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Der Troll

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10.04.2013
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Der Troll

Der Troll

"Genug!", schrie der Troll.
Ich ließ meinen Prügel sinken. "Wirklich? Wirklich genug, Troll?"
Der Troll japste, rang nach Atem und nickte wild.
"Du weißt, Troll, es sollte keine Strafe sein. Du weißt das, ja?"
Der Troll hatte sich etwas beruhigt und setzte sich auf einen Baumstumpf. "Ja, ja ...", murmelte er halblaut: "Keine Strafe sein, keine Strafe sein ..."
So, wie er da nun hockte, in sich zusammengesunken, sein lichtes Fell da und da von orangem Trollblut verklebt, die glubschigen, nässenden Augen dem Waldboden zugewandt, dieser stumpfe, jämmerliche, trostlose Blick ..., - was war hier noch zu tun?
Der Prügel hatte sein Werk vollbracht. Ich hatte kein Mitgefühl für ihn, kein Hass bebte in mir, weiter auf ihn einzudreschen und hatte es nie getan und keine Liebe, die meiner Hand befehlen wollte, dem Zerschundenen sanft und zärtlich den Kopf zu tätscheln, keine Not, die mich herrschen ließ:

Troll, die Welt ist eine böse nicht, und deine Wunden sind des Heilenden süßester Traum. Steh auf! Und schaue empor, dort, wo das Licht der Sonne sich in den Wipfeln der Tannen bricht. Es tut es dafür, dass du es erschaust. Nur dafür, Troll! Nur für dich, du lächerlicher Wicht!

Ich warf ihn weg, meinen Prügel, der eigentlich nur ein starker Zweig war, solcher Art, wie man ihn im Walde zu Abertausenden findet; jener hilft ein Lagerfeuer zu entzünden, dieser endet im Horst des Adlers, aus manchem gerät ein Prügel, gerade stark genug, einenTroll damit blutig zu schlagen. Ein Feldstein kann ein Feuer umfrieden, doch kann er auch den erschlagen, der sich daran wärmt.
Der Troll hatte sich unterdessen besonnen, schickte sich an mit seiner überaus langen, von raspelnden Knorpeln bedeckten, weißlich-grauen Zunge die Wunden und Striemen zu lecken, eine Instinkthandlung, die seine Aufmerksamkeit Anderem gegenüber zur Gänze verschlang, und mir schien, als wäre ich hier nun entbehrlich, was jedoch die Wahrheit beugte, denn Entbehrlich-Sein bedingt eine heischende Eitelkeit, die hier gar nicht am Platze war.
Da ich ihn nicht mehr prügelte, kehrte ich zurück nurmehr ein unbedeutender Teil seiner Welt zu sein, ein starker Zweig auf feuchtem Moos, herzunehmen für dieses oder jenes oder nichts.

So verließ ich die Stätte meiner Begegnung mit diesem Troll, den Ort seiner Züchtigung. Mein Weg war nicht abzusehen, seit Alters her war dieses Land den Klauen des Schicksals entronnen, und denen, die hier wohnten und wandelten, leibten und lebten glänzten die Augen vor lauter Freimut!
Jeder Augenblick war ihnen eine Ausgeburt der Schöpfung aus dem Niedagewesenen, der Schrei eines Neugeborenen. Keiner Angst war hier der Raum zu eng, als dass es sie hierhin verschlüge.
Farnwedel streiften mich auf meinem Weg zum großen Teich, Waldbäche sahen mich über sie hinweg springen, Pilze zogen ihre Hüte ein - da erreichte ich das Ufer des in einer Senke ruhenden Gewässers, seine ganze Pracht schimmerte, schwarz und schweigend und schwer, einvernommen vom dunkelgrünen Ozean des Nadelwaldes. Die Sonne strahlte nun frei und ungehemmt auf meinen Leib, ich zog mich aus und sprang in das heilige Schwarz, das mich wie goldenes Öl umschloss, meine Bewegungen abzubilden schien, so, als wäre es ein Wesen, dieser Senke Erfüllung.
Ich tauchte, und tief und tiefer nahm es mich mit hinab ins Dunkel, gierig sog es mich ein, ich spürte diese sehnende Macht, an welcher jede Bestimmung, die sich näherzukommen erblödete, zerbrach, zerschmolz, zerstob und ihrerseits die Freiheit nährte, über die sie sich einst zu stülpen suchte, tauchte mit der ungestümen Kraft meines Leibes, und ich sah erstes fahles Licht, dann tanzendes Glitzern, da mich nur Augenblicke noch schieden ...

Da stieß ich hindurch!

 

Hallo 7miles,

Dein Text bereitet mir Schwierigkeiten. Wenn ein Autor die Strukturierung einer Geschichte verpatzt, zu viel oder zu wenig schreibt, dann kann man kommentieren und Empfehlungen aussprechen. Aber in diesem Fall scheint mir das unmöglich, denn ich sehe keine Geschichte, keine sinnvoll miteinander verbundenen Ereignisse. Übersehe ich etwas? Enthält der Text eine tiefere Botschaft?

Ich schreibe mal nur ein paar Punkte, die mir wichtig erscheinen:

1) Sprache – Gegen Kunstsprache ist prinzipiell nichts einzuwenden, aber der hier verwendete Erzählton wirkt zu gewollt. Er ist steif und undurchsichtig. Statt zu klären und zu beleuchten, verdunkelt dieser Stil:

"Der Prügel hatte sein Werk vollbracht." "deine Wunden sind des Heilenden süßester Traum" "eine Instinkthandlung, die seine Aufmerksamkeit Anderem gegenüber zur Gänze verschlang" "was jedoch die Wahrheit beugte, denn Entbehrlich-Sein bedingt eine heischende Eitelkeit, die hier gar nicht am Platze war" "Jeder Augenblick war ihnen eine Ausgeburt der Schöpfung aus dem Niedagewesenen"

Das sind alles Beispiele für eine aufgeblähte, unnatürliche Sprache. Eine der wichtigsten Ideen des Schreibens ist es, eine Sprache zu entwickeln die die Dinge klarer macht. Hüte dich vor obskuren Metaphern und dem aufgeblasenen Stil. Das geht fast immer daneben.

2) Sinnhaftigkeit – Was macht Deiner Ansicht nach diese Geschichte lesenswert? Was macht sie interessant oder spannend? In vielen Fällen ist es die Sinnhaftigkeit, die eine Geschichte attraktiv macht. Du hast den Sinn Deiner Geschichte verschleiert, falls es überhaupt einen gibt. Ich sehe jedenfalls keinen.

Dass man einen Ast zum Prügeln und zum Feuermachen verwenden kann, lässt sich zwar in verschiedener Hinsicht deuten, aber sonderlich weit führt das nicht. Was bleibt einem Leser Deiner Geschichte, wenn er keinen Sinn finden kann und die Sprache als unnatürlich empfindet? Nicht viel.

Fazit: Ich finde, diese Geschichte ist ein Fehlschlag in jeder Hinsicht. Aber ich finde sie trotzdem wichtig. Ein Autor sollte viele verschiedene Techniken ausprobieren. Fehlschläge bringen einen Autoren weiter.

Außerdem ist mein Urteil natürlich subjektiv. Die hier verwendeten Techniken funktionieren für mich nicht. Vielleicht funktionieren sie für andere Leser. Mal sehen, was noch kommt.

Gruß Achillus

 

Trolle

Hallo 7miles,
was hast du für schlechte Erfahrungen mit Trollen gemacht? Ist dies eine Anspielung auf den Begriff Wortkrieger? Trolle nennt man ja, wie du sicher weißt, diejenigen User im Internet, die durch unsachliche Argumente und Handlungen konstruktive Kommunikation in Communities oder Blocks oder wo auch immer stören, manchmal weil sie meinen, besonders originell zu sein, manchmal nur aus Streitlust und Wichtigtuerei. Also wird er zu Recht verprügelt.
Aber, aber, Gewaltanwendung propagieren gegen Kleinwüchsige? Möge dich die political correctness erleuchten!
Oder ist dein Troll einfach ein skandinavisches Fabelwesen, das schuldig geworden ist. Wessen? Da stehen wir Leser schon ratlos da und denken uns Untaten dieses Wichtels aus.
Misshandlung von Kindern war ja in diesem Jahr durchaus ein Thema? Ist das damit gemeint?

"Du weißt, Troll, es sollte keine Strafe sein. Du weißt das, ja?"
Scheinheiliges Getue eines Pädagogen, dessen Nerven sich durch Schlagen beruhigen lassen? Nein, keine Strafe, vielleicht sogar eine Hilfe? Wer seinen Sohn liebt, verprügelt ihn?

Und schaue empor, dort, wo das Licht der Sonne sich in den Wipfeln der Tannen bricht. Es tut es dafür, dass du es erschaust. Nur dafür, Troll! Nur für dich, du lächerlicher Wicht!
Ist das Ich ein strafender alttestamentarischer Gott, der seine Untertanen so lange prügelt, bis sie dankbar sind?
Und dann verschwindet er, weil er nun unwichtig geworden ist, wenigstens für den Troll?
Geht durch einen Urparadieswald, zieht sich aus – erinnert mich an die Nacktkultur von Locarno (Jugendstil?) – und taucht unter, wohin auch immer.
Da stieß ich hindurch!
Ich würde mal sagen, das ist der Durchstoß zum Unbewussten, in das Reich der Fantasie.
Aber, lieber 7miles: Gedanklich und sprachlich ist die Geschichte so verquollen, als hättest du das in der Adventszeit mit seiner emotionalen Überdosis geschrieben.
Die Sonne strahlte nun frei und ungehemmt auf meinen Leib, ich zog mich aus und sprang in das heilige Schwarz, das mich wie goldenes Öl umschloss, meine Bewegungen abzubilden schien, so, als wäre es ein Wesen, dieser Senke Erfüllung.
Bei ungehemmter Sonne muss er sich doch zuerst ausziehen? Was ist an dem Schwarz heilig? (Trakl, Hölderlin?) Das Schwarz bildet die Bewegung ab, wie das? Ist das Schwarz ein Wesen, das der Senke Erfüllung schenkt? Was ist die Erfüllung einer Senke?
Nein, das ist mit zu hoch oder zu tief.
Die Grundfragen

Was ist der Inhalt?
Ein Ich verprügelt aus unerfindlichen Gründen einen Troll, wer immer und warum immer das ist, und verschwindet, wohin auch immer.
Warum soll ein Leser das lesen?
Zum Rätselraten? Mystische Geschichten sind gut zum Meditieren. Aber hier? Ich finde keinen Anhaltspunkt zum Verstehen der Geschichte.
Welche Wirkung hat sie auf den Leser?
Die Sprache ist jenseits der Verständlichkeit, und ich habe den Eindruck, das sie aufgeplustert wird (Satire?) und vor Wichtigkeit strotzt.
Wer spricht?
Weiß ich nicht. Es ist ein mystisches Geraune von XYZ. Voller Bedeutung kommen Wörter daher „tanzendes Glitzern, Pilze ziehen ihre Hüte ein (man nimmt Hüte ab, Fühler zieht man ein), heischende Eitelkeit, war dieses Land den Klauen des Schicksals entronnen.
Alle so voller Bedeutung, dass man sie als kitschig bezeichnen möchte.
Ich hoffe, dass du mir meine Unfähigkeit durch viele Aha-Effekte austreibst, wenn du antwortest.
Da stieß ich nicht hindurch.

Herzlichst
Wilhelm Berliner

 

Hallo Achillus, hallo Wilhelm,

- vielen Dank!

Je, da ihr beiden ja so in das selbe Horn blast, ist es vllt keine üble Idee, auf eure Kommentare in one zu erwidern und ich möchte bereits demütig vorausschicken, dass ich vemutlich auch kein Euch zufriedenstellendes Licht ins aufgequollene Dunkel werde leuchten lassen können. Ich bin da eher der Troll, als das vermeindlich biblische "Ich" im Text. Nicht auszuschliessen, dass das Werk an sich auch lichtscheu ist, sich unter dem Barock versteckt, falls diese Bermerkung statthaft ist, wer weiß.
Nein Wilhelm, die moderne Bedeutung der Begrifflichkeit "Troll" ist hier beileibe nicht gemeint, und - unter uns - sie nervt mich persönlich weit mehr, als jeder dieser modernen Plagen es zu tun imstande wär.

