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Der Tod in Kirtorf (eine Werwolfgeschichte)

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15.07.2001
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Der Tod in Kirtorf (eine Werwolfgeschichte)

Der Tod in Kirtorf

Es war der 28. Oktober, als der Tod seinen Einzug in Kirtorf hielt.
Die Nacht hatte sich schon über das Dörflein gelegt, als sich Tom, der bei Freunden gewesen war, auf den Weg nach Hause machte. Im Licht der Straßenlampen bildete sein Atem feine Dampfwölkchen in der eisigen Oktoberkälte und der 17-Jährige ging etwas schneller. Eine Katze kreuzte seinen Weg, verschwand dann wieder im Dunkeln. Er trat aus dem Licht einer Lampe aus, sah sich hastig um. Dunkle Ecken, feinste Nischen in der Zeit, außerhalb des Begreifbaren.
Das war die Zeit, in der man sich an Filme erinnerte, an Filme, die man sich wünscht, nie gesehen zu haben.
Was lauerte dort? Wer atmete außer ihm hier, im Schatten, unentdeckt?
Wieder ins Licht. Dankbar blickte er nach oben, war geblendet. Ein Knacken, links von ihm.
Er zuckte zusammen. Er sah sich um, konnte jedoch nur einen Fleck sehen, eingebrannt durch die Laterne, in seine Netzhaut.
Wieder ein Geräusch. Wie Rascheln im Herbstlaub. Dort war jemand. Oder etwas? Tom ging schneller, wieder ins Dunkel, ins Licht. Vorbei an einer grünen, leeren Bierdose, die auf dem Boden lag.
Weiter in Schatten, blickte er um, konnte wieder sehen. Die Straße lag verlassen vor ihm. Nichts regte sich, kein Auto fuhr. Nur aus einem Fenster hörte er Stimmen, und ein Fernseher warf dort drinnen unheimliche, blaue Schatten an die Wand. Ein Knirschen ließ ihn wieder auf die Straße blicken. Der Anblick, der sich ihm bot, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Mit einem Male wurde sein Mund trocken, er spürte seine Beine nicht mehr, die Haare an seinem Arm richteten sich auf, knisterten.
Über die Dose gebeugt kauerte ein fleischgewordener Albtraum:
Ein Werwolf.
Das Tier war vielleicht 2,50 Meter groß und hatte schwarz-graues Fell, das strähnig an ihm herunter hing. Im Licht der Laterne glitzerten seine Augen trübe silbrig, seine Zähne, gewaltig wie die eines Löwen, blitzten weiß.
Das Ungeheuer bewegte sich nicht, glotzte den Jungen nur an.
Tom, immer noch gelähmt, versuchte sich aus seiner Starre zu befreien. Mit größter Anstrengung erlangte er die Kontrolle über seine Beine und drehte sich um. Er begann zu laufen, was sich das Monster zum Zeichen setzte, ihm zu folgen. Ein markerschütterndes Brüllen ließ den 17-Jährigen aufschreien.
30 Meter vor sich konnte er die Lichter des Marktplatzes sehen. Eine Autotür schlug zu, dort waren Leute. Dort war Hilfe. Er rannte schneller, vernahm das Peitschen von Krallen auf Asphalt. Der Wolf schloss auf, keuchte wütend, kam immer näher. 20 Meter noch. Er lief neben einer Mauer entlang. Wieder ein Brüllen, dass ihm in den Ohren dröhnte. Dann Ruhe. Lauschend blieb er stehen. Seine Nerven zum zerreisen gespannt, lauschte er in die Nacht. Nichts. Der Wind wirbelte Blätter um seine Beine. Stoßweise atmete er aus, ging einen Schritt weiter.
Wie eine Kanonenkugel traf ihn das Ungeheuer in den Rücken.
Er stürzte. Die Bestie versuchte, nach seinem Hals zu schnappen, heißer Atem und Geifer strömten aus seinem Maul. Ein letzter Schrei, dann senkte sich eine gnädige Ohnmacht über ihn.
Als er eine Stunde später auf einer Lichtung aufwachte, konnte er nicht einmal mehr schreien, als er sah, wie das Untier fressend in seinen Eingeweiden wühlte. Während er starb, fiel sein Blick auf den Mond. Er sah verändert aus. Irgendwie verändert. Dann verließ das Licht die Welt.

Die Leiche des 17-Jährigen entdeckten drei Tage später ein paar Kinder, die mit ihrem Hund im Wald unterwegs waren. Niemand konnte sich einen Reim aus dem merkwürdigen Zustand der Leiche machen und ein paar Tage herrschte Sorge und Angst in der Stadt. Doch wie das in kleinen Städten so ist, vergaßen die Leute schnell was geschehen war und das normale Leben hielt wieder Einzug.

Zwei Monate geschah nichts, bis dann, drei Tage vor Weihnachten, wieder ein Heulen die Stille zerriss. Die Leute sperrten ihre Türen ab und auch wenn man die Herkunft der Laute auf wilde Hunde schob, waren die Leute verängstigt. Die Alten begannen, Geschichten aus dem Krieg zu erzählen, wo es merkwürdige Todesfälle gegeben hatte. Viele Menschen waren obdachlos gewesen und mussten in den Wäldern nach Nahrung und Brennholz suchen. Einige seien nicht mehr zurückgekommen. Wenige von ihnen hatte man je gefunden, schlimm zugerichtet. Ein Werwolf sei es damals gewesen und einige munkelten, auch diese Weihnachten sei ein Ungeheuer da draußen.

Als an jenem Abend, drei Tage vor Weihnachten, der heftigste Schneefall der letzten 13 Jahre einsetzte, machte sich Julia auf den Weg zur Kirche, wo sie dem Pfarrer helfen sollte, die Weihnachtsfeierlichkeiten vorzubereiten. Es dämmerte schon und das dichte Schneetreiben schluckte viel Licht. Dieses Jahr waren nur wenige Häuser dekoriert, die Leute waren in diesem Jahr nicht recht in Festtagsstimmung gekommen. Auch sie wollte den Winter schnell hinter sich bringen und vergessen. Es war nicht lange her, da hatte sie einen guten Freund verloren, Tom hatte er geheißen. Eine merkwürdige Sache war das gewesen.
Sie überquerte die Hauptstraße und folgte ihr dann ein Stück am Supermarkt vorbei in Richtung Kirche. Durch einen Zaun bellte sie ein Hund an, sie wich erschrocken zurück. Dann lief sie die Treppe zur Kirche hinauf und betrat das ehrwürdige Gebäude. Wärme schlug ihr entgegen, weiches Licht. Sie trat ihre Schuhe auf dem Teppich ab und zog ihren Mantel aus. Wo war der Pfarrer? Sie ging die verwaisten Bankreihen entlang auf den Altar zu.
„Hallo?“ rief sie, erhielt jedoch keine Antwort. Vielleicht war er noch gar nicht da? Sie beschloss in die kleine Seitenkammer zu gehen, um dort Kaffe zu kochen.
Durch die Tür, die einen Spalt offen stand, sah sie eine Bewegung. „Hallo?“ fragte sie wieder, keine Antwort. Plötzlich fiel das Licht aus. Sie fuhr herum. Hörte ihren eigenen rasselnden Atem, ihr Hals wurde eng. Die Kirche lag verlassen vor ihr, nur erhellt durch die beiden Kerzen neben der Weihwasserschale. Langsam wurde ihr die Situation unheimlich. Wo war der Pfarrer? Hinter dem Altar war ein Schalter, mit dem sich die Kugelförmigen Lampen, die an langen Drahtseilen von der Decke hingen, anschalten ließen. Sollte das nicht funktionieren, würde sie nach hause gehen, soweit ging ihre christliche Nächstenliebe nicht, dass sie sich hier ins Dunkel gesetzt hätte. Sie tastete sich im Finsteren dorthin, doch bevor sie den Kippschalter erreichte, vernahm sie ein Geräusch. Ein Knurren, irgendwo neben ihr. Sie hielt den Atem an. Adrenalin durchflutete ihre Venen, jeder ihrer Muskeln spannte sich. Wie ein Tier lauschte sie. Etwas bewegte sich dort, kam auf sie zu. Sie wirbelte herum, fasste den Knopf und schlug ihn um. Im aufleuchtenden Licht sah sie einen Schatten auf sich zustürzen. Ein haariges Ungeheuer fiel sie an, riss sie zu Boden, raubte ihr durch sein Gewicht den Atem. Der des Monsters heiß an ihrem Gesicht, der Boden kalt unter ihr. Sie schlug nach ihm, riss händevoll Fell aus. Dann biss die Bestie zu, zerriss ihren Hals, tötete sie, während der Erlöser die Szene von seinem Kreuz aus beobachtete.

Diesmal dauerte es länger, bis die heißgeliebte Normalität wieder das Leben der Menschen in Kirtorf beherrschte.
Eine Untersuchung ergab, dass sich ein offensichtlich Geistesgestörter Zutritt zur Kirche verschafft und dort den Pfarrer und das Mädchen ermordet hatte. Auch den Tod des Jungen vor zwei Monaten erklärte man so.
Die Menschen im Dorf jedoch, hielten nichts von der offiziellen Erklärung. Der allgemeinen Auffassung zufolge hatte die Stadt ein ernsteres Problem als einen Psychopaten: einen Werwolf.
Bei Dämmerung war niemand mehr auf den Strassen zu sehen, und die Menschen redeten wenig miteinander, Angst legte sich wie ein feiner Schleier über die Häuser.
Bis jedoch etwas unternommen wurde, musste wiederum zwei Monate später ein weiterer Mord geschehen.

