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Der Tod im Kaufhaus

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05.03.2013
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Der Tod im Kaufhaus

„Können Sie mir bitte sagen, wo ich einen Tod kaufen kann?“
„Zweiter Stock, rechts, Herrenabteilung“, antwortete mit starrem Lächeln eine junge, blonde Dame, die man zur Verbesserung ihrer Kommunikationsfähigkeit hinter das Auskunftspult gesetzt hatte.
Der Mann im schwarzen Anzug mit schwarzer Krawatte folgte dem Hinweis, schlurfte zur Rolltreppe, überwand ein anfängliches Schwindelgefühl und fuhr zur Herrenabteilung hoch.
Dort empfing den Fünfundachtzigjährigen ein korrekt gekleideter Herr mittleren Alters und fragte: „Was kann ich für Sie tun?“
Diese Freundlichkeit tat dem alten Mann, der von der Rolltreppenfahrt erschöpft war, wohl. „Ich möchte einen Tod kaufen.“
„Kommen Sie bitte mit mir, Trauerkleidung haben wir hier drüben.“
„Ich brauche keine Trauerkleidung, die habe ich an. Ich möchte jetzt den Tod.“
Fassungslos war der Verkäufer stehen geblieben. „Einen Tod haben wir in unserer Herrenabteilung nicht.“
„Wo kann ich dann einen Tod kaufen?“
„Ja, mein Herr, das wird schwierig. Ich glaube, dass wir eigentlich gar keinen Tod verkaufen. Aber gehen sie mal in die Blumenabteilung, vielleicht haben die einen Tod.“
Der alte Mann fuhr zur Blumenabteilung, die im Erdgeschoss war, hinunter.
Dort strahlte ihn eine bildhübsche Auszubildende an: „Was kann ich für Sie tun?“
Einige Sekunden musste der alte Mann verschnaufen, dann brachte er sein Anliegen mit brüchiger Stimme vor: „Ich möchte einen Tod kaufen.“
„Oh, wir haben schöne Trauerkränze. Ich zeige Ihnen ein paar Fotos. Wir fertigen nämlich Kränze immer nach den ganz individuellen Vorstellungen unserer Kunden an. Deshalb haben wir keine Musterkränze ausliegen.“
Sie holte das Buch mit den Fotos, noch bevor der Mann seinen wirklichen Wunsch erklären konnte.
„Hier, das ist unser schönster Kranz mit der Schrift auf den Schleifen: In treuer Liebe – Dein Mann.“
„Meine Frau ist schon lange tot.“
„Wer ist dann gestorben?“
„Sie haben mich nicht verstanden. Ich will keinen Kranz. Ich will einen Tod.“
„Was für einen Tod?“
„Sehen Sie, junge Frau, mein Arzt hat mir mitgeteilt, dass ich unheilbaren Blutkrebs habe. Ich lebe allein, habe keinen Menschen, der sich um mich kümmert. Ich möchte jetzt sterben. In ihrem Kaufhaus bekommt man alles, damit werben Sie doch immer. Deshalb bin ich gekommen und möchte meinen Tod kaufen.“
Ziemlich erschöpft von der langen Rede geriet er ins Wanken, stützte sich auf das Mädchen und ließ sich von ihm zu einem Stuhl schleppen, auf dem er einige Minuten sitzen blieb.
Das Mädchen hatte ein Glas Wasser und die Abteilungsleiterin geholt. Als sich der alte Mann erfrischt hatte, sagte die ältere Floristin über ihn gebeugt: „Also, mein Herr, in dieser Abteilung führen wir keinen Tod. Aber gehen sie in die Möbelabteilung im fünften Stock. Vielleicht haben die so etwas.“
Nun sank dem alten Käufer der Mut, denn er fühlte nicht mehr viel Kraft in sich, fünf Stockwerke mit der Rolltreppe hochzufahren, aber er wollte sein Leben unbedingt beenden, sodass er diese Qual auf sich nahm.
In der Möbelabteilung setzte er sich auf ein Sofa und nickte ein. Nach zwei Stunden stieß ihn ein Verkäufer an und fauchte unwirsch: „Für Penner ist hier kein Platz. Geh doch zum Bahnhof.“
„Entschuldigen Sie. Ich bin kein Penner. Ich möchte einen Tod kaufen.“
„Was soll der Unfug, Opa. Geh nach Hause und schlaf’ deinen Rausch aus.“
„Man hat mir in der Blumenabteilung gesagt, sie würden in der Möbelabteilung einen Tod verkaufen. Und den möchte ich jetzt.“
Der alte Mann erhob seine Stimme in der Hoffnung, dass ihn andere Menschen hören und unterstützen würden.
„Ja, ja, ich hole den Chef.“ Der Möbelverkäufer eilte fort und kam nach wenigen Minuten mit einem fülligen Herrn zurück, der auf den alten Mann einredete. „Sie wollen also einen Tod. Den haben wir nicht auf Lager. Aber gut, wir können natürlich alles besorgen. Wenn Sie nur Ruhe behalten wollen. Kommen Sie in mein Büro. Das ist im zweiten Stock, Ausgang C, dritte Tür rechts. Sagen Sie meiner Sekretärin, sie hätten einen Termin mit mir. Ich komme gleich nach.“
Schweratmend schleppte sich der alte Mann wieder zur Rolltreppe. Der Schwindel war so stark, dass er sich beidhändig an den Laufbändern festhalten musste.
Ein eiliger junger Mann stieß seine linke Hand mit der Bemerkung „Rechts stehen, links gehen“ zur Seite. Der alte Mann verlor den Halt und stürzte auf die Treppe. Die Eisenstufen fuhren ihn hoch. Der Stoff der schwarzen Anzugjacke verfing sich in den Ritzen, in denen die Eisenstufen verschwanden, wickelte den Körper immer weiter in den schwarzen Stoff, bis die Mechanik sich wegen des großen Widerstandes, den sie verspürte, ausschaltete und die Rolltreppe zum Stehen brachte.
Der alte Mann lag da, eingepresst in seinen schwarzen Anzug mit offenem Mund, den ein glückliches Lächeln umspielte, und mit weit geöffneten Augen, die reglos auf die sich um ihn sammelnden Menschen starrten, bis sich jemand niederbeugte, Puls und Herz kontrollierte und endlich feststellte: „Der Mann ist tot.“
Vier Tage nach diesem Vorfall im Kaufhaus fasste sich Marese Busenik, die junge Floristin, ein Herz, zum Direktor des Kaufhauses zu gehen und ihm ihre Idee mitzuteilen, die das Kaufhauswesen revolutionieren und den Gewinn maximieren würde.
Sie blickte im Umkleideraum für Angestellte in den Spiegel, legte eine Haarsträhne von links nach rechts, eine andere von der Mitte nach hinten, zog den Lippenstift nach und kontrollierte den Sitz ihres hautengen weißen Pullovers.
Vor dem Büro des Direktors straffte sie ihren Leib und trat ein. Selbstzufrieden bemerkte sie, wie sich ihr Erscheinungsbild bewährte. Der Direktor, sonst ein mürrischer Mensch, wurde sichtlich von ihrem Anblick erfreut.
„Nehmen Sie bitte Platz, Frau ... Frau ...“
„Mein Name ist Marese Busenik.“
„Was gibt es, Frau Busenik?“
„Vor ein paar Tagen ist dieser alte Mann hier gestorben.“
„Ja, ja, richtig. Peinlich war das. Eine Schlagzeile verkündete: Tod im Kaufhaus. Das ist keine gute Reklame.“
„Da ist mir eine Idee gekommen.“
„Oh, das ist aber schön, Frau Busenik.“
„Warum verkaufen wir keinen Tod?“
„Was, wieso wir keinen Tod verkaufen? Das geht doch nicht. Wir können die Leute nicht - umbringen!“
„Sehen Sie, Herr Direktor, es gibt jetzt viele, alte Menschen. Viele von ihnen sind über achtzig Jahre, krank, einsam, die wollen nicht mehr leben.“
„Ja, aber die Gesetze!“
„Der Staat will diese armen alten Leute doch auch los werden. Sie kosten viel, Krankenkasse, Renten, Pflege, Altenheime.“
„Aber das Menschliche!“
„Es ist menschlicher, ihnen einen schönen Tod zu einer Zeit, die für sie angenehm ist, zu verkaufen, als dass sie in einem Pflegeheim so dahindämmern und von Schmerzen gequält werden wie meine Tante Aurelia.“
Sie begann zu weinen. Erschüttert kramte der Direktor aus seiner Hosentasche ein buntes Taschentuch hervor und wischte von den geröteten Wangen seiner Angestellten die Tränen.
„Danke, danke, Herr Direktor.“
Ein erneuter Weinkrampf ließ den Körper der Frau Busenik so erbeben, dass der Direktor sie zu weiterer Beruhigung und Entspannung zu einem großen, schwarzledernen Sofa geleiten musste.
„Danke, Herr Direktor, danke. Es geht schon wieder. Sehen Sie, wenn die Gesetze so geändert werden, dass jeder Mensch darüber bestimmen darf, wie lange er leben will, dann ist das doch in Ordnung.“
Der Direktor hatte sich zu ihren Füßen auf das Sofa gesetzt, um ihr bei einem neuen Anfall schnell behilflich sein zu können.
„Es widerspricht den Menschenrechten, wenn Menschen nicht einmal den Zeitpunkt ihres Todes selbst bestimmen können“, erläuterte die Floristin.
„Ja, das ist richtig. Ich möchte ihn ja auch bestimmen. Ich überlege ständig, wie das zu schaffen ist.“
„Sehen Sie, Herr Direktor, sehen Sie! Dieses Recht auf den eigenen Tod für alle Menschen zu erkämpfen, das ist für unser Kaufhaus eine schöne und lohnende Aufgabe.“
Das sah der Direktor ein und veranlasste alles Nötige.

Wenig Zeit verging, bis ein Gesetz beschlossen wurde, nach der es den Bürgern des Landes erlaubt war, unter ärztlicher Aufsicht den Zeitpunkt ihres Todes selbst zu bestimmen.
Und noch im selben Jahr eröffnete das Kaufhaus eine Abteilung „Schöner Sterben“, deren Leiterin Frau Marese Busenik wurde.
Der Ansturm war riesig.
So ziehen nun jeden Tag ab zehn Uhr kleine Gruppen schwarzgekleideter Menschen, den Sterbewilligen in einem Rollstuhl schiebend oder auf einem fahrbaren Bett transportierend, durch den Haupteingang in den Konsumtempel ein, schreiten langsamfeierlich durch die sich teilende Menge von Käufern, vorbei an der duftenden Parfümerie, vorbei am Rauchwaren- und Zeitungskiosk, vorbei an der Teppichabteilung und den Schmuckständen zum schwarzgold drapierten Portal der Sterbeabteilung. Im Abschiedsraum tauschen sie mit dem Sterbenwollenden letzte Worte. Anschließend wird dieser in den Sterberaum geschoben oder von einem Angestellten geführt, wo ihm ein Arzt eine Spritze gibt, deren Substanz das Leben auf angenehme Weise beendet. Im Beerdigungsraum erfolgt dann die Feuerbestattung oder die Einsargung. In der Kapelle können die Gläubigen ein Requiem lesen lassen, um gleich darauf im unterirdischen Friedhof den geliebten Verstorbenen zu begraben.
Der Gewinn des Kaufhauses verdoppelte sich im ersten Jahr, im zweiten Jahr verdreifachte er sich. Die Menschen fühlten sich an diesem Ort des Konsums wohl, im Leben wie im Tod.
Der Direktor und das Fräulein Busenik waren über das Jahr ein Paar.

 

Hallo Wilhelm Berliner,

Eine schöne absurde Geschichte, die sich gut lesen lässt. Der Sprung von der Idee, den Tod zu kommerziallisieren bis zur Gesetzesänderung war vielleicht ein bisschen schnell, aber für mich als Leser kein Drama.

„Wo kann ich dann einen Tod kaufen.“

Dem Satz würde ich ein Fragezeichen gönnen.

Gruß
Andreas

 

Salü Wilhelm,

ja, ich weiss gar nicht so recht, wie ich deine Geschichte lesen soll. Da gab es vor Jahrzehnten mal einen Film: Alte Leute mussten sich zum Begräbnisinstitut begeben, Sie bekamen eine Spritze, durften sich auf ein pompöses Bett legen, die sechste von Beethoven anhören, dazu liefen schöne Frühlingsbilder über die Leinwand. So starben sie friedlich dahin und wurden dann zu grünen ‚Vitaminkeksen‘ verarbeitet – als Speise für die Lebenden … Der Film läuft bei mir ab und ich kann so gar nichts Satirisches in deiner Geschichte entdecken. Das liegt sicher an mir. Sicher auch an meinem Alter. Manchmal denke ich, dass es wirklich so weit kommen wird, kommen muss – wie wollen wir sonst die Probleme lösen, die auf uns zukommen?
Ich habe deine Geschichte sehr gut lesen können und sie hat mich mit vielen Gedanken entlassen. Nur Satire – da bin ich mir nicht sicher.

Hier noch ein paar Punkte:

„O, das ist aber
Oh, das > oder kann man ohne h schreiben? Sieht ungewöhnlich für mich aus.
Der Direktor hatte sich zu ihren Füßen auf das Sofa gesetzt,
Da bin ich aus dem Text gefallen, offenbar war ihr so schlecht, dass sie sich vorher hinlegen musste?
des Landes erlaubt war,unter ärztlicher
war, unter > Leerschlag
So ziehen nun jeden Tag ab zehn Uhr kleine Gruppen schwarzgekleideter Menschen, den Sterbenwollenden in einem Rollstuhl schiebend oder auf einem fahrbaren Bett transportierend, durch den Haupteingang in den Konsumtempel ein, schreiten langsamfeierlich durch die sich teilende Menge von Käufern, vorbei an der duftenden Parfümerie, vorbei am Rauchwaren- und Zeitungskiosk, vorbei an der Teppichabteilung und den Schmuckständen zum schwarzgold drapierten Portal der Sterbeabteilung.

Das ist ein Mordssatz. Würde ich so schreiben:
So ziehen nun jeden Tag ab zehn Uhr kleine Gruppen schwarzgekleideter Menschen durch den Haupteingang, schieben den Sterbenwollenden in einem Rollstuhl oder transportieren ihn auf einem fahrbaren Bett in den Konsumtempel. Langsamfeierlich schreiten sie durch die Menge, vorbei …

Wie gesagt, gute Geschichte, aber Satire? Dass der Herr Direktor dann das konsumfördernde Fräulein (war doch die Auszubildende, oder?) heiratet, ist wohl der am ehesten satirische Abschnitt ...

Lieben nachdenklichen Gruss,
Gisanne

 
Zuletzt bearbeitet:

Auch ich habe deine Geschichte gelesen, lieber Wilhelm, aber erst mal herzlich Willkommen.
Ich hab mich schon lange gewundert, dass nicht schon längst mal jemand dieses Thema am Wickel hatte. Da ist es nun.
Ich finde schon, dass du eine Satire geschrieben hast. Den Tod zum Geschäftsartikel, zu machen, das hat schon was Satirisches. Wenn auch die Euthanasiedebatte natürlich nahelegt, dass das Ausscheiden aus dem Leben auf freiwilliger Ebene in naher Zukunft gesetzlich erlaubt und geregelt sein wird. Aber freiwilliger Tod als Verkaufsschlager, klar ist das Satire oder man könnte die Idee auch umdrehen: Alles wird/ist zum Geschäftsartikel, selbst die natürlichsten Lebensvoraussetzungen, also auch das Leben selbst.
Dennoch finde ich - wie auch Gisanne, dass du die Idee ruhig noch etwas hättest zuspitzen können.

Anbei:

Manchmal denke ich, dass es wirklich so weit kommen wird, kommen muss – wie wollen wir sonst die Probleme lösen, die auf uns zukommen?
Den ersten Teil des Satzes "Manchmal denke ich, dass es wirklich so weit kommen wird", das denke ich auch manchmal, liebe Gisanne, aber den zweiten Teil des Satzes, dass wir sonst die Probleme nicht lösen könnten, diesen Satz zu denken und zu teilen, davon kann ich dir nur sehr ernsthaft abraten. Mit diesem Gedanken lässt man alles mit sich machen und hat für alles Verständnis, bis in letzte Konseqenz.
Aber das führt jetzt ab.

Zurück, Wilhelm, zu deinem Text.
Ich bin am Rumzweifeln, manchmal denke ich, dass man dieses Thema bösartiger, ätzender beackern müsste, ein bisschen ernsthafter, in die Richtung, was das dann alles mit sich bringt, wenn der Tod Geschäftsartikel ist. Dann denke ich wieder, es ist gerade gut, dass du so einen kunterbunten Rummel veranstaltest mit dem körperbetonten Fräulein Busenik und der langen Reihe Todeswille-Kandidaten.

Der Mann im schwarzen Anzug mit schwarzer Krawatte folgte dem Hinweis, schlurfte zur Rolltreppe, überwand ein anfängliches Schwindelgefühl und fuhr zur Herrenabteilung hoch.
Dort empfing den Fünfundachtzigjährigen ein korrekt gekleideter Herr mittleren Alters und fragte: „Was kann ich für Sie tun?“
Diese unterschiedlichen Anreden finde ich nicht so gut, das erinnert mich immer an so komische Fernsehsendungen: Die Blondine, die alleinerziehende Sekretärin. Ich würde das Alter des Mannes noch vorne mit einbauen und dann nur noch er und der Mann schreiben.

Auch der Satz, den Gisanne Mordssatz genannt hat, ist mir ins Auge gefallen. Ihre Lösung finde ich gut.

In der Möbelabteilung setzte er sich auf ein Sofa und nickte ein. Nach zwei Stunden stieß ihn ein Verkäufer an und fauchte unwirsch: „Für Penner ist hier kein Platz. Geh doch zum Bahnhof.“
„Entschuldigen Sie. Ich bin kein Penner. Ich möchte einen Tod kaufen.“
„Was soll der Unfug, Opa. Geh nach Hause und schlaf’ deinen Rausch aus.“
„Man hat mir in der Blumenabteilung gesagt, sie würden in der Möbelabteilung einen Tod verkaufen. Und den möchte ich jetzt.“
Der alte Mann erhob seine Stimme in der Hoffnung, dass ihn andere Menschen hören und unterstützen würden.
Hast du den alten Herrn in die Möbelabteilung geschickt wegen der Särge? Außerdem fand ich, du könntest ihn da in der Möbelabteilung ein wenig hartnäckiger machen, er kann den Verkäufern ruhig ein bisschen zusetzen, finde ich, mit Fragen und Aussagen, dass es doch alles zu kaufen gibt, da muss es doch auch einen Tod geben, damit dann die Verkäufer noch genervter werden und ihn rausschmeißen wollen, bis sich andere Käufer auf der Seite des Mannes einschalten.

„Sehen Sie, Herr Direktor, sehen Sie! Dieses Recht auf den eigenen Tod für alle Menschen zu erkämpfen, das ist für unser Kaufhaus eine schöne und lohnende Aufgabe.“
Das ist echt wunderbar zynisch. Auch das hier:
Und noch im selben Jahr eröffnete das Kaufhaus eine Abteilung „Schöner Sterben“, deren Leiterin Frau Marese Busenik wurde.
Hättest du von mir aus ruhug noch ausbauen können.
Gerne und mit Interesse gelesen.
Viele Grüße
Novak

 

Hallo Wilhelm Berliner,

ich vermute, dir ist nicht geläufig, was eine Satire ausmacht, denn deine Geschichte ist keine.

Eine Satire nimmt zunächst einen sozialen, politischen, gesellschaftlichen, aber auch einen höchstpersönlichen Misstand zum Anlass. Das ist bei dir die Tatsache, dass man sein eigenes Lebensende nicht beenden lassen kann, wann und wie man selbst es möchte.
Insoweit ist eine Vorgabe einer Satire bei dir gegeben.

Aber darüber hinaus nimmt man nun diesen Missstand, um ihn nicht als solchen direkt 1:1 darzustellen, sondern um durch künstliches Verzerren, Verschlüsseln, Verdecken auf diesen Missstand hinzuweisen.

Bei dir passiert aber etwas anderes in der Geschichte. Du stellst den Missstand dar und lieferst sogleich die passende Lösung, die dann auch zur Ausführung kommt.

In einer Satire würde man, um bei deinem Thema zu bleiben, anders ansetzen, da würde es vielleicht bereits mehrere Kaufhäuser und Onlineshops gehen, die sich in harter Konkurrenz gegenseitig übertrumpfen würden beim Anbieten der ausgefeiltesten Todesmethoden. Es würde die skurrilsten Angebote geben und Sonderangebote etc., Todesreisen, ein richtiger Boom.
Und vielleicht würde, einfach, weil man die Sachverhalte nur umdreht, eine Gesetzesinitiative entstehen, die all ihre Mühe damit verbringt, diesem Todesverkauf Einhalt zu gebieten. Das wäre eine Satire.

Ich versuchs nochmals anhand eines anderen Beispiels zu erläutern, weil ich befürchte, dir ist der Blick zu deiner eigenen Geschichte verstellt:

Thema des Missstands: Korruption in Deutschland.
Geschichtenhandlung: Man zeigt die Korruption auf, indem man einen bestechlichen Politiker in seinem Tun zeigt, baut danach ein Gesetz, dass dieses Handeln verhindert oder unter Strafe stellt und schwups ist die Geschichte fertig.
Frage an dich: Ist das eine Satire?


Lieben Gruß

lakita

 

Liebe lakita, ich will dir nicht reinreden, du bist die Satirenkönigin, :D
Aber dein Beispiel mit der Korruption zieht für mich nicht, für mich besteht das Satirische der Geschichte nicht in der Anfangsmisere (dem alten Herrn, der sich den Tod wünscht), sondern in der Lösung selbst: Tod wird verkauft, ist ein Geschäftsartikel. Das ist eben keine normale Gesetzesinitiative, (wie bei dem korrupten Politiker), sondern eine Übertreibung, die Verzerrung einer Lebensäußerung, ein Kontrast zu dem Tod, der unserem Ideal nach in würdevoller Weise begangen werden soll. Das Ende verzerrt also eine Wertvorstellung. Und damit ist es für mich eine Satire. Oder?
Liebe Grüße von der Novak

 

aber den zweiten Teil des Satzes, dass wir sonst die Probleme nicht lösen könnten, diesen Satz zu denken und zu teilen, davon kann ich dir nur sehr ernsthaft abraten. Mit diesem Gedanken lässt man alles mit sich machen und hat für alles Verständnis, bis in letzte Konseqenz.

Da hast du natürlich vollkommen recht, liebe Novak. Der Satz steht da, weil bei mir nach dem Lesen der Geschichte so Horrorgedanken auftauchten. Wenn die satirischen Überspitzungen in die Geschichte kommen (Anregungen von dir und lakita), wenn es etwas gäbe, worüber ich lachen könnte, weil es so unwahrscheinlich-wahrscheinlich da steht, dann schlage ich mich auch auf deine Seite und sag: dagegen muss man sich wehren! Gegen die Aussichten, nicht gegen die Geschichte natürlich. :)

Lieben Gruss,
Gisanne

 

Hallo Wilhelm

In diese Geschichte bin ich über die bereits erfolgten Kommentare gerutscht, da Nomen mir Omen waren und diese mir meine Neugierde weckten. Der Nachteil, der mir daraus erwuchs, ich war so bereits mit Meinungsbildungen dazu konfrontiert. Ich versuche dennoch, mit der mir eigenen Sichtweise daran zu gehen, die zwar auch vorbelastet ist. Nicht, dass ich Aktien eines solchen Kaufhauses besitze, dafür seit annähernd drei Jahrzehnten die Mitgliedschaft bei einer einschlägigen Institution. Das Lachen, wenn eine Geschichte zu solchen Themen gut präsentiert wird, vergeht mir dennoch nicht.

„Können Sie mir bitte sagen, wo ich einen Tod kaufen kann?“

Ups, da blieb ich im ersten Satz hangen. Das Sterben kennt seine Variablen, die in der Folge mit einem Todes-Kriterium belegt werden können. Aber der Tod als Zustand? Ich denke nicht, folglich dünkte mich hier besser den Tod.
Gleichlautende Formulierungen von einen / keinen Tod, ist vermehrt im Text. Es mag sein, dass du diese Wortformen mit Absicht gewählt hast, den Tod dadurch zur blanken Ironie zuspitzend, dann wäre es m. E. vertretbar. Einen spezifischen Mehrwert für die Geschichte konnte ich darin aber nicht erkennen, da keine verschiedene fiktive Artungen von Tod auftraten.

Wenig Zeit verging, bis ein Gesetz beschlossen wurde,

Vor diesem Zeitsprung fehlt mir eine Leerzeile, die den neuen Absatz markiert.

den Sterbenwollenden

Sterbewilligen wäre hier die gewählte Form, um ihnen eine letzte Ehrerbietung zu erweisen.

In der Kapelle können die Gläubigen ein Requiem lesen lassen, um gleich darauf im unterirdischen Friedhof den geliebten Verstorbenen zu begraben.

Da fragte ich mich, ob das Kaufhaus einen direkten Kanal zur Hölle bohren liess, ansonsten müssten sie ja bald in Platznot geraten.

Es sind durchaus humorvolle Akzente in der Geschichte, wenngleich auch ich etwas Mühe bekunde, sie einem Genre zuzuordnen. Doch als Thema habe ich es mit Heiterkeit gelesen, auch wenn es mir beinah etwas zu glatt über die Bühne ging.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Liebe lakita, ich will dir nicht reinreden, du bist die Satirenkönigin,

Hallo liebe Untertanin Novak! ;)

wenn du mir nicht reinreden willst :D dann dürfte ich deinen Beitrag ja gar nicht sehen und schon gar nicht antworten.
Aber ich bin heute gnädig gestimmt und werde dir erwidern, weil es ja auch der Geschichte dient.

Ich erlaub mir mal denken zu lassen und zitiere aus Wikipedia:


"Es gibt annähernd so viele Bestimmungen der satirischen Schreibweise, wie es Satiriker gibt, und keine Bestimmung trifft auf die Gesamtheit der Satiren zu. Ihre Gegenstände, Mittel und Funktionen wandeln sich im Laufe der Geschichte. Es ist daher unmöglich, sie scharf von der Komik, der Parodie und der Polemik zu trennen."

aus:http://de.wikipedia.org/wiki/Satire

:klug:

Mit dieser Aussage dürfte dann genug Platz für uns beide mit unseren Meinungen zu dieser Geschichte sein.

Lieben Gruß


lakita

 

wenn du mir nicht reinreden willst, dann dürfte ich deinen Beitrag ja gar nicht sehen und schon gar nicht antworten.
Ich hatte schon bemerkt, dass das der Schwachpunkt meiner Argumentation war. :lol:
Das hat man von der Höflichkeit. :pah:

Das nächste Mal, liebe Sati(e)ren-, und Sakatzenkönigin, mach ichs ganz anders. Jetzt hoffe ich nur, dass kein ausnutzwilliges Auge diese hyperpluralitische Wikipedia-Definition mussbraucht.
Lass es dir gut gehen. Liebe Grüße Novak

 
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Hallo Andreas
vielen Dank für Deine Einschätzung.

Der Sprung von der Idee, den Tod zu kommerziallisieren bis zur Gesetzesänderung war vielleicht ein bisschen schnell,
Stimmt. Das wäre eine Gelegenheit gewesen, eine Satire über Gesetzgebungsverfahren zu schreiben.


Dem Satz würde ich ein Fragezeichen gönnen.
Sein Leiden ist beendet.
Herzliche Grüße
Wilhelm

Liebe Gisanne
vielen Dank für Deine Rückmeldung.

Alte Leute mussten sich zum Begräbnisinstitut begeben, Sie bekamen eine Spritze, durften sich auf ein pompöses Bett legen, die sechste von Beethoven anhören, dazu liefen schöne Frühlingsbilder über die Leinwand. So starben sie friedlich dahin und wurden dann zu grünen ‚Vitaminkeksen‘ verarbeitet – als Speise für die Lebenden …
Es wäre interessant zu wissen, wie der Titel des Films war.

Nur Satire – da bin ich mir nicht sicher.
Dazu gibt es eine Diskussion. Es kommt wohl auf die Definition an.

Oh, das > oder kann man ohne h schreiben? Sieht ungewöhnlich für mich aus.
Man schreibt hier mit h, bei "o nein" ohne.

Da bin ich aus dem Text gefallen, offenbar war ihr so schlecht, dass sie sich vorher hinlegen musste?
Er hat sie zum Sofa geleitet. Das "Hinlegen" fehlt.

Das ist ein Mordssatz. Würde ich so schreiben:
So ziehen nun jeden Tag ab zehn Uhr kleine Gruppen schwarzgekleideter Menschen durch den Haupteingang, schieben den Sterbenwollenden in einem Rollstuhl oder transportieren ihn auf einem fahrbaren Bett in den Konsumtempel. Langsamfeierlich schreiten sie durch die Menge, vorbei …
Eine Prozession zieht ununterbrochen weiter. Das wollte ich damit ausdrücken; sicher leserunfreundlich.
Wie gesagt, gute Geschichte, aber Satire? Dass der Herr Direktor dann das konsumfördernde Fräulein (war doch die Auszubildende, oder?) heiratet, ist wohl der am ehesten satirische Abschnitt ...
Dabei fällt mir ein, dass dies fehlt: "und bekamen ein Kind." Tod, Liebe, Geburt.
Herzliche Grüße
Wilhelm

Hallo Novak
vielen Dank für Deinen Willkommensgruß und Deine Kommentare, die ich mit Vergnügen gelesen habe.

Ich finde schon, dass du eine Satire geschrieben hast. Den Tod zum Geschäftsartikel, zu machen, das hat schon was Satirisches. Wenn auch die Euthanasiedebatte natürlich nahelegt, dass das Ausscheiden aus dem Leben auf freiwilliger Ebene in naher Zukunft gesetzlich erlaubt und geregelt sein wird. Aber freiwilliger Tod als Verkaufsschlager, klar ist das Satire oder man könnte die Idee auch umdrehen: Alles wird/ist zum Geschäftsartikel, selbst die natürlichsten Lebensvoraussetzungen, also auch das Leben selbst.
Genau dies war mein Ausgangspunkt.

Ich bin am Rumzweifeln, manchmal denke ich, dass man dieses Thema bösartiger, ätzender beackern müsste, ein bisschen ernsthafter, in die Richtung, was das dann alles mit sich bringt, wenn der Tod Geschäftsartikel ist. Dann denke ich wieder, es ist gerade gut, dass du so einen kunterbunten Rummel veranstaltest mit dem körperbetonten Fräulein Busenik und der langen Reihe Todeswille-Kandidaten.
Es gibt immer mehrere Möglichkeiten. Ich habe es etwas "sanfter" gemacht. Warum? Vielleicht nur, weil ich in sanfter Stimmung war.

Diese unterschiedlichen Anreden finde ich nicht so gut, das erinnert mich immer an so komische Fernsehsendungen: Die Blondine, die alleinerziehende Sekretärin. Ich würde das Alter des Mannes noch vorne mit einbauen und dann nur noch er und der Mann schreiben.

Auch der Satz, den Gisanne Mordssatz genannt hat, ist mir ins Auge gefallen. Ihre Lösung finde ich gut.


Hast du den alten Herrn in die Möbelabteilung geschickt wegen der Särge? Außerdem fand ich, du könntest ihn da in der Möbelabteilung ein wenig hartnäckiger machen, er kann den Verkäufern ruhig ein bisschen zusetzen, finde ich, mit Fragen und Aussagen, dass es doch alles zu kaufen gibt, da muss es doch auch einen Tod geben, damit dann die Verkäufer noch genervter werden und ihn rausschmeißen wollen, bis sich andere Käufer auf der Seite des Mannes einschalten.

Richtige und gute Hinweise!
Herzliche Grüße
Wilhelm

Hallo lakita


Eine Satire nimmt zunächst einen sozialen, politischen, gesellschaftlichen, aber auch einen höchstpersönlichen Misstand zum Anlass. Das ist bei dir die Tatsache, dass man sein eigenes Lebensende nicht beenden lassen kann, wann und wie man selbst es möchte.
Insoweit ist eine Vorgabe einer Satire bei dir gegeben.
Der Misstand in meiner Satire ist die Ökonomisierung aller Lebensbereiche. Durch künstliches Verzerren weise ich auf diesen Missstand hin. Eine passende Lösung für diesen Misstand, wie die Ökonomie unser Leben beinahe total dominiert, kann ich in dem Text nicht finden.


In einer Satire würde man, um bei deinem Thema zu bleiben, anders ansetzen, da würde es vielleicht bereits mehrere Kaufhäuser und Onlineshops gehen, die sich in harter Konkurrenz gegenseitig übertrumpfen würden beim Anbieten der ausgefeiltesten Todesmethoden. Es würde die skurrilsten Angebote geben und Sonderangebote etc., Todesreisen, ein richtiger Boom.
Und vielleicht würde, einfach, weil man die Sachverhalte nur umdreht, eine Gesetzesinitiative entstehen, die all ihre Mühe damit verbringt, diesem Todesverkauf Einhalt zu gebieten. Das wäre eine Satire.
Als ich dies gelesen hatte, setzte ich mich gleich hin und probierte es aus, daraus eine Satire zu machen. Ich hoffe, dass ich dieses Ergebnis dann Dir vorstellen kann. Das ist dann auch eine Satire.

Thema des Missstands: Korruption in Deutschland.
Geschichtenhandlung: Man zeigt die Korruption auf, indem man einen bestechlichen Politiker in seinem Tun zeigt, baut danach ein Gesetz, dass dieses Handeln verhindert oder unter Strafe stellt und schwups ist die Geschichte fertig.
Frage an dich: Ist das eine Satire?
Es kommt wohl auf die Definition an. Mir reicht Deine erste Vorlage zum Ausprobieren.
Vielen Dank für Deine tiefgründigen Ausführungen!
Herzliche Grüße
Wilhelm

Liebe Novak

Aber dein Beispiel mit der Korruption zieht für mich nicht, für mich besteht das Satirische der Geschichte nicht in der Anfangsmisere (dem alten Herrn, der sich den Tod wünscht), sondern in der Lösung selbst: Tod wird verkauft, ist ein Geschäftsartikel. Das ist eben keine normale Gesetzesinitiative, (wie bei dem korrupten Politiker), sondern eine Übertreibung, die Verzerrung einer Lebensäußerung, ein Kontrast zu dem Tod, der unserem Ideal nach in würdevoller Weise begangen werden soll. Das Ende verzerrt also eine Wertvorstellung. Und damit ist es für mich eine Satire. Oder?
Ich fühle mich von Dir verstanden.
Herzlichen Dank!
Viele Grüße

 
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Hallo Anakreon


Ups, da blieb ich im ersten Satz hangen. Das Sterben kennt seine Variablen, die in der Folge mit einem Todes-Kriterium belegt werden können. Aber der Tod als Zustand? Ich denke nicht, folglich dünkte mich hier besser den Tod.
Gleichlautende Formulierungen von einen / keinen Tod, ist vermehrt im Text. Es mag sein, dass du diese Wortformen mit Absicht gewählt hast, den Tod dadurch zur blanken Ironie zuspitzend, dann wäre es m. E. vertretbar. Einen spezifischen Mehrwert für die Geschichte konnte ich darin aber nicht erkennen, da keine verschiedene fiktive Artungen von Tod auftraten.
Tatsächlich meinte ich es im Sinne von "irgendeinen Tod, schon egal welchen", habe die Konsequenzen "verschiedene fiktive Artungen von Tod" nicht gezogen.

Vor diesem Zeitsprung fehlt mir eine Leerzeile, die den neuen Absatz markiert.

Sterbewilligen wäre hier die gewählte Form, um ihnen eine letzte Ehrerbietung zu erweisen.

Danke

Da fragte ich mich, ob das Kaufhaus einen direkten Kanal zur Hölle bohren liess, ansonsten müssten sie ja bald in Platznot geraten.
Eine schöne Idee.
Es sind durchaus humorvolle Akzente in der Geschichte, wenngleich auch ich etwas Mühe bekunde, sie einem Genre zuzuordnen. Doch als Thema habe ich es mit Heiterkeit gelesen, auch wenn es mir beinah etwas zu glatt über die Bühne ging.
Mit der Ökonomisierung dominiert auch das "glatte" Design.
Vielen Dank und herzliche Grüße
Wilhelm

Verzeihung, ich dachte, ich hätte die erste Antwort nicht gespeichert. Deshalb die zweite Fassung. Ist wohl schon spät.

Hallo Anakreon

Ups, da blieb ich im ersten Satz hangen. Das Sterben kennt seine Variablen, die in der Folge mit einem Todes-Kriterium belegt werden können. Aber der Tod als Zustand? Ich denke nicht, folglich dünkte mich hier besser den Tod.
Gleichlautende Formulierungen von einen / keinen Tod, ist vermehrt im Text. Es mag sein, dass du diese Wortformen mit Absicht gewählt hast, den Tod dadurch zur blanken Ironie zuspitzend, dann wäre es m. E. vertretbar. Einen spezifischen Mehrwert für die Geschichte konnte ich darin aber nicht erkennen, da keine verschiedene fiktive Artungen von Tod auftraten.
Ich meinte "irgendwelchen Tod, schon egal welchen", habe die Konsequenzen "verschiedene Artungen von Tod" nicht gezogen.

Vor diesem Zeitsprung fehlt mir eine Leerzeile, die den neuen Absatz markiert.

Sterbewilligen wäre hier die gewählte Form, um ihnen eine letzte Ehrerbietung zu erweisen.

Danke!
Da fragte ich mich, ob das Kaufhaus einen direkten Kanal zur Hölle bohren liess, ansonsten müssten sie ja bald in Platznot geraten.
Gute Idee!

Vielen Dank und herzliche Grüße
Wilhelm

Hallo lakita

Ich erlaub mir mal denken zu lassen und zitiere aus Wikipedia:


:klug:

Mit dieser Aussage dürfte dann genug Platz für uns beide mit unseren Meinungen zu dieser Geschichte sein.

Gilt das auch für micht?

Herzliche Grüße
Wilhelm

Hallo Novak, lakita und andere Satiredefinitoren

Jetzt hoffe ich nur, dass kein ausnutzwilliges Auge diese hyperpluralitische Wikipedia-Definition mussbraucht.
Ob Wittgenstein schon Wikipedia gelesen hat: "Man kann nicht eigentlich sagen: ´Satire ist durch folgende Charakteristika definiert, die jedes Satire genannte Werk haben muss.“ (zitiert in: http://www.magic-point.net/fingerzeig/literaturgattungen/satire/satire.html, 16.03.2013).
Einer Satire definitorische Grenzen zu setzen, das könnte vielleicht schon Satire sein, denn "Was darf Satire? Alles!" (Tucholsky). Ein Lob auf die Hyperpluralität!

Vielen Dank an alle, es ist sehr erfrischend, so zu diskutieren.
Herzliche Grüße
Wilhelm

 
Zuletzt bearbeitet:

Es wäre interessant zu wissen, wie der Titel des Films war.
Dies ist der Film, an den mich deine Geschichte erinnerte, Wilhelm. Hab ich bei Wikipedia gefunden:

„…Jahr 2022… die überleben wollen“ (Originaltitel: Soylent Green) ist ein US-amerikanischer Science-Fiction-Film aus dem Jahr 1973. Mögliche Folgen exzessiver Nutzung endlicher Ressourcen, Umweltverschmutzung und Überbevölkerung werden in einem Zukunftsszenario thematisiert. Der Film erschien ein Jahr nach dem Bericht Die Grenzen des Wachstums des Club of Rome und gehörte somit zu den ersten Öko-Dystopien. Die Vorlage lieferte das Buch New York 1999 von Harry Harrison.

Grüessli,
Gisanne

 

Hallo Wilhelm,

Stimmt. Das wäre eine Gelegenheit gewesen, eine Satire über Gesetzgebungsverfahren zu schreiben.

Soweit wollte ich mit meiner Anmerkung nicht gehen. Das hätte die Geschichte vielleicht auch in die falsche Richtung geführt.

Mein Gedanke an dieser Stelle war nur: "Hui, das ist aber schnell gegangen."

Gruß
Andreas

 

Hallo Wilhelm Berliner,

ein kurzer formaler Einwurf: Aus Gründen der Lesbarkeit ist es hier üblich, alle anstehenden Antworten auf Kommentare in ein Posting zu schreiben. ;)

Freundliche Grüße,

Berg

 

Hallo Wilhelm Berliner,

zunächst einmal ein herzliches Willkommen auf kg.de. Die Kritiken habe ich nur überflogen. Es scheint Uneinigkeit darüber geherrscht zu haben, ob der Text satirisch ist. Ich finde ihn eindeutig satirisch. Die Situation hat mich ein wenig an den Humor von Loriot erinnert, ich weiß auch nicht warum. Der hat mit seinen Betrachtungen immer sehr nah an der Wirklichkeit gelegen, und sie dann oft nur um eine Winzigkeit verschoben. Ähnlich empfand ich deine KG. Dadruch wirkt der erste Teil, wo ein alter Mann im Kaufhaus nach dem Tod sucht, unterhaltsam und angenehm amüsant.

Der zweite Teil, mit Frau Busenik, die dann ihre revolutionäre Idee umsetzt, finde ich zu schlapp. Das wird nur so runter erzählt, fast wie ein Bericht. Im Grunde genommen sind das zwei Geschichten, und du wolltest beide in einer erzählen.

Mir hätte der erste Teil gereicht, und dass der alte Mann dann im Kaufhaus ungewollt findet, was er gesucht hat, wäre als Pointe mehr als ausreichend gewesen.

Ich denke, dass du ein echt tolles Thema gefunden hast. Und ich kann mir vorstellen, dass jeder Leser bei dieser Thematik sofort seine eigene Version im Kopf hat, was natürlich immer dazu führt, dass man keinen objektiven Blick mehr auf deine Geschichte wirft, sondern gleich mit den eigenen Ideen abgleicht.

Mir ging es jedenfalls so. Ich habe herrliche groteske und absurde Möglichkeiten in deiner Idee entdeckt, die du gar nicht nutzt. Aber egal.

Du hast schon viel draus gemacht. Dennoch, die Zweiteilung - wenn sie denn sein muss - sollte etwas eleganter verwoben werden. Alles in allem habe ich Idee & Umsetzung mit Interesse gelesen.

Rick

 

Hallo Wilhelm!

Ich will mich nur kurz einschalten, um Ricks Meinung zu unterstreichen: Zitat Rick:

Mir hätte der erste Teil gereicht, und dass der alte Mann dann im Kaufhaus ungewollt findet, was er gesucht hat, wäre als Pointe mehr als ausreichend gewesen.
Das wáre fúr mich das optimale Ende gewesen. Ansonsten: Ja, es ist eben eigentlich nur eine Idee, die den ganzen Text trágt, es gibt keine Wendungen mehr etc. Ist mir eigentlich zu wenig, weil es keine Steigerung mehr gibt. Trotzdem fand ich ihn gar nicht schlecht. Aber wie gesagt: Der Teil nach dem Tod wirkt auf mich úberflússig.

Lollek

 

Wenn ich etwas nicht ausstehen kann, dann sind das Zitate, die aus dem Zusammenhang gerissen werden und dann verfälscht als Begründung herangezogen werden,.

Das Zitat von Kurt Tucholsky "Was darf die Satire? Alles." stammt aus dem Jahre 1919 und wenn man den ganzen Artikel liest, der dann am Ende mit den zitierten Worten schließt, dürfte wohl klar werden, dass Herr Tucholsky damit keineswegs gemeint hat, man dürfe nun alles als Satire betrachten, was man zuvor als solche erklärt hat.

Hier das komplette Zitat:


http://gutenberg.spiegel.de/buch/1185/2


Dennoch freue ich mich sehr, dass hier eine kleine Diskussion darüber versucht wird, was eine Satire ausmachen kann. Dass ich anderer Meinung bin, hat dies ja erst ermöglicht. ;)

@ Wilhem Berliner
Mein Beispiel mit der Korruption war exakt eines, das dir darstellen sollte, wie keine Satire entsteht. Ich fürchte, du hast mich mehr als nur gründlichst falsch verstanden, so lese ich jedenfalls deine Antwort. *tiefseufz*


Lieben Gruß

lakita

 

Hallo zusammen!

Ich finde schon, dass Wilhelm Berliners Text eine Satire ist, wenn wir den Begriff Satire nicht so eng fassen. Aber wenn es schon zu einer bestimmten Gattungszuordnung kommen soll, würde ich vorschlagen, den Text als "dystopische Satire" oder "Dystopie" zu bezeichnen - mit einem Begriff also, den Gisanne bereits in diese Diskussion eingeführt hat.

Eine Dys-topie ist eine negative U-topie, also ein gesellschaftlicher Zustand, den es noch nicht gibt, der aber eintreten und in Zukunft herrschen könnte und der im Gegensatz zur Utopie nicht wünschenswert ist. Gisanne nannte als gutes Beispiel den Film "Soylent Green", ich möchte als Beispiel Aldous Huxleys Roman "Schöne neue Welt" anführen, der thematisch mit Wilhelm Berliners KG verwandt ist: In Huxleys Roman dämmern die Moribunden unter dem Einfluss der euphorisierenden Droge Soma friedlich in den Tod hinein, so dass sie ihren Verfall und ihr Sterben nicht als aufwühlend, angsteinjagend, dämonisch, verstörend, schmerzgepeinigt erleben (müssen). Was in Huxleys Dystopie nicht nur für das Sterben, sondern für das ganze Leben gilt: Alles Dämonische, Verstörende, aber auch Spannende, einen Kick Gebende wie zum Beispiel Eifersucht, Familientragödien oder gefährliche Abenteuer sind abgeschafft, das Leben ist eine einzige konsumorientierte Zerstreuung bar aller schlimmen Konflikte aber auch eben oberflächlich, langweilig und total unheroisch. Das Leben ist schmerzfrei, aber wenig intensiv. Huxleys Dystopie wird nicht nur von Rechten (z.B. konservativen Christen), die gegen die verweichlichende Dekadenz der westlichen Konsumwelt sind, sondern auch von Linken, die ja auch gegen Konsum sind, geschätzt. Auch Wilhelm Berliner kritisiert in seinem Text diese oberflächliche Konsumwelt, die dem Tod (und anderen Aspekten des Lebens) seine Intensität, seine Dramatik, seinen heldischen Aspekt nimmt - ob er das aus (christlicher) rechter oder konsumkritischer linker Einstellung heraus tut, habe ich nicht herausbekommen und er muss es auch nicht bekennen :).

Was nun meinen eigenen Tod betrifft: Ich sehe unsere oberflächliche, dekadente Konsumwelt, in der wir unser Dasein weniger intensiv erleben als unsere Vorfahren im Mittelalter, ja auch kritisch, aber was das Sterben betrifft, bin ich dann wohl doch nicht so heroisch veranlagt und verkrümele mich doch lieber auf schmerzlose Weise. Wie sagt Galilei bei Brecht?

Unglücklich das Land, das Helden nötig hat!

Ob einer sein Sterben heldenhaft bis zum bitteren Ende ertragen will, soll er selbst entscheiden dürfen.

Wilhelm Berliners KG ist wertvoll, weil sie zum Nachdenken anregt!
Grüße
gerthans

 

Hallo Rick,
vielen Dank für Willkomm und Kritik.
Die Zweiteilung ist richtig beobachtet. Die Glätte im zweiten Teil auch. Sicher sind es zwei Geschichten, aber die erste setzt die zweite in Gang. Dann läuft die Maschinerie des ökonomischen Systems glatt durch. So dachte ich mir das.
Vielen Dank für die insgesamt ja positive Rückmeldung.

Hallo herrlollek,
auch Dir vielen Dank. Der Höhepunkt könnte doch die Routine sein, mit der die Prozession durch den Konsumtempel zieht, statt Höhepunkt besser Tiefpunkt! Aber das ist auch eine Spannung zwischen der Selbstverständlichkeit des Lebens und des Sterbens, alles im Tempel des Konsums, die Liebesgeschichte des alten Direktors und der Auszubildenden eingeschlossen; es fehlt leider die Geburt, dann könnte der gesamte Lebenskreislauf im Tempel der Konsums gelebt werden: ein geschlossenes System, eine Diktatur. Vielleicht habe ich das zu harmlos geschildert.
Dank für den Hinweis!

Hallo lakita!
Der Schluss des kurzen Artikels von Tucholsky ist im Zusammenhang mit der Feststellung von ihm zu sehen, dass die deutsche Satire wegen der Übelnehmerei der Krähwinkler „dürftig“ sei, sie nähme sich (aus Angst vor den Krähen) nicht der großen Themen an. Deswegen ermutigt er die Satiriker zu dem „Alles“. So ist der Anspruch von Tucholsky, alle Themen satirisch zu behandeln, universal, ein Satz, der Allgemeingültigkeit beansprucht. Der Universalanspruch der letzten fünf Wörter sollte nicht verwässert werden.
Vor allem, weil Tucholsky diesen Anspruch noch vertieft: „Der Satiriker darf keine, aber auch gar keine Autorität anerkennen. Das widerstrebt den Priestern der Autorität und den Halben, Lauen, und niemals werden sie eine künstlerisch gute Satire hervorbringen können.“ Dresdner Volkszeitung, 14.05.1912, Nr. 110. (http://www.textlog.de/tucholsky-politische-satire.html, 17.03.2013)
Deine Prüfungsaufgabe, ob ich überhaupt verstünde, was Satire sei, habe ich nach Deiner Auffassung, die Du tief seufzend kundtust, nicht bestanden.
Deine Aufgabenstellung war etwas sehr kurz geraten und wenig aussagekräftig. Trotzdem sehe ich in dieser Situation, dass ein korrupter Politiker ein Gesetz gegen Korruption macht, ein wunderbares Beispiel für eine der Ursituationen für Satire, die den Widerspruch zwischen Sein und Schein aufdecken soll. Das Sein (Dein korrupter Politiker) versteckt seine Korruptheit hinter einem Gesetzesantrag gegen Korruption, um den Schein der Anständigkeit zu wahren. Es könnte auf diese Grundsituation gut eine Satire aufgebaut werden. Beispiele aus der Wirklichkeit fallen mir genügend ein. Auch ein Sujet nach dem Motto „Wasser predigen, Wein trinken“ wäre aus Deiner Aufgabenstellung abzuleiten.
Wenn „Dein“ korrupter Politiker, den man bei der Korruption schildert, einen Gesetzesentwurf einbringt, der die Korruption verhindern soll, stellt er sich als Saubermann dar, der deshalb nicht nur Wählerstimmen einsammelt, sondern sich hinter dem Schein Saubermann weiter unbeschwert der Korruption widmen kann, denn gerade ihm traut man das nicht zu.
Vorschlag für weitere Prüfungsaufgaben von Dir für Neulinge:
Stell Dir vor, da schreibt ein Politiker eine Doktorarbeit ab, schimpft über einen anderen Politiker, der dies auch gemacht hat, wird des Plagiats beschuldigt, bekommt den Titel aberkannt und klagt vor Gericht, weil er nur schlampig gewesen sein will.
Ist das eine Satire?
Stell Dir vor: Qualtinger liest „Mein Kampf“?
Ist das eine Satire?
Stell Dir vor: Satiriker streiten über die Definition von Satire.
Ist das eine Satire?

Ich meine, dass man aus allem eine Satire machen kann, dass Satire eine Sichtweise auf Wirklichkeit ist.
Warum das so ist, kann man an anderer Stelle diskutieren.
Jedenfalls sind wir einer Meinung, dass eine rege Diskussion unterhaltsam und gewinnbringend sein kann.
Du kannst wieder aufseufzen und ruhig weiteratmen, ist „blutreinigend“.
Herzliche Grüße
Wilhelm

Hallo gerthans,
es war für mich erfreulich, Deinen Hinweisen zu folgen.
Was soll ich sagen/schreiben?
Nichts, Du hast alles gesagt.
Danke
Wilhelm Berliner

 

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