber- (oder Autoren-) hand doch noch einen gemeinsamen Nenner finden und zusammen die Nacht zum Tag machen - der Beginn einer wunderbaren Freundschaft!

Aber dafür müsstest du noch einiges an Arbeit in die Story stecken und quasi einen ganz neuen Text daraus machen, den ich ja jetzt nicht beurteilen kann, weil er nicht exisiert. Deshalb noch abschließend zu diesem Text: Ich fand ihn nett, mochte, dass du so unterschiedliche Charaktere eingeführt und aufeinanderprallen lassen hast, ich konnte mir die feuchtnass verregnete Kneipenatmosphäre gut vorstellen und fand auch deine Sprache angenehm lesbar. Aber: Von allem bräuchte ich mehr, um begeistert zu sein.

Vielen Dank jedenfalls für den Mut, die Story mit uns zu teilen :)

Bas

 

Hallo @Bas ,

vielen Dank für deine Anmerkungen. Es ist wie verhext. Die Adjektive, sie verfolgen mich, haften an mir wie Kletten nach der Abkürzung durch die Wiese.
Ein wertvoller Tipp, den ich mir verinnerlichen möchte. Weniger Adjektive, weniger Behauptungen. Diese Art von Tipps, diese Stellschrauben, die übergreifend zu anderen Texten anwendbar sind, sehe ich als sehr wertvoll an.

Ich habe den Text leicht entschlackt und versucht die Behauptungen zu umschreiben. Das Gerüst der Geschichte möchte ich allerdings nicht arg ändern. Habe gemerkt, dass ich derzeit nicht für diese Geschichte brenne, da etwas anderes im Ofen ist. Allerdings freu ich mich schon darauf, wenn es mich wieder packt und ich erneut Hammer und Meißel für diese Geschichte raushole. Entstanden ist der Text, da ich gezielt dieses Szenario ausprobieren bzw. eine dialoglastige Geschichte schreiben wollte. Ich gebe dir sogar Recht, dass er etwas Altbacken vom Ort ist :P
Wer weiß, was innerhalb dieser Szenerie noch geschieht.

Danke, dass du mir dabei helfen möchtest - das habe ich durch dieses Forum erhofft! :)

Ich bleib dran

Bis dann

 

Hi @Hirschkäfer,

ab und zu komme ich zu gewissen Überzeugungen, die sich dann festsetzen und nicht mehr weggehen. Eine betrifft das Passiv:

Sein Gesicht wurde vom einzigen Spielautomaten in der Kneipe angeblinkt,
Das Passiv dient dazu, eine Handlung auszudrücken, ohne dass das Subjekt genannt wird: Sein Gesicht wurde angeblinkt. Wenn im Passivsatz der Akteur trotzdem genannt wird, ist das so gut wie immer ein Stilfehler, denn dann drückst du etwas umständlich aus, was du auch direkt sagen könntest.
Aber auch wenn man es richtig findet (weil es ja nicht grammatikalisch falsch ist), wirkt es nicht besonders gut. Der Spielautomat blinkte sein Gesicht an bringt viel weniger Distanz. Das klingt allerdings ein bisschen kernig, das will man nicht immer. Aber es gibt ja unendlich viele weitere Möglichkeiten, z.B. nur leicht variiert Das Licht des Spielautomaten blinkte sein Gesicht an oder auch sein Gesicht blinkte im Licht des Spielautomaten.

Eine andere Überzeugung ist, dass das Partizip aktiv immer dann als erschummelte Abkürzung durchschaut wird, wenn es sich nicht wirklich unmittelbar auf die Handlung, die es begleiten soll, bezieht. Also z.B. hier:

Einklappend schwang der Schirm zu Boden und wurde von einer Frau mittleren Alters in den Ständer gelegt.

Klappernd schwang der Schirm zu Boden würde ich akzeptieren. "Einklappend" nicht, weil es streng genommen keine nährere Beschreibung des Schwingens ist. Das Schwingen kann mit der Eingenschaft zu klappern näher beschreiben werden (wenn das Klappern durch das Schwingen entsteht), nicht aber durch die Eigenschaft, einzuklappen. Der Satz im Hintergrund ist: Der Schirm klappte ein und schwang zu Boden. Das ist dir zu lang, oder du willst das "und" vermeiden, weil du Wortwiederholungen fürchtest, oder du willst einfach variieren, damit nicht alle Sätze gleich klingen. An sich verständlich, klappt aber so nicht, weil die Motivation für die Formulierung äußerlich ist und das eben (mehr oder weniger bewusst) sofort durchschaut wird.
(Dass der zitierte Satz noch mal eine Passivkontruktion mit indirekt bezeichnetem Handlungssubjekt enthält, ist Zufall, würde ich aber als Bestätigung meiner ersten These lesen wollen, denn das klingt auch hier blöd. :schiel:)

Und wenn ich schon dabei bin, lass ich mal noch die dritte allgemeine Überlegung vom Stapel:

„Naja, kennen tun wa' uns nich' wirklich“
Solche Versuche, die gesprochene Sprache abzubilden, können sehr gut gelingen, können aber auch eine Fessel sein, aus der man sich nicht mehr leicht befreien kann. Warum sagt der jetzt plötzlich "wa", aber nicht z.B. "ick"? (oder gar " 'ck"?) Eigentlich wäre dann auch: "kenn'n" Pflicht und ganz sicher "erinner ich mich", vielleicht auch "wart'er" statt "wart ihr" (oder gar "ward'er"? "Warder"?? "Warda"???). Anders gesagt: Wo soll man aufhören, wenn man einmal anfängt? Nun gibt es zum Glück Elemente mundartlicher oder umgangssprachlicher Rede, die als besonders charakteristisch wahrgenommen werden und die man gezielt einsetzen kann, während man aber nicht alles lautgetreu umformt. Als Leser ergänzt man sich den Rest, so dass ein stimmiger Charakter entsteht. Jetzt kann ich dir natürlich nicht sagen, welche Elemente das in dem Fall sind, weil ich ja erstens nicht genau weiß, welchen Dialekt oder Schnodderjargon du abbilden willst und weil ich zweitens, selbst wenn ich das wüsste, nicht die Lösung hätte. Es ist halt eine schwierige Aufgabe, muss man wohl einfach versuchen (oder halt lassen).
Teils unabhängig von dieser Problematik wirkt das Präteritum hier befremdlich. Das ist in gesprochener Rede selten, hier aber besonders auffällig, weil die Dialektandeutung mit der gesteigerten Schriftsprachlichkeit kontrastiert. Kann gewollt sein, aber dann müsstest du es auch durchziehen.

Du schreibst ja, dass diese Geschichte gerade keine Priorität bei dir hat, da belasse ich es mal bei solchen allgemeinen Weisheiten :teach:.

Nur zwei Sätze noch:
Ich fand die Atmosphäre gar nicht so schlecht gezeichnet, das kann schon was werden, wenn die freidrehenden Schnörkel (s. vorangehende Kommentare) weg sind.
Der Idee des dreifachen zufälligen Wiedersehens kann ich was abgewinnen, in der Form ist es mir aber noch zu einfach, irgendwie zu platt.


Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

Du schreibst ja, dass diese Geschichte gerade keine Priorität bei dir hat, da belasse ich es mal bei solchen allgemeinen Weisheiten
Das ist richtig und hat sich nicht geändert. Ich bin derzeit in der Phase, mit welcher Art von Lektüre ich mich am wohlsten fühle und eine Leidenschaft spüre. Das kristallisiert sich derzeit raus, ist allerdings das komplette Gegenteil dieser Art von Geschichte. Ich mags skurril und fantasievoll!

Dennoch sehe ich deine Anmerkungen als sehr wertvoll an, da ich sie trotzdem in anderen Geschichten gut anwenden kann. Besonders der Punkt mit der Sprache in den Dialogen, dass es einen Faden haben sollte und nicht willkürlich Stile reingeworfen. Das hilft eine Menge!
Ich sauge es auf, wie ein Rüsselkäfer hehe.

Eins hat die Geschichte auf jeden Fall gut. Sie hat viel Kritik abbekommen, was ich toll fand. Jede Kritik die hier genannt wurde, konnte ich wunderbar aufnehmen. Allgemeine Tipps sind super! Und da macht dein Kommentar keine Ausnahme. Da möchte ich dir danken @erdbeerschorsch ! :)

Ich bleib dran

Bis dann

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom