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Der Traum - Auszug aus Erwachen

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07.01.2002
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Der Traum - Auszug aus Erwachen

Der Traum
Auszug aus Erwachen

Es ist ein wunderschöner Tag. Die Sonne steht hoch am Himmel und eine leichte Brise weht durch seine kurzen, braunen Haare. Hier und da wird das strahlende blau des Himmels durch kleine Wolkenfetzen unterbrochen. Gemütlich schreitet er auf einem Pfad dahin, der sich zwischen herrlich duftenden, gelben Feldern und grünen Hügeln bis in die Unendlichkeit erstreckt. Auf den Feldern tummeln sich tausende und abertausende von bunten Schmetterlinge und anderen Insekten. Ein melancholisches und unendlich warmes Gefühl breitet sich in ihm aus. Hier würde er am liebsten die Ewigkeit verbringen. Und doch...
Irgendetwas stimmt nicht. Es ist zu perfekt. Er kann es fühlen. Das Licht ist zu hell. Die Gerüche zu intensiv. In seinen Augenwinkeln beginnt sich die Welt um ihn herum zu verändern. Sie scheint sich aufzulösen, zu zerfließen, sich zu verzerren. Jedoch... sobald er genauer hinsieht, ist wieder alles wie vorher.
Er geht weiter, getrieben von einer Macht vor ihm, die er nicht beschreiben oder in einen Gedanken pressen kann. In der Ferne kann er etwas erkennen. Zuerst noch undeutlich. Es sieht wie ein Strich aus, der in dieses abstrakte Gemälde der Wirklichkeit, in dem er sich befindet, hineingemalt wurde. Auch der Strich scheint endlos in den Himmel empor zu steigen.
Als er sich dem Strich nähert, erkennt er, dass die Welt um ihn herum wirklich ein abstraktes Bild sein muss: Der Strich ist ein kleiner Bach, etwa einen Meter breit, der Senkrecht nach oben in den Himmel fließt. Er kann einige Fische darin erkennen. Bei diesem Anblick wird ihm ganz schwindelig und schlecht. Zu seinen Füßen fließt der Bach am Boden weiter in ein Feld und verschwindet im nichts.
Da war es wieder: Dieses kurze zerfließen der Welt in seinen Augenwinkeln. Wie kurzes aufleuchten eines Blitzes bei rabenschwarzer Nacht, der die Umgebung erhellt und so die schrecklichen Kreaturen die sich im Schutz der Dunkelheit verstecken, preisgibt.
Er blickt hinter sich. Auf dem Pfad sind seine Fußspuren zu erkennen, obwohl er selbst eigentlich nicht sehr schwer ist und er auf einem Steinpfad wandelt. Und plötzlich passiert es... seine Fußspuren, erst schemenhafte Abdrücke seiner selbst, werden immer deutlicher, fast schwarz und von ihnen breitet sich eine gleichmäßige Welle des Todes aus. Sie verschlingt alles, den Stein, das Gras, das Wasser, die Luft... das Leben. Und was es dafür hervorbringt ist für ihn wie ein Schlag ins Gesicht: Es ist die grausame Wirklichkeit, hinter der schönen Fassade, die Maske fällt und hervor kommt die schreckliche Fratze des Wahnsinns. Er kann nicht beschreiben was er sieht, was er fühlt. Seine Gedanken laufen Amok. Er greift sich an den Kopf und fällt schreiend um und...
...fühlt plötzlich nichts mehr. Er öffnet die Augen. Vor ihm steht ein Kind und sieht auf ihn herab direkt in seine Augen. Er richtet sich auf. Das Kind dreht sich um und läuft weg, bevor er etwas sagen kann. Es schreit etwas, es hört sich Englisch an, jedoch mit einem sehr alten Dialekt. Er sieht sich um. Er steht in mitten eines kleinen Dorfes. Hier und da stehen ein paar Häuser, die sehr alt wirken. Einige davon sind schon ziemlich verfallen. Anzeichen einer modernen Zivilisation kann er nicht erkennen.
Er steht auf, torkelt noch ein wenig wie ein Betrunkener. Langsam geht er die dreckige und von Schlaglöchern übersäte Strasse entlang, die sich durch das kleine Dorf schlängelt. Vor ihm überqueren ein paar Ratten die Strasse und verschwinden wieder in einem Müllberg. Weiter vorne kann er eine Menschenmenge entdecken, die sich vor einem Haus versammelt hat. Keiner nimmt von ihm Notiz. Er nähert sich ihnen. Alle reden hektisch durcheinander. Er versteht fast kein Wort.
Irgendwie ist er plötzlich im inneren des Hauses. Er steht vor einem Bett, auf dem eine schwangere Frau liegt, die schmerzen hat. Eine Amme ist an ihrer Seite. Sie wischt der Frau mit einem feuchten Tuch den Schweiß von der Stirn. Am Ende des Bettes steht eine Art Priester, der mit geschlossenen Augen vor sich hinmurmelt und ein Kreuz in der Hand hält. Von dem Kreuz tropft Blut.
Er wird zurückgedrängt, kann nicht mehr erkennen was vor sich geht. Die Menge, die sich immer weiter in das Haus quetscht, nimmt ihm die Sicht. Unter ihnen kann er zwei vermummte Personen ausmachen, die versuchen sich einen Weg durch die schon mittlerweile panischen Menschen zu bahnen. Von den Beiden geht eine ungeheure Kraft aus, die ihm schon fast körperlich weh tut, doch er spürt das diese Kraft gut ist, das sie das Leben ist. Was ist bloß los mit ihm? Was ist er?
Seine Gedanken werden von einem lauten Babygeschrei unterbrochen. Noch bevor die Mutter das Kind in die Arme nehmen kann, wird es von den beiden Fremden der Amme aus den Händen gerissen und sie stürzen Hals über Kopf aus dem Haus. Er sieht ihnen nach und...
...fühlt sich plötzlich klein und einsam. Es ist kalt. Es ist dunkel. Es ist hart. Er liegt auf einem unebenen Steinboden in einer feuchten Höhle. Das Licht der spärlichen Fackeln wirft gespenstische Schatten gegen die Wände. Er kann sich nicht bewegen. Ein dunkles, monotones Summen erfüllt die Höhle und wird von den Wänden zurückgeworfen. Tausend Stimmen gleichzeitig scheinen zu sprechen.
Er sieht an sich herab. Seine Füße, viel zu klein. Seine Beine, viel zu kurz. Er hört Schritte. Leises Schlurfen und Getrappel welches immer näher kommt.
Panik. Angst. Er will weglaufen, er kann nicht laufen. Er ist wie festgenagelt. In seinem Augenwinkeln kann er Gestalten erkennen. Schwarze Schemen, alle eingehüllt in Roben und Mänteln. Sie sind die Quelle des immer lauter werdenden Summens. Sie sind die Quelle seiner Angst und Panik. Sie bilden einen Kreis um ihn, fünf an der Zahl. Knien sich nieder, strecken ihre Hände zu ihm aus. Über ihm erscheint ein Gesicht. Er kann es nicht erkennen. Es hält etwas in der Hand, auch das kann er nicht erkennen. Er ist blind vor Angst. Das Summen schwillt zu einem Gesang an. Ein blaues Leuchten füllt die Höhle aus, durchdringt alles. Die Gestalt, welche über ihm gebeugt ist, wird von einer blauen Aura umgeben. Das Licht verbrennt ihn. Er beginnt zu schreien, doch der Schrei geht in dem Gesang der sechs Gestalten unter. Die Gestalt über ihm hebt seine Hände. Es ist ein Dolch, welchen sie in den Händen hält. Er erkennt es jetzt. Der Gesang ist unerträglich laut. Das Blau verschlingt alles. Die Arme der Gestalt bewegen sich. Der Dolch durchdringt seinen Brustkorb. Ein Schmerz. Unerträglich. Dann nichts mehr.

[ 11.07.2002, 13:57: Beitrag editiert von: Seppuku ]

 

Lieber Seppuku!

Du beginnst deine Geschichte sehr malerisch, die Lendschaft und die Gefühle, die du beschreibst, sind fesselnd und man fühlt sich sofort gefangen von deiner Geschichte. Doch dann stößt man plötzlich über ein zu sehr gemaltes Bild und man hat fast den Eindruck, du willst den Leser krampfhaft darauf stoßen, dass er sich in einem Bild oder eben einem Traum befindet.
Stellenweise ist es zu holprig und reißt einen aus dem schönen Beginn, der so flüssig zu lesen ist heraus. Vor allem an dieser Stelle beginnt das, was ich zu erklären versuche:

"Als er sich dem Strich nähert, erkennt er, dass die Welt um ihn herum wirklich ein abstraktes Bild sein muss: Der Strich ist ein kleiner Bach, etwa einen Meter breit, der Senkrecht nach oben in den Himmel fließt. Er kann einige Fische darin erkennen. Bei diesem Anblick wird ihm ganz schwindelig und schlecht...."

"seine Fußspuren, erst schemenhafte Abdrücke seiner selbst,..." das klingt, als hätte man es mit einem einzigen großen Fuß zu tun.

oder:
"Hier und da stehen ein paar Häuser, die sehr alt wirken. Einige davon sind schon ziemlich verfallen."
Warum nicht einfach:
"Hier und da stehen ein paar alte, verfallene Häuser."

Dieser Satz wirkt wie ein Schlag ins Leserauge:
"Anzeichen einer modernen Zivilisation kann er nicht erkennen."

"Am Ende des Bettes steht eine Art Priester,..."
Warum kann eine Art Priester nicht tatsächlich ein Priester sein? Es verwirrt einfach.

Ein paar Fehler sind mir auch aufgefallen:
das strahlende blau - Blau
im nichts - mE Nichts, (weil im=in dem Nichts)
Dieses kurze zerfließen - Zerfließen
im inneren - Inneren

...spürt, dass diese Kraft gut ist, dass sie das Leben ist...

wird es (von den beiden Fremden) der Amme aus den Händen gerissen.

Es tut mir Leid, dass ich dir gleich so viel an den Kopf werfe, aber du malst in MEINEM Kopf erst so schöne Bilder und dann stolpere ich.DIe IDee finde ich total gut!
Mach was draus! (Ein gerne verwendeter, ungern gelesener Satz hier auf kg!)

Liebe Grüße
Babs

 

Kon'nichi'wa Barbara-san!

Danke, danke für die Kritik :)
Freut mich echt das sie dir gefallen hat! So was spornt mich an.
>>Es tut mir Leid, dass ich dir gleich so viel an den Kopf werfe, aber du malst in MEINEM Kopf erst so schöne Bilder und dann stolpere ich<<
Ist das jetzt positiv oder negativ gemeint? *verwirrtsei* :)

Ich wollte es so schreiben, dass die Welt um ihn herum nur Fassade ist und sie in Wirklichkeit das Schreckliche dahinter verbirgt.

Werd schaun was ich daraus machen kann. Eigentlich ist es ein Auszug aus einer größeren Geschichte, aber die hab ich auf Eis gelegt und mir einer anderen zugewandt. Deswegen wollt ich diesen Teil hier posten, weil ich finde, der kann auch gut alleine stehen.

Sayonara
Oliver

[ 12.07.2002, 11:41: Beitrag editiert von: Seppuku ]

 

Kawasaki Seppuku!

Okay, tut mir Leid, wenn ich dich verwirrt habe, das wollt ich nicht. Also nochmal zu deinen schönen Bildern:

