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Der Tod im Sand

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Anmerkungen zum Text

Eine ganz spezielle Liebesgeschichte
Szenendruck Projekt 'Felix' - Version b 07.09.2019 07:38

Der Tod im Sand

Meine Beine frieren im Boden fest. Keinen Schritt geh ich weiter. Da kannst du ziehen und zerren, soviel du willst.

»Mensch Kerrie, stell dich nicht so an!«

Willst du mir den Arm rausreißen? Glaubst du, ich bin freiwillig stehen geblieben? Was soll ich dir antworten? Ich bekomme kein Wort raus. Aber ich will ohnehin nicht. Ich will dir viel lieber derart eine scheuern, dass du mich endlich loslässt, und dann will ich mich umdrehen und nur noch rennen, egal wohin, nur weit weg von hier.

»Komm schon, so schlimm wird es nicht.«

»Das hör ich nicht zum ersten Mal!« Das sollte sich bestimmt anhören, aber es wurde ein Hauchen draus. Ich hasse mich dafür. Ich hasse dich. Ich hasse die ganze Welt, und diesen Ort besonders.

Ein lautes Knarren fährt mir bis ins Mark. Ich fühle, wie mein Herz aussetzt. Das Tor wird langsam aufgeschoben, fährt nach rechts in die Wand. Ich würde so gerne die Augen schließen, verschwinden, im Boden versinken, sterben, alles ist besser, als hier zu stehen. Meine Augen können nur auf den Spalt starren, der langsam größer wird.

Das letzte Mal hat sich das Tor geöffnet, um mich in einen Rettungswagen zu spucken. Diesmal reißt es sein Maul auf, um mich zu fressen.

»Hallo Kerrie! Schön, dass du den Mut gefunden hast. Komm doch rein!«

Sandra. Wie klein sie aussieht, in diesem gewaltigen Schlund, der sich vor mir aufgetan hat. Klein, muskulös, ganz in Leder gekleidet. Ihre Ausstrahlung bannt mich. Ich kann nur noch ihre Augen sehen, die Welt hört auf zu existieren. Sie sieht direkt in meine Seele.

»Komm mit.«

Zwei Worte, und meine Beine gehorchen. Das war keine Bitte. Das war kein Befehl. Das war ein Naturgesetz. Sie sind einfach losgelaufen, haben mich nicht gefragt. Sie legt einen Arm um mich und führt mich in den Schlund. Ich will nicht, ich will nichts sehen, nichts hören, nicht leben, nicht hier. Mein Körper gehorcht mir nicht, reagiert auf die leiseste Weisung von ihr, beugt sich ihrer Macht.

»Augen auf, Kleines. Rate mal, wer hier ist?«

Ich weiß es eh schon. Ich spüre ihn, sein Geruch wird mich mein Leben lang verfolgen. Wer könnte so etwas jemals wieder vergessen?

»Jetzt mach dich doch mal locker, Kerrie.« Wie denn, es kommt mir vor, als hätte ich das Wort noch nie gehört.

Ich fühle mich mit einem Ruck hochgerissen, die Welt um mich herum explodiert in einem gellenden Schrei. Ohne es zu wollen, gehen meine Augen weit auf.

Es war mein Schrei gewesen. Felix! Ruhig und selbstbewusst steht er da. Stockmaß einssiebzig, sechshundert Kilo pure Bosheit.

»Und jetzt rauf mit dir, aber zackig!«

Sandra, von was träumst du nachts? Ich kann kaum stehen, da komm ich nie rauf.

Meine Hand krallt sich in seine Mähne, mein Fuß stellt sich in den Steigbügel, dann fühle ich, wie meine Beine auseinander gedrängt werden, wie sich sein Körper dazwischen presst, wie ich mich auf ihn setze. Ihr verdammten Verräter, wer haut euch das erlaubt? Ich versuche gar nicht erst, mich zu wehren, es ist doch ohnehin sinnlos, gegen soviel Niedertracht bin ich hilflos, mein eigener Körper hat mich verraten.

Felix!

Er wird es wieder tun. Und es wird ihm Spaß machen.

Eine Berührung an meinen Händen lässt mich zusammenzucken. Ich sehe nicht hin, ich weiß genau, was sie tun, fühle, wie Sandra die Zügel um meine Hände legt. Meine Wangen werden feucht.

»Nein, Sandra, bitte, ich hab es mir anders überlegt, lass mich doch gehen.«

Durch den Tränenschleier kann ich sie kaum sehen. Wenn doch wenigstens Wut in ihrem Blick läge, Hass, Verachtung. Aber ich sehe nur Selbstsicherheit und Freude. Sie hat Spaß an dem, was sie tut. Sie wird mir nicht helfen. Niemand wird mir helfen. Nicht hier.

»Vergiss es.« Jeder ihrer Griffe sitzt, strahlt unendliche Erfahrung aus, als sie noch ein letztes Mal den Sitz der Riemen kontrolliert. Dann wuschelt sie Felix durch seine braune Mähne, klatscht ihm auf den Hintern, und er trägt mich fort.

Oh nein, genau so hat er das letzte Mal auch angefangen. Ich beiße die Kiefer so fest aufeinander, dass ich etwas splittern fühle, kralle mich in die Riemen, warte auf den Schmerz, der kommen wird.

Wie konnte ich ihm nur vertrauen? Warum lerne ich nie aus meinen Fehlern? Ich habe ihm doch schon einmal vertraut. Er wird es wieder tun. Warum geht er genau da hin? Warum?

Ich erkenne die Stelle wieder. Die Bohlen, die Nieten, die Maserung, jedes kleine Detail. Ich werde es mein Leben lang nie wieder vergessen, so tief hat sich das Bild in meine Erinnerung gebrannt. Hier hat er mich in den Staub geworfen. Hier ist meine Hüfte zerschmettert worden, hier habe ich vor Schmerz in den Sand gebissen und so lange geschrien, bis ich nur noch zu einem lautlosen Hauchen fähig war.

Er wird es wieder tun.

Er trabt los. Ich spüre den Sattel hart gegen mich prallen, schneller, immer schneller, da ist nichts durchgängig, da ist kein Rhythmus. Sein Atem geht heftiger. Ich sehe die Freude in seinen Augen. Dieses Schwein, dieses verdammte Arschloch, er freut sich wirklich.

»Sei locker, Kerrie, sei entspannt! Sitz den Trab aus, nimm ihn auf!« Sandra, ich hasse dich. Ohne jede Hoffnung sehe ich über die Schulter. Sie lachen. Alle lachen. Sandra klatscht in die Hände. Sie feuern Felix an.

Sandra küsst Felix zu, und er reagiert sofort. Ein gewaltiger Stoß reißt mich herum, er ist losgallopiert, einfach so. Oh nein, es wird wieder passieren. Gleich werde ich wieder da liegen, seinen gewaltigen Körper über mir, den Triumph in seinen Augen. Ich will es nicht sehen. Ich kann nicht. Ich schließe die Augen, ich bin fort, ganz weit fort, ich komme nie wieder zurück, nicht hierher, nicht zu Sandra, zu niemandem.

Weit weg.

Etwas rührt sich in mir. Mein Körper erinnert sich. Er kann nicht nur gegen meinen Willen aufsteigen. Meine Hüfte streicht den Sattel aus, nimmt die Bewegung auf, leitet sie weiter, eine Welle, die vom Steiß über die Wirbelsäule bis in den Nacken schwingt. Ich bin ganz leicht, ich fließe, unsere Bewegungen werden eins. Das schmerzhafte Hämmern des Sattels gegen mich wird zu einem Gleiten. Es fühlt sich an, als würde ich fliegen. Ein Kitzeln breitet sich in meinem Bauch aus.

Mit dem Schwingen kommen Erinnerungen. Wir fliegen durch den Schnee, Äste streichen an meinem Hut vorbei. Eine tiefe Ruhe lässt alle Spannung aus meinem Körper fließen. Meine Bewegungen passen sich Felix Vorgabe an, ich tanze, ich schwebe, ich fliege.

Ich fühle, wie sich meine Gesichtszüge lösen, mein Schreien wird zu einem Lachen. Sandra! Sie klatscht, feuert jetzt mich an, nicht mehr Felix, schwenkt ihren Hut.

Wir nähern uns der Stelle, dem Ort, meinem Grab. Nein! Er wird mich nicht in den Staub werfen. Kein Schmerz, kein Arzt. Nicht diesmal.

Ich küsse Felix zu, presse meine Hüfte rhythmisch an ihn, schneller, immer schneller. Go, Felix, Go! Die Leute um uns herum schreien, feiern, johlen. Alles ist gut. Es ist vorbei.

Ich kann es wieder.

Der Ring der Angst ist gebrochen.

Wir fliegen an meiner Nemesis vorbei. Ich sehe die Freude in Felix Augen, nicht weniger lebhaft als meine eigene. Ich sitze fest im Sattel. Ich löse meine Füße aus den Steigbügeln, ich lasse die Zügel los, ich breite die Arme aus und fliege wie ein Vogel.

 

@Uhdrapur

Willst du mir den Arm rausreißen? Glaubst du, ich bin freiwillig stehen geblieben?
Ich bekomme die Situation nicht richtig zu fassen. Kerrie wird also am Arm festgehalten und damit zum Stehenbleiben gezwungen, dreht sich um und fragt dann: Glaubst du, ich bin freiwillig stehen geblieben? Das finde ich unlogisch.

nur weit weg von hier.
« fehlen

Das sollte sich bestimmt anhören, aber es wurde ein Piepsen draus. Ich hasse mich dafür. Ich hasse dich. Ich hasse die ganze Welt, und diesen Ort besonders.
Ein lautes Knarren fährt mir bis ins Mark
Zeitenchaos. Wenn du in der Gegenwart schreibst, muss es heißen: Das soll sich bestimmt anhören, aber es wird ein Piepsen daraus. Piepsen ist auch eine unpassende Beschreibung, denn du kannst einen ganzen Satz nicht piepsen.

Ich fühle mein Herz aussetzen
Das liest sich echt schräg. Warum nicht: Ich fühle, wie mein Herz aussetzt?

Meine Augen können nur auf den Spalt starren, der sich langsam erweitert.
Liest sich gestelzt, bei Erweitern bin ich bei Zähler und Nenner und nicht bei einem Torspalt.

etzte Mal hat sich das Tor geöffnet, um mich in einen Rettungswagen zu spucken.
Das ist ein übertragenes Bild, das nicht passt. Ein Tor kann nicht spucken und ich als Leser runzele die Stirn.

Man könnte sie leicht übersehen, wenn da nicht ihre Ausstrahlung wäre.
Warum, wegen ihrer Körpergröße? Menschen mit Ausstrahlung haben eine große Präsenz und werden eher selten übersehen.

Deine Geschichte lebt davon, dass ich als Leser erst mal glauben soll, dass sie vergewaltigt wird, so habe ich es jedenfalls gelesen, und die spätere Auflösung Pferd zeigt mir dann: Junge, du warst auf dem falschen Dampfer. Das ist dann so ähnlich wie bei Geschichten, wo im letzten Satz steht "Alles nur geträumt", und mit einem Schlag wird der ganze Text relativiert.
Jenseits dieses "Jokes" bleibt eine kurze Momentaufnahme der Überwindung eines Traumas. Das bleibt jedoch durch die Doppelbödigkeit der Konstruktion so flach, dass es mich nicht erreichen kann, da es nicht nachfühlbar wird. Genau dieser Punkt, die Überwindung des Traumas, hätte mich interessiert, aber darüber erfahre ich nichts. Kerrie schließt die Augen, ist auf einmal fort und ganz weit weg und mit einem Schnipp ist alles wieder okay? Ernsthaft?
Sorry, damit kriegst du mich als Leser nicht, das bleibt so unbefriedigend wie die Aufklärung der Vergewaltigung als harmloser Ausritt.

Peace, linktofink

 

hi @linktofink
Dank für deine Mühe. Die ersten Punkte habe ich alle problemlos übernehmen können, vielen Dank, die Stilprüfung von Patchwork hat es auch sofort mit viel mehr Grün kommentiert.

Mit dem letzten Kritikpunkt kann ich mich nicht so recht anfreunden. Ehrlich gesagt, ärgern mich Begriffe wie "Jokes" und "harmloser Ausritt" ein wenig, aus ganz persölichen Gründen, siehst du gleich. Es ist ja wie erhofft rübergekommen, dass hier ein Trauma vorlag, und auch, dass es bewältigt worden ist. Es sollte auch klar sein, dass es kein Ausritt ist, sondern in einer Reithalle stattfindet.
Die paar Zeilen da oben sind keine psychoanalytische Erörterung und kein philosophisches Grundsatzwerk. Sie sind ein Tatsachenbericht.. Ok, zugegeben, Sandra hatte keine Peitsche, und ich heiße nicht Kerrie. Die Hüfte habe ich mir im Juni geschrottet, und am Dienstag hab ich mich zum ersten Mal wieder in den Gallop getraut. Was da oben beschrieben ist, hat sich genau so, wie es dasteht, in allen Details in meiner Seele abgespielt. Von der Panik bis hin zum Glücksgefühl (einschließlich der Schläge gegen meinen Unterleib und eingequetschter Eier. Auwei, Gallop im verkrampften Sitz kann weh tun, das brachte mich auf die Idee mit der Vergewaltigung). Es ist also sehr wohl möglich, ein Trauma im Handumdrehen zu überwinden. Da liegst du falsch.
Ich denke auch, wer zwischen den Zeilen lesen kann, merkt viel früher, dass da was nicht stimmt, die Worte hab ich mir sehr sorgfältig überlegt:
- Füße werden in Eisen (Steigbügel) gesteckt - nicht Eisen um die Fesseln
- Die Riemen werden nicht um die Handgelenke gelegt, sondern um die Hände
- Bei einer Vergewaltigung geht nicht die Hüfte drauf!
- Kerrie sitzt auf ihm, aber er schlägt gegen ihren Unterleib
- Die braune Mähne, der Klaps auf den Hintern - wie soll Sandra das machen, wenn Kerrie auf ihm sitzt?
- und noch ein paar andere Momente, die stutzig machen sollten.
dachte, das fällt auf.

"Überwindung eines Traumas" war nie das Ziel der Geschichte. Ich wollte die Gefühle der Situation beschreiben, die Wandlung von purer Angst bis zurück zur Liebe zum Reiten und zum Pferd. Es ist eine emotionale Momentaufnahme. Deswegen steht die Geschichte auch unter der Rubrik Romantik. Für tiefschürfende philosophische Erörertungen hab ich nicht das Zeug, das lass ich besser.
Und deswegen denke ich nicht, dass ich diese von dir vorgeschlagene Änderung übernehmen werde. Aber auf jeden Fall noch mal vielen Dank, dass du dir soviel Mühe gemacht hast.

Lg. Michael

 

Hallo @Uhdrapur,
na, du hast ja 'ne Vorstellung von Romantik :D. Also so ganz habe ich deine Geschichte nicht kapiert, muss ich ehrlich sagen. Anfangs dachte ich, es geht um die Trennung eines Paares, und das Mädel will nicht wieder einknicken. Dann dachte ich, sie sind in einem Computerspiel, Realität und Fiktion verschwimmen. Aber wirklich kapiert habe ich die Handlung, wie gesagt, nicht. Vielleicht muss ich die Geschichte auch nochmal anders lesen, aber für mich klingt es, als müsste Kerrie ein Trauma wiederholen, offenbar ein Vergewaltigungstrauma, durch das sie nochmal durch muss, bevor sie schließlich frei davon ist. Das wäre zumindest das, was mir auf einer übergeordneten Ebene dazu einfiele. Mir persönlich fiel es aber von Anfang an sehr schwer, die Figuren zu verorten und ihnen eine Persönlichkeit zuzuschreiben. Sandra ist irgendwie die Domina, Kerrie das Opfer, Felix der Täter.
Leider bleibt das für mich alles ein bisschen blass, außer diesen "Stempeln", die die Figuren für mich haben, kann ich sie nicht so richtig fassen.

Ein Leseeindruck, der dir vielleicht weiterhilft.

Viele Grüße,
Chai

 

@Chai
Natürlich. Jeder Eindruck hilft mir weiter. Gerade, dass du die Figuren etwas blass empfindest. Die KG war auch ein Experiment, Figuren für meinen eigentlichen Roman farbiger darstellen zu lernen.

 

@Uhdrapur

Ich wollte hierzu noch was sagen:

Die paar Zeilen da oben sind keine psychoanalytische Erörterung und kein philosophisches Grundsatzwerk. Sie sind ein Tatsachenbericht.
Sorry, das stimmt nicht.
1) Nach dem, was du anführst, habe ich nie gefragt, sondern nach einer überzeugenden Darstellung dessen, was für mich die Überwindung eines Traumas ist und von dir als Wandlung von purer Angst zu Liebe benannt wird.
2) Dein Text liefert das nicht als Tatsachenbericht. Statt diesen Moment nachfühlbar zu schildern, legst du durch die unnötige Doppeldeutigkeit deiner Geschichte bewusst eine falsche Fährte (wie auch der Kommentar von Chai zeigt), die dem, was du wirklich erzählen willst, nur im Weg steht, bzw. unnötig verwirrt und relativiert. Das war mit "Joke" gemeint, den du dir mMn gerne hättest schenken können. Und ob jetzt Ausritt oder in der Halle ist wurscht, das ändert nichts am Textverständnis.

Ich denke auch, wer zwischen den Zeilen lesen kann, merkt viel früher, dass da was nicht stimmt
Stimmt, aber deine ganzen verschleierten Details lenken nur von der Story ab. Du schreibst:
Ich wollte die Gefühle der Situation beschreiben, die Wandlung von purer Angst bis zurück zur Liebe zum Reiten und zum Pferd.
Okay, aber welchen Mehrwert bringen diese unklaren Formulierungen, die Chai und mich die Handlung als Vergewaltigung deuten lassen? Da stimmt für mich die Prämisse, was du erzählen willst, nicht mit dem Text überein.

Peace, linktofink

 

@linktofink und @Chai
Voila. Ich versuche es noch einmal mit einer umgestalteten Version, ohne den vielkritisierten Nebenplot der Irreführung.
Ich habe auch den Übergang etwas umgestaltet, dass es weniger "oops, war nur ein Traum" rüberkommt.
Meint ihr, das hört sich so besser an?

 

Hallo @Uhdrapur,
ja, jetzt ist klarer, worum es geht, weil du das Pferd beim Namen nennst. :)
Einzig das hier:

Ich sehe die Freude in seinen Augen
ist mir nicht ganz klar. Wie kann er die Freude sehen, wenn er auf Felix' Rücken sitzt? Das Pferd wendet ja nicht den Kopf und guckt ihn an, oder?

Was mich allerdings viel mehr interessiert hätte, wäre die Story wie er sich die Hüfte gebrochen hat und DANN muss er wieder rauf aufs Pferd. Für mich wäre das spannender gewesen, es mit dem vorher Geschehenen zu verbinden. Außerdem fehlt mir ein Grund, warum Kerrie sich das antut. Klar, bei Reitern kann man allgemein sagen, nach Unfällen muss man eben wieder rauf aufs Pferd. So ist es ja auch beim Fahrradfahren oder anderen Dingen. Ich glaube aber, dass es der Geschichte gut täte, wenn er aus irgendeinem Grund tatsächlich gezwungen wäre, es nochmal zu versuchen. Es würde mMn seine ausweglose Lage noch mehr verstärken.

Viele Grüße,
Chai

 

Hallo Uhdrapur,

ich muss sagen, diese Version ist wesentlich besser, das ist sehr anschaulich geschildert und hat mich tief berührt, auch wenn ich vom Reiten nichts verstehe.

Das sollte sich bestimmt anhören, aber es wurde ein Hauchen draus.
Den Satz habe ich beim Lesen falsch betont und bin dann hängengeblieben.
Das letzte Mal hat sich das Tor geöffnet, um mich in einen Rettungswagen zu spucken. Diesmal reißt es sein Maul auf, um mich zu fressen.
Das ist sehr anschaulich.
Sie sind einfach losgelaufen, haben mich nicht gefragt.
Auch das hier ist nachvollziehbar.
Ich fühle mich mit einem Ruck hochgerissen, die Welt um mich herum explodiert in einem gellenden Schrei.
Das hat mich irritiert, ich glaube nicht, wenn man neben einem Pferd gellend schreit, dass es dann ruhig stehen bleibt.
wer haut euch das erlaubt?
hat
Dieses Schwein, dieses verdammte Arschloch, er freut sich wirklich.
Da musste ich lachen, weil ich die Wut verstehen konnte.
losgallopiert
Galopp mit zwei p?
Etwas rührt sich in mir. Mein Körper erinnert sich. Er kann nicht nur gegen meinen Willen aufsteigen. Meine Hüfte streicht den Sattel aus, nimmt die Bewegung auf, leitet sie weiter, eine Welle, die vom Steiß über die Wirbelsäule bis in den Nacken schwingt.
Wieder sehr anschaulich, auch für Nicht-Reiter.
Meine Bewegungen passen sich Felix Vorgabe an, ich tanze, ich schwebe, ich fliege.
Sehr schön. Hat mir gefallen.

 

@Uhdrapur,

deine "b-Version" ist sehr viel überzeugender als der Text, der vorher hier stand. Jetzt kommt von den Gefühlen deiner Prota etwas bei mir an, es wird nachvollziehbar. Schön geschildert finde ich Wut und Hass, als die sich die Angst ihren Weg nach außen bahnt, das machst du sehr anschaulich. An manchen Punkten ist es für mich etwas zu viel Pathos, da würde Nüchternheit der Story mMn dienlicher sein, aber ich lese auch keine Romantik, ist vielleicht ein Genre-Ding.
Mal ein paar Stellen mit subjektiver Überdosis:

Ich fühle mich mit einem Ruck hochgerissen, die Welt um mich herum explodiert in einem gellenden Schrei.
sechshundert Kilo pure Bosheit.
Ich beiße die Kiefer so fest aufeinander, dass ich etwas splittern fühle
und mit gebrochenem Zahn/ Kiefer reitet sie dann los?
hier habe ich vor Schmerz in den Sand gebissen und so lange geschrien, bis ich nur noch zu einem lautlosen Hauchen fähig war.
Dazu noch zwei Anmerkungen;
1) Du schreibst aus der Perspektive eines ängstlichen Mädchens, doch aus manchen Formulierungen höre ich den Mann heraus, dem das wirklich passiert ist. Da möchte ich dir raten, einige Spitzen zu kappen.
2) Das Problem bei der Schilderung extremer Gefühlen ist, dass sich ein Gewöhnungseffekt einstellt. Das ist dann ungünstig, wenn die Klimax im allgemeinen "Plateau-Aufruhr" untergeht.

Bisschen Textkram noch:

Stockmaß einssiebzig
eins siebzig

Ohne es zu wollen, gehen meine Augen weit auf.
Da ist der Bezug unklar, das liest sich so als hätten die Augen einen eigenen Willen.

Sandra küsst Felix zu, und er reagiert sofort
Welchen Sinn macht das Komma?

Ich würde dir noch anraten, im Sinne der Lesbarkeit den Text dichter zu schreiben, also 90% der Leerzeilen zu streichen.

Peace, linktofink

 

Mindestens zwo Dinge haben mich verwundert,

lieber Uhdrapur,

dass ich mich frage, ob und wann höhere Lebewesen wie Pferd (in dem Falle hier repräsentiert durch Felix, dem Glücklichen) und Hund (ersteres ein Fluchttier, letztgenanntes der beste Freund des Menschen und von ähnlicher Intelligenz wie das Pferd) vorsätzlich handeln können und in welcher Beziehung sie zur Göttin Nemesis stünden – denn selbst, wenn sie Vorsätze ausführen, muss es noch lange nicht in ausgleichender Gerechtigkeit münden. Da bekommt „Romantik“ einen fantastischen Hauch, liegen doch die Wurzeln der Gattung Fantasy mit dem Hang zum "Übersinnlichen" auch in der Frühromantik.

Wie dem auch sei, es sind noch einige weniger übersinnliche als reale Flusen zu bewältigen, gleich hier

Meine Beine frieren im Boden fest.
Die Wahl des „in dem“ behauptet quasi, dass der Icherzähler „im“ Boden festfriere, tatsächlich wird er, sie, es aber „auf“ dem Boden (genauer: auf der Bodenoberfläche) stehen und nicht verwurzelt sein. Auch auf dem Boden kann man ganz schön frieren ...

