Was ist neu

Der Tag des ersten Donners

Mitglied
Beitritt
27.08.2015
Beiträge
7
Zuletzt bearbeitet:

Der Tag des ersten Donners

Der Tag des ersten Donners

„Papa! Papa!“ weckte ihn eine klare Stimme auf. Er sah einen kleinen Sonnenschein vor sich stehen, seinen kleinen Sonnenschein: zwei blonde Zöpfchen, ein paar süße Sommersprossen um die kleine Stupsnase und ein herzerweichendes Grinsen. Ein Lächeln breitet sich auf seinem Gesicht aus und er atmete die Frühlingsluft tief ein während er weiterhin auf einer mit Blumen gesprenkelten Wiese lag. Hinter seiner kleinen Tochter sah er nun auch die anderen stehen. Seine Frau, mit ihren schwarzen Locken, stand mit dem Rücken zum ihm und sein Blick blieb liebevoll einige Zeit bei ihr hängen, wobei er auch schamlos ihren Po betrachtete.
Ihm fiel auf, dass sie grade eine Decke für ihr Picknick ausbreitete, seine Mutter klappte gerade einen Korb auf, aus dem es nach Honig duftete. An einem Baum lehnend saß sein Vater, sein Gesicht blickte zufrieden in die Welt, seine schwere Krankheit sah man ihm in diesem Augenblick nicht an. Dem Blick seines Vaters folgend sah er wie die beiden Zwillinge tobend auf der Wiese Räuber und Soldat spielten. Ihre roten Haarschöpfe verschwanden hinter einem Hügel, als sein kleiner Sonnenschein diesmal etwas eindringlicher Papa sagte und endlich seine Aufmerksamkeit wollte.
Er erwachte. Der erfrischende Duft eines schönen Sommernachmittags war verschwunden, stattdessen hing abgestandener Schweiß in der Luft. Braune eintönige Zeltwände beherrschten sein Blickfeld und von rechts kam ein lautes grunzendes Schnarchen.
Ein Sonnenstrahl kitzelte sein Gesicht und hatte ihn wohl geweckt, er hörte die Vöglein den Morgen begrüßen und dachte an seinen Traum. Es war eigentlich gar kein Traum gewesen, denn vor etwa drei Wochen hatte er noch genau so einen Tag erlebt. Am selben Abend jedoch hatte ihn auch die Einberufung erreicht. Einmal mehr herrschte Krieg im Land. Er hatte sich tränenreich verabschiedet, mehrmals versprochen zurückzukehren und war dann in die Kutsche gestiegen, die ihn zu seinem Regiment brachte. Die Begrüßung litt wie immer unter der bedrückten Stimmung, zwar kannten sie sich alle und hatten schon mehr als einmal Seite an Seite gekämpft, doch waren sie alle keine Berufssoldaten. Ein jeder von ihnen hatte Familie zu Hause, dazu einen Hof oder ein kleines Geschäft. Sie waren einfach Leute aus derselben Provinz, im selben Alter und hatten zum größten Teil ihren Wehrdienst zusammen absolviert. 11 Jahren war das jetzt her. Drei Jahre musste jeder junge Mann seinem Land dienen. Drei Jahre trainieren und regelmäßig an Kämpfen, zumeist in Grenzkonflikten, teilnehmen. In einem kriegsgeprüften Land wie diesem, mit so vielen feindlich gesinnten Nachbarn musste jeder seinen Anteil zur Erhaltung des Friedens und zum Schutz der seinen beitragen, so hart es auch war und so ungern man es auch tat. Die drei Jahre waren die längsten und beschwerlichsten seines Lebens gewesen und er war froh sie überlebt zu haben. Doch seit damals hatte es auch noch zwei richtige Kriege gegeben, zu denen er auch eingezogen worden war. Die Ausbildung, seine Kameraden und eine riesige Portion Glück hatten ihn trotzdem immer wieder unbeschadet nach Hause gebracht.
Er schüttelte die Erinnerungen ab, versuchte noch einmal an seine Familie zu denken und stand auf. Als er aus dem Zelt trat, sah er, dass das Lager noch ruhig war, nur ein paar wenige waren schon auf den Beinen. Es war ein schöner Tag und er war innerlich sonderbar gelassen. Er dachte bei sich, dass es daran liegen musste, dass er bald wieder bei seiner Familie sein würde. Heute an diesem wunder schönen Frühlingstag sollte die entscheidende Schlacht stattfinden. Nach ein paar Scharmützeln in den letzten Wochen hatten sich die beiden Armeen nun auf den beiden sich gegenüberliegenden Hügeln dieses Tales aufgestellt und wollten es endlich hinter sich bringen. Ein Krieg war immer teuer und wurde nicht nur in Menschenleben bezahlt. Seine Kameraden und er selbst werden auf den Feldern gebraucht, die Aussaat war schon überfällig. Er sah zum anderen Hügel hinüber, auch dort herrschte noch Stille.

Ein Sonnenstrahl fiel ihm in die Augen und er zog sich die muffige Decke über den Kopf. Grummelnd wälzte er sich herum, so wie schon die ganze Nacht zuvor. Er hatte sehr schlecht geschlafen. Träume von der Geburt seines Sohnes und dem damit verbundenen Tod seiner Frau hatten sich mit solchen abgewechselt in denen er ihn fröhlich herumtollen sah oder in denen sie alle drei vereint waren. Mürrisch warf er die Decke beiseite, stand auf und streckte sich ausgiebig. Es stank erbärmlich und als er aus dem Zelt hinaus trat, sah er sich einem grauen und eintönigen Tag gegenüber. Die Sonne ging gerade auf, doch wollte sie der Szenerie des Lagers keine richtige Farbe spenden und auch die Vögel hörten sich etwas verstimmt an. War ja auch kein Wunder, wenn man bedachte, dass in ein paar Stunden das gräserne Tal unterhalb des Lagers voller Blut, Gedärme und anderen menschlichen Ausscheidungen sein sollte. Er lehnte sich leicht an die Zeltstange und versuchte seine Gedanken zu beruhigen, schließlich wollte er den Tag ja überleben. Er fing vorne an und dachte sich quer durch sein Leben, das half ihm immer sich zu fokussieren. Bei all den Problemen, die er hatte brauchte er Ruhe und Kraft, um seinen Lebensmut, seine Tatkraft für den Jungen nicht zu verlieren. Seine Kindheit war hart und kurz gewesen, er war mit Prügeleien und Vergewaltigungen und allem, was es eben in einem dreckigen Hafenviertel noch so gab groß geworden. Mit 17, nachdem ein unzufriedener Freier seine Mutter totgeprügelt hatte, hielt ihn dann nichts mehr. Sein versoffener Vater hatte sich eh einen Dreck um ihn und seine Mutter geschert, also lief er davon. Er trat der Armee bei und lernte einige Grundlagen, doch schon bald verstand er, dass die einfachen Soldaten in seinem Land als bloße Masse betrachtet wurden, als Schutzwall für Ritter, als Knochenmühle für die Feinde. Der Eintritt in die Akademie jedoch war für eine ungebildete Hafenratte wie ihn unmöglich. Zum Glück lernte er in dieser Zeit Sina kennen, seinen ganz persönlichen Engel, er verliebte sich sofort in sie. In ihr Gesicht, ihre Haare und Augen, ihren Humor und ihre Ansichten übers Leben, einfach alles. Sie war sein Ein und Alles. Es war nicht übertrieben zu sagen, dass sie sogar sein Leben gerettet hatte, so kurz wie er, dank einiger Schulden, davor gestanden hatte von der Unterwelt der Stadt verschlungen zu werden.
Sie zogen aufs Land zu ihren Eltern und heirateten. Danach kamen die beiden wunderbarsten Jahre seines Lebens, mit ehrlicher harter Arbeit auf dem Hof und gemütlichen Abenden, mit freundlichen Nachbarn und liebevollen Schwiegereltern. Mit der Geburt seines Sohnes endete diese glückliche Zeit. Es war eine schwierige Geburt und Sina starb an den Folgen zu hohem Blutverlustes. Kurz darauf verstarb auch Sinas Vater und die Pacht des Hofes verfiel. Also musste er sich mit seiner alten und kränkelnden Schwiegermutter und seinem kleinen blonden Buben durchschlagen. Er nahm jeden noch so schlechten Job an, um ihnen das Leben so angenehm wie möglich zu machen, doch die hohen Steuern machten ihnen zu schaffen.
Als alleinerziehender Vater wurde er normalerweise auch nicht einberufen, doch dieses Mal hatte die Armee Nachschub Probleme und so wurde auch er zusammen mit vielen anderen abgeholt. Gerade in dieser Woche war der erste Schultag seines Sohnes und seine Schwiegermutter konnte kaum noch laufen. Vorgestern war er geholt worden und morgen war der erste Schultag. Irgendwie musste er auch völlig aus der Übung, ohne Vorbereitung diesen Tag überleben. Wer weiß, wie lange die Schwiegermutter noch sein würde. Sein Sohn wäre ganz alleine und er wollte ihm doch ein besseres Leben bieten, eines ohne die Schrecken der Straße. Doch bei einer so großen Schlacht, in der ersten Reihe, unvorbereitet, schlecht ausgerüstet und unter lauter fremden, ebenfalls unerfahrenen Kämpfern waren seine Chancen mehr als schlecht. Er hatte Angst um seinen Sohn, sein eigens Leben war ihm relativ gleichgültig und so blickte er traurig über das Tal hinweg Richtung Schicksal.

Der Morgen war an ihm vorüber geglitten. Er hatte sich gewaschen, etwas mit seinen Kameraden geplaudert, seine Ausrüstung kontrolliert und war schließlich gerade noch pünktlich beim Appell erschienen, weil er noch einmal zu seinem Zelt zurückkehren musste, um den Glücksbringer seiner Tochter zu holen. Es war ein kleiner Reif, den sie aus Blumen geflochten hatte. "Der ist dafür, dass die Blumenfee dich beschützt und du bald zu mir zurückkommst. Die Blumenfee ist meine Freundin und sie sagt, dass sie nie zulassen würde, dass meinem Papa etwas geschieht." Er hatte den Klang ihrer Stimme immer noch in den Ohren. Ihr Offizier hatte dem Trupp anhand einer Karte ihren Teil der Schlacht erklärt, sie mussten ja nicht alles wissen. Ihr Regiment gehörte zur dritten Phalanx. Das bedeutete großer Schild, langer Speer, erbitterte Gegenwehr. Sie wurden an der linken Flanke eingesetzt und waren dafür verantwortlich, dass die berittenen Bogenschützen sicher zu ihrem Einsatz Ort gelangen konnten. An seiner Flanke wurden keine starken Gefechte erwartet und in einer Phalanx war man für ein Schlachtfeld verhältnismäßig sicher. So hatte er es gelernt und so war es bisher immer gewesen. Getragen von den Gedanken an seine Familie war er heute gelassen durch den restlichen Morgen gegangen. Als zur Schlacht geblasen wurde, war diese Gelassenheit immer noch nicht verschwunden und das machte einen Teil von ihm stutzig. Er sollte Angst haben und aufgeregt sein, so etwas macht den Körper aufmerksam. Als sie in ihrer Aufstellungszone ankamen, betrachtete er noch einmal das Schlachtfeld. Er sah Blumen, Vögel und sogar einen Schmetterling und all dies erfreute ihn und brachte seine Gedanken einmal mehr zu seinem eigenen kleinen Sonnenschein. Zwar sah er auch die gegnerischen Truppen aufmarschieren, doch interessierten diese ihn eher wenig und er widmete sich wieder dem Schmetterling. Kurz landete dieser auf seiner Hand, direkt an dem rot, blau, gelben Blumenreif seines Sonnenscheins, den er sich um das Handgelenk gelegt hatte. Alles in allem war er gelassen und freute sich auf Morgen. Er sah sich schon in den Armen seiner Frau.