Das vierte Opfer war Anna, die nach einem längeren Besuch bei Freunden in die Dämmerung trat um zur Bushaltestelle zu gehen. Sie kam von außerhalb und das war die einzige Möglichkeit nach hause zu kommen. Es war immer noch recht kalt. Die Strassen lagen verlassen vor ihr, der Himmel wolkenfrei mit einzelnen Sternen. Es war ein netter Abend gewesen, mit Videofilmen und Snacks und umso trostloser kam ihr nun die Szenerie aus Dunkelheit, altem Herbstlaub und vereinzelten Schneeresten vor. Sie kam an einer Kreuzung vorbei, blickte in eine der Strassen. Dort hatte Tom gewohnt bis er ermordet wurde, genau wie Julia, beide waren gute Freunde von ihr gewesen. Sie ging weiter, vorbei an zwei Mehrfamilienhäusern, auf den Brunnen zu. Der Brunnen, direkt am Bach gelegen, sprudelte nicht, er war wohl abgestellt worden. Am grün gestrichenen Geländer der Brücke blieb sie stehen, um , die Hände auf den Metallrand gestützt, in den Bach zu sehen.
Dunkel floss das Wasser unter ihr entlang. Der Mond brach sich tausendfach in diesem Spiegel. Der Wind spielte mit den Zweigen der riesigen Linde über ihr.
Dann vernahm noch etwas anderes als das Rauschen der Blätter.
Ein Atmen, mehr ein Keuchen.
Sie sah nach oben und entdeckte einen Schatten im Geäst.
Etwas beobachtete sie.
Dann löste sich der Schatten, ohne ein Geräusch zu erzeugen, aus dem Baum und stürzte auf sie hernieder.
Der Aufprall geschah so schnell und mit solcher Wucht, dass sie über das Geländer geschleudert wurde und in die Tiefe stürzte.
Kaltes Wasser und Schmerz.
Sie blickte auf, doch sah nichts.
Versuchte aufzustehen, war wie gelähmt. Sie zog sich mit der einen Hand schluchzend aus dem Wasser, traute sich nicht zu schreien.
Ein schlurfendes Schmatzen ließ sie herumfahren.
Zu voller Größe aufgerichtet stand der Werwolf vor ihr.
Sie schrie, doch ihr Schrei ging in einem gewaltigen Brüllen unter, das unter der Brücke explodierte.
Das Monster sprang mit einem Satz zu ihr herüber.
Sie versuchte sich um zu drehen, als das Ungeheuer seine Zähne in ihre Seite schlug. Wieder schrie sie auf, schlug mit Händen hilflos in den Schlamm.
Flehte unerhört.
Dann wurde es still unter der Brücke, bis auf das gelegentliche Knacken von Knochen zwischen Zähnen.

Als ein Bauer die angeschwemmte Leiche am nächsten Tag fand, wurde eine Bürgersitzung einberufen. Fast alle Einwohner nahmen Teil und beschlossen den Untaten auf eigene Faust ein Ende zu bereiten. Bewaffnete Wachen wurden für die verschiedenen Bezirke der Stadt eingeteilt und ein Trupp sollte Jagt auf die Bestie machen.
Lange geschah nichts, bis eines Abends ein alter Mann auf dem Friedhof angeschossen wurde. Bevor er starb, behauptete er, er sei der Werwolf.
Er sei verflucht seit dem Tage, an dem ihm am Grab seiner Frau im Wald ein Werwolf begegnet sei. Dieser habe ihn zu dem gemacht, was er sei.
Eine Durchsuchung der Wohnung des Alten fand mehrere Gegenstände die den Opfern gehört hatten. Endlich galt der Fall als abgeschlossen, und mit dem Frühling zog auch wieder das Leben in Kirtorf ein. Dieses mal dauerte das Vergessen länger, doch es kam.
Einige Zeit später wurde das Grab des alten Mannes geschändet, der Grabstein umgestoßen und die Leiche entfernt. Sie wurde niemals wieder gefunden und auch konnte kein Schuldiger ermittelt werden.
Das Grab blieb leer.

 

Hallo Tom,

ein paar Fragen hätte ich da aber schon noch...

1) Woher wußte Tom, daß es sich um einen Werwolf handelte? Die Alten erzählen doch erst später ihre Geschichten...

2) Eine Untersuchung erst nach dem zweiten Vorfall? Das ist ja wohl ein Skandal!

Das Ende enttäuscht mich ein wenig, da du nicht erwähnst, um wen es sich da genau handelt, auch der ganze Vorfall auf dem Friedhof... och männo!

Und im vorletzten Satz muß es meiner Meinung nach heißen: "...und es konnte auch..." Denke ich zumindest :)

Aber es war keine Zeitverschwendung, deine Werwolf-Variante zu lesen!

In diesem Sinne: Machet jut!

Poncher

 

:( Na ja...Nicht gerade überwältigende Geschichte! Okay, es gibt huntertausend Werwolf-Geschichten, aber gerade DESHALB sollte man etwas ganz eigenes schaffen, eigene Ideen einbringen um den Leser in den Bann zu ziehen. Das ist dir zumindest bei mir in keinster Weise gelungen:

Werwolf kommt, tötet. Punkt. Werwolf kommt, tötet. Punkt.

Das war mir doch entschieden zu langweilig und monoton. Vielleicht wäre es besser, deine Geschichte wäre länger und du könntest eine Person einflechten, mit der man etwas mitfiebern kann? So wie du es beschreibst, sind alle Menschen einfach nur Futter.

Das sind mal wieder die typischen Klugscheissereien von mir...
:D

 

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