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Der Tag, an dem das SMILE auf die Menschheit herablachte

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24.04.2003
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Der Tag, an dem das SMILE auf die Menschheit herablachte

Ein harter Schlag ins Gesicht riss ihn unsanft aus dem Schlaf.
"Hallo Felix." - Das Zimmer war dunkel, aber die Stimme hatte er gleich erkannt.
"Ach...die Verschleierungsbehörde. Entschuldigung, ich meine selbstverständlich das Amt für abtrünnige Fliegerlinge. Was verschafft mir die Ehre Agent Y?", fragte er, während er sich mit einer Hand die anschwellende Wange rieb.
"Sie sollten nicht so unverschämt sein. Eines Tages wird Sie dies noch teuer zu stehen kommen." - Als die Vernebelungen seiner skurrilen Träume sich aufzulösen begannen und die funkelnden Lichter-Sternchen dem klaren Blick wichen, konnte er das vernarbte Gesicht Y´s erahnen, der gerade im Begriff war sich über ihn zu beugen.
"Wir haben Informationen erhalten. Traurige Informationen", hauchte ihm der Agent in einer unsichtbaren Wolke abgestandenen Atems entgegen.
Dann schaltete er das Licht an.
Er trug eine grell bunte Krawatte - das Wappen der amtlich amtierenden Regierung - und einen Blaumann. Neben ihm stand noch ein anderer Mann. Er war nackt.
Felix sah an den beiden vorbei in Richtung seines Nachtschränckchens.
"Was dagegen, wenn ich mir eine Rauche?"
Der Agent entfernte sich von ihm und griff nach dem grauen Päckchen.
"Das sind Trickzigaretten! Die explodieren, wenn man sie anzündet!", ergriff der unbekannte Adam euphorisch das Wort.
"Lass mal gut sein Jakob. Die sind schon in Ordnung", beschwichtigte Y ihn und reichte Felix einen der schlecht gestopften "Staatsfreude Genuss Heute" Glimmstängel.
Felix striff mit dem Vorderstück zweimal über die Wand und steckte sich die brennende Zigarette zwischen die Lippen, ehe er sich im Bett aufrichtete.
"Was sind das denn für Informationen, die ihr erhalten habt?", wollte er wissen und nahm einen genüsslichen Zug.
"Sie sind ein gemeiner Libellenreiter und Verräter! Sie sind...", Y schnitt der unbekleideten Aushilfe mit einer raschen Handbewegung das Wort ab.
"Lass uns bitte kurz allein, Jakob."
"Aber..."
"Raus, habe ich gesagt."
Der junge Mann verließ beleidigt das Zimmer, wobei sein Penis wie eine Liane hin- und herschwenkte und ein klatschendes Geräusch auf den Oberschenkeln erzeugte.
"Was soll der ganze Quatsch? Weshalb schleppst du mir diesen Irren in die Wohnung?", fragte Felix, nachdem sie unter vier Augen waren.
Y zog sich einen kleinen Holzhocker heran und setzte sich.
"Was ist an dem Wort ´unauffällig´ so schwer zu verstehen?"
Felix fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare und drückte die frisch angesteckte Kippe an der stählernen Seite seines Bettes aus.
"Ach du Scheiße. Wer hat mich gesehen?"
"Der Bürgermeister, Felix. Der Bürgermeister. Das können wir schlecht ignorieren. Ich bin persönlich für deine Bestrafung verantwortlich gemacht worden. Es wird ganz schnell und völlig human vonstatten gehen. Versprochen!"
"Hat der Paradiesvogel da draußen was mit der Sache zu tun?"
Natürlich hatte er, und Felix konnte sich auch schon denken, was. Er sprach es trotzdem nicht direkt an.
"Wir sehen uns morgen. In aller Frische. Ach und...schlaf gut!", Y grinste und verließ den Raum. Kurz danach betrat sein nudistisches Mitbringsel erneut das Schlafzimmer.
"Jetzt werde ich dich von hinten nehmen, du abtrünniger Libellenreiter!", sagte Jakob mit der Entschlossenheit eines Kamikazejägers.
Felix dachte an die alten Zeiten und ließ es über sich ergehen.

***

EIN NEUER MORGEN IN LIBELLENSTADT

Der Himmel war wolkenlos und klar, die Menschen im Radio fröhlich und die Straßen so gut wie leer. Ein gewöhnlicher Morgen in Libellenstadt; mit Ausnahme seines wie die Hölle brennenden Hinterns.
Es war kurz nach neun, als Felix das marode Mietshaus verließ und an den unzähligen, halb eingestürzten Wolkenkratzern und notdürftig errichteten Müll-Barracken vorbei, in Richtung des Ministerium für "Liebe und Verschleierung" trottete.
Die einzige funktionierende Ampel im Innenstadtbereich war auf Rot geschaltet und obwohl weit und breit nicht ein Auto zu sehen war, wartete er ab. Je nachdem wie die Schaltung eingestellt war, konnte dies bis zu zehn Minuten in Anspruch nehmen. Ein paar Obdachlose waren unweit der zerstörten Autobahnbrücke damit beschäftigt, den Geist eines verstorbenen Kaninchens mit grotesken Zauberformeln in das Paradies zu begleiten. Er beobachtete sie eine zeitlang, bis ein humpelnder, in Laken gehüllter Mann an ihm vorbei lief und "halte den Verkehr nicht auf" rief.
Die Ampel war zwar nicht grün, dafür aber war der Strom ausgefallen. Laut Gesetzgebung eine Zwickmühle. Wenn man jetzt die Straße überquerte, hatte man ein Beschwerdeformular bei der "Behörde für Kritikanregungen" auszufüllen und anschließend ein weiteres beim Amt für "Selbstanzeigen - Bereich Verkehrsdelikte".
Die wenigstens missachteten die Gesetze und die meisten waren sehr aufmerksam darin, Leute an den Pranger zu stellen, die es doch taten.
Felix lief einige Minuten die Hauptstraße entlang und drehte sich immer wieder - so unauffällig es eben ging - nach hinten um. Erst, als er sich vollkommen sicher war von niemandem verfolgt zu werden, bog er in die Spielplatz-Allee ein und näherte sich dem größten, noch komplett intakten Gebäude der Stadt.
Der Pförtner blickte mühsam von seiner alten Ausgabe der "BRAVO" auf und betrachtete ihn gelangweilt.
"Guten Morgen Herr Felix", sagte er dann. "Gehen Sie doch rein und machen Sie es sich so richtig gemütlich. Wünsche einen schönen Tag", ergänzte er noch knapp und verfiel dann wieder voll und ganz der aufgeschlagenen, reich bebilderten Doppelseite des Doktor Sommer Teams.
Die einst majestätischen Stufen, die in Richtung des Haupteinganges führten, waren abgetreten und mündeten motivationslos vor den kümmerlichen Überbleibseln eines ehemaligen Finanzpalastes. Die gläsernen Drehtüren existierten schon seit langer Zeit nicht mehr, stattdessen bestand der Eingang nur noch aus einem düsteren, klaffenden Loch. Strom gab es in Libellenstadt nur sporadisch und er musste teuer erkauft werden. Für die Berücksichtigung eines gediegenen Foyer-Ambientes blieb kein Geld, selbst dann nicht, wenn man das Innere des wohlhabendsten Amtes weit und breit betrat.
Felix´ Augen benötigten einen Moment, bis sie sich den Lichtverhältnissen weitestgehend angepasst hatten. Die Halle war schlicht gigantisch, aber auch unglaublich schäbig. Das einst noble Mobiliar lag in hunderte kleine Trümmerhäufchen verstreut auf dem matten Marmorboden und ließ diesen Ort eher an eine Müllhalde erinnern.
Die Empfangsdame trug einen in Fetzen hängenden, verschmutzten Schwesternkittel, auf dem mit einigen Stichen das farbige Emblem der Regierung schräg aufgenäht worden war. Sie stütze sich auf den breiten Tresen, welcher in aller Unprofessionalität aus einigen Holzbrettern und Farradrahmen zusammengeschustert worden war und aussah wie ein abstraktes Kunstwerk.
"Sie wünschen?", grunzte sie ihm entgegen.
"Zu Agent Y."
"Ach ja? Und wer sind Sie bitte?"
"Melden Sie Herrn Felix an."
Die rundliche Frau klopfte sich mit beiden Händen auf den Bauch und stieß ein schrilles "Ha!" aus. - "Da könnte ja jeder kommen. Ausweis herzeigen."
"Ich komme jede Woche hierher. Sie kennen mich doch inzwischen."
"Ausweis!", wiederholte sie energisch und hielt dabei drohend die Hand über eine verrostete Portiersklingel. - "Oder soll ich erst die Schutzgarde kommen lassen?"
Felix sah zur Seite. Ein fetter Mann in Baumwollstrumpfhosen und Stöckelschuhen lehnte an der Wand und war offensichtlich im Stehen eingeschlafen.
"Glauben Sie, dass er von diesem Glöckchen aufwachen wird?"
Die Frau klopfte sich erneut auf den Bauch. Diesesmal so feste, dass ein dumpfes Geräusch, wie von einem leise gestellten Subwoofer, von ihrem Kittel widerhallte.
"Ha!", keifte sie wieder, "der ist schneller da, als du Libelle sagen kannst. Und jetzt...Ausweis!"
Felix kramte etwas nervös in seinen Taschen. Er hoffte, seine Berechtigungskarte nicht in der Wohnung vergessen zu haben; ansonsten bekam er gleich die Art von Problemen, auf die man gut und gerne verzichten konnte. Schließlich fand er sie aber doch.
"Hier", sagte er und streckte seinem übel gelaunten Gegenüber das verdellte Pappkärtchen entgegen. Ein altes Passbild von ihm war in der oberen linken Ecke festgeklebt, darunter standen seine handschriftlichen Initialien und das bunte Zeichen der Regierung war mit einer Büroklammer an den Seiten befestigt.
"Oh", staunte sie ihn an, "ich hatte ja keine Ahnung. Agent Y ist in seinem Büro. Ich kann Sie leider zur Zeit nicht telefonisch bei ihm ankündigen. Wir haben ein Problem mit unserer Vernetzung." - Um Felix das Problem zu demonstrieren, zog sie ein völlig zerstörtes Drehscheiben Telefon unter dem behelfsmäßigen Tisch hervor, an dessen Ende ein schmaler Schlauch befestigt war, der an der hinteren Wand emporlief, knapp vor dem Deckenanfang aber gerissen war.
"So ist das mit der modernen Technik.", grinste sie ihn plötzlich ekelhaft anbiedernd an.
Ein lautes tack tack kündigte davon, dass auch der Mann von der Schutzgarde zwischenzeitlich erwacht war und schlaftrunken auf die beiden zu stolzierte. - "Gibt es hier ein Problem?", wollte er wissen, während er ein scharfes Küchenmesser aus seinem Baumwollbund zog.
"Nein, nein! Alles in Ordnung. Nur ein kleines Missverständnis. Sie nehmen mir meinen harschen Tonfall doch nicht übel Herr Felix, oder? Ich konnte ja nicht wissen..."
"Schon okay", unterbrach er sie.
"Nein! Nichts ist okay. So hat sich eine Dame im Dienste der amtlich amtierenden Regierung nicht aufzuführen. Nicht vor Herrschaften wie Ihnen. Bitte behalten Sie es für sich. Ich hänge sehr an diesem Posten, wissen Sie? Bitte nicht böse sein."
"Wie gesagt, Sie ziehen ja ohnehin jede Woche das gleiche Theater ab. Ist aber in Ordnung. Ich bin nicht böse", versuchte er sie zu besänftigen, während er sich langsam in Richtung des Treppenhauses davon schlich. Er wusste, was gleich kommen würde.
"Sie sind DOCH böse! Bitte gehen Sie nicht. Es tut mir leid, so leid!" - Der alte Bürostuhl quietschte laut auf, als sie ihren fülligen Körper von selbigem nach oben stemmte und sich aufmachte ihm zu folgen.
"Gibt es hier wirklich kein Problem? Ich bin kurz eingeschlafen. Das passiert mir sonst nie. Ich will doch meiner Uniform keine Schande bereiten", mischte sich die Garde beunruhigt ein und ließ die Klinge rasch wieder unter der Strumpfhose verschwinden.
Felix hielt beschwichtigend seine Hände vor die Brust.
"Alles kein Problem. Ich werde jetzt zu Agent Y hinaufgehen und wir vergessen das Ganze. In Ordnung?"- Warum musste er diese Frau auch immer erst so sehr reizen? Er schwor sich, dass er es heute zum letzten Mal getan hatte.
"Bitte verraten Sie uns nicht. Möchten Sie etwas zum trinken haben? Soll ich rasch einen Tee kochen? Ich kann zu mir nach Hause flitzen und ganz leckeren schwarzen Tee holen."
An diesem Punkt angelangt, gab es für Felix keine andere Möglichkeit mehr als eine schnelle Flucht. Das hatte ihn die Erfahrung gelehrt.
"Seht da! Ein Libellenreiter!", stieß er geschauspielt überrascht hervor und deutete mit dem Zeigefinger in Richtung des Einganges.
Er hatte bereits die erste Etage erreicht, als die zwei den Betrug bemerkten.
"Nicht weglaufen. Wir hängen doch so sehr an unserer Arbeit. Folgen wir ihm! Manfred, zieh dir die Garde-Schuhe aus!", konnte er noch gedämpft von unten hören.
Er klopfte hastig an die zweite Tür von links; eines der wenigen besetzten Büros im Gebäude. Ohne eine Antwort abzuwarten trat er ein. Hier herein würden sie ihm nicht folgen.

"Hallo Holger. Ich hoffe, ich störe dich nicht bei wichtigen Verwaltungsaufgaben", sagte er bitter.
"Felix. Wie gehts dem Gesäß?", pfiff sein Gegenüber fröhlich heraus.
"Beim Tage des Smiles! Hör mir mit deinen beschissenen Witzen auf. Die Sache gestern Nacht war absolut unnötig. Der Bürgermeister kann doch ein totes Huhn nicht von seiner eigenen Frau unterscheiden! Musstest du mir gleich diesen Zombie in die Wohnung schleppen?"
Holger - alias Y - stützte sich mit den Ellbogen auf die mächtige Kühltruhe, welche als sein Schreibtisch herhielt und blickte Felix tief in die Augen.
"Wir sind so kurz vor dem Ziel", begann er, "ich lasse mir diese Sache um nichts in der Welt vermasseln. Sollen diese Gehirn amputierten da draußen sein, was sie sein wollen. Fakt ist, dass sie intelligenter werden und das macht mir Angst." - Holger durchwühlte seine Tasche nach den "Genuss Heute Kaugummis" und steckte sich dann gleich zwei Streifen auf einmal in den Mund. - "Vor zwei Nächten sind wir auf eine neue Ader gestoßen und haben vier Arbeiter dabei erwischt, wie sie sich die Taschen mit den Dublonen vollgestopft haben. Sie hören nicht mehr auf uns. Wenn wir dieses Gebiet befrieden wollen, dann wird es Zeit für Operation Bleiregen."

Operation Bleiregen. Die umstrittenste Maßnahme, die der Rat der unbescholltenen Bürger je zu planen begonnen hatte. Felix erinnerte sich nur zu gut an jenen Tag; damals, als alles anders wurde und einige wenige plötzlich die Welt beherrschten.
Der Tag, an dem das SMILE über den Himmel lachte und die Menschheit einfach so...dumm wurde. Wer hinaufblickte, in den blauen Sommerhimmel, der so klar und freundlich war, verfiel direkt dem Wahnsinn. Die anderen erst einige Stunden später. Er hingegen war verschont geblieben; Holger leider auch.
"Was ist hier los", hatte er gefragt, als er im Krankenhaus aufgewacht war. Der Mann im Ärztekittel hatte ihn aus wahnsinnigen Augen heraus angeblickt und dann angefangen zu kichern. - "Du bist wach! Ich bin jetzt dran mit schlafen", hatte er entgegnet.
Bald schon hatten sich jene, die vom Schwachsinn unberührt geblieben waren, zusammengefunden und eine neue Regierung gegründet. Eine, die so bizzar war, dass sie selbst von den auf den Straßen umherwandelnden Vollidioten verstanden werden konnte. Damals war auch das erste mal über Operation Bleiregen diskutiert worden.
Es ließ sich nur darüber spekulieren, wer den SMILE am Himmel gezündet hatte. Der Rat tippte auf die Amerikaner, die mit ihm eine neue Art der psychologischen, bombenunterstützten Kriegsführung eingeläutet hatten. Andere waren überzeugt davon, dem grausamen Werk von Außerirdischen zum Opfer gefallen zu sein.
Wie auch immer; fest stand, dass sie ziemlich abgeschnitten waren von den restlichen Städten da draußen, da sich die meisten Autos unmittelbar nach dem stattfinden des vermeintlichen, sehr kurzen Krieges, in Schutt und Asche verwandelt hatten. Die Autobahnen und Wälder waren inzwischen von merkwürdigen Gruppen belagert, die jeden abschlachteten, der sich ihnen näherte.
In den ehemaligen Metropolen gab es noch einen Rest von Ordnung, wenngleich dieser auch gefährlich zu bröckeln begonnen hatte.
Operation Bleiregen sah vor, sämtliche "Zombies" ganz einfach zu erschießen, wenn die Situation irgendwann außer Kontrolle geraten sollte. Dafür hatte der Rat einen ehemaligen Bundeswehrstützpunkt südlich der Stadtgrenze plündern lassen. Keine besonders einfallsreiche Idee...aber effektiv. Nur intelligente Menschen konnten noch mit Waffen umgehen und Widerstand ließ sich kaum mehr erwarten. Dennoch sah Felix dieser Alternative ziemlich skeptisch entgegen, immerhin hatten sie Jahre gebraucht, um den ganzen Deppen ihre ausgedachten Regierungsstrukturen einzubläuen, ohne dass sie diese nach fünf Minuten schon wieder vergessen hatten. Keine leichte Aufgabe.

Er ließ sich auf den kleinen Hocker vor der Gefriertruhe fallen und atmete laut aus.
"Was gibt es da zu überlegen Felix? Dublonen haben wir genug, um den ganzen verdammten Planeten aufzukaufen."
"Woher weisst du das überhaupt? Was, wenn der Rest der Welt noch völlig normal ist?"
"Ausgeschlossen! Dann wäre längst jemand hierher gekommen. Nein, das SMILE hat überall auf die Menschen herabgelacht."
"Woher wissen wir eigentlich, dass es das SMILE gegeben hat? Ich lag damals im Koma und bin dem ganzen Schwachsinn entkommen. Du warst eine Woche unter Tage. Von wem haben wir diese Geschichte das erste mal erzählt bekommen? Dann die Dublonen...Holger, alle hier gehorchen uns, Geld ist nichts mehr wert. Findest du es nicht ein wenig merkwürdig, dass überall Goldtaler in der Form grinsender Gesichter rumliegen? Was passiert mit den Dingern überhaupt, nachdem sie gefördert worden sind?"
Holger klopfte nervös mit seinen Fingern auf der Truhe herum.
"So ein Schwachsinn!", keifte er dann, "Wenn du nicht mehr zu unserer Sache stehst, dann sag es mir jetzt. Die Dublonen bekommen die Ältesten, sie wissen schon was sie damit tun. Wir leben hier wie die Maden im Speck; nur das wir uns an unsere eigenen, schwachsinnigen Gesetze halten müssen. Das ist der einzige Nachteil bei der Sache."
Felix zögerte einen Augenblick. - "Vermutlich hast du ja recht", entgegnete er dann.

***

DER TAG DES SMILES

Stromgaard schleuderte gelangweilt einen flachen Stein über den See. Er sprang ein paarmal über die glatte Oberfläche und versank dann.
"Pause ist gleich schon wieder vorbei", beklagte sein Kollege, "hast du dir den Typen mit der Raucherlunge heute schon angesehen? Der auf der Vier. Hat schon mit seinen Anwälten gedroht, wenn wir uns nicht an die vorgeschriebene Visite halten."
"Bitte", Stromgaard war sichtlich gereizt, "nerve mich doch nicht mit irgendwelchen todkranken Patienten, wenn ich Mittag mache. Der Park stellt meine einzige Erholung am Tage da. Soll der Kerl doch verrecken. Die Anwälte des Krankenhauses sind besser.". - Er bückte sich nach einem weiteren Stein.
Sein Kollege nickte ihm stilles Einverständnis zu und ließ sich erschöpft auf die Wiese fallen.
Irgendetwas flackerte.
"Was war das?" - Die beiden Männer starrten irritiert nach oben.
"Hast du das auch gerade gesehen?", wollte Stromgaard wissen.
"Das war seltsam. So als wenn jemand...gegrinst hätte."
"Rede doch keinen Schwachsinn, wer soll denn da gegrinst haben?"
"Ich hatte irgendwie so den Eindruck."
"Stress?"
"Vermutlich, ja."
"Besser, wir denken nicht länger darüber nach. Kollektive Überarbeitung, hab eine Abhandlung darüber gelesen. Zwei Leute haben ein und dieselbe Erscheinung. Soll vorkommen. Vergessen wird das!"
"In Ordnung, ist mir auch lieber. Mir gehts aber komisch."
"Mir auch. Was machen wir denn jetzt?" - Stromgaard schaute seinen Kollegen aus neugierigen Augen heraus an.
"Hmmm...Baumhaus bauen?"
"Weiss nicht", druckste der schwedische Oberarzt herum, "aber nur, wenn ich die Küche einrichten darf."
"Gebongt!"
"Okay! Gehen wir Holz sammeln!"
"Schau mal dahinten! Die Autos gehen ja alle kaputt."
"Ja, wo haben die denn ihren Dings gemacht? Den Dings zum fahren mein ich, von den Dingern mit den Rädern."
"Keine Ahnung, wovon du sprichst. Wollten wir nicht gerade noch was machen? Seh mal, die Leute springen ins Wasser. Gehen wir auch schwimmen?"
"Hier ist es ja lustig. Schau mal die Taler, die vom Himmel fallen. Sie schlagen die Vögel tot. Böse!"

***

MORBIDES ERINNERUNGSVERMÖGEN

"Hast du mich damals aus dem Baumhaus geschubst?" - Holger war von der Frage sichtlich überrascht.
"Wie bitte?"
"Stromgaard, das ist doch mein Name, oder?"
Holger stand wutentbrannt auf. - "Du hast mich immer nur Herr Kollege genannt! Wie ich dich dafür gehasst habe! Ich hatte einen Namen du Arsch!"
Felix - alias Stromgaard - zog seine Waffe und erschoss Holger.
´Seltsam´, dachte er. Nicht im Koma? Kein unter Tage?

Es musste das SMILE tatsächlich gegeben haben. Weshalb das viele Gold und wieso waren die Menschen dumm geworden?
Er dachte einen Augenblick lang darüber nach...nein...das war zu absurd.
Felix führte den Lauf der Waffe an seine linke Schläfe und drückte ab.

In der darauffolgenden Woche kam es zu einer schweren Regierungskrise in Libellenstadt und einige Aufständige wagten es sogar erstmals, die Ampeln bei rot zu überqueren.

 

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