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Der Tag der Entscheidung

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16.10.2011
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Der Tag der Entscheidung

Oh wow, dachte Tim, als er von der bereits hoch stehenden Sonne aufgeweckt wurde. Er blickte auf seinen Timemanager, der silber-glitzernd an seinem linken Handgelenk funkelte. Es war zwei Uhr mittags und als sei das nicht genug: es war zwei Uhr mittags und Dienstag. Was hatte er bloß seit Samstag getrieben? Tim blickte sich um und erkannte, dass er in einem Wald, angelehnt an einen Baum saß. Es war ein wunderschöner, sonniger Dienstag und Tim wurde wieder bewusst, dass dies sein letzter wunderschöner Dienstag sein würde. Nach und nach erinnerte er sich an die große Abschlussfeier seines Jahrgangs am vergangenen Samstag und, wie er und seine zwei besten Freunde Samuel und Philip, sich streng nach Tradition, Dexis spritzten, um so die Nächte ihres Lebens in vollen Zügen zu genießen. Man hatte ihm von klein auf gesagt, dass er sich nur an fünfzig Prozent der vergangenen Nächte erinnern würde und, dass sein Körper einen ganzen Tag lang Schlaf benötigen würde, um zwei Nächte auf Dexis zu verkraften. Doch er und seine Freunde hatten sich schon in der Unterstufe geschworen es trotzdem zu tun. Es war auch gar nicht so schlimm den ganzen Montag hier an dem, mehr oder weniger, bequemen Baum angelehnt, zu schlafen, dachte Tim. Er verstand die Leute aus seiner Stufe nicht, die versuchten die Tradition zu brechen und die Abschiedsfeier ohne Dexis-Spritzen zu überstehen. Konnte man denn wirklich Spaß haben, wenn man im Hinterkopf hatte, dass dies die letzten Nächte des unbeschwerten Jugendlebens seien würden? Haben diese Klassenkameraden sich wirklich amüsiert oder sind sie, wie es in den letzten Jahren häufiger in den Zeitungen stand, an dem Gedanken zerbrochen und ausgerastet? Tim fand das lächerlich. Nur weil es angeblich Einzelfälle gab, bei welchen die Schüler nie mehr aus dem „Dexis-Schlaf“ erwachten. Dass diese traditionelle Droge, auf welche jeder Einwohner am Tag der Abschlussfeier sein Recht hatte, der Grund für den Tod dieser Schüler sei, war ja nicht einmal nachgewiesen. Wie jeder weiß, kann Dexis nach einem Ruhetag des Körpers nicht mehr nachgewiesen werden. Tim schmunzelte. Zumindest habe ich es überlebt, überlegte er stolz. Etwas schadenfroh dachte er an die Spießergruppe aus seiner Stufe, die versucht hatten, so viele wie möglich zu überreden nicht Dexis zu nehmen. Diese Idioten hatten vielleicht drei oder vier überzeugt und die konnte Tim sowieso nicht leiden. All diese Trottel haben wahrscheinlich die schlimmsten Tage ihres gesamten Lebens durchgemacht, während wir den Tag zur Nacht machten. Tim kamen plötzlich einzelne Bilder von den vergangenen Tagen in den Kopf. Dabei grinste er ohne es zu merken, denn es waren Bilder von seinen Freunden auf verschiedenen Partys, die sie besucht hatten. Außerdem waren auch Bilder von Theresa dabei. Die ganze Oberstufe lang hatte Tim versucht sie einmal zu haben, doch sie wollte nichts mit dem männlichen Geschlecht zu tun haben. Es habe sowieso keinen Sinn sich auf eine Beziehung einzulassen, da man sich nach der Abschlussfeier nie mehr wieder sehen würde. Oh ja Theresa hatte viel gesagt, dachte Tim zufrieden, doch als Dexis aus ihr sprach, sah die Sache ganz anders aus. Tim sah Bilder vor sich, die ihn in diesem Moment zum glücklichsten Mann auf dem ganzen Planten machten. Dieser Moment vollster Zufriedenheit veranlasste ihn, sich zum ersten Mal zu bewegen und nachdenklich an seinem Kopf zu kratzen. Schade, dass das ganze Leben nicht so sein kann, wie diese zwei Tage, dachte Tim unwillkürlich, wobei er sich im nächsten Moment sicher war, dass das wahrscheinlich in diesem Moment jeder Junge dachte, der aus dem Dexis-Schlaf erwachte. Zwei Tage lang nur Partys und Frauen, was könnte es schöneres geben.
Tim war so sehr mit sich und dem Leben zufrieden, dass er beschloss aufzustehen und sich seinem Schicksal bzw. dem Schicksal aller Jungen seines Alters zu stellen. Heute würden sie zu Männern werden. Heute war der Tag, an dem ihm, Tim Glauris, seine Aufgabe innerhalb der Gesellschaft zugewiesen werden würde.
Er bückte sich und betätigte seinen Peilsender, der seit seiner Geburt am linken Fußknöchel befestigt war. Jetzt brauchte er nur noch zu warten bis sie ihn mit ihren verrosteten Beamtenluftschiffen abholen würden. Es dürfte nicht mehr als fünf Minuten dauern, dachte Tim und im selben Moment begann er zu hoffen, dass er dem Militär zugewiesen werden würde. Es war seinen Eltern nicht erlaubt ihm zu sagen, ob er das Glück haben werde in Zukunft in der Galaxie für seinen Vaterplaneten zu kämpfen oder, ob doch die grausige Alternative auf ihn wartete. Immerhin hatte man beim Militär eine Lebenserwartung von 25 Jahren, was für ihn noch mindestens wundervolle sechs Jahre bedeuten würde. Tim hatte immer versucht in der Schule zu glänzen, wenn es um Militärfragen ging, um so seine Chancen auf einen Posten zu erhöhen. Doch wie jeder andere wusste er, dass nur seine Gene bestimmen würden, ob er letztendlich diese Laufbahn einschlagen werde oder nicht. Er musste es einfach schaffen, denn zu groß war die Angst, die zweite Aufgabe innerhalb der Gesellschaft erfüllen zu müssen. Allein bei dem Gedanken daran, begann er am ganzen Körper zu zittern.
Da kam das Luftschiff auch schon. Es sah genau so aus, wie man es immer(weg) aus den Lehrfilmen über diesen besagten Tag kannte. Alt, etwas verrostet, aber trotzdem brachte es die Lebensentscheidung für alle jungen Männer mit sich. Er setzte sich in das Luftschiff und so kam er innerhalb von fünf Minuten zum „Zentralen Zukunftsamt für gesellschaftliches Zusammenleben“. Eine weitere Erklärung war nicht nötig, denn aus den Lehrfilmen war der Ablauf jedem jungen Mann bekannt. Er setzte sich auf einen sehr unbequemen Stuhl im Wartezimmer, wobei er dachte, dass diese Unbequemlichkeit des Stuhles, auch irgendwie die Unbequemlichkeit dieser Entscheidung symbolisiert. Neben ihm saßen noch zwei weitere Jungen, deren Gesichter sehr angespannt aussahen. Niemand im Raum redete. Es war als würden es eine Ewigkeit dauern, die Tim dort auf diesem verdammt ungemütlichen Stuhl saß, doch dann ging plötzlich die Tür auf und aus dem „Zimmer der Entscheidung“ kam Philip raus. Er lachte über das ganze Gesicht und schien kurz davor zu sein, einen Freudensprung zu machen. Als er Tim sah, rannte er auf ihn zu und beide umarmten sich. >>Herzlichen Glückwunsch, Philip<< gratulierte Tim ihm, während er seinem Freund die Hand schüttelte. >>Hast es also zum Militär geschafft!<<
>>Jep<<, brach es aus dem überglücklichen, zukünftigen Luftschifffahrer heraus. >>Ich werde erstmal meine Grundausbildung im Sonnensystem des Orlyph machen und dann mal sehen. Vielleicht überlebe ich die ja sogar und kann dann in den Krieg gegen die Sporoner ziehen.<<
>>Oh man ich bin so neidisch auf dich, Phil. Hoffentlich schaff ich’s auch.<<
>>Na klar, sieh dich mal an: du bist dafür gemacht Raumschiffe vom Himmel zu holen. Hey, ich warte hier auf dich. Vielleicht haben wir ja den gleichen Ausbildungsort.<<
>>Okay. Beistand kann ich auf jeden Fall brauchen. Aber mach dir bitte nicht zu viele Hoffnungen. Du übertreibst es doch immer gleich, wie wir am Sonntagabend mal wieder gesehen haben.<<
Tim musste lachen und auch Philip wusste, was gemeint war. Sie warfen einander wissende Blicke zu und setzten sich auf die Stühle.
Es dauerte noch circa eine halbe Stunde bis Tim dran kam, doch diese verflog wie von selbst, da sie die gesamte Zeit damit verbrachten über das am Wochenende Erlebte zu sprechen.
Dann ging die Tür erneut auf und Tim wurde aufgerufen. Philip drückte ihm die Hand und wünschte ihm viel Glück, als dieser bereits aufgestanden war, um sein Schicksal zu erfahren.
Nach fünfzehn Minuten trat Tim aus dem Büro und Philip sprang sofort auf, um ihm entgegenzulaufen.
>>Und was ist, wie ist es gelaufen?<<
Noch während er dies fragte, sah er an Tims Gesicht, das von tiefem Schmerz gezeichnet war, dass es alles andere als gut verlaufen war.
>>Das wird wohl nichts mit Grundausbildung im Orlyph<<, keuchte Tim, der so klang, als täte ihm das Sprechen weh. >>Ihr Name ist Eva Traute. Unsere Gene passen perfekt aufeinander, um … du weißt schon.<<
>>Es tut mir furchtbar Leid<<, tröstete Philip seinen Freund, >>doch irgendjemand muss sich auch um die Fortpflanzung unserer Rasse kümmern und wenn eure Gene möglichst gute Soldaten erzeugen werden, dann muss es eben so sein.<<
>>Ich weiß doch. Wir haben es ja eingetrichtert bekommen. Ich werde meine Aufgabe in der Gesellschaft erfüllen. Es ist nur… eine Frau das ganze Leben lang...und dann eine Lebenserwartung von 100 Jahren. Die Strafe könnte einfach nicht höher sein.<<

 

Hallo Koperan,

willkommen auf KG.de. :)

Für den Einstand ist deine Geschichte nicht schlecht. Nach dem Schulabschluss wird für die Absolventen über ihre Zukunft entschieden. Und die Reaktion des Prots darauf ist anders, als es wohl von den meisten Menschen in unsrer Welt währe.

Zwei Sachen sind mir aber unangenehm aufgefallen.
1. Die Absätze sind sehr lang. Viele hier lesen die Geschichten gleich am Monitor, und da sind große Blöcke ehr hinderlich. Mach also bitte aus den großen Absätzen mehrere kleinere.
2. Die Anführungszeichen, die du für die wörtliche Rede benutzt sehen nicht gut aus. Da hast du doch bestimmt die Zeichen für "Größer" und "Kleiner" genommen. Die regulären Anführungszeichen sehen besser aus. Das was du zur Betonung in Anführungszeichen gesetzt hast, kannst du auch kursiv schreiben. ;)

Gruß
Shinji

 

Hi Koperan!

Für den Anfang keine schlechte Sache, da gebe ich Shinji recht.
Das Motiv des totalitären Systems, das das Leben der Menschen vom Anfang bis zum Ende bestimmen will, gehört zur SF wie der Psychopath zum Horrorgenre. Wer ein düsteres Szenario einer zukünftigen Gesellschaft schaffen will, hat etwas zur Hand, das immer funktioniert und sich nicht verbraucht, weil sich alles Mögliche daraus spinnen lässt, vor allem bei Abenteuergeschichten.
Hier beleuchtest du einen Aspekt, den ich so noch nicht gesehen habe:
Was passiert auf der psychologischen Ebene mit den Menschen, wenn sie innerlich zum System auf Distanz gehen, sich dessen aber nicht bewusst sind und für das Gefühl des Überdrusses dem Leben selbst die Schuld geben?
Deine Figuren zeigen dies im letzten Absatz: Das Leben fühlt sich öde an, wenn es fremdbestimmt ist; aber anstatt die Fremdbestimmung in Frage zu stellen, versucht man sich ihr durch selbstzerstörerisches Verhalten zu entziehen. Und das kommt dem System dann auch noch zugute.
Dein Szenario ist recht extrem; dennoch wird jeder Leser den Bezug zur Gegenwart erkennen. Wie oft hört man Sprüche wie: "Ich lebe lieber kurz und intensiv als lang und langweilig"? Und wie oft erkennt derjenige, dass er sich nur Kicks verschaffen will, um von seiner inneren Leere abzulenken, und wie oft erkennt er dann, dass er etwas gegen die Leere tun sollte und nicht gegen seine körperliche Existenz?
Das Thema solltest du auf jeden Fall in der Schublade behalten. Wenn du dich literarisch gut entwickelst, kannst du es bald bestimmt auch auf differenziertere, tiefer schürfende Art behandeln.

Kommen wir zum Textkram:

Oh wow, dachte Tim,

Gedankliche Rede am besten kursiv kennzeichnen.

erinnerte er sich an die große Abschlussfeier seines Jahrgangs am vergangenen Samstag, und, wie er

Das Komma vor das und.

Es war auch gar nicht so schlimm, den ganzen Montag hier an dem, mehr oder weniger, bequemen Baum angelehnt, zu schlafen, dachte Tim.

Erstens: Ein Komma muss eingefügt, alle anderen entfernt werden.
Und da der Satz zwar ein Gedanke von Tim, aber aus der Erzählerperspektive geschrieben ist ( Vergangenheitsform ), muss das dachte weg.

Die weiteren Kommafehler liste ich nicht mehr auf, weil sie so zahlreich sind. Da müsstest du noch mal ran und dich in den Kommaregeln fit machen.

Konnte man denn wirklich Spaß haben, wenn man im Hinterkopf hatte, dass dies die letzten Nächte des unbeschwerten Jugendlebens seien würden? Haben diese Klassenkameraden sich wirklich amüsiert oder sind sie, wie es in den letzten Jahren häufiger in den Zeitungen stand, an dem Gedanken zerbrochen und ausgerastet?

Der Wechsel der Zeitformen würde nur gehen, wenn der zweite Satz ein direkter Gedanke von Tim wäre - und das müsstest du dann kennzeichnen.

Tim sah Bilder vor sich, die ihn in diesem Moment zum glücklichsten Mann auf dem ganzen Planeten machten.

Dass diese traditionelle Droge, auf welche jeder Einwohner am Tag der Abschlussfeier sein Recht hatte, der Grund für den Tod dieser Schüler sei, war ja nicht einmal nachgewiesen. Wie jeder weiß, kann Dexis nach einem Ruhetag des Körpers nicht mehr nachgewiesen werden.

Erst mal: Wieder ein Zeitformenwechsel, diesmal ohne möglichen Sinn.
Und worauf bezieht sich das Wort "Einwohner"? Von was? Besser wäre: Bürger.

Heute war der Tag, an dem ihm, Tim Glauris, seine Aufgabe innerhalb der Gesellschaft zugewiesen werden würde.

Merkst du selbst, oder? Ein sollte statt würde würde wahre Wunder wirken.

dachte Tim und im selben Moment begann er zu hoffen, dass er dem Militär zugewiesen werden würde.

Hier kann das werden weg.

>>Ich weiß doch. Wir haben es ja eingetrichtert bekommen. Ich werde meine Aufgabe in der Gesellschaft erfüllen. Es ist nur… eine Frau das ganze Leben lang...und dann eine Lebenserwartung von 100 Jahren. Die Strafe könnte einfach nicht höher sein.<<

Der zweite Satz klingt, als wäre Tim dem System gegenüber kritisch eingestellt. So etwas sagt nur jemand, der die Verhältnisse von außen betrachtet. Den Eindruck hat man in der gesamten Story überhaupt nicht. Der interessanteste Aspekt an deinem Text ist aber gerade die unkritische, selbstzerstörerische Haltung von Tim. Nur mit ihr ist es ihm möglich, seine Aufgabe klaglos zu erfüllen; was ihm beigebracht wurde, "ist nun mal so", und deshalb kann er es nicht als Eintrichterung durchschauen. Könnte er das, wäre seine Haltung am Schluss sicher weniger fatalistisch und hätte den Keim der Rebellion in sich.

Tschüss, Megabjörnie

 

Danke für die Kritik

Ich wollte mich für die konstruktive Kritik bedanken.

@ Shinji-Chibi:
Stilistisch hatte ich wirklich noch keine Ahnung, aber das werde ich verbessern. :) Danke für die Tipps diesbezüglich.

@ Megabjörnie:
Ich merke jetzt selbst, dass meine Geschichte noch etwas roh ist, was meine Kommasetzung und Zeitwechsel angeht. Da muss ich mich wohl noch ein bisschen mehr konzentrieren. ^^

Auch die anderen Tipps finde ich sehr hilfreich.
Mittlerweile ärgere ich mich über den Satz, in welchem mir meine Kritik rausgerutscht ist. Ich wollte ihn zunächst beim zweiten Lesen löschen, habe mich dann aber dafür entschieden, die Geschichte so hochzuladen, wie ich sie zuerst niedergeschrieben habe.
Eigentlich sollte man die Kritik ja auch so rauslesen können. :)

Wie auch immer.
Vielen Dank für die wirklich qualifizierten Antworten.

Gruß
koperan

 

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