Keinen Schritt geh ich weiter. Da kannst du ziehen und zerren, soviel du willst.
„So viel“ auseinander, nur als Konjunktion zusammen, „soviel“ ich weiß.
Da können wir gleich auch der Variante „so weit/soweit“ beackern, für das die gleiche Regel seit der Reform gilt: Als unbestimmte Orts-, Zeit- oder Mengenangabe immer auseinander, als Konjunktion, soweit ich weiß, immer zusammen.

Willst du mir den Arm rausreißen? Glaubst du, ich bin freiwillig stehen geblieben? Was soll ich dir antworten? Ich bekomme kein Wort raus.
Du magst das verkürzt „raus“, behaupte ich mal. Aber wenigstens die erste Verwendung kann noch weiter reduziert werden: „ausreißen“

Ich hasse dich. Ich hasse die ganze Welt, und diesen Ort besonders.
Warum das Komma?
An sich erspart die Konjunktion zwischen gleichrangigen Satzteilen, die ich zu erkennen meine, die Kommasetzung ...

»Komm mit.«
Zwei Worte, und meine Beine gehorchen.
Jawollja, schon die Verwendung des Imperativs zeigt, dass da mehr als eine bloße Aussage steht …
Komm! Selbst wenn‘s naturgesetzlich sein sollte ...

Ruhig und selbstbewusst steht er da. Stockmaß einssiebzig, sechshundert Kilo pure Bosheit.
Die 170 cm wurden schon angezeigt, besser auseinander

Ihr verdammten Verräter, wer haut euch das erlaubt?
Unikat unter den Verwechselungen, haben und hauen

Meine Bewegungen passen sich Felix Vorgabe an, ich tanze, ich schwebe, ich fliege.
Genitivildung, besser also Felix‘ Vorgabe ...

Go, Felix, Go!
go¿

Wie dem auch wird, ich hoffe, dass die Meeresfrüchte (letzte Bearbeitung 17. 8. d. J.) oder hier keine unveränderlichen Geschichten in Stein gehauen wurden ...

Schönen Sonntag noch vom

Friedel

 

@Friedrichard
Hey, cool, ich mag deine Sprache und deinen Humor. Die Anspielung auf "Meeresfrüchte" hab ich aber nicht verstanden. Deine Änderungen habe ich alle eingebaut. Nur mit dem umgedrehten Fragezeichen kommt Patchwork nicht klar.

@Chai
* Man muss ein Pferd nicht ansehen, um zu verstehen, was es sagen möchte. Sie kommunizieren hauptsächlich über die Ohren und die Körperhaltung. Man kann die Augen aber dennoch vom Sattel aus sehen, sie sitzen weit seitlich, und das Pferd dreht ständig den Kopf ein wenig.
* Das Vorangegangene? Das wird dann aber sehr viel mehr als eine Kurzgeschichte. Was hälst du von der Idee, das Vorangegangene in einem kurzen Dialog anzudeuten? Vielleicht im Aute. bevor es zur Halle geht?
* Der Grund, warum Kerrie noch mal aufsitzt? Na, lass doch noch mal ihre letzten Gefühle auf dich wirken :-) :-) Das sollte doch wirklich als Grund reichen.

@sveit
:herz:

@linktofink
Autsch. Nach deinen Anregungen schalte ich immer wütend den Rechner aus, fress den Kühlschrank leer, verprügel meinen Sandsack, weil ich jetzt erst recht wütend und das auch noch auf mich bin, räum 200 kg Pferdeäppel von den Wiese weg oder quäl einen unserer Gäule über den Reitplatz. Dann hock ich mich in eine Ecke, hadere mit dem Schicksal und mach den Rechner wieder an. Danach denk ich drüber nach, was du eigentlich gesagt hast, schreib den Text um und wundere mich, warum er mir auf einmal besser gefällt. Da dann. Mal sehn, was mir diesmal einfällt :-) Aber nicht mehr heut.

 

Hallo @Uhdrapur,

Was hälst du von der Idee, das Vorangegangene in einem kurzen Dialog anzudeuten?
Um mich da wirklich reinfühlen zu können, reicht mir persönlich das nicht, sorry. Geht mir alles zu hopplahopp, im wahrsten Sinne.

Na, lass doch nochmal ihre letzten Gefühle auf dich wirken. Das sollte doch wirklich als Grund reichen.
Dito. Der Grund wird mir ja im Prinzip nur erzählt, ich erlebe den Hüftbruch nicht hautnah mit, von daher erreicht mich seine Angst auch nicht wirklich.

Gruß,
Chai

 

Hallo Uhdrapur,

interessant! Ich habe deine Geschichte und danach auch die vorangegangen Kommentare aufmerksam gelesen.
Ja, der Anfang wirkt, als ob eine Vergewaltigung auf Kerrie zukommt. Und ja, dass das dann etwas ganz anderes wird, wirkt im ersten Moment etwas befremdlich. Das liegt aber nicht an der Idee an sich, sondern dass der Anfang so massiv auf eine Vergewaltigung hindeutet.

Vielleicht könnte man Kerries spezielles Trauma etwas anders zu beschreiben beginnen. Der Vergleich ist nämlich schon verständlich, das Ausgeliefert Sein, die Angst, vielleicht sogar die Scham, dass man überhaupt Angst hat. Dass man sich trotzdem in die Situation bringt. Das hast du auch sehr gut rüber gebracht. Trotzdem ist die Diskrepanz zwischen der Erwartung des Lesers und dem was passiert in meinen Augen noch zu groß. Es fühlt sich für Kerrie vielleicht an wie eine Vergewaltigung, aber es ist keine, und der Leser könnte sich besser in sie hineinversetzen, wenn er nicht erst auf eine falsche Fährte gelockt würde. Ihre Gefühle sind nachvollziehbar, wenn man die Situation kennt.

Damit der Bruch nicht zu groß wird, könntest du vielleicht die Hüfte, oder einen Unfall, oder ein Pferd schonmal andeuten, vielleicht erzählen, dass Kerrie sich nie geträumt hätte, dass ihr so was zustößt - schon gar nicht mit Felix. Felix selbst könnte vielleicht abstrakt schon früher eingeführt werden.

Die Angst am Anfang

Das sind so meine Gedanken zur Story.
Hier noch Textrkam.

Zwei Worte, und meine Beine gehorchen. Das war keine Bitte. Das war kein Befehl. Das war ein Naturgesetz. Sie sind einfach losgelaufen, haben mich nicht gefragt. Sie legt einen Arm um mich und führt mich in den Schlund.

  • Hier beginnen die Sätze mit Das, Das, Sie, Sie. Weil die ersten drei Satzanfänge eine – nehme ich an – gewollte Parallelstruktur haben und das „das“ sich auf des selbe „Objekt“ bezieht, haut es mich beim Sie… Sie raus, weil da zwei unterschiedliche Objekte referenziert werden. Statt dem zweiten „Sie“ vielleicht „Sandra“?
Wie denn, es kommt mir vor, als hätte ich das Wort noch nie gehört.

  • Das Wort „locker“? Generell kommt es mir komisch vor, dass sie über das Wort nachdenkt, statt das Gefühl. Vielleicht: „ Wie denn. Es kommt mir vor, als wäre ich noch nie locker gewesen, als wüßte ich gar nicht, wie sich das anfühlt.
Es war mein Schrei gewesen. Felix! Ruhig und selbstbewusst steht er da. Stockmaß einssiebzig, sechshundert Kilo pure Bosheit
.

Ich weiß nicht warum, dachte an einen Stier … ist aber nicht weiter relevant, nur mein Hirn. ?

LG Ardandwen

 

Hihi ein Stier :-)
Wird etwas dauern, bis hier meine nächste Version steht. Aber nicht vergessen -

 

Deine Änderungen habe ich alle eingebaut. Nur mit dem umgedrehten Fragezeichen kommt Patchwork nicht klar.

Das "spanische" Fragezeichen dient bei mir oft als Haken,

lieber @Uhdrapur -

und die Änderungen hab ich tatsächlich nicht am Bildschirm erkannt ...

Wie dem auch sei, Du wirst es schon richtig machen!

Friedel

 

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