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Der Tisio Vorfall
Der Tisio Vorfall
Von O. Paul Schoeps
3551 AD
„Sir. Wir erreichen das Tisio System in wenigen Minuten.“ Der alte Mann saß in der Dunkelheit, den Blick durch die Krümmung in den leeren Raum gerichtet. Raxo stand in dem spärlichen Lichtkegel der einzigen Lichtquelle. Der alte Mann, Generalagent des Gremiums blieb stumm. Raxo unterbrach ihn nicht- nicht mehr. Nach der langen Reise waren sie nun am Ziel. Nach einer Weile erhob er den rechten Arm und winkte ihn davon. „Verfahren sie wie es ihnen beliebt, Kapitän.“ Hallte seine raue Stimme in dem kleinen, möbelarmen Raum. Raxo nickte und verließ zackig das unheimliche Büro.
Er war der zweitmächtigste Mann an Bord, unterstellt nur dem Generalagenten. Auf der Brücke salutierten alle als er hinein kam. Die imposante Gestalt des Kapitäns in seinem schwarzen Kommandoanzug aus Kunstleder erzeugte Respekt und Ehrfurcht. „Steuermann. Deaktivieren sie das Krümmungsfeld. Kommunikation- melden sie der Capminenverwaltung die Ankunft und schicken sie die Mannschaften der Kriegsschiffe in Position.“ Der Raum vor dem Sichtfenster hörte auf zu flimmern, das diffuse Licht verwandelte sich wieder in Sterne. Ekelhaft. Kapitän Raxo hasste das. Diese ekelhafte, archaische, verklärte Haltung, die die Menschen dazu hatten. Seine Mannschaft blickte lächelnd und freudig aus dem Schiff, auf den Himmel der seit Wochen stumm gewesen war. Doch er fand das widerlich. Es waren nur große Konzentrationen von Gas die unter enormen Druck Wärme ausspieen. Unspektakuläre, ineffiziente Fusionsreaktoren dessen Funktion nur darin lag Leben hervor zu bringen und Leben zu verzaubern sobald es intelligent genug war so dumm zu sein Schönheit zu erkennen. Welch eine Verschwendung die Gabe des rationalen Geistes für so etwas unsinniges zu missbrauchen wie die Erkenntnis von Schönheit.
„Nehmen sie Kurs auf Tisio 3, die Hauptverwaltung dieses Gesteinsbrocken. Ich will Weihnachten wieder zu Hause sein.“ Die Ionentriebwerke röhrten auf, schalteten vom bequemen, reibungslosen Krümmungsbetrieb auf die Bewegung im unsauberen, unverkrümmten Weltraum. Das Licht flimmerte in den Gängen mit Sichtluken wieder auf, wochenlang hatte das diffuse Licht des gekrümmten Raums ausgereicht um die Gänge zu erleuchten. Techniker gingen durch das Schiff und wechselten die Lichter aus die nach den Wochen nicht mehr an gingen. Dutzende Teams checkten auf den Kriegsschiffen die Systeme durch, die eingestaubten Riesen erwachten langsam wieder zum Leben. Die Agenten- Juristen und Psychologen, bereiteten sich aufs neue für ihre Arbeit vor.
Der Direktor von Tisio 3 lächelte auf dem Display Kapitän Raxo entgegen. „Welch unerwartetes Vergnügen.“ Schleimte er „Wir hätten nicht erwartet das uns das Gremium ein so stolzes Schiff schickt. Hat ihre Ankunft einen besonderen Grund?“ Raxo grinste einmal übertrieben und versteinerte dann in der Mimik. „Sparen sie sich ihre Floskeln, Direktor! Sie wissen warum wir hier sind! Wie können Piraten existieren in einem Volk das keine Waffen an Privatleute verkauft!“ Der Direktor verlor seine Schleimigkeit. „Kapitän. Wir tun hier unser bestes um der Piraterie ein Ende zu setzen! Wir benötigen dafür nicht die Hi…“ „Reden sie nicht weiter! Wir schicken eine Untersuchungskommission zu ihnen.“ Der Direktor verengte die Augen zu Schlitzen. „Als offizieller Vertreter der Capminen Corporation darf ich es ihnen nicht gestatten Einsicht in unsere Akten zu nehmen.“ Raxo lächelte. „Ich habe einen Generalagenten des Gremiums für Interstellare Angelegenheiten an Bord. Sie werden mir und meinem Ermittlerteam Quartiere zur Verfügung stellen.“ Der Direktor wollte sich auflehnen, doch Raxo erstickte diese Rebellion im Keim. „Empfangen sie mein Untersuchungsteam oder erwarten sie Besatzungstruppen!“ Er legte nicht einmal Betonung in diese Worte. Auch ohne das hatten die Worte genug Bedeutung. Der Direktor machte ein ärgerliches Gesicht. Er hatte keine Chance. „Ich werde Beschwerde beim Gremiumstribunal einlegen!“ Raxo lächelte. „Viel Erfolg.“
Er hatte alles auf seiner Seite. Der Gremiumsrat hatte dieser Maßnahme zugestimmt, der Generalagent hatte ihm eine Blankovollmacht für die meisten Handlungen gegeben. In dem Hangar richtete man seine Fähre her. Die kleine Fähre war für den Kapitän an Bord. Ledersitze, Bildschirme, viel Raum. Nicht die engen Truppentransporter bei denen selbst die Sichtluken wegen der Kosten ausgespart wurden. Auch zwei größere Fähren wurden klar gemacht. Besetzt mit Agenten und Soldaten. Raxo gab seinem ersten Offizier das Kommando über den Koloss. Er würde diese Aufgabe gut bewältigen. Die Fähre legte ab, aus seinem Fenster sah Kapitän Raxo auf das einzige zurück das ihm etwas bedeutete. Sein Schiff. Die IRS Kosmischer Frieden.
Ein Riese unter den Riesen. Die Interstellaren Raumschiffe (IRS) waren die mit Abstand größten Schiffe im Besitz der Menschheit. Geschaffen wurden sie aus Asteroiden, in einer Bauzeit von vielen Jahren. Beim Bau höhlten die Menschen gewaltige Kavernen aus um Platz zu machen für die vielartigen Systeme des Schiffs. Wie Injektionsnadeln bohrten sich die Maschinen der Menschen in die Himmelskörper und füllten die Hohlräume mit Quartieren, Kommandozentren und Maschinen. Herzstück: Die Krümmungskammer. Der eigentliche Zweck der Interstellaren Raumschiffe. Um die gewaltigen Entfernungen zwischen den Sternen zu überbrücken krümmten die Menschen den Raum. Doch die dafür nötige Technik war enorm teuer und riesig. Das erste Schiff dieser Art hatte beim Bau, im 28. Jahrhundert, so große Massen an Ressourcen verschlungen das sich die Menschheit über einhundert Jahre lang keinen Bau eines zweiten Schiffes dieser Art leistete.
Schon in der Mitte des 22. Jahrhunderts hatte man das sogenannte „Gremium für Stellare Angelegenheiten“ (GSA) gegründet. Ein multinationales Unternehmen das die Kolonisierung des Sonnensystems voran treiben sollte. Nach dem letzten großen Krieg im 25. Jahrhundert übergaben die Regierungen der Erde dem Gremium sämtliche Raumschiffe, Raumstationen und Raumhäfen um der Gefahr eines neuen Krieges dieser Größe vorzubeugen. Als dann 2612 die Raumkrümmungstechnologie (RKT) erfunden wurde sicherte sich das Gremium alle Rechte an dieser Technologie und gab sich den neuen Namen: „Gremium für Interstellare Angelegenheiten“ (GISA). Das GISA kontrollierte seit dem, ganz allein, sämtliche interstellare Raumfahrt der Menschheit. Kein Staat konnte es sich- sowohl politisch als auch finanziell leisten, ein solches Raumschiff zu bauen. Auch das mächtige Gremium verfügte nur über acht Interstellare Raumschiffe. Das einzige mit einem rein militärischen Auftrag war die IRS Kosmischer Frieden, die im 35. Jahrhunderts ihr Debüt im „Neo Terranischen Krieg“ hatte. Seit dem war viel Zeit vergangen, beinahe einhundert Jahre. Die Entdeckungen über die Eigenschaften von „Indignusin“ hatten die interstellare Raumfahrt revolutioniert und schien der Menschheit die Kraft in die Hand gegeben zu haben sich unbegrenzt und frei zu verbreiten im All.
Raxo schweifte ab. Er schüttelte sich leicht und wandte den Blick von seinem Schiff ab, hin zu der Kuppel auf dem kahlen Felsbrocken von Tisio 3. Einer Welt die so unbedeutend war das sie nicht einmal einen richtigen Namen hatte. Minenkolonien- Beispiele des größten Abschaums den man noch in der Menschheit finden konnte. Wer eine Minenkolonie betrat suchte meist nach schnellem Reichtum, wer von dort weg war, war froh, und wer dort war der arbeitete nur um ein Ticket von dort weg zu kriegen. Raxo war der Meinung das es ein Fehler gewesen war damals (vor einigen Jahrhunderten) alle Minenkolonien an Privatfirmen zu verpachten. Das Gremium und die Planetaren Regierungen waren- zugegeben- nicht sehr effektiv in der Ausbeutung der extrasolaren Minen gewesen, doch war niemals Piraterie aufgekommen. Raxo machte dieser Gedanke zornig. Er war ohnehin ein zorniger Mann, voller Zorn tobte er dereinst gegen seine Eltern die nicht wollten das er Gremiumssoldat wird. Er tobte gegen seine Verlobte die ihn bat das Offizierpatent beim Gremium nieder zu legen. Er tobte gegen die Admiräle die ihm sagten er würde niemals Kapitän werden. Das Toben hatte sich gelohnt. Er hatte einige Günstlinge beim sogenannten Gremiumsadel gefunden die in ihm etwas erkannten das die Admiräle beim Gremium übersahen. Was das gewesen war hatte er nie genau erfahren. Vielleicht war es diese Hassliebe zur Menschheit, dieser Glaube sie sei fehlgeleitet und verklärt dabei der Gewissheit das sie es deshalb wert war erhalten zu bleiben. Oder es war diese besondere Ader in ihm, welche die Zeit gefrieren ließ wenn er sprach, die jeden schweigend machte wenn er den Raum betrat, die jedem das Gefühl gab er sage die reine Wahrheit.
Kapitän Raxo stand auf und ging zu den Pilotensitzen. Zwei Gremiumsoffiziere mit elektronischen Sichtkontaktlinsen in weißen Chauffeuruniformen saßen am Steuer. „Roger Tisio Kontrolle. Gehen in Warteposition.“ „Was ist los?“ fragte Raxo. Einer der Piloten drehte sich leicht zu ihm um: „Nichts besonderes, Sir. Sie sagen ihre Landerampen sind voll, wir sollen ein paar Minuten warten.“ Raxo legte seinen Finger auf die Kommunikation. „Tisio Kontrolle! Sie lassen uns augenblicklich landen!“ Kurz später kam die Stimme des Lotsen zurück. „Tisio Kontrolle hier. Identifizieren sie sich.“ „Kapitän Raxo von der IRS Kosmischer Frieden! Sie machen sofort eine Landeplattform frei!“ Der Lotse wiederholte was er eben dem Piloten gesagt hatte. „Es tut mir leid, Sir. Unsere Rampen sind alle besetzt, wir machen gerade für sie frei.“ Der Pilot sah seinen Kapitän fragend an. „Die wollen uns hinhalten!“ stellte dieser fest. „Tisio Kontrolle! Sie weisen uns jetzt eine Landeplattform an oder wir schießen uns eine frei.“ Für eine halbe Minute herrschte Stille. Dann knackte das Funkgerät wieder. „Achtung Fähren, IRS Kosmischer Frieden. Sie haben Landeerlaubnis für Plattformen 3, 8 und 27.“ Die Piloten kicherten, Raxo setzte sich wieder nach hinten.
Raxos Fähre setzte sanft auf der Plattform im inneren der Kuppel auf. Techniker der Capminen Corporation kümmerten sich sofort um das Gefährt. Der Druckausgleich fand statt und die Luke öffnete sich. Die Chauffeure traten vor die Tür, postierten sich umsichtig. Raxo verließ seine Fähre. Ein Schwall Minenluft kam ihm entgegen, trockener und wärmer als auf der Frieden. Mit dem nächsten Schritt verließ er das Gravitationsfeld der Fähre. Seine Kleidung und Haare schienen ihm nach oben zu gleiten als die Anziehungskraft urplötzlich um zwei zehntel abnahm. Der Kapitän sah durch den Raum. Die gewaltige Tür glitt auf. Der Direktor der Anlage mit zwei Anwälten stand da und kam dem Gremiumskapitän zügig entgegen. Er reichte ihm die Hand, doch der Kapitän nahm sie nicht an. Der Direktor blieb dennoch höflich. „Willkommen auf Tisio 3, Kapitän. Wenn sie nun ihre Quartiere sehen wollen?“ Der Kapitän setzte sich unvermittelt in Bewegung. Seine Chauffeure folgten ihm. Der Direktor war darüber nicht froh, er folgte sogleich. „Sie werden ihre Verwaltung innerhalb einer Stunde räumen.“ Stellte Raxo ausdruckslos fest. Der Direktor wehrte sofort ab. „Sir! Um diese Zeit ist da Hochbetrieb!“ Raxo nickte ernst. „Sie haben Recht. Dreißig Minuten.“ Um einer verbalen Intervention des Direktors entgegen zu wirken blieb der Kapitän so plötzlich stehen wie er sich in Bewegung gesetzt hatte. Die Chauffeure reagierten genau so schnell, doch der Direktor war noch in der Bewegung begriffen. Der Kapitän packte ihn mit seinen schwarzen Handschuhen und zog ihn zu sich heran. „Hören sie mir zu, Direktor…“ er sagte das Wort Direktor mit hörbarer Verachtung. „…Das Gremium ist der Meinung das ihre schlampige Arbeit hier Priorität drei angegriffen und Priorität vier in potentieller Gefahr gebracht hat. Schön das sie diese Angelegenheit auf die leichte Schulter nehmen, doch ich habe hier eine Mission die weit genug reicht sie aller Rechte zu entheben!“ er ließ ihn los. Der Direktor folgte dem Kapitän nicht mehr.
Das Rechtssystem des Gremiums für Interstellare Angelegenheiten war ein sehr umfangreiches und schwer verständliches Werk. Die Rechtsabteilung des Gremiums umfasste einige Tausend Juristen. Um all dies der Bevölkerung, von der das Gremium ja auch abhing, näher zu bringen stellte das Gremium diese Gesetze in einfach verständlicher Form für die Öffentlichkeit dar. In dieser Vereinfachung waren die Gesetze in sogenannten Prioritäten angeordnet. Die sogenannten ersten Prioritäten, Punkte eins bis fünf waren die Grundsätze des Gremiums. War eine höhere Priorität in Gefahr durften alle anderen, darunter liegenden Prioritäten im Notfall ignoriert werden. Priorität drei betraf die Menschenrechte, diese zu schützen und zu erhalten war demnach das drittwichtigste für das Gremium. Menschenrechte konnten nur dann vollständig entzogen werden wenn Priorität eins oder zwei gefährdet waren. Priorität eins befasste sich mit dem Weiterbestand der Menschheit und sagte grob übersetzt aus, dass das Gremium unter absolut allen Umständen verhindern musste das die Menschheit in der Gefahr war auszusterben. Dies zog ausdrücklich auch die Unterdrückung oder Aussetzung von Menschenrechten ein. Zum Glück war es bisher nie nötig geworden diese Priorität aktiv zu stützen. Die zweite Priorität befasste sich mit der Einheit der Menschheit. Darin hieß es das die Einheit der Spezies Mensch gewahrt werden musste. Und dies unter allen Umständen, außer dem Umstand sie auszurotten. Diese Priorität wurde aufgestellt nachdem sich die Menschliche Spezies des Homo Sapiens Stellaris aus Protest aus den Menschlichen Systemen zurückzog und damals ihr Schiff, die IRS Ausflug entführten. Zwar war nicht bekannt ob das „Sternenvolk“ wie sie sich selbst nannten, noch weiter existiert oder sich geistig von der Menschheit los gesagt hat, dennoch war diese Wahrscheinlichkeit so hoch, dass das Gremium sich entschied Priorität zwei einzuführen.
Priorität drei stand also sehr hoch in den Zielen des Gremiums, schließlich ging es um den schwer erklärlichen Tod vieler Menschen. Priorität vier- die nach Angaben des Gremiums potentiell gefährdet war- besagte das kein menschlicher Staat, Organisation oder gar Einzelperson außer des GISA selbst eine Technologie benutzen durfte die virtuelle Lichtgeschwindigkeit ermöglicht. Würde sich heraus stellen das die Piraten Raumschiffe wo anders produzieren und dann mit ihren eigenen Interstellaren Raumschiffen einführen würde dies ein gewaltiges Chaos in den Augen des Gremiums bedeuten. Die Siedlungspolitik des Gremiums war, seit der Entdeckung der bewohnbaren Planeten um Capella und Vega so gewesen, dass nur dann ein Planeten zu kolonisieren war, wenn es als sicher galt, dass eine dortige, menschliche Zivilisation dauerhaft in der Lage wäre zu existieren, notfalls auch ohne jegliche Technologie. Aus diesem Grund gab es neben der guten alten Erde nur drei richtig von Menschen besiedelte Welten und zwei weitere die sich im Moment in Aufbau befanden. Das Gremium war von den Regierungen der Planeten unabhängig. Jedem Menschenvolk eine unabhängige und demokratische Regierung zu gewähren war Priorität fünf gewesen.
Es gab Bevölkerungsgruppen die damit nicht einverstanden waren. Viele andere Planeten hatten eine Lebenserhaltende Atmosphäre oder könnten mit einfachen Mitteln bewohnbar gemacht werden. Vor allem soziale, religiöse und politische Außenseiter hatten das Gremium oft gebeten ihnen einen solchen Planeten zur Besiedlung zur Verfügung zu stellen. Das Gremium lehnte jedes mal ab, es würde zu viel Verantwortung übernehmen wenn es zuließe, dass sich die Menschheit nicht nur verbreitete und expandiere sondern sich gar unkontrolliert im All verstreue. Dies wäre eine Gefährdung der zweiten Priorität gewesen. Wenn sich nun also heraus stellte das eine dritte Partei ein interstellares Raumschiff besäße, würde dies alles zunichte machen was das Gremium aufgebaut hatte. Dies wusste auch der Direktor, und deshalb war ihm nun klar wieso es schlecht für seine Karriere sein könnte wenn er weiterhin die Arbeiten des Kapitäns behindere.
Der Kapitän traf vor der Hangartür mit seinen Teams zusammen. Agenten und Soldaten. Die Chauffeure verabschiedeten sich vom Kapitän. Sie tauschten die weißen Uniformen gegen Arbeitsanzüge und kümmerten sich persönlich um die Wiederherrichtung der Fähre. An der Seite des Kapitäns tauchten neue Leibwachen auf. Grimmig blickende, dunkel gekleidete Soldaten mit schweren Gewehren. Die Gruppe aus schmächtigen Agenten und imposanten Soldaten wälzte sich durch die Straßen und Plätze der metallenen Kuppelstadt. Kaum Kinder in den Straßen, das Leben hier war hart, und das wussten potentielle Eltern. Raxos Agenten freuten sich über die niedrige Schwerkraft, richteten ihren Blick zu der lichtspendenden Kuppeldecke und diskutierten über die Versicherungskosten einer größeren Beschädigung. Diese Faszination für die niedrige Schwerkraft- kindisch. Sie könnten in ihren Quartieren jederzeit die Schwerkraft bis auf schwerelos herabstellen, aber sie taten es nicht. Dieses Verhalten war es das die Menschheit in den Augen Raxos irrational und dumm erscheinen ließ.
Das Verwaltungsgebäude war in den Felsen gehauen, in den Fenstern brannte Licht. Raxo sah auf die Uhr. „Die halbe Stunde ist um.“ Er betrat das Gebäude und lief zügig an der Frau an der Rezeption vorbei. Sie rief ihm hinterher er müsse sich anmelden, doch er hörte nicht. Zwei Soldaten geleiteten sie direkt aber gewaltlos aus dem Haus. Der Trupp verteilte sich schnell und mit perfekter Präzision im Gebäude. Chefs und wichtige Beamte wurden zur Befragung ins Foyer gebracht. Alle anderen Angestellten wurden sofort und ohne Diskussion nach draußen geleitet. Unverrichtete Arbeit blieb liegen, und Taschen wurden nur halbgepackt ergriffen. Raxo stieß die Tür auf. Angestellte standen in dem Raum und schmissen eilig Blätter in Aktenvernichter. Der Kapitän schüttelte den Kopf, die Angestellten hielten versteinert inne. „Raus!“ Der Raum war in Kürze von Minenangestellten geleert. Raxo suchte sich das Büro des Direktors und belegte es. Seine Agenten warteten in dem Raum. Nach wenigen Minuten war das Schauspiel der Besetzung abgeschlossen.
„Sir, das Gebäude ist nun in unserer Hand. Wir haben alle relevanten Mitarbeiter festgehalten.“ Der Kapitän nickte. „Bieten sie ihnen einen Platz an und etwas zu Essen.“ Er schickte einen der Agenten mit. „Machen sie ihnen klar das sie keine Gefangenen sind und das sie gehen können sobald ihre normale Arbeitszeit vorüber ist.“ Der Agent nickte und ging nach unten. Von seinem neuen Büro konnte der Kapitän die halbe Stadt überblicken. Ein beeindruckendes Monument menschlicher Leistungskraft. Auf einem kahlen, scheinbar unbewohnbaren Planeten hatten sie eine Stadt geschaffen. All dies nur getrieben von ihrem Willen zur Expansion und der Fähigkeit der Flexibilität. „Beginnen sie mit ihrer Untersuchung. Es interessiert mich brennend welche Schlamperei hier zu solchen Problem führen konnte.“ Die Untersuchung verlief schnell und Präzise. Die Befragung der Angestellten im Foyer verlief reibungslos. Die Psychologen unter den Agenten brachen in den Gesprächen schnell das Eis und vermittelten den Eindruck ihnen zu helfen wäre absolut notwendig und unproblematisch.
Schnell hatte man gefunden wonach man gesucht hatte. „Kapitän Raxo, es ist wie wir vermutet haben. Sehen sie.“ Er legte dem Kapitän ein Prospekt vor. „Die verkaufen hier zwei Arten von Schiffen. Frachter- das ist normal. Und dann dies hier.“ Auf dem Prospekt ein kleines Raumschiff. „Jägerklasse, Asteroidenbergbau.“ Stellte Raxo fest. Der Agent nickte. „Wir fanden heraus das in den letzten zehn Jahren der Verkauf dieser Schiffe drastisch angestiegen ist. Und sie sind bewaffnet. Hier, ein Leistungsfähiger Laser, dazu gemacht um Asteroiden aufzuschneiden und dann die darin enthaltenen Metalle zu schürfen. Man könnte diesen Laser als Waffe benutzen. Einen Frachterrumpf aufzuschneiden würde damit zwar einige Minuten dauern, doch die Frachter sind unbewaffnet und können dagegen nichts unternehmen.“ Der Kapitän nickte. „Fahren sie fort.“ „Wir fanden einige hundert Berichte von Überlebenden die schildern das sie von solchen Jägern angegriffen wurden. Aber keinen einzigen hat die Verwaltung je beachtet. Die Daten reichen viele Jahre zurück. Sie wussten also schon immer woran es liegt. Es kommt noch besser!“ der Agent war ganz aufgeregt. „Statt nun den Verkauf dieser Schiffe zu verbieten haben sie diese Jäger an Händler und Minenunternehmen verkauft damit sie sich vor den Piraten schützen konnten. Also brauchten die Piraten mehr Schiffe um der Verteidigung zu entgehen, und da brauchten die Händler mehr Verteidigungsschiffe.“ Der Kapitän nickte. „Clever.“ „Sie verdienen mit dem Verkauf dieser Schiffe doppelt so viel wie mit den Minengeschäften.” Der Kapitän nickte bedeutungsvoll. „Ich werde beim Gremiumstribunal beantragen das sie sämtliche Gewinne aus diesem Verdienstzweig als Strafe zahlen müssen. Haben sie Hinweise darauf gefunden wo diese Piraten zu finden sind?“ Der Agent schüttelte den Kopf. „Die nehmen es hier mit den Registrierungsnummern nicht so ernst. Nur ein Viertel der Schiffe ist ordnungsgemäß registriert. Und selbst da glauben wir das viele Besitzer nicht mehr stimmen. Dazu kommt das die Claims im ganzen System verstreut sind. Die Minenverwaltung kontrolliert sie nicht näher und kümmert sich lediglich falls es Streitigkeiten über den Besitz gibt. Wer hier Erze verkauft muss lediglich nachweisen das er einen Claim besitzt. Im ganzen System sind Dutzende, vielleicht Hunderte solcher kleinen Minen verteilt. Jede davon könnte eine Piratenbasis sein.“ „Dann müssen wir wohl suchen. Sie und ihre Gruppe bleiben hier und sehen was sie weiter heraus finden können. Geben sie die Verwaltung an die Mine ab sobald sie meinen das dies gefahrlos möglich ist. Bleiben sie dabei dies zu kontrollieren.“
Der Kapitän reiste allein von der Anlage wieder ab. Nun hatte er doch Besatzungstruppen da gelassen, doch keine Soldaten. Schlimmer: Juristen. Zurück auf der Kosmischer Frieden waren die vier Kriegsschiffe fertig. „Navigation, bringen sie die Frieden in einen Orbit um Tisio 3. Kommunikation, senden sie die Crews der Kriegsschiffe auf ihre Posten, wir legen vermutlich noch heute ab. Schicken sie auch alle Soldaten an Bord.“
Die Tür schloss sich hinter ihm. Nicht genug das der Raum so beklemmend dunkel war, er stand nun schon wieder in dem einzigen hellen Bereich. Er wartete bis der Generalagent ihm zu sprechen erlaubte. Manchmal konnte dies viele Minuten dauern, doch diesmal hob sich die Hand sehr schnell und Raxo begann zu sprechen. Er schilderte dem alten Mann umfangreich seine Erkenntnisse. Der zeigte dazu keine Regung, drehte sich nicht einmal von dem Blick aus dem Fenster ab. „Ich bitte um Erlaubnis die Kriegsschiffe zu starten. Ich werde sie im ganzen System suchen und auslöschen! Glauben sie mir das.“ Die alte, trockene Stimme redete einen ihrer seltenen Sätze. „Gute Arbeit Raxo.“ Eine große Ehre. „Wenn wir hier fertig sind werden wir genau so in den anderen betroffenen Systemen verfahren. Das Gremium wird bald erfahren von diesen ungeheuerlichen Vorgängen und innerhalb der nächsten Jahre werden wir alle Piraten ausgerottet haben. Tun sie was sie können.“ Raxo nickte und verließ wieder zackig das Zimmer.
Die Kosmischer Frieden hatte vier Kriegsschiffe an ihren Landungsarmen angedockt. Drei Zerstörer und ein Kreuzer, die ZSG Erhalt, die ZSG Antwort und die ZSG Rom. Sein Flaggschiff war der Kreuzer IKS(G) Achilles. Die Brücke der Achilles war weitaus kleiner und weniger luxuriös als die der IRS Kosmischer Frieden, doch die Achilles hatte etwas das die Frieden nicht hatte: enorme Feuerkraft. Ihre Geschütze und Raketen wären stark genug gewesen die Stadt auf Tisio 3 von der Oberfläche zu radieren. Ein einziges Geschütz hätte im letzten großen Krieg vor über tausend Jahren den Sieg bringen können. Ein lautes Rumpeln und Knirschen ging durch die Frieden und die Kriegsschiffe, als sie sich vom Rumpf lösten. Wieder sah Raxo hinaus auf die Frieden. In solchen Momenten konnte er annähernd nachempfinden was die Menschen so beeindruckend fanden an einem Michelangelo Gemälde, an der Silhouette ihres Heimatplaneten oder des gewaltigen Sternenhimmels. Irgend etwas in ihm machte ihm ein unwohles Gefühl beim Anblick des steinigen Asteroidenrumpfes des alten Schiffes- das dennoch jung war unter den meisten anderen interstellaren Raumschiffen.
Ein letztes mal liefen alle Tests und Diagnoseprogramme über die Systeme, dann erteilte der Kapitän den Befehl. „An die Flotte. Bewegung starten, in Formation gehen. Wir übermitteln gleich die Zieldaten, anschließend auf Reisegeschwindigkeit schalten.“ Die Kriegsschiffe waren enorm. Die Frachter und Bergbauschiffe die um Tisio wuselten wirkten wie Spielzeugschiffe neben den Kampfkolossen. Andererseits wirkten die wieder klein gegenüber der gewaltigen Kosmischer Frieden. Raxo hatte drei Viertel der Crew der Frieden auf die Kriegsschiffe transferiert. Die Frieden würde brav im Orbit um Tisio 3 warten, bis er am Ende seines Kreuzzuges gegen die Piraterie zurück käme um vom Gremiumsrat seine Belohnung zu erhalten. Vielleicht die Beförderung zum Admiral oder gar einen Platz im Gremiumsrat. Er würde es wieder alles zeigen. Seinen verstorbenen Eltern die einst sagte er könnte nicht zum Gremium gehen, seiner Ex-Verlobten die nun glückliche Mutter von zwei Kindern auf Neo Terra war, den inzwischen pensionierten Admirälen in ihren Villen auf der Erde und dem Mars.
„Sir. Wir erreichen den Claim.“ Der erste von insgesamt 71 die im System festgestellt wurden. Die Untersuchung könnte so Wochen dauern. Der Kapitän stellte Kontakt her. „Hier ist der Claim 21, ich bin der Besitzer Heinze von der Heinze-Mine GmbH. Wir freuen uns eine stolze Flotte des Gremiums anzutreffen.“ Der Kapitän begab sich nach unten um den Claim persönlich zu begutachten. Ein mittelständisches Unternehmen. Zwanzig Mitarbeiter. Ein Frachter und drei Schiffe der bewaffneten Jägerklasse. „Zur Verteidigung.“ Gab Heinze zu. Zwar bot er dem Kapitän und seinem Team an zum Abendessen zu bleiben, doch der hatte kein Interesse an synthetischer Nahrung.
Die nächsten Claims waren genauso aufschlussarm gewesen. Nach dem vierten Fehlversuch kam der Kapitän nicht einmal mehr mit hinunter. Die Claims waren in Besitz mittelständischer Unternehmen oder großer Konzerne. Manche bereits verlassen und leer. Nach einer ganzen Woche herumreisen konnte Raxo noch nichts vorlegen.
„Mayday. Madyday!“ schallte es in Altenglisch. „Dies ist der Frachter AP-31. Wir werden von Piraten angegriffen! Erbitten Hilfe.“ Der Kapitän setzte seine Flotte sofort in Bewegung. Als sie am Schlachtort ankamen machten sich die Piraten gerade über das aufgeschnittene Schiff her, Raxo kam zu spät um das Schiff zu retten. Der Rumpf des Frachters war entfernt und das innere lugte nach draußen. Ein eigener Frachter der Piraten lag gleich daneben. Männer in Raumanzügen leerten den Frachtraum. Raxo beschloss außerhalb ihrer begrenzten Sensorenreichweite zu bleiben und ihnen dann unauffällig zu folgen. Die Verfolgung dauerte 21 Stunden. „Sir. Wir haben ihren Kurs voraus berechnet, sie nehmen Kurs auf einen Claim auf einem Mond von Tisio 9. Laut der Capminen Corporation ist dieser Claim bereits verlassen.“ Der Kapitän nickte. „Verringern sie den Abstand und greifen sie die Piraten an. Versuchen sie, sie nicht zu schwer zu treffen.“ Hinter den winzigen Piratenschiffen tauchten die riesigen Kampfschiffe des Gremiums für Interstellare Angelegenheiten auf.
Die Piraten bemerkten ihre Verfolger bald. „Scheiße! Leute seht ihr das auch?“ „Ich glaub ich werd verrückt! Das sind Schiffe von den Gremiumsspinnern.“ „Die wollen uns an den Kragen!“ Eines der Piratenschiffe scherte aus. „Hey! Hier geblieben du Arschloch!“
„Kapitän, eines der Schiffe schert aus der Formation und nimmt neuen Kurs.“ Raxo nickte. „Weisen sie der Erhalt an, dem zu folgen.“ Die ZSG Erhalt scherte ihrerseits aus der Formation der Flotte aus und folgte dem Piraten. Trotz der enorm höheren Masse war sie schneller als der Jäger.
Auf dem Jäger brach Chaos aus. Der Anführer, der welcher aufgrund seiner körperlichen Stärke hier den Ton angab sah sich einer Meuterei gestellt. Die geringe Besatzung von nur acht Mann stritt sich um ihre Reaktion. „Verdammt! Das sind Gremiumskriegsschiffe! Wir sollten uns ergeben.“ „Du Feigling!“ „Feigling ? Du hast das Ausscheren befohlen und unsere Kameraden im Stich gelassen!“ „Ich konnte doch nicht ahnen das die uns verfolgen.“ Ein Kampf entbrannte. Fäuste flogen durch die stickige Raumschiffluft. Dann durchzuckte ein lautes Rumpeln das Schiff. Sie hielten inne und hörten das Piepsen der Kommunikation. „Hier spricht die ZSG Erhalt vom Gremium für Interstellare Angelegenheiten. Unter Berufung auf die uns vom Gremiumsrat erteilten Befugnisse fordere ich sie auf unverzüglich den Antrieb und die Waffen zu deaktivieren und jeden Widerstand zu unterlassen oder mit der Zerstörung zu rechnen.“ Einen Moment Stille.
„Sir. Die Erhalt meldet das sich das fliehende Piratenschiff ergeben hat.“ „Gut. Sie sollen das Schiff kapern und sich dann zurück in die Formation begeben. Rufen sie die Piratenschiffe vor uns.“
„Die Rufen uns!“ meldete der Frachter. „Sie wollen das wir uns ergeben.“ Der Führungsjäger rief die vier anderen und den Frachter. „Wir müssen unsere Kameraden warnen. Ihr bleibt zurück und verschafft uns etwas Zeit.“ Die anderen Schiffe protestierten wild. Der Kapitän des Führungsschiffes drückte einen Knopf. Explosionen auf den anderen Schiffen.
„Kapitän Raxo. Der Frachter und vier der Jäger haben Triebwerksausfall. Das fünfte Schiff setzt sich ab.“ Raxo nickte. „Die Antwort und die Rom bleiben hier. Wir folgen dem letzten weiter.“ Die ZSG Rom und die ZSG Antwort fielen zurück während die IKS Achilles an Geschwindigkeit zunahm um den letzten zu stoppen. Ihr massiger Rumpf flog über den havarierten Schiffen hinweg.
„Verdammt! Er hat uns rein gelegt! Sende das wir uns ergeben!“ „Spinnst du? Meinst du ich gehe in Gefangenschaft des Gremiums?“ Auf den Schiffen kämpfte man wieder gegeneinander. Unrasierte Abenteurer für den kämpfenden Untergang, schurkenhafte Familienväter für die Hoffnung eines milden Urteils. Die Kriegsschiffe stellten ein Ultimatum das schnell auslief.
„Kapitän. Unsere Schiffe melden das sich der Frachter und zwei der Schiff ergeben haben. Die anderen beiden griffen uns an. Wir feuerten zurück. Eines ihrer Schiffe ist dekomprimiert, sie suchen nach Überlebenden, das andere wurde voll zerstört. Keine Schäden auf unserer Seite.“ „Sir, den anderen haben wir gleich.“ „Lassen sie ihn.“
Die Piratenschiffe waren eingefangen. Von dem dekomprimierten Schiff konnte man noch einen Überlebenden retten der das Glück hatte in einem separaten Raum zu sein als die Projektile Löcher in die Hülle schossen und sofort ein Vakuum erzeugten. Die Überreste der Piraten mussten von den Wänden gekratzt werden. Die Schiffe lagen nun in den Hangars der Kriegsschiffe und die Piraten in den Gefängnissen. Die Flotte war wieder in Formation. Von der Oberfläche des Mondes von Tisio neun, auf der Claim 13 lag, stiegen dreißig Piratenschiffe auf und griffen die Flotte an.
„Hier spricht Kapitän Raxo vom Gremium für Interstellare Angelegenheiten. Geben sie sofort auf oder wir eröffnen das Feuer!“ Als Antwort richteten sich dreißig Bergbaulaser auf die Hülle der ZSG Rom. Der Kapitän nickte seinem Waffenoffizier. Die Geschütze und Raketenwerfer der Kriegsschiffe spuckten nun Kugeln und Flugkörper. Auf dem Hauptschirm erschienen für jedes Objekt eine Einschlagsanzeige. Die Zahlen rasten abwärts bis sie schließlich null erreichten. Die erste Salve war gefeuert. Der Waffenoffizier las die Anzeigen. „Drei zerstört, fünf dekomprimiert. Schäden bei uns… die Rom meldet eine leichte Verformung ihres Rumpfes. Die Piraten stellen das Feuer ein.“ Dann grinste er. „Sie wollen über eine Kapitulation verhandeln.“ Raxo nickte. Der Kreuzzug stellte sich als Geplänkel heraus. Die übrig gebliebenen Piratenschiffe wurden beschlagnahmt und die Besatzung inhaftiert. Die Piratenbasis wurde unter Besatzung gestellt. Insgesamt nahm das Gremium dreihundert Gefangene und beschlagnahmte einige Hunderttausend Bruttoregistertonnen an Waren sowie 22 der Jäger und 8 Frachter, zuzüglich jener die bereits vorher beschlagnahmt wurden. Raxo glaubte den Siege sicher, doch dann…
„Mayday! Mayday!“ schallte es zum zweiten mal während dieser Operation. „Wir werden angegriffen! Es ist eine Falle! Sie versuchen die Frieden unter ihre Kontrolle zu bringen! Kommt sofort zurück!“ Im Hintergrund der Nachricht hörte man Gewehrfeuer. Raxo transferierte alle Gefangenen auf die ZSG Rom und begab sich mit den restlichen Schiffen zurück nach Tisio 3. Tisio 3 war recht weit entfernt, und es dauerte dreizehn Stunden bis sie ankamen. Die Kosmischer Frieden war verschwunden.
„Verdammt! Direktor! Was ist hier passiert?!“ schrie der Kapitän das Display an. „Kapitän! Wir konnten nichts tun! Zehn Piratenschiffe und fünf Frachter! Sie haben ihr Schiff in wenigen Stunden erobert und sind dann davon geflogen! Ihre Mannschaft haben sie in Rettungskapseln und Fähren zurück gelassen!“ Jemand drängte den Direktor aus dem Bild. Der Generalagent. Trotz der Situation sprach er ruhig. „Raxo. Sie kamen urplötzlich. Wir müssen auf Rettung warten bis die IRS Capella Harvest hier auftaucht. Das kann noch Monate dauern.“ Raxo war außer sich. Er begann zu schreien. „Beweg das Schiff! Sofort zu diesem Piratennest!“ Die Flotte flog zurück zu Claim 13. In dem gewaltigen Hangar wurden alle Gefangenen aufgestellt.
„Das war eine Falle!“ schrie der Kapitän. „Ihr habt es gewagt ein Interstellares Raumschiff zu kapern! Das Gremium duldet so etwas nicht!“ Der Kapitän tobte gegen diese Brut. Diese gesetzlosen Schweine. Sie hatten das Attribut Mensch nicht verdient! „Mir ist noch niemals eine solche Ungeheuerlichkeit untergekommen!“ Die Stimme des Kapitäns überschlug sich mehrmals. Sein Ton war blindwütig, hasserfüllt. Diese hatten nicht das Recht ihn seiner rechtmäßigen Beförderung zu berauben. Sie waren nur Abschaum. Man musste sie von der Menschheit absondern, ihnen die Weiterentwicklung verwehren. Die Kosmischer Frieden war das einzige gewesen das ihn jemals erfreut hatte. Nur der Zorn übertraf seine Trauer. „Ihr werdet nie wieder die Menschheit vergiften!“ schrie er, und es hallte tausendfach wieder. Selbst seine eigenen Soldaten zuckten zusammen. Sein Gesicht versteinerte, die schwarz behandschuhte Hand ballte sich zu einer Faust und die erhob sich drohend. Dann sprach er mit gespenstischer Ruhe: „Das Tribunal des Gremiums hat keine Zeit sich mit ihnen zu beschäftigen.“ Er wandte sich zu dem Offizier der Wachsoldaten, einem jungen Mann mit einer Narbe auf dem Gesicht. „Hinrichten.“ Der Soldat wartete einen Moment, der Befehl suchte seinen Weg durch seine Gehirnwindungen. Hatte er das da wirklich gehört? „Sir?“ fragte er, auf einen Irrtum hoffend. Der Kapitän nickte. „Sie haben mich verstanden, Soldat!“ Das konnte doch nicht sein ernst sein. Seit über einem Jahrtausend war kein Todesurteil mehr vollstreckt worden. Der Soldat schluckte mehrmals. „Nein, Sir.“ „Was?“ sagte Raxo mit gespenstischer Ruhe. Der Offizier blieb ruhig. „Sir. Ich muss diesen Befehl verweigern. Er verstößt gegen Priorität drei.“ Raxo fing wieder an zu schreien. „Mit diesem Diebstahl haben sie Priorität zwei und vier gefährdet! Lassen sie diesen Abschaum sofort hinrichten.“ Dem Soldat rann Schweiß über die Stirn. „Hiermit gebe ich mein Offizierspatent als Gremiumsoffizier ab und trete zurück.“ Stotterte er. „Abgelehnt!“ schrie Raxo in das Gesicht des Soldaten. Er blieb stumm. „Raus! In den Bau mit ihm!“ Zwei Soldaten nahmen ihn, nicht ruppig. Er folgte widerstandslos. Raxo ging zu dem nächsten Soldaten, seine Stimme wurde lauter, überschlug sich vielfach und ließ den Hangar erbeben. Der Hass des Kapitäns türmte sich auf, aus dem Zorn seines Lebens. Sie waren schuldig! Schuldig an dem Verlust der IRS Kosmischer Frieden. Schuld an dem Tod der überfallenen Händler. Schuldig an dem Verlust seiner Beförderung. Schuld daran das seine Verlobte ihn verlassen hatte. Schuld daran das er nie die Chance hatte sich mit seinen Eltern zu versöhnen. Schuld an jedem Übel der Menschheit. Ein Soldat nach dem anderen lehnte es ab das Todesurteil zu vollstrecken. Und der Kapitän tobte lauter und lauter. Einer nach dem anderen wurde in den Bau geführt. Niemand war bereit das auf sich zu nehmen. „Raus! Die ganze Kompanie!“ alle Soldaten verließen den Hangar. Die Türen wurden geschlossen. Raxo ging in den Kontrollraum.
„Weg!“ wütend schupste er den Controller von seinem Stuhl und warf einen letzen Blick auf die Schweine die Schuld an allen Lastern der Menschheit waren. Er schlug auf die Tastatur, wild rasend, es krachte laut, dann die letzte Bestätigung. „Nicht!“ Der Controller begriff zu spät. Die Hangartüren öffneten sich in Zeitlupe. In einer unerträglich langen Sekunde dekomprimierte der Raum, die Atemluft, und alles was nicht fest gemacht war sauste hinaus ins All, so auch dreihundert Gefangene. Als die Sekunde vorüber war, da war die Menschheit gerächt, dachte Raxo.
„Das Gremiumstribunal befindet den Angeklagten Kapitän Raxo in der Anklage wegen dreihundertfachen Mordes an zivilen Gefangenen für schuldig. In Anbetracht seines Ranges und seiner vorhergehenden Verdienste für die Menschheit wird seine Strafe gemildert. Er wird unehrenhaft aus dem Gremiumsmilitär entlassen und wird zu einer Haftstrafe von vierzig Jahren in einem Straflager des Gremiums verurteilt.“ „Nein! Nein! Gebt mir das Kommando über die Capella Harvest! Ich finde die Kosmischer Frieden! Tut das nicht! Das ist ein Fehler! Sie hatten es verdient! Sie waren schuldig! Es war ein Dienst für die Menschheit…“ Kapitän Raxo wurde tobend aus dem Gerichtssaal entfernt. Er wurde seines Ranges beraubt, seinen Pensionsansprüchen und seines sozialen Status. Der Gefangene Raxo nahm sich zwölf Jahre nach seiner Inhaftierung das Leben. Kurz zuvor hatte das Gremium für Interstellare Angelegenheiten bekannt gegeben das die IRS Kosmischer Frieden endlich aufgebracht und zerstört werden konnte. Held dieser Operation war der neue Kapitän, ein Mann mit Narbe der einst als Offizier auf der Kosmischer Frieden gedient hatte. Er wurde dafür zum Admiral befördert.