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Serie Der Teufel in mir - Spiritus Rector

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16.03.2015
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Der Teufel in mir - Spiritus Rector

Ich spürte seine Knarre im Nacken. Mein verkokstes Herz pochte noch stärker.
„Am liebsten würd’ ich dich abknallen, du Schwein!“, schrie der Bulle und drückte das bedrohliche Eisen noch fester in mein Genick. Kalter Angstschweiß durchtränkte mein T-Shirt.
René und die anderen beiden Glatzen — deren Namen ich längst vergessen hatte — wurden brutal auf die Motorhaube meines noch nicht abbezahlten BMW gedrückt.
Das hektische Getümmel und die aufzuckenden Blaulichter hatten die düstere Nacht in eine bizarre Freilichtdisco verwandelt. Nur, dass ich nicht wie sonst von den dumpfen Bässen getrieben wurde, und ich verdammt noch mal aufpassen musste, nicht wie ein ängstlicher Idiot in die Hose zu pissen.
Unser Trip war beendet.

Der Spiritus Rector, wie mich später die BILD und die Mitteldeutsche Zeitung nennen sollten, war nach einer wilden Verfolgungsfahrt durch Magdeburg geschnappt worden.
Mit ihm seine Helfer, drei polizeibekannte, arbeitslose Skinheads. Raub, räuberische Erpressung, Körperverletzung, Nötigung und Bedrohung sowie Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz.

Zehn Stunden zuvor war ich in unserem Büro eingetroffen, das aus zwei Schreibtischen, zwei Telefonen, einem Faxgerät und einem Klo mit kaputter Spülung bestand.
Später Nachmittag, die richtige Zeit, um unsere Zielgruppe am Telefon zu ergattern: Selbständige Handwerksmeister, die von ihren Baustellen zu Hause eintrudelten.
Nachdem wir in den Wendejahren halb Sachsen-Anhalt mit Versicherungen aller Art überschwemmt hatten und nichts weiter zu holen war, kamen wir auf unsere neue Geschäftsidee: Handwerkern Dübel, Schrauben und sonstiges Material aufzuschwatzen. An und für sich ein lohnendes Geschäft, bloß dass die Zahlungsmoral immer schlechter wurde.
Ich schlug die Gelben Seiten von Magdeburg an der Stelle auf, wo ich tags zuvor aufgehört hatte, steckte mir ‘ne Kippe an und schaute aus dem Fenster. Matze, mein alter Schulfreund aus dem Westen und jetziger Kompagnon, traf ein und parkte sein Auto neben meins.
Wie sehr liebte ich diesen Kontrast, wie unsere beiden protzigen, tiefschwarzen und stets gewienerten BMW 735i wie eineiige Zwillinge vor dem schäbigen Haus standen, an dem der weiße Anstrich abblätterte.
Matze grüßte mich, reichte mir die BILD-Zeitung, die er am Kiosk geholt hatte und zog ein frisches Branchenbuch aus dem Stapel heraus.

Als ich vom Klo zurückkam, wo ich das Revolverblatt überflogen hatte, schnüffelte ich noch verträumt an der Druckerschwärze. Ich schnüffelte schon immer gerne. An allem. Egal ob an Klebern, Farben, Lösungsmitteln oder Muschis. Dann warf ich noch einen letzten Blick auf die Liebe ist …-Karikatur in der BILD. Wer hätte gedacht, dass zwei Tage später neben dem süßen Komik-Pärchen in fetter Aufmachung von der Entlarvung eines ehrbaren Unternehmers als Räuber berichtet werden sollte?
Ich schaute auf die Uhr, kramte noch einen kleinen Wachmacher aus der Schublade und wunderte mich über Matze, der auf den Tasten seines Telefons herumhämmerte. „Was ist los?“, fragte ich ihn.
„Geht dein Telefon auch nicht?“
Rasch kippte ich den Schnaps hinunter und lauschte am Hörer. „Verdammt! Die haben uns die Leitung stillgelegt!“ Zuletzt hatte es mehrere Tage gedauert, bis wir wieder telefonieren konnten, und Handys gab es zu der Zeit noch nicht.
Drei Straßen weiter in unserer Garage lagerten unzählige Kartons, fünftausend Mark, aus denen wir ein Vielfaches machen wollten. Außerdem schob jeder von uns noch knapp Hunderttausend Miese vor sich her. Wir lebten gut. Heute würde ich sagen, über unsere Verhältnisse.
Mein Bruder hatte sich erst kürzlich geweigert, auf eine Bürgschaft über Zehntausend einzugehen. Er hatte eine Familie gegründet, studierte nebenbei, das zweite Kind war unterwegs. Kein Verlass auf den Versager. Und meine Eltern wollte ich nicht weiter anpumpen; viel zu holen war da eh nicht. Außerdem passte das so gar nicht zum Bild des erfolgreichen Geschäftsmannes. Sie sollten stolz auf mich sein.
Voller Wut schmiss ich den Hörer auf den Schreibtisch und traf den Aschenbecher, der im hohen Bogen auf den Boden flog. Die in ihm liegende, noch glimmende Kippe verursachte ein weiteres Brandloch im Teppich. „Wie viel Kohle hast du noch, Matze?“
„Ich hab den Rest gestern für den Shit ausgegeben.“ Matze deutete auf seinen Joint und das kleine Tütchen. „Das reicht noch für ein paar Tage.“ Er grinste und inhalierte einen kräftigen Zug.
Ich liebte diesen süßlichen Duft, der mich daran erinnerte, noch etwas Cannabis für unsere Bong besorgen zu müssen. Dann kam mir die Idee. „Wir sollten unsere Kunden einfach mal besuchen. Vielleicht können die Anzahlungen machen oder wir bieten ihnen Ratenzahlungen an.“
„Meinste? Wir sollten dann aber den René mitnehmen, so zum Einschüchtern.“
„Hm. Kann nicht schaden“, stimmte ich zu.
René kannten wir vom Bahnhof. Ein doofer, muskelbepackter Skin, der als Schläger bekannt war und uns ab und an Shit besorgte. Ein ganz netter Kerl.

Am nächsten Morgen hatte ich eine Route geplant, um möglichst viele Kunden auf einmal abzugrasen. Nicht so, wie man das heute kennt, mit Navi, Google Maps oder so. Nein, damals musste man noch Karten lesen können und mit einem bunten Textmarker die Strecke kennzeichnen. In Linienziehen war ich ein As. Der Filzstift roch gut.
Matze kam nicht. Er musste kurzfristig auf seine kleine Göre aufpassen. Aber René war zur verabredeten Zeit im Büro und brachte zur Verstärkung zwei weitere Glatzen mit. Ich versprach ihnen Freibier und einen Anteil.
Bevor sich die Drei nach hinten setzen durften, mussten sie sich noch die Springerstiefel abklopfen und ihren dickflüssigen Raucherhusten ausspucken. Ich schmiss den Dreien ein paar Sixpacks auf die Rückbank und gab Gas.

Nach einer halben Stunde hielt ich vor einem runtergekommenen Haus in einer ruhigen Seitenstraße an. Einer der Glatzen döste vor sich hin, zwei Sixpacks waren leer.
Ich schaute auf das verblasste Schild an der Tür, hinter dem sich das Büro befand. Mein erster Kunde für heute.
Das kleine Firmengebäude, bestehend aus einer Werkstatt und dem Büro, grenzte an einem schmucken, scheinbar frisch renovierten Häuschen an. Offenbar das private Anwesen meines Schuldners, der mit siebenhundertneunzig Mark bei uns in der Kreide stand.
Im Garten sah ich einen älteren Mann in Hosenträgern, der neugierig dreinschaute.
„Bleibt ihr im Auto“, sagte ich. „Und macht das Fenster auf, das stinkt ja erbärmlich!“ Die eingedöste Glatze wurde durch mein Türschlagen wach, eine andere ließ die Scheibe herunter.
„Guten Tag. Ich suche Herrn Fiebig. Können Sie mir sagen, wo ich ihn finde?“, rief ich über den Gartenzaun.
Der Alte wirkte nervös. „Nein. Keine Ahnung“, sagte er kleinlaut, drehte sich um und verzog sich mit immer schneller werdenden Schritten in sein schickes Häuschen.
Der verpisst sich.
Ich deutete den Glatzen mit einem kurzen Wink, auszusteigen.
Die Tür des Büros war nicht abgeschlossen. Ich ging als erstes rein, die drei Grinsebacken im Schlepptau. Kein Schwein da. Alle waren ausgeflogen.
Ich durchwühlte Schubladen nach Geld und Wertgegenständen. Dann fand ich Goldschmuck und steckte ihn heimlich ein. Mehr war nicht zu holen.
Wir dampften ab.

Bei den nächsten drei oder vier Kunden rückte keiner Asche raus. Sie sprachen von schlechter Auftragslage und beteuerten, kein Bargeld oder sonstiges bei sich zu tragen. Und das, obwohl die Glatzen immer ein paar Meter hinter mir standen und grimmige Visagen machten.
Alles entpuppte sich als eine große Pleite.
Es war eine Scheißidee.

Draußen wurde es immer dunkler und wir trafen an den beiden letzten Adressen niemanden mehr an. Wir machten uns auf den Heimweg.
Das Bier war alle. Da wir noch genug Hasch hatten, war die Stimmung im Auto nicht gänzlich schlecht.
„Wir müssen bald tanken“, rief ich den dreien zu, die sich einen nächsten Joint teilten. „Hat einer von euch Kohle?“
„Ey, sachma, spinnste?“ René blickte sauer drein. „Wir ham nix.“
An der nächsten Straßenecke sah ich einen Geldautomaten. Ich hielt an. „Wartet kurz.“
Kurz darauf kam ich zurück. „Der scheiß Automat spuckt nichts aus!“ Ich haute auf das Lenkrad. „Mistdreck!“
„Ey. Alder. Lass uns das Geld auf der Straße holen“, schlug René vor. Er schaute seine beiden Glatzenbrüder an. „Das haben wir schon öfters gemacht.“ Die Drei freuten sich wie die Schneekönige.
Warum nicht?, dachte ich. Irgendwie mussten wir ja heil nach Hause kommen.
Im gemäßigten Tempo fuhr ich weiter und warf dabei immer wieder einen prüfenden Blick auf die Tanknadel. Schließlich erreichten wir den Stadtrand Magdeburgs. Wir schauten uns um. Abbruchreife Häuser, kaputte Straßen, die Schaufensterscheiben eines HO-Ladens waren zugenagelt. Opfer der freien Marktwirtschaft. In dieser abgefuckten Gegend wollte ich nicht tot im Graben liegen.
„Da! Den krallen wir uns!“ René zeigte auf einen jungen Hänfling, der ahnungslos den Bürgersteig entlang ging.
René hatte einen geübten Blick für Opfer.
Ich hielt an, die drei Glatzen sprangen raus. Einer stieß sich dabei noch die Birne am Türrahmen.
Als die Springerstiefel aufstampften, drehte sich der Jugendliche erschrocken um. Er versuchte noch wegzulaufen, wurde aber schnell gestellt.
Zwei Glatzen hielten ihn fest, eine andere bedrohte ihn erst mit Schlägen und schlug dann zu. Ich blieb schön brav im BMW sitzen und könnte nicht sagen, wer was gemacht hatte. Von hinten sahen die Skins alle gleich aus.
Dreißig Mark. Zum Tanken hatte das fürs erste gereicht.

Diese simple Art der Geldbeschaffung wiederholten wir ein paar Straßen weiter. Diesmal stiegen die Drei nicht so martialisch aus dem BMW und sprachen die zwei Männer unter einem Vorwand an.
Einer der beiden Männer roch beim Anblick der Glatzen Lunte und gab Fersengeld. Den anderen drückten die Skins gegen einen Brückenpfeiler und forderten ihn auf, die Brieftasche rauszurücken.

Abenddämmerung, einsame Gegend. Die Bösen nahmen es sich von den Guten — eine filmreife Szene wie aus einem Mafiastreifen, an der ich Gefallen fand. Ich legte mein Jackett auf den Beifahrersitz ab und stieg aus, um mich einzubringen.
Mit einem Kopfstoß bekräftigte ich Renés Aufforderung, bis er ihm die Geldbörse aus der Tasche zog. Der Bursche fuchtelte noch immer wild herum. Ich bekam selber ein Hörnchen. Scheißegal — ich spürte keinen Schmerz. Shit sei Dank.
Wieso stellte sich der Bursche so an? Die Welt ist ungerecht. Mich hat das Leben auch gefickt.
Von der Kohle tankte ich voll und besorgte uns Hasseröder.
Das erfolglose Geldeintreiben bei den Handwerkern war längst vergessen und die Stimmung im süßlich duftenden Auto wieder vergnüglich.

Nach ein paar Minuten fanden wir unsere nächsten Opfer.
Während die Glatzen die beiden Memmen festhielten, forderte ich sie auf, uns ihr Geld zu geben. Einer kam unserer Bitte nach. Er durfte anschließend verschwinden.
Der andere weigerte sich. Wir zerrten ihn in eine Einfahrt, schlugen ihn und traten ihm in die Fresse, als er schon am Boden lag. Mit den Rissen um sein linkes Auge war der Bundeswehrsoldat wochenlang dienstuntauglich, wie die Zeitung später schrieb. Warum musste er auch versuchen, den Helden zu spielen?
Insgesamt hatten wir uns in einer dreiviertel Stunde vierhundert Mark auf der Straße besorgt und konnten wenigstens mit einem Teilerfolg Richtung Heimat abdampfen.
Gar kein so schlechter Stundenlohn.

Wir waren noch nicht ganz aus Magdeburg raus und hatten keine vierzig Kilometer mehr vor der Brust, da kam uns auf der Straße ein Bullenwagen entgegen.
Ich hielt das Lenkrad fester und prüfte den Tacho, um bloß nicht wegen überhöhter Geschwindigkeit aufzufallen.
„Mist!“, schrie ich, als ich im Rückspiegel sah, dass der VW Passat gewendet hatte und uns folgte. Ich gab Gas und bog in die nächste Seitenstraße ab. Die Bullen blieben uns auf den Fersen. Die Glatzen hatten ihren Spaß, als sich noch eine weitere Bullenkutsche an uns hängte.
Ich hatte meinen Kick, fühlte mich an Formel Eins `98 auf meiner Playstation erinnert. Nur, dass nicht ich Schumi jagte, sondern die anderen mich.
„Mal sehen, was der Wagen hergibt!“ Ich gab Vollgas. Der bajuwarische Motor machte sich gut auf den Straßen Sachsen-Anhalts. Hundertfünfzig Sachen in der Stadt, Hundertzwanzig in den Kurven. Wir konnten den Bullen entfliehen.

Etwa eine Stunde lang blieben wir mit dem Wagen in einer kleinen Straße auf einem Hügel stehen. Von dort oben hatten wir einen wunderschönen Ausblick auf die Stadt. Über uns der stille, sanftmütige Mond, unten Blaulicht, das kreuz und quer durch die Straßen jagte.
Ganz großes Kino. Das Leben war schön. Ich genoss diesen Augenblick bei Dosenbier und Joint und wünschte mir, er würde nie zu Ende gehen.
Dann kippten wir unser letztes Bier runter, rülpsten laut auf und schmissen die leeren Dosen aus dem Fenster. Jetzt fühlten wir uns sicher genug und fuhren weiter.

Nach einigen Kilometern Fahrt auf einer öden Landstraße sah ich die Straßensperre. Überall Blaulicht.
Ich konnte nicht rechtzeitig wenden und wurde schließlich von sechs Autos umzingelt.
Wir wurden aus den Autos gezerrt. Mein Jackett wurde in Mitleidenschaft gezogen. Ich würde mir ein neues besorgen müssen.

Die Nacht verbrachten wir im Knast. Am nächsten Morgen kamen wir zum Richter. Da keine Fluchtgefahr bestand, setzte man uns wieder auf freien Fuß. Matze holte uns ab.
Ich sah meinen BMW nie wieder.
Zwei Jahre später kam es zur Verhandlung. Ich hatte Glück im Unglück. Da wir vier vor Gericht einen recht reuigen Eindruck machten, alles gestanden und betonten, wie sehr uns das alles leid tat, kamen wir recht glimpflich davon.
Ich bekam ein Jahr und zehn Monate auf drei Jahre Bewährung. Die Glatzen noch weniger. Schadensersatz für die Prügel musste ich aber auch zahlen.

