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Der Spiegel

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12.01.2010
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Der Spiegel

Tagebucheintrag vom 3. November, 2009
Dieser Spiegel bringt mich noch um den Verstand, wenn ich den nicht bereits verloren habe. Seit mehreren Monaten plagen mich bereits schreckliche Horrorvisionen, nur durch das bloße Hineinblicken in den Wandspiegel meines Badezimmers. Menschen die mir von hinten mit Mord drohen, meinen toten und verwesten Körper, brutale Folter an mir und anderen. Diese sind nur einige der Schrecken mit denen ich bei einem Blick in diesen Einrichtungsgegenstand rechnen muss. Und dennoch blicke ich regelmäßig hinein, in der Hoffnung dass es früher oder später aufhört - zumindest war es anfangs so.

Der Spiegel hat mich mit diesen Aktionen herausgefordert, will wissen ob ich es durchhalte. Wenn ich aufgebe... Genau das will er doch. Aber diesen Triumph gönne ich ihm nicht. Ich werde mich an seine scheußlichen Darstellungen gewöhnen, Tag für Tag, und irgendwann wieder ein normales Leben führen.

Heute Abend hat er mir vorgeführt wie ich eine Frau töte, die mir nicht bekannt war. Seltsam, wo er mir doch normalerweise nur Personen aus meinem Umfeld präsentierte. Wird der Spiegel langsam kreativer oder werde ich verrückter?

Tagebucheintrag vom 6. November, 2009
Soeben hat die Polizei angerufen. Einer meiner Verwandten ist verstorben. Dies bekümmert mich nur bedingt, denn ich kannte ihn kaum. Doch der Spiegel. Der Spiegel kannte ihn trotzdem, er kennt alles, ob es mir nun unbekannt ist oder nicht. Er führt mir die genaue Todesart des Familienmitglieds vor Augen vor. Es war als wäre ich selbst dort gewesen. Aber ich brauche keine Schuldgefühle zu entwickeln, weder der Spiegel noch ich haben etwas damit zu tun. Es ist alles nur Zufall.

Morgen Abend übernachte ich in einem Hotel. Ich brauche einen Tag Pause von diesem Badezimmer, sonst drehe ich wirklich noch durch.

Tagebucheintrag vom 7. November, 2009
Es ist eine angenehme und ruhige Nacht. Kein Horror, kein Erschrecken, ein ganz normaler Spiegel. Nun, da ich wieder weiß, wie es zu Hause war bevor ich diesen verdammten Spiegel gekauft habe, spiele ich doch mit dem Gedanken ihn wegzuschaffen oder ihn zumindest so lange zu verstecken, bis ich herausgefunden habe was es mit ihm auf sich hat. Danach habe ich noch immer genug Zeit ihn zu zerