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Der Student und sein aufrechter Gang

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26.03.2017
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Der Student und sein aufrechter Gang

Es war an einem lauwarmen Spätsommerabend. Da ging der junge Student den Waldweg entlang, der Richtung Stadt führte. Stolz und aufrecht war sein Gang. Erst kürzlich hatte er etwas über Körpersprache gelernt und war nun voll darauf bedacht einen selbstbewussten Gang zu pflegen. Kopf nach oben und Augen geradeaus. Dazu eine aufrechte Körperhaltung und ein zügiges Tempo. Seine Schuhe waren neu und frisch poliert. Den schicken Mantel hat er erst vor einigen Tagen für viel Geld gekauft.

Nun ging in nicht allzu großer Ferne ein weiterer Mann, mittleren Alters. Dieser war ebenfalls gut gekleidet und sah gepflegt aus. Doch schien er nichts über einen selbstbewussten Gang zu wissen. Spöttisch und voller Neugier beobachtete der Student den anderen Mann. "Wie er ständig auf den Boden schaut und nicht sehr zielgerichtet mal mehr links mal rechts den Weg entlang geht. Dieser Kerl muss noch viel lernen. So wird er niemanden davon überzeugen können, dass er ein selbstbewusster Mann sein könne. So wird er es im Leben nicht zu viel bringen. Man muss der Welt zeigen, dass man zu etwas Höherem bestimmt ist und sich nur von der besten Seite zeigen. Nur so kann man die Anerkennung und Bewunderung der Anderen erlangen."

So ging der Student etwas hinter dem anderen Mann und beobachtete ihn neugierig aus nicht allzu großer Ferne, während er in die gleiche Richtung lief. Denn seine Überzeugung war, dass er von allen lernen könne, selbst von denen, die etwas falsch machten.
Als der Waldweg endete, änderte der andere Mann plötzlich seinen Gang. Nun ging auch er aufrecht und zielgerichtet in Richtung der Stadt. Der Student war überrascht und konnte sich nicht erklären was eben geschehen ist. Er versuchte, die scheinbare Wandlung des anderen zu deuten. Doch er konnte sich keinen Reim aus dessen Verhalten machen.

Der Student kam an der Stelle an, bei welcher der andere sich scheinbar gewandelt hatte. Er betrat nun festen Asphalt und rutschte ein wenig aus. Er sah nach unten und stellte fest, dass er eben auf eine Nacktschnecke getreten ist. Augenblicklich wendete er seinen Blick auf den Waldweg, auf welchem er und der andere Mann entlang gelaufen sind. Dort, wo der Student entlang gelaufen war, lagen viele zertretene Nacktschnecken. Und was seine Schuhe betrifft, nun ja, die sahen nicht mehr ganz so neu und frisch poliert aus ...

 

Ich finde Deine Geschichte schön erzählt, der Student wird kurz, knapp, aber ausreichend präzise beschrieben.

Auch die Wendung am Ende mit den Nacktschnecken, die er vor lauter Beschäftigung mit sich selbst und seinem selbst-perfektionierten Auftreten nicht wahrgenommen hat, ist gut.

Was mir nicht gefällt, ist der letzte Halbsatz: "...und seine Schuhe".
Was soll das sagen? Wie verliert man ohne es zu merken seine Schuhe?
Ich hätte es bei den zertretenen Schnecken belassen.

Herzliche Grüsse
Cora

 

Den "aufrechten" Gang sollte ein jeder pflegen,

lieber Raw Man -
und damit erst einmal herzlich willkommen hierorts!

Erinnern wir uns, dass die Gattung Homo den aufrechten Gang im Grasland entwickelte, um weiter sehen zu können als beim Buckeln, was natürlich die Gefahr birgt, dass man das übersieht, was vor und unter der eigenen Nase geschieht - wie hier beim Studenten, der darum weniger den aufrechten als einen hochnäsigen Gang pflegt.

Die übertragene Bedeutung des aufrechten Ganges kommt in der alten Bedeutung im mhd. "ūfreht" (das h ist da kein Dehnungs-h, wie wir es kennen, sonder der bekannte Reibelaut "ch"); aufrecht = aufrichtig; unverfälscht, zu recht.

Wie in einem ordentlichen Gleichnis hat die Geschichte dann auch noch eine zwote Bedeutung, dass man nie zu jung oder alte ist, neue Erfahrungen zu machen und anderes zu lernen.

Wie nebenbei bei werden noch Vorurteile verurteilt.
Merh lässt sich m. E. nicht in kürzeste Prosa fassen.