"Es ist ein wunderschöner Tag. Die Sonne steht hoch am Himmel und eine leichte Brise weht durch seine kurzen, braunen Haare. Hier und da wird das strahlende blau (Blau)des Himmels durch kleine Wolkenfetzen unterbrochen. Gemütlich schreitet er auf einem Pfad dahin, der sich zwischen herrlich duftenden, gelben Feldern und grünen Hügeln bis in die Unendlichkeit erstreckt. Auf den Feldern tummeln sich tausende und abertausende von bunten Schmetterlinge und anderen Insekten. Ein melancholisches und unendlich warmes Gefühl breitet sich in ihm aus. Hier würde er am liebsten die Ewigkeit verbringen. Und doch...
Irgendetwas stimmt nicht. Es ist zu perfekt. Er kann es fühlen. Das Licht ist zu hell. Die Gerüche zu intensiv. In seinen Augenwinkeln beginnt sich die Welt um ihn herum zu verändern. Sie scheint sich aufzulösen, zu zerfließen, sich zu verzerren. Jedoch... sobald er genauer hinsieht, ist wieder alles wie vorher.
Er geht weiter, getrieben von einer Macht vor ihm, die er nicht beschreiben oder in einen Gedanken pressen kann. In der Ferne kann er etwas erkennen. Zuerst noch undeutlich."

Das war der Teil, der mich absolut gefesselt hat, der in mir das herrlichste Bild geschaffen hat. Doch dann wird es zu, wie soll ich sagen? Gepresst? Krampfhaft? Gezwungen?
Ich verstehe, was du im Weiteren sagen willst. Aber du beginnst einfach zu schildern und hörst auf zu "malen", wie du es dann aber doch wieder stellenweise wieder tust.

Hier zum Beispiel:
"Da war es wieder: Dieses kurze zerfließen (Zerfließen)der Welt in seinen Augenwinkeln. Wie kurzes aufleuchten (Aufleuchten) eines Blitzes bei rabenschwarzer Nacht, der die Umgebung erhellt und so die schrecklichen Kreaturen(,) die sich im Schutz der Dunkelheit verstecken, preisgibt." WOW! Ein sattes, kräftiges und doch schwarzes Bild, mit gefährlich glühenden Augen im Unterholz lässt du hier enstehen.

Auf der anderen Seite stößt du den Leser direkt mit der Nase auf etwas, von dem du unbedingt willst, dass er es so sieht wie du.

"Weiter vorne kann er eine Menschenmenge entdecken, die sich vor einem Haus versammelt hat."

oder:

"Irgendwie ist er plötzlich im inneren (Inneren) des Hauses. Er steht vor einem Bett, auf dem eine schwangere Frau liegt, die schmerzen (Schmerzen)hat. Eine Amme ist an ihrer Seite."

Diese Stellen klingen zu nüchtern, fast herzlos. Ich fühle mich dadurch nicht mehr in das Bild hineigezogen, eher weggestoßen. Das Gefühl, das mich zu Beginn deiner Geschichte gepackt hat, ist plötzlich weg.

Ich finde durchaus, dass diese Stelle, die du ausgewählt hast, alleine stehen kann. Den Rest davon kenn ich ja nicht. Aber lass den Leser irgendwie "dranbleiben" oder besser gesagt "drinbleiben" in deinem Bild. Du willst doch, dass es ein Bild ist, dann male, male, male (mit Worten)

Viel Glück dabei und misch die Farben ordentlich! Ich hoffe, ich hab dir jetzt ein wenig mehr geholfen!

Liebe Grüße
Babs

ähm...Yangtsekyang?

[ 12.07.2002, 12:07: Beitrag editiert von: Barbara ]

 

Ja, jetzt weiß ich was du meinst. Mir ist es irgendwie auch so ergangen, als ich mir die Geschichte durchgelesen hab - das ich ab der Mitte nicht mehr so schreibe wie am Anfang. Weiß auch nicht warum. Künstlerisches Tief, vielleicht ;)
>>ähm...Yangtsekyang?<< Wie...? Kann leider nur ein bisschen japanisch. Hab ich mir von Animes und Mangas angeeignet ^_^

 

Lieber Seppuku!

Also, was Yangtze Kiang (so ist es richtig, ich hab extra für dich im Lexikon nachgeschaut) bedeutet, kann ich dir schon sagen: EIn chinesischer Fluss, ich glaub sogar der längste Chinas. Und tröste, ich kann gar nicht Japanisch, aber meinen "großen Wörtschatz" kennst du ja jetzt.

Es freut mich, dass du meine Kritik verstanden hast. Ich war mir selbst nicht mehr so sicher, wie ich es erklären kann. Danke.

Liebe Grüße
Barbara

 

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