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Der Traum von Angst : Ich und die Krähe

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24.09.2000
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Der Traum von Angst : Ich und die Krähe

Es war des Nachts als ich das Land betrat. Es war weit und breit und grau und leer, und es soll nicht verschwiegen bleiben, ich fürchtete mich sehr. Ich hatte Angst in dieser Leere mich selbst zu verlieren, ich wollte rennen und laufen und eilen und hetzen, doch jedes Mal wenn ich einen Schritt nach vorne tat, war es so, als hole mich der Ort, von dem ich weggelaufen zu sein glaubte, wieder ein. Es war die Angst, die mich in den Wahn trieb, obwohl ich keinen Schritt weitergekommen war.

Ich schrie und schrie und schrie und hörte nicht auf zu schreien.

Und als ich glaubte, niemand könnte mein Schreien vernehmen, sah ich, ich war nicht allein. Dort am Horizont - hätte es einen gegeben - sah ich einen schwarzen Vogel am Himmel schweben. Und als ich aufhörte zu rufen, fing der Vogel an zu krähen. Zuerst dachte ich, er würde flehen, flehen wie ich. Doch dieses Kreischen ging mir durch Mark und Bein. Es war mir so, als stoße der Vogel seine Rufe in meine Knochen, um mich von innen zu zerstören. Es war gar nichts zu hören, außer dem Kreischen der Krähe. Es war die Angst, gekommen um mich zu holen.

Ich hob zuerst mein linkes Bein um zu fliehen, doch dann kam mir der Gedanke, sich nicht zurückzuziehen. Viele Male war ich schon weggegangen,. weggerannt, weggelaufen, weggestolpert, weggehetzt und weggestürzt. Ich wusste nun, es war die Zeit gekommen, mich meiner Angst zu stellen. Ihr ins Gesicht zu lachen, und auch wenn die Krähe mich tötete, so hatte ich zumindest die letzte Gewissheit, einmal nicht geflohen zu sein.

Und so setzte ich mein Bein wieder auf den Boden, stand im breiten Schritt da, und versuchte, so gut es ging, nicht auf das Kreischen der Krähe einzugehen.

Ich stand da und wartete. Wartete bis die Krähe mich einholte, bis die Angst mich gefasst hat. Doch so wie ich wartete, schien auch die Krähe, hoch droben in der Luft zu warten. Sie stand da, auch wenn es unmöglich war in der Luft zu stehen, sie schwebte in der Luft und krächzte ihr furchtbares Krähen.

Und plötzlich spürte ich keine Angst mehr, war befreit von all der Furcht. Was hätte es auch gebracht? Ich hatte mich entschieden zu bleiben und selbst anzugreifen, auf das, dass mein Stellen gegen die Angst Erfolg tragen würde.

Ich war gespannt und rührte mich nicht, ich dachte es würde nichts passieren.

Und dann setzte sich die Krähe in Bewegung. Sie kreiste über meinen Kopf, sie wollte mich vertreiben. Doch ich blieb stehen wie ein Mann. Ich war der Stärkere von uns beiden. Der Vogel sah weder ein noch aus, und schließlich blieb ihm nichts anderes über, als im Sturzflug auf mich vom Himmel zu fallen. Und als der Vogel ganz nah war, tat ich einen Schritt zurück und schlug ihm mit der Faust gegen den Schnabel.

Es tat sehr weh, Schmerz erfüllte meinen Verstand. Doch bevor ich ihn verlor, hob ich meine Hand und schrie dem Vogel, er soll sich nicht zieren. Er solle kommen um zu verlieren.
Der Vogel, wütender als zuvor, schrie lauter und lauter und lauter, doch Angst hatte ich keine mehr.

Der Vogel versuchte es noch einmal, flog rasant auf mich zu. Doch er war benommener vor Schmerz als ich. Und darum war ich überlegen. Ich schlug ihm diesmal statt auf den Schnabel auf den Schädel und er fiel auf die Erde. Ohne zu zögern trat ich auf ihn. Mit beiden Füßen und stapfte und stieg und sprang. Ich hörte Knochen brechen und noch ein letztes Flehen. Die Angst war vergangen, der Vogel war tot. Ich hatte gewonnen. Ich hatte gesiegt. Ich war der Gewinner. Ich habe mein Leben gerettet und die Krähe ermordet. Ich hatte einen Vogel umgebracht. Er lebte nicht mehr. Er war vergangen...

Und als ich mich wandte um zu gehen, mit einem Lächeln, das mir verging; da wurde mir klar, dass die Krähe nicht meine, sondern ich ihre Angst war.

 

Passt wohl nicht unter Philosophisches, oder? Sonst würds ja einer lesen. Vielleicht sollte man sie unter Seltsam posten, dass wir hier keinen Platz verschwenden...

 

Hey, ich lese. Hab nur nicht immer zeit auch kritiken dazu zu schreiben :-(
Aber heut versuch ich’s mal.

Es war weit und breit und grau und leer, ....
..., ich wollte rennen und laufen und eilen und hetzen, ...

mmh, schon mal was von zeichensetzung gehört? *g* im ernst: ich weis, was du damit erreichen wolltest (denn bei mir hast du es erreicht), aber die meisten leser werden es wohl eher als störend empfinden. Eine solche „schreibwahl“ lohnt sich also nur, wenn der allgemeine leser sie auch versteht und sie trotzdem gut zu lesen ist.

Dort am Horizont - hätte es einen gegeben - sah ich einen schwarzen Vogel am Himmel schweben. Und als ich aufhörte zu rufen, fing der Vogel an zu krähen.

na, auch ein fan von „The Crow“ *lol*?

Ich hob zuerst mein linkes Bein um zu fliehen,...

warum zuerst das linke bein? Wenn es später noch relevant gewesen wäre, hätte es sinn gemacht, aber so ist es schlichtweg überflüssig und hält die story unnötig auf.

Ich schlug ihm diesmal statt auf den Schnabel auf den Schädel und er fiel auf die Erde. Ohne zu zögern trat ich auf ihn. Mit beiden Füßen und stapfte und stieg und sprang. Ich hörte Knochen brechen und noch ein letztes Flehen.

heftig, heftig! Aber ein gutes bild, worauf ich später noch eingehen werde.

Und als ich mich wandte um zu gehen, mit einem Lächeln, das mir verging; da wurde mir klar, dass die Krähe nicht meine, sondern ich ihre Angst war.

ok, jetzt wird’s interessant. Ich weis nämlich nich, was du damit meinst. Wenn es das ist, was ich denke, ist es zu einseitig. Denn: wenn es so ist, das die krähe nicht die personifizierte angst des hauptcharakters ist, sondern er die personifizierte angst der krähe, ist es wie gesagt zu einseitig. Das eine schließt doch das andere nicht aus, oder?


hab ich gesagt, das ich auf ein bestimmtes bild eingehen werde? Das stimmt nich ganz *g*.

alles in allem ist es eine relativ gut gelungene story darüber das man seiner angst ins gesicht lachen (oder wie hier auch schlagen) muss, um sie zu besiegen und zu töten. Ich finds schön, aber obs der „normale“ leser auch so sieht, ist fraglich.

So, das wars erst mal!

The Angellus

 

hallo Peter Hrubi,

die Geschichte hat etwas Traumhaftes. Die Situation, die beschrieben wird, ist eine typische Traumsituation. Nicht verarbeitete Gefühle, Alltagsreste, werden in eine bildhafte Handlung gebracht. Wie in einem Alptraum fühlst du dich von der Krähe verfolgt. Auch das Schreien ist typisch für den Alptraum.

Entscheidend nun aber ist der Entschluss, sich der Situation zu stellen, das Bein zu heben. Manche Sätze in deinem Text sind vielleicht zu offensichtliche Interpretationshilfe für den Leser. Zum Beispiel: "Sie war die Angst personifiziert in einem Vogel". Ich würde die Bilder selber wirken lassen.

Wenn man den Schluss gelesen hat, die gedankliche Pointe, muss man den Text noch einmal überdenken. Da wird aus dem Angreifer ein Opfer. Der Vogel ist nicht nur mehr bedrohliche Metapher, sondern selbst ein Wesen, das Angst hat. Damit bekommt die ganze Handlung, das Schreien, die Verfolgung, einen ganz anderen Sinn. Es würde heißen, dass der Angstschrei vom Anfang dem andern Angst macht. Aber, warum dann das Rennen und Laufen? Immerhin wird der Mensch doch vom Vogel verfolgt, und nicht umgekehrt.

Die Pointe ist überraschend und treffsicher plaziert. Aber es ergeben sich Fragen, die man durch eigenes Denken nicht unbedingt lösen kann. Vielleicht ist das aber wiederum die Absicht des Autors.

Viele Grüße

Hans Werner

 

Liebe leserinnen und Leser!

Wie vielleicht schon bemerkt, reimen sich manche Teile der geschichte. Das ist kein zufall. Zum einen bekommt sie einen ganz eigenen, besonderen Geschmack, zum anderen ruht das daher, dass sie ursprünglich ein Gedicht war.

Doch ich dachte mir, da ich kein Dichter bin, würde es mir vielleicht besser gelingen eine Kurzgeschichte daraus zu machen.

Sie ist schon als Geschicte nicht ganz und klar zu verstehen, was aber nichts Negatives ist, sondern eine Gewisse Herausforderung an den Leser darstellen soll.

Nur soviel: Es könnte darum gehen, dass man sich selbst viel zu wcihtig nimmt, immer von den eigenen Herausforderungen und den eigenen Zielen und der eigenen Sicherheit, wobei man oft die Sicherheit der anderen Vergisst.

So, das wars, noch viel Spaß beim Lesen, euer Schreiber, Peter Hrubi

 

Lieber Peter!

Heute war ich wieder mal grund´ln in den Tiefen von kg.de, dabei habe ich diese Geschichte von Dir herausgefischt....

Schade eigentlich, daß sie so wenig gelesen - oder zumindest kommentiert - wurde. Denn sie ist wirklich gut. Trotzdem sieht man, daß Du seither einiges dazugelernt hast, wenn man Deine neueren Geschichten kennt. Heute würdest Du sie vermutlich noch besser schreiben, was Dir vielleicht ein Ansporn sein könnte, sie jetzt doch noch mal zu überarbeiten?

Besonders möchte ich auch auf den Ausdruck "Ich hob zuerst mein linkes Bein..." aufmerksam machen. Für mich wirkte er sehr komisch. Ich stelle mir dabei Deinen Protagonisten wie einen Hund vor, der sein Bein hebt, ähm... Das ändert sich auch nicht, wenn links nicht drinnen steht.
Mein Vorschlag wäre "Ich setzte zum Schritt an...".

und weiter unten:

"Doch bevor ich ihn verlor, hob ich die Hand und schrie dem Vogel, er soll sich nicht zieren." - hier fehlt ein Wort nach Vogel, z.B. "...schrie dem Vogel entgegen,..."

Beim Lesen dachte ich schon in die richtige Richtung, wunderte mich jedoch über die Aggression dem Vogel gegenüber. Beim Schlußsatz war ich dann einigermaßen erleichtert...

Es gibt ja viele Menschen, die ihr ganzes Leben auf der Flucht sind, statt nur einmal genauer hinzuschauen...

Alles liebe
Susi

[ 01.07.2002, 04:46: Beitrag editiert von: Häferl ]

 

Hallo Peter Hrubi,

mir fehlt ein Hinweis darauf, warum der Erzähler plötzlich fähig ist, sich zu wehren.
Müßte es nicht "Es war Nacht, als..." lauten?
Obwohl die Krähe `Krähe` heißt, kräht eher ein Hahn.

Tschüß ... Woltochinon

 

Lieber Peter,

Häferl hat es schon so gesagt, wie ich es auch empfinde: du hast mittlerweile hier bessere Geschichten stehen, gemscheidiger formulierte Geschichten, hintersinnigere.
Aber das ändert nichts daran, dass man eigentlich an den sog. durchschnittlichen oder sogar schlechten Geschichten den meisten Lerneffekt hat.

Ich empfinde das gewählte Thema als unausgewogen und daran hat zunächst einmal die Schlichtheit des Gedankenganges Schuld, denn mir ist es zu einfach, als Lebensweisheit zu sagen, man solle sich seiner Angst stellen und der von dir fast als Pointe gewählte Schluß ist auch eher verwirrend, als aufhellend, denn damit haust du fast das wieder an Aussagen um, was du zuvor aufgebaut hast.
Das Thema ist vielschichtiger. Der Konflikt in dem man steht fehlt mir, nämlich der Konflikt, sich zu beantworten, weshalb man wie dein Protagonist stehenbleiben und sich stellen soll, statt zu gehen oder von mir aus auch zu fliehen.
Wieso? Flucht ist allemal das bequemere Mittel.

Diese Entscheidungsfindung deines Protagonisten lieferst du nicht, du setzt sie als gegeben voraus. Deswegen ist die Geschichte ein wenig blutleer und wirkt sehr schlicht.
Die Angst ist mir ein wenig zu plötzlich besiegt, der Widerstreit der Gedanken im Kopf ist mir zu wenig dargestellt. Dieser Kampf, den man im Kopf, in deiner Geschichte ja mit der Krähe ausficht, der fehlt, es fehlen gänzlich die Zweifel, die sich zwischendrin einstellen, die Zweifel, ob nicht doch wieder die Angst zuschlagen kann, das Mißtrauen in die eigene Stärke fehlt.
Man gewinnt ein wenig den Eindruck, dass dein Protagonist mit seinem Entschluß stehen zu bleiben bereits ein garantierter Sieger sein wird.
Mir ist das zu schlicht dargestellt.

Daran wirken aber auch die von dir verwendeten Stilmittel mit. Diese Wiederholungen machen das, was du rüberbringen willst, nicht dichter, eher umständlicher. Ich würde alle Wiederholungen zusammenkürzen und jeweils das prägnanteste Verb stehen und den Rest verschwinden lassen.
Es wirkt insgesamt genommen alles etwas schroff, holperig, du hast für gewöhnlich mehr Eloquenz in deiner Ausdrucksweise, es wirkt sonst flüssiger.

Vielleicht liegt es daran, dass du weder dem Protagonisten noch der Krähe einen emotionalen Background gegeben hast, sie wirken hölzern, so als interessierten sie dich eigentlich gar nicht so sehr.

Ich hoffe, lieber Peter, du kannst nachträglich mit meinen kritischen Bemerkungen noch etwas anfangen und verstehst sie nicht als Totalverriss.

Liebe Grüße elvira

 

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