Bissken trivialeres:

Hier wird vorm Relativsatz das Komma vergessen

Denn seine Überzeugung war, dass er von allen lernen könne, selbst von denen[,] die etwas falsch machten.

Ähnlich hier, wobei das zwote auch noch durch die Infinitivgruppe ("zu deuten") erzwungen wird, die von einem Substantiv abhänigig ist
Der Student war überrascht und konnte sich nicht erklären[] was eben geschehen ist. Er versuchte[,] die scheinbare Wandlung des anderen zu deuten.

Hier behaupten die Auslassungspunkte direkt am Wort, dass wenigstens ein Buchstabe fehle, was nicht der Fall ist (abgesehen davon, dass die Äsrhetik und Rationalität des unscheinbaren Apostrophs das effektiver wäre, wenn denn da was fehlte). Also i. d. R. ein Leerzeichen zwischen letztem Buchstaben und erstem Punkt.
Dort[,] wo der Student entlang gelaufen war, lagen viele zertretene Nacktschnecken und seine Schuhe[...]...
(Und nicht das Komma zu Anfang, zu Beginn des Nebensatzes, dessen Ende korrektmarkiert ist)

Hier müsstestu den Gezeitenwechsel "... gewandelt hatte. ... getreten ist ... gelaufen sind" eindämmen

Der Student kam an der Stelle an, bei welcher der andere sich scheinbar gewandelt hatte. Er betrat nun festen Asphalt und rutschte ein wenig aus. Er sah nach unten und stellte fest, dass er eben auf eine Nacktschnecke getreten ist. Augenblicklich wendete er seinen Blick auf den Waldweg, auf welchem er und der andere Mann entlang gelaufen sind.

Gern gelesen vom

Friedel

 

Hallo Raw Man,

die Wendung am Ende und die damit verbundene Grundaussage der Geschichte gefällt mir gut. Allerdings hättest du für meinen Geschmack etwas mehr "show" anstatt "tell" verwenden können.

Denn seine Überzeugung war, dass er von allen lernen könne, selbst von denen die etwas falsch machten.
Dieser Satz ist zB reinstes Telling und überflüssig. Das geht eigentlich schon aus dem Verhalten des Studenten hervor.

Nun ging in nicht allzu großer Ferne ein weiterer Mann, mittleren Alters. Der Mann war ebenfalls gut gekleidet und sah gepflegt aus.
Die Wortwiederholung kannst du vermeiden: ..großer Ferne ein Mann mittleren Alters. Er war ebenfalls gut gekleidet... Mein Vorschlag.

Dort wo der Student entlang gelaufen war, lagen viele zertretene Nacktschnecken und seine Schuhe...
Das ist irreführend. Sie Schuhe lagen dort? Nee, du willst mir sagen: Und seine Schuhe erst! Wie die aussahen! Das kannst du besser rüberbringen. Vorschlag: "Dort wo der Student entlang gelaufen war, lagen viele zertretene Nacktschnecken. Und wie seine Schuhe aussahen..."

Dieser schnörkellose Schreibstil macht die Geschichte lesbar und einfach zu folgen. Allerdings könntest du ein wenig schmackhafter schreiben. Dennoch gefällt mir die Idee und die Wendung am Ende. Damit hast du mich überzeugen können.

Liebe Grüße
Dennis

 
Zuletzt bearbeitet:

Vielen Dank für euer Feedback und eure konstruktive Kritik. Ich habe die Geschichte noch mal überarbeitet und eure Vorschläge weitestgehend eingearbeitet. Schon zu Schulzeiten war Kommasetzung nicht meine Stärke ;-)

Dennis, wie du richtig erkannt hast, hat er seine Schuhe nicht verloren. Ich sehe ein, dass der letzte Satz aber dahingehend missverstanden werden konnte. Ich habe das Ende nochmals umformuliert.

ich bin sehr erfreut über die zahlreichen Kommentare!
Beste Grüße

 

Hallo Raw Man,

eine einfache Sprache, ein paar Komma-Fehler (diese wurden bereits bemerkt), aber ein schöner Text mit überraschendem Ende, welches uns vor Augen führt, dass wir manchmal gar zu sehr auf uns selbst fixiert sind. Oder: Den Nackten wird auch noch das Leben genommen. Doch selbst Schnecken mit eigenem Haus hätten unter der malmenden Schuhsohle des Mannes kaum eine Chance gehabt, man hätte sie tot aus den Trümmern geborgen.

Gruß
Leif

 

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