Heute halte ich die beiden Zeitungsausschnitte in der Hand. „27-jähriger Geschäftsmann als Spiritus Rector berief sich auf Drogensucht zum Tatzeitpunkt“, steht in großen Buchstaben in der BILD.
Ich rieche an dem Papier. Es riecht muffig, nach Vergangenem.
Spiritus Rector, den führenden Geist haben sie mich genannt.
Ich bin nicht stolz darauf, weiß bis heute nicht, warum ich den ganzen Scheiß überhaupt ausgeschnitten und behalten habe.
Ich stecke die Papierschnipsel zurück in die Hülle und hefte sie im Order ab. Mit Tränen in den Augen stelle ich ihn wieder zurück auf das Regal, direkt neben der Bibel, die ich vom Pfarrer aus meinem ersten Entziehungsheim bekommen habe.

 

Hallo GoMusic!

Da geht es aber zur Sache! Ich mag's hardboiled. Der erste Satz ist ein sehr guter erster Satz. Zieht den Leser in den Text und er zeigt, auf welches Genre und welchen Stil man sich einstellen kann.

"Bässen treiben lies" => Ließ von lassen, also mit ß. (Warum schreiben das heutzutage so viele falsch?)

Mit dem hardboiled ist es leider schnell zu Ende. Nun bin ich enttäuscht. War der erste Satz doch nicht so gut, weil in eine falsche Richtung weisend? (Falls du Englisch kannst, dann google dir mal die Geschichten von Eric Beetner. Großartig!)

Sowas: "der saftige Alkoholschiss" => mag ich gar nicht. Scheißen, ficken, saufen, kotzen ... Billiges Vokabular. Soll den Leser irgendwie beeindrucken, nehme ich an. Guck mal, wie abgründig ich meine Protagonisten machen kann. Funktioniert selten, denn dazu muss der Schreibstil hundertprozentig passen. "Schmunzelnde Blicke" zum Beispiel beißen sich mit sowas heftigst!

Sowas: "Wir haben noch Ware für 5.000 in der Garage. Die können wir nicht zurückgeben." => nennt man Infodump. Infos nur für den Leser, Infos, die die Protagonisten nicht ihren Kumpels geben würden, weil die Kumpels das ganz genau wissen. Packe solche Infos in den erzählenden Text oder in Gedanken, aber niemals in den Dialog.

=> Den ganzen "wir haben kein Geld mehr"-Abschnitt würde ich radikal kürzen, weil Infodump und nicht sonderlich interessant. Ließe sich auch in ein, zwei Sätzen machen.

"Meine Teilzahlungsvorschläge oder anderweitigen Überredungskünste schlugen fehl."
=> Show! "Ihr bleibt im Auto", er geht ungehindert in Büros, das liest sich wie ein Schulausflug von Viertklässlern!
=> Versuch es mal straightforward. Her mit den Infos und los mit der Action. Wie der erste Satz es versprochen hat.

"Die Glatzen hatten ihren Job zwar gut gemacht," => Was haben sie denn gemacht? Im Text steht bloß, dass sie im Auto bleiben sollten. Ist das gleiche Problem, das ich auch bei deinem Roman angesprochen habe.

"ich meinen Kick." => Du müsstest viel mehr ins Innenleben deines Protagonisten eintauchen. Du erzählst nur von dem "Kick", du zeigst ihn nicht. Du machst viel Text, sagst: da ist Action, aber der Leser liest nur die Wörter, er kann nicht in die Action eintauchen, nicht mitfiebern.

"obwohl seinerzeit schon siebenundzwanzig – nach dem Jugendstrafrecht verurteilt." => Das ist rechtlich möglich? Bist du dir sicher?

Und den letzten Abschnitt würde ich ganz streichen. Wozu ist der im Text, was bezweckst du damit?

Zusammenfassend: Schreib den ganzen Text im Stil des ersten Absatzen, dann wird er bestimmt gut.

Grüße,
Chris

PS: "Zudem wusste ich zu dem Zeitpunkt nicht, was ‚Spiritus Rector‘ heißt." => Und was heißt es nun? Das fehlt im Text (und ich habe keine Lust, erst Latein zu lernen, um diesen Gag zu verstehen).

 

Hallo Chris,

danke für deinen Kommentar und deine Zeit. ;)

Der erste Satz ist ein sehr guter erster Satz. Zieht den Leser in den Text und er zeigt, auf welches Genre und welchen Stil man sich einstellen kann.
Es freut mich, dass ich mit dem Textstart gut gelegen habe und
Schreib den ganzen Text im Stil des ersten Absatzen, dann wird er bestimmt gut.
das werde ich bei einer Überarbeitung versuchen.

Habe den Fäkalsatz sofort raus genommen – da war ich mir auch unsicher, ob das passt.

Und die (gegensätzlichen) Begriffe „schmunzelnd“ und „süß“ versuche ich nur in die Gedanken des Prot. einfließen zu lassen. Dann erscheint es, dass er im Inneren noch so was wie einen weichen Kern hat. Dass er ein Träumer/Romantiker ist, soll ja schon durch die Sache wie mit dem Parken des Autos hervorgehen. (Das werde ich aber noch verstärken.)

Deinen Tipp bzgl. Kürzung / Änderung des „wir haben kein Geld mehr“-Absatzes bin ich sofort gefolgt und habe auch eingebaut, dass die Glatzen nicht nur im Auto gesessen haben.

Und den letzten Abschnitt würde ich ganz streichen. Wozu ist der im Text, was bezweckst du damit?
Der Gedanke war, hier anzudeuten, dass der Prot. noch mehr Geschichten zu erzählen hat (und diese womöglich als Kurzgeschichten in einer Art Serie erzählt werden). Mal sehen ...

Okay, mit dem Jugendstrafrecht hast du Recht, das stand auch nicht so explizit in dem Zeitungsartikel (der u.a. als Vorlage diente). Ich habe das sofort geändert und mich näher an den Fakten gehalten:
„Da wir vier vor Gericht alle einen recht reuigen Eindruck machten, alles gestanden hatten und betonten, wie sehr uns das alles leid tat, kamen wir recht glimpflich davon.“

Die Erklärung des Begriffes „Spiritus Rector“ findet sich im letzten Absatz. Ich habe das noch mal stärker hervorgehoben:

Heute, achtzehn Jahre später, halte ich die beiden Zeitungsauschnitte in der Hand. „27jähriger Geschäftsmann als ‚spiritus rector’ berief sich auf Drogensucht zum Tatzeitpunkt“, steht in einem in großen Buchstaben. Ich rieche an dem Papier. Es riecht muffig, nach Vergangenem. Ich war der ‚führende Geist‘. Ich bin nicht stolz darauf.

Dann mache ich mich mal ran an die Überarbeitung, mehr Action, weniger Infos, mehr Show als Tell und versuche, den Stil des Anfangs beizubehalten.
Mal sehen, ob es noch weitere Kommentare und Tipps gibt.

Vielen Dank noch mal für deinen Kommentar.

Liebe Grüße,
GoMusic

 

Hallo GoMusic,

mir gefällt die Geschichte, besonders deswegen, weil deine Protagonisten so sichtbar dümmlich handeln und denken. Anfangs dachte ich, das könnte man ja auch noch satirischer machen und habe mich an der unkorrekten Übersetzung von "spiritus rector" gestört, dann aber fand ich es gerade passend.

Das mit dem Schnüffeln ist allerdings für meine Begriffe noch ein wenig unausgegoren und sollte mehr im Zusammenhang mit dem Text gebracht werden, ich weiß aber auch nicht genau wie...

Den Satz kapiere ich nicht:

Dann trollten wir uns, die selbst ernannten Pfänder, wieder.
Dann trollten wir uns mit den Pfändern wieder ??

Und warum die Jungs Geld aus den Leuten auf der Straße rausprügeln, aber aus den Handwerkern, verstehe ich auch nicht so ganz...

Eine kurzweilige Geschichte, die mir Vergnügen bereitet hat :)

viele Grüße
Isegrims

 

Hallo Isegrim,

Vielen Dank für deinen Kommentar. Es freut mich, dass dir die Geschichte Vergnügen bereitet hat.