Der Morgen hatte sich nur so dahin geschleppt, alles wirkte irgendwie zäh und langsam und seine Bewegungen waren unkontrolliert und fahrig. Er war einfach zu müde und seine Alltagsprobleme, die ihm den Schlaf geraubt hatten, nahmen ihm nun auch noch seine Konzentration. Nachdem er sich etwas Wasser ins Gesicht gespritzt hatte, hatte er versucht seine Ausrüstung zu kontrollieren, aber es blieb auch bei dem Versuch. Es mangelte ihm einfach an Übung und Erfahrung. Daher hatte er sie einfach nur angezogen, leichte Lederrüstung, Rundschild und Schwert. Leichte Infanterie eben. Die Lederrüstung hatte sogar schon ein Loch. Wahrscheinlich war das Loch sogar der Grund dafür, dass sie zur Verfügung stand. Mit etwas Fantasie hatte das Loch die Form eines Sterns oder einer Blume. "Was solls, der Blitz schlägt ja auch nicht zweimal im selben Baum ein", dachte er bei sich. Danach war er viel zu früh beim Appell erschienen. Von der Ansprache des Offiziers bekam er dennoch nicht alles mit. Er würde in einer der vorderen Reihen der Schlacht stehen, auf der rechten Flanke direkt den gegnerischen Infanteristen gegenüber. Er verfluchte Gott und die Welt für sein Leben und hasste sich dafür, dass er seinem Sohn kein Besseres würde bieten können. Der restliche Morgen verlief auch nicht besser. Die Schwertübungen, die er machte zeigten einmal mehr wie viel er vergessen hatte und seine Kameraden zu beobachten machte ihm auch keinen Mut. Es waren allesamt entweder Rekruten mit nicht abgeschlossener Kampfausbildung oder ältere Männer, die schon wider alles vergessen hatten. Er hatte Angst, Angst um seinen Sohn, Angst davor wieder einmal zu versagen, doch er wurde ruhiger. Die Angst half ihm jetzt kurz vor der Schlacht Aufmerksamer zu werden, ihm viel auf das er doch alles gehört hatte, was der Offizier gesagt hatte, denn ihm ging jedes Wort noch einmal durch den Kopf. Seine Hände hörten in dem Moment auf zu zittern, als er an seinem Platz ankam. Er stand einsam und alleine an vorderster Front, zusammen mit anderen, die eben so einsam und alleine waren wie er. Als er hinübersah, sah er noch mehr einsame Gestalten, Tausende von ihnen. Die Welt lag grau vor ihm, alles war zum Stillstand gekommen und er hörte nur noch seinen Herzschlag. Die Angst saß tief in seinen Knochen, es war so weit. Gleich würde auf dieser kleinen traurig wirkenden Wiese die Hölle losbrechen und er war mittendrin, einer der Ersten. Er sah zu Boden und wartete auf das Signal zum Angriff.

Er flog mit einer ganzen Schar seiner Brüder und Schwestern hoch über dem grünen Hügelland. Heute sollte ein Festtag sein. Unter ihm tummelten sich Abertausende von Menschen und viele Hundert Pferde. Auf ein solches Treffen konnte wie so oft zuvor nur eines folgen: unzählige Tote, die einfach zum Verrotten liegen gelassen werden würden. Ein Festschmaus für ihn und seine Freunde. Heute, da war er sich ganz sicher, würden es genug Tote sein, dass nicht einmal Streit ausbrechen würde. Weder zwischen ihm und seines gleichen noch mit den Wölfen oder anderen, die ebenfalls später zur Party erscheinen würden. Heute würde er sich einzig an saftigen Augäpfeln satt fressen. Er liebte es wie sie in seinem kräftigen Schnabel zerplatzten und ihr Saft dann seine Kehle herunter lief.
Es war eine alte Tradition seiner Art anderen die Arbeit zu überlassen. Sie waren zwar wenn es sein musste auch geschickte Jäger, aber die Jagt war doch eher etwas, an der nur der begrenzte Intellekt eines Adlers gefallen finden konnte. Warum sollte man sich der Gefahr aussetzen verletzt zu werden oder gar leer auszugehen, wenn man auch Futter haben konnte, dass sich nicht wehrte oder weglief. Nein, ein cleverer Vogel, wie er und seine schwarze Sippe, überließ die Arbeit anderen und wurde dafür sogar noch mit einer reicheren Auswahl an unterschiedlichen Sorten Fleisch belohnt. Seit Anbeginn der Zeit lockten Raben die großen, starken, aber körperlich wie geistig behäbigen Bodenräuber zu lohnenden Zielen, wie etwa einem lahmen Stück Wild oder sogar einem schon Toten. Bei Letzterem war es von Nöten, da ihr Schnabel leider nicht in der Lage war die Karkasse eines großen Tieres alleine aufzubrechen. Aber nachdem die plumpen Vierbeiner vollgefressen waren, blieb immer genug über für einen Boten des Todes.
Mit den Menschen ging dies sogar noch einfacher. So sonderbar sie auch aussahen, dumm waren diese Zweibeiner nicht. Leichter als Wölfe oder eine der großen Katzen verstanden sie es wenn man ihnen etwas Lohnendes zeigen wollte. Außerdem hatten sie die Gewohnheit mehr zu töten als nötig war und warfen später das würzige, gereifte Fleisch fort. Zumindest früher war das so gewesen. Heutzutage achteten die Menschen leider weniger auf die Hinweise, die man ihnen gab, sie waren einfach zu sehr mit sich selbst und ihrer Umgebung beschäftigt. Aber sie hatten auch daraus einen Nutzen ziehen können. Die Menschen sorgten nun eben unbewusst oder noch unbewusster für reichlich Nahrung. Die Jagt war nur mehr Unterhaltung für sie und Kühe, Schafe und Schweine hielten sie nah bei sich, um sie zu töten, wann immer es ihnen gefiel. So unziemlich das auch schien, für einen begeisterten Nekrophagen gab es immer genug zu futtern.
Wie er so seinen Gedanken über den Gang aller Dinge nachhing, kam Bewegung in die Reihen der Menschen. Langsam marschierten sie aufeinander zu, erste Pfeile wurden abgeschossen und die ersten Schreie erschallten. So vorteilhaft die Beziehung zwischen Raben und Menschen für die Raben auch war und so gerne sie auch an einem Fressgelage wie dem heutigen Teil hatten, zu verstehen war dieses Verhalten nicht. Warum sollten sich so viele Menschen hier treffen um sich gegenseitig umzubringen. Zumal die Überlebenden die Toten einfach liegen ließen. Sie aßen sie nicht und machten auch sonst nichts mit ihnen. Es war fast wie ein Geschenk oder eine Opfergabe, aber eine völlig übertriebene. Und sie töteten sich auch nicht einfach mit Krallen und Zähnen, sie hatten sich die unterschiedlichsten Tötungswerkzeuge gemacht. Auf ihre verdrehte Art waren sie die perfekten Jäger, reinste Killer.
Nun fing das Hauen und Stechen an. Es wurde gerufen, geschrien, aus Zorn, Verzweiflung und aus Schmerz. Doch dann erschütterte plötzlich ein donnernder Laut einen der Hügel und kurz darauf zerbarsten auf der Ebene einige der Menschen geradezu. Körperteile flogen durch die Luft und blankes Entsetzen mischte sich in die Schreie. Auf dem Hügel standen einige metallene Röhren. Nacheinander gaben sie diese schrecklich lauten, markerschütternden Laute von sich. Rauch stieg aus ihnen empor, die Luft begann nach Schwefel zu riechen. Und auf der Ebene brach das pure Chaos aus. Immer mehr Menschen wurden von jetzt auf gleich zerrissen, in blutige Massen zerfetzt. Die Umstehenden drängten zurück, andere drängten weiter vor. Viele wurden niedergestoßen und zertrampelt. An andere Stelle wurde noch gekämpft, Pferde galoppierten mit den auf ihnen sitzenden Menschen den Hügel in Richtung der neuen Todbringer empor. Doch auch in ihren Reihen blühten plötzlich Tod und Zerstörung auf. Das viele Blut und die Schreie ließen die Pferde bocken und schon bald stoben sie in alle Richtungen auseinander.
Das heutige Massaker war viel schneller vorbei als üblich. Ein Teil der Menschen zog sich bald in wilder Flucht zurück, der andere Teil brach in Jubel aus und blieb eine Weile auf dem Feld. Nach und nach verstummten die Rufe, die freudig erleichterten wie die angsterfüllten. Es wurde eine Zeit lang geplündert, aber schon bald zogen sich auch die siegreichen Menschen zurück. Beklommener als üblich.
Bei einem niedrigeren Überflug sah er einen älteren Mann, an dessen Schultern allerlei Metall glänzte. Er war einer der Letzten, die noch auf dem Schlachtfeld waren. Schweigend starte er von einem Hügel in die Ebene hinab, den Blick auf all die Toten gerichtet. Tränen rannen ihm die Wangen hinab.
Die Sonne schien freundlich und wärmend. Vom Talgrund stieg Rauch auf und mischte sich mit dem Nebel, der nun aus den klammen Wiesen kroch. Die Szene hatte etwas Mystisches. Die Menschen hatte ihr Werk getan und den Raben ein Fest beschwert. Seine Brüder und Schwersten eröffneten rufend den Schmaus. Langsam segelten immer mehr von ihnen hinab und machten sich über die ersten Augen her. Er selbst drehte noch eine letzte Runde über diesem seltsamen Tal. Ihn beschlich das Gefühl etwas Bedeutendem beigewohnt zu haben.

Eine Weile später hockte er aber auch auf der Brust eines Toten, dessen Unterleib in Fetzen hing. Dadurch würde es nachher leichter sein an das noch warme Fleisch zu gelangen. Aber zunächst wollte er sich ein Auge genehmigen, also hüpfte er weiter zum Kopf. Der Arm des Toten hielt immer noch seinen spitzen Stock umklammert, der sich in die Brust eines anderen Menschen bohrte. Die Spitze war in die Brust des Anderen eingedrungen, mitten durch ein blumenförmiges Loch, dass nun vom Blut rot gefärbt, zu erblühen schien. Dem Mann mit der Blüte fehlte der gesamte linke Arm, wie abgerissen lag er einige Meter weiter.
Als er nun im Gras vor dem Kopf saß, sah er wie das Schwert des blühenden Mannes schräg aus dem Auge seines erwählten Mals ragte. Beide Köstlichkeiten waren geplatzt. Leicht verärgert wandte er sich um, der andere Mann hatte aber noch beide Augen. Auf dem Boden zwischen den beiden Männern lag eine Reihe echter Blumen aneinander gekettet im Gras...

 

Hallo Maria,

Danke für deine Antwort. Dies ist tatsächlich meine erste Geschichte bzw. die erste die ich zu Ende gebracht habe. Ich habe mag es zwar mir Geschichten auszudenken, ob ich am Schreiben auch Spaß habe weiß ich noch nicht. Oder anders ausgedrückt, mir fehlt manchmal die Geduld für Details....Stichwort Kommata... . Mir fällt nie auf wenn eins fehlt, ich werde aber versuche dies auszubessern. Allgemein ist es manchmal etwas schwierig offensichtliche Fehler zu bemerken, wenn man gar nicht mehr wirklich bewusst liest, weil man den Satz ja schon im Kopf hat.

Zu deiner Kritik am eigentlichen Text: Die Geschichte hat keine ausgefeilten Charaktere, keine Namen keine Gesichter! Die beiden Personen sind völlig egal, was wie ich eigentlich hoffe am Ende klar wird. Das ganze ist als etwas unterkühlter Bericht angelegt. Ein Vergleich zweier Situationen in einem Kontext auf den beide keinerlei Einfluss haben und in dem alle Umstände, Vorsätze, aller Glaube und alle Hoffnung einfach nichts zur Sache tun.

Es mag gut sein das manche deiner Kritikpunkte einen wahren Kern haben, aber ich glaube du bist unter falschen Erwartungen in die Geschichte eingestiegen, da die Dinge die ich deiner Ansicht nach nicht gut rüber bringe, gar nicht da sein sollen.

Aber wie gesagt es ist mein erster Versuch und ich dachte/denke es ist gut einfach ein wenig neutrales Feedback zu bekommen!

beste Grüße!

 

Hi Fiedler,

Das ganze ist als etwas unterkühlter Bericht angelegt.

und genau deswegen zieht deine Geschichte nicht. Denn eine Geschichte ist kein Bericht. Es kommt bei dir wie eine Abhandlung daher, was halt meistens langweilig wirkt.

Die Geschichte hat keine ausgefeilten Charaktere, keine Namen keine Gesichter! Die beiden Personen sind völlig egal, was wie ich eigentlich hoffe am Ende klar wird.

Damit hast du dir eine interessante aber schwierige Aufgabenstellung gegeben. Beim Leser kommt deine Lösung ja nicht so gut an, und schlussendlich schreibst du für den Leser, denn sonst würdest du es hier nicht publizieren.

Ein Vergleich zweier Situationen in einem Kontext auf den beide keinerlei Einfluss haben und in dem alle Umstände, Vorsätze, aller Glaube und alle Hoffnung einfach nichts zur Sache tun.

Und wie stellst du das dar, bzw. wie wolltest du es darstellen? Unterkühlt, distanziert, oder belanglos? Wie hast du dir eigentlich den Titel zum Inhalt deiner Geschichte gedacht? Klar, ich hab schon verstanden, was du eigentlich wolltest. Aber hey, deine Geschichte ist nicht packend! Das ist dein größter Fehler. Ich find dies echt schade, denn eigentlich hattest du eine gute Idee, und schreiben kannst du auch, musst nur aktiver schreiben, nicht so erzählerisch.

Allgemein ist es manchmal etwas schwierig offensichtliche Fehler zu bemerken, wenn man gar nicht mehr wirklich bewusst liest, weil man den Satz ja schon im Kopf hat.

online Duden Rechtschreibprüfung

Also, bin gespannt auf deine nächste Geschichte :).

viele Grüße
Kroko

 

Hallo Kroko,

der Tipp mit dieser Onlineprüfung ist wirklich gut, die kannte ich noch nicht. Ich habe den Text nun dadurch gejagt und hoffe das Gröbste nun bereinigt zu haben. Es ist unglaublich, wie blind man für manche Sachen sein kann. Wobei ich auch ein oder zwei Sachen gelernt habe, die ich vorher einfach nicht wusste.


Ich kann die Kritik über das Distanzierte und Berichthafte zwar irgendwie nachvollziehen, bin da aber anderer Meinung. Einfach weil ich es manchmal mag, wenn Dinge klar und zügig ausgedrückt werden. Es kommt natürlich auf die Situation und die Geschichte an. Ich denke das Genre der Kurzgeschichte ist ja nicht beschränkt auf kurze Geschichten, in dem Sinne, wie du es glaube ich diesmal meintest.

Aber ich bin dankbar für alle Anmerkungen und vielleicht ist mein Geschmack in diesem Fall einfach nicht objektiv genug.

beste Grüße

Fiedler

 

Ich habe meine Geschichte nun mit ein wenig Abstand noch einmal gelesen und das Berichthafte ist unbestreitbar. Es ist ein wenig wie aus der Vogelperspektive und damit meine ich nicht nur das Ende...., ein bisschen wie eine narrative Dokumentation. Das ist sicherlich Geschmackssache, aber die Kritik der Emotionslosigkeit sehe ich immer noch nicht. Auch auf Abstand fühlt man doch eigentlich mit der Tragik einer Situation! Wobei da natürlich die Frage der Umsetzung bleibt, vielleicht bringe ich diese Tragik eben wirklich nicht gut rüber?

Gruß

Fiedler

 

Hallo Maria,

wie gesagt die Idee ist eben nicht dem Leser eine Person zu präsentieren mit der mitleiden soll, mit der er sich identifizieren soll, sondern die Tragweite einer Situation darzustellen. Eine Situation, die mit einigen Details ausgeschmückt wurde. Insbesondere die Tatsache, dass die dritte "Figur" in der Geschichte ein Rabe ist, sollte eigentlich von der Fokussierung auf einen emotionsvermittelnden Charakter verwerfen. Wie gut das funktionieren kann bzw. wie gut ich das umgesetzt habe, ist eben die Frage.

Ein Beispiel: In einer Szene, in der ein Schauspieler auf einem Schlachtfeld steht und die vielen Toten betrachtet, ist die Regieanweisung meistens nicht zu schauspielern, sondern so emotionslos und gelangweilt wie möglich zu gucken. Der Schnitt im späteren Film lässt dann den Zuschauer die Emotionen der Szenerie in den Ausdruck des Schauspielers projizieren, er macht also im Grunde die Arbeit. In dem Fall ist der Film dem Buch also recht ähnlich, da auch der Leser, dem Autor normalerweise die Hälfte oder ein drittel der Arbeit abnimmt. Das soll jetzt aber keine Ausrede sein, emotionslos zu schreiben, ich will also die Möglichkeit, dass ich mein Ziel nicht erreicht habe nicht ausschließen.

Ein anderes Beispiel, wieder aus dem filmischen Bereich, ist die Serie Narcos, in der ein Erzähler einzelne Szenen aus der Zeit des Medellín Cartels miteinander verbindet. Auch dort bekommt man nur Happen zugeworfen, funktionieren tut dies aber sehr gut, zumindest meiner Meinung nach.

Gruß

Fiedler

 

Hi Fiedler!
Bei mir hat der Text schon funktioniert, denn der Stil passt gut zu dem, was du vermitteln wolltest.
Wenn du eine Situation so beschreiben willst, dass der Leser sich zu Reflexion angeregt fühlt, kommst du nicht drumrum, auch mal einen "erzählerischen" Stil anzuwenden, der den Inhalt leise in das Bewusstsein des Lesers tröpfeln lässt, statt sich über die Erzeugung starker Emotionen in sein Gedächtnis zu brennen.
Zudem ist die Geschichte augenscheinlich eine Schreibübung, wie es bei Texten dieser Länge kaum anders sein kann. Da erwarte ich keine mitreißende Story ( weil es dafür mehr Raum braucht ), sondern achte vor allem auf den Zusammenhang zwischen Stil und Botschaft.
Es ist im Wesentlichen die Lebensgeschichte zweier Männer, hier ein Familienvater mit glücklichem Leben, dort ein Vater, der es schlecht getroffen hat und sich durchkämpft. Der eine gut ausgebildet, der andere "Kanonenfutter". Und dennoch verbunden durch ein ähnliches Schicksal und durch eine Verantwortung, die eigentlich wichtiger ist als ein gegenseitiges Abschlachten im Namen irgendwelcher Herrscher.
Und dann kommt die dritte Partei, die alles im wahrsten Sinne des Wortes aus der Vogelperspektive betrachtet, was die Sinnlosigkeit dieser Verschwendung von Leben noch einmal verdeutlicht.
Gut, einem Raben menschenhafte Denkmuster anzuschreiben wäre im Historiengenre grenzwertig, aber es ist ja eine Fantasystory, auch wenn es abgesehen von dem Raben keine Fantasyelemente gibt. ;)

Die Fehler hast du aber immer noch nicht alle getilgt, und das stört den Lesefluss immer noch erheblich. Was Kommaregeln angeht, scheint sich spätestens nach der Rechtschreibreform kaum noch einer auszukennen, und selbst ich bin mir manchmal nicht sicher, aber es gibt immer noch den Grundsatz, dass vor einen Nebensatz, der bis auf das Bindewort ein ganzer Satz sein könnte, ein Komma gehört, und das fehlt häufig. Drei Beispiele ( es sind noch weitere im Text ):

Seine Frau, mit ihren schwarzen Locken, stand mit dem Rücken zum ihm, und sein Blick blieb liebevoll einige Zeit bei ihr hängen

Die drei Jahre waren die längsten und beschwerlichsten seines Lebens gewesen, und er war froh sie überlebt zu haben.

Es stank erbärmlich, und als er aus dem Zelt hinaus trat, sah er sich einem grauen und eintönigen Tag gegenüber.

Rechtschreibfehler sind mir nicht mehr viele aufgefallen, aber es sind noch ein paar übrig, von denen die Mehrzahl nicht von allen Rechtschreibprogrammen erkannt wird:

Sie waren zwar wenn es sein musste auch geschickte Jäger, aber die Jagt war doch eher etwas,

Die Jagt war nur mehr Unterhaltung für sie


Jagd.

Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus und er atmete

musste jeder seinen Anteil zur Erhaltung des Friedens und zum Schutz der Seinen beitragen
nur ein paar Wenige waren schon auf den Beinen.

Seine Kameraden und er selbst wurden auf den Feldern gebraucht, die Aussaat war schon überfällig.

Rekruten mit nicht abgeschlossener Kampfausbildung oder ältere Männer, die schon wieder alles vergessen hatten.

Es gibt allerdings noch ein paar kleinere Stilfehler. Nicht weltbewegend, aber nicht zu unterschätzen, was den Lesefluss betrifft.

Sie waren einfach Leute aus derselben Provinz,

schließlich wollte er den Tag ja überleben.

Füllwörter unterlaufen mir beim ersten Durchgang auch haufenweise, und erst beim zweiten Überarbeiten geht mir auf, dass ich genauso gut auf sie verzichten könnte.

Er dachte bei sich, dass es daran liegen musste, dass er bald wieder bei seiner Familie sein würde.

Doppelte Dass-Sätze wirken holprig. Es gibt immer einen Weg, solche Formulierungen eleganter zu machen. Z. B.: "Es musste daran liegen, dass er bald wieder bei seiner Familie sein würde."

Und dann noch Ausdrücke, die nicht zum Setting passen:

Er nahm jeden noch so schlechten Job an,

Weder zwischen ihm und seines gleichen noch mit den Wölfen oder anderen, die ebenfalls später zur Party erscheinen würden.

Das sind moderne Begriffe, die in einer mittelalterlichen/antiken Fantasywelt fehlplatziert wirken. Statt Anglizismen solltest du an solchen Stellen die altmodischsten Begriffe einsetzen, die der Leser vermutlich kennt. Arbeit und Feier tun es hier auch.

Lg, Megabjörnie

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom