Der Teufel und der Kanzler
Ich hatte gestern einen fürchterlichen Traum. Ich träumte, wie ein alter hässlicher Mann mit Bocksfüßen auf mich zu kam und sagte: „Ich weiß, was du begehrst; du begehrst den nächsten Bundeskanzler von Deutschland zu sehen und ich will ihn dir zeigen, aber bedenke, dass er Tausend Ecken und Kanten hat und ihm euer Heiligtum nicht heilig ist, lieber Aaron.“
Dann führte er mich zu einem großen Platz, der war voller Menschen, wie bei einem Rockkonzert; waren es eine oder zwei Millionen? Und ganz vorne waren eine Bühne und hunderte von Kameras, Scheinwerfern und Fotografen und als wir an der Bühne ankamen, zeigte der Bocksfuß auf den Mann am Mikrofon und ich sagte zum Bocksfuß:
„Ey Alter, ob du es glaubst oder nicht, den kenne ich. Ich fass es nicht, Alter, den kenne ich, den sehe ich jeden Morgen.“ „Das wundert mich nicht“, antwortete der Bocksfuß und strich sich mit einem schelmischen Grinsen den Ziegenbart zu Recht.
„Alter, den sehe ich jeden Morgen bei mir im Badezimmer, dat bin ich, Alter, dat bin ich ja, Alter, ich fass es nicht, was mach ich denn da?“
„So, nun beruhig dich wieder“, krächzte der Bocksfuß, „und halt die Schnauze und gebe Obacht was du da machst, denn ein paar Dinge will ich dir noch vorher erklären. Die Person zu deiner Rechten ist der Präsident der Vereinigten Staaten, dahinter der Premierminister von Großbritannien. Zu deiner Linken steht der Ministerpräsident Frankreichs, dazu sind noch zahlreiche Botschafter und Präsidenten anderer Länder anwesend und auch der Vatikan hat eine Delegation von Botschaftern in den Logen neben der Tribüne sitzen.“ „Scheint ja ein ganz wichtiges Meeting zu sein, Alter.“ „Das kann man wohl sagen“, fügte der Bocksfuß hinzu, „und auch sollst du wissen, dass man auf deine Rede besonders gespannt ist, darum übertragen mehr als 40 TV-Sender und 180 Radiosender das Treffen an ein Milliarden Publikum.“ „Wenn’s nicht mehr sind, bin ich ja beruhigt“, antwortete ich ganz cool dem Bocksfuß. „Quatsch mir nicht ständig dazwischen, Wurm!“ und kaum hatte der Bocksfuß diese Worte ausgesprochen, da hörte ich den Typ da vorne reden, ich meine mich bzw. den Typen, der so aussah wie ich.
Und ich sprach: „Hallo, immer sachte, immer geschmeidig bleiben. Hey, Hey, Hey Alter, ich glaub ich bin im falschen Film. Verdammte Scheiße, was redet der denn da. Ey, Alter, der ist ungefiltert, den könnt ihr doch nicht auf die Menschheit loslassen. Verdammte Scheiße, schaltet dem Typ endlich das Mikro aus. O Gott, was mache ich den jetzt. Cut, cut, cut verflucht, sofort cut, versteht mich denn niemand, schaltet augenblicklich die Kameras ab.“
Und ich wandte mich an die Zuschauer die neben mir standen und versuchte ihnen zu erklären, dass der Typ da nur so aussieht wie ich, aber ich das gar nicht bin, doch schien mich keiner der Zuschauer wahrzunehmen. Dann versuchte ich auf die Bühne zu stürmen, aber ich war wie angewachsen. Und ich schrie: „Ich werde euch alle verklagen, ich kenne gute Rechtsanwälte, ich werde den Regisseur verklagen.“ Da tauchte plötzlich der Bocksfuß wie aus dem Nichts auf und sagte zu mir: „Willst du Gott verklagen?“ „Du verdammter Mistbock“, brüllte ich: „Das wirst du bitterlich bereuen, ich werde dir das Leben zur Hölle machen!“ „Welches Leben?“ fragte der Bocksfuß für einen kurzen Augenblick mit ernster Miene und brach in ein höllisches Gelächter aus, als hätten sich die Pforten der Unterwelt geöffnet und die ganze Heerschar der Dämonen mit ihm im Chor gelacht und ihr Lachen war so fürchterlich, dass ich mir die Ohren zu halten musste oder war es das Schreien von tausenden von Eseln? Und aus dem Maul des Bocksfuß entwich ein schwefelartiger Gestank und aus seinen Augenhöhlen glühte es wie aus einem feurigen Ofen, den man mit dem Blasebalg anheizte und mit einer tiefen, dunklen und markerschütternden Stimme sprach er zu mir: „Du elende Made, weiß du nicht, dass ich Macht habe über alle Demokratien, Republiken und Diktaturen der Welt und ich gebe sie wem ich will?“ Und ich fing an mich selbst zu verfluchen und sprach die scheußlichsten Verwünschungen gegen mich aus bis mir schwarz vor den Augen wurde und ich das Bewusstsein verlor. Und als ich aufwachte, lag ich in meinem Bett und starrte gegen die weiße Decke. Alles war nass, ich hatte wohl 1 Liter Wasser verloren, obwohl die Raumtemperatur nicht mehr als 12 Grad Celsius betrug. Mein Körper war nass, die Bettdecke war nass, das Schafffell war nass, das Kopfkissen war nass, alles war nass und ich stand auf, machte das Licht an, ging ins Badezimmer, drehte den Wasserhahn auf, wusch mir das Gesicht und schaute in den Spiegel und sprach: „Ich kenne diesen Menschen nicht, ich weiß nicht wer das ist!“