Es möchte sich also um einen wahren Troll handeln.
Weswegen nun dieser Troll verprügelt wurde? Ja, wer weiß das schon? Von Bedeutung könnte in diesem Zusammenhang sein, dass der Text die Verprügelung des Trolls hernimmt, um die Grundlosigkeit einer Tat in gebührender Penetranz herauszustellen. Eine Kausalität zu den dann folgenden Ereignissen (wobei der Plural hier schon gewagt erscheint) ist nicht gegeben, der Protagonist hätte also auch gleich in den schwülstig-öligen See machen können. Ich kokettiere damit nicht, ich versuche gerade nur meinen eigenen Text zu verstehen.
Das ist natürlich schon seltsam, weshalb soll ich den als Autor so einen Text schreiben?

"Und warum soll ein Leser das lesen?" (W.B.)
"Was macht deiner Ansicht nach diese Geschichte lesenswert?" (A.)

Eine Geschichte, deren verhüllte Unsinnhaftigkeit zu allem Überfluß auch noch in der Senke versenkt wird? Ihr ahnt schon, dass hier kein Rätsel gelöst werden kann. Ich kann und möchte aber gern noch ein paar Hinweise geben, und du Wilhelm hast, wenngleich für dich gänzlich unbefriedigend, bereits einen Wink dazu geschrieben, nämlich, dass diese Geschichte (wie vllt auch so manch andere, die ich hier veröffentlicht habe), mit einem Mindestmaß an das Lesen sonst begleitenden Voraussetungen - meditativ - rezipiert - werden sollte, also möglicht unvoreingenommen. Die Frage, Achillus, nach der Sinnhaftigkeit wird oft im Kontext gestellt und beleuchtet und kann genau so wie die Geschichte selber das Verhüllen, was ihre Wertigkeit ausmacht. Das dies dann aber auch nicht garantiert, einer solchen Geschichte etwas abgewinnen zu können, steht außer jeder Frage. Fest steht jedoch, das eine solche Herangehensweise den Umständen ihrer Entstehung entspräche.
Es existiert noch ein kleines Leitmotiv in diesem Text, das mit seinem Geist korrespondiert, nämlich die Negierung dessen, was man als Schicksal benennt, es wird - ich nähme dies als Schlüsselsatz - geschrieben:

Mein Weg war nicht abzusehen, seit Alters her war dieses Land den Klauen des Schicksals entronnen, und denen, die hier wohnten und wandelten, leibten und lebten glänzten die Augen vor lauter Freimut!
bzw.
(...)an welcher jede Bestimmung, die sich näherzukommen erblödete, zerbrach, zerschmolz, zerstob und ihrerseits die Freiheit nährte, über die sie sich einst zu stülpen suchte,(...)

Das Nichtvorhandensein der Bestimmung wird als Befreiung erfahren, der Teich im Wald scheint die Erfüllung dieses Traumes zu symbolisieren.
Die ironische Komponente, Wilhelm, die du hier, wohl auch angesichts anderer meiner Texte, argwöhnst, ist diesmal recht verborgen (am deutlichsten vllt noch im kursiven Geraune). Interessanterweise erleichtert diese stilistische Dreingabe offensichtlich das, mon deux, ertragen solcher Text... Ich bin so gesehen noch immer nicht ganz sicher, wie ich dieses Mittel einsetzen möchte. Es scheint mir nur als natürliches Vorkommen akzeptabel, nicht als blosses Gewürz. Dass, Wilhelm, die Sonne nicht ungehemmt auf einen Bekleideten einstrahlen kann, ist völlig richtig und wird korregiert. Die Pilze müssen jedoch biologisch unkorrekt ihre Hüte weiterhin einziehen, da das Ziehen derselben hier einen falschen Eindruck vermittelte (sie erschrecken ja angesichts der beginnenden Senken-Euphorie des Protagonisten ).
Achillus, ein "Fehlschlag in jeder Hinsicht" ist es für dich (als Leser), und, wie du im Grunde auch schreibst, nicht für mich. Für mich ist es ein Schritt, eine derzeit notwendige Etappe in der Schreibsal, notwendig, aber nicht hinreichend, wie der Mathematiker spricht. Die Senke ist nämlich allzu real.
Danke nochmals Euch beiden
7miles

 

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