… habe mich an der unkorrekten Übersetzung von "spiritus rector" gestört, dann aber fand ich es gerade passend.
Genau. Jahre später ist er - wie es scheint - ein anderer Mensch geworden, bereut alles und ist nicht stolz auf das, was er verbrochen hat. Trotzdem weiß er noch nicht, wie die korrekte Übersetzung lautet. Das macht ihn nicht perfekt und vielleicht auf einer Art sogar sympathisch, wer weiß. :Pfeif:

Das mit dem Schnüffeln ist allerdings für meine Begriffe noch ein wenig unausgegoren und sollte mehr im Zusammenhang mit dem Text gebracht werden, ich weiß aber auch nicht genau wie...
Das ist ein guter Hinweis und brachte mich auf die Idee, die Drogensucht des Protagonisten verstärkt einzubauen (angefangen beim Schnüffeln bis hin zur Wasserpfeife …).Text ist erweitert.

Den Satz kapiere ich nicht:
Dann trollten wir uns, die selbst ernannten Pfänder, wieder.
Das sollte bedeuten, dass sich die selbsternannten Pfänder wieder trollten (im Sinne von wieder zusammen finden und gemeinsam abdampfen.)

Habe das jetzt mal umgeschrieben:
Dann sammelten wir uns wieder und dampften ab. Spätestens jetzt musste der ehrenwerte, bei mir in der Kreide stehende Handwerksmeister die Polizei gerufen haben, um uns, die selbsternannten Pfänder, zu stellen.

Und warum die Jungs Geld aus den Leuten auf der Straße rausprügeln, aber aus den Handwerkern, verstehe ich auch nicht so ganz...
Hehe. Guter Hinweis. Bei den Handwerkern wollten sie es ja tatsächlich im Guten versuchen und ihre offenen Rechnungen bzw. Außenstände auf vermeintlich legale Art eintreiben. Das macht man ja nicht mit Fäusten bzw. Prügel, sondern i.d.R. mit Quittung bzw. Unterschrift. :shy:

Danke nochmal und
Liebe Grüße,

GoMusic

 

Hallo maria.meerhaba,

Schön, dass du unter solchen Umständen zu meiner Kurzgeschichte gelangt bist :)

Ich freue mich über deinen Kommentar und dass du weitere Geschichten über den (Anti-)Helden lessen möchtest. Genug Material ist schon Mal vorhanden. Mal schauen …

Sie ist cool geschrieben, ganz locker und mit einem Arschloch, der für den Moment lebt und der keinen Shit auf die Folgen seiner Handlungen gibt. Und dann die Glatzen! Er macht sich nicht einmal die Mühe, sich die Namen der Glatzen zu merken und beschimpft sie innerlich als Strohdumm. Der Typ ist zwar ein typischer Bandit, aber die Art, wie er damit umgeht, finde ich bemerkenswert.

Ja, genau so sollte das auch rüberkommen. Dass er sich keine Gedanken über die Folgen macht und sich noch nicht Mals die Mühe macht, die Namen der Glatzen zu merken. Schön, dass das bei dir so rüber kam. :thumbsup:

Ich finde deinen Stil modern, locker, der Text hat keine Hänger, obwohl da mehrmals die Szenen gewechselt werden. Und der Witz hinter jedem zweiten Satz war auch awesome. Voil gail Oida!
Danke für dein Lob.

Ich habe immer noch keine Ahnung, was ein Spiritus Rector ist. Darüber darfst du mich kurz aufklären.

Erst jetzt, wo der Prot. in der Geschichte den Zeitungsartikel in der Hand hält, hat er recheriert, was Spiritus Rector überhaupt bedeutet. Er meint herausgefunden zu haben, dass es “führender Geist” heißt. (Originaltext: “Ich war der ‚führende Geist‘. Ich bin nicht stolz darauf.“).
So hat er sich seinerzeit auch gefühlt. Doch passenderweise ist das nicht die ganz korrekte “Übersetzung” des Begriffes. Laut Wikipedia bedeutet es “führender, lenkender Geist” im Sinne von jemanden, der alle Dinge zusammenhält.
Die Zeitung hat in ihren Artikel über den Banditen also durchaus einen passenden Begriff gewählt.

Liebe Gruß,
GoMusic

(Sorry für die späte Reaktion, bedingt durch meinen zwei Wochen “internetfreien” Urlaub ☺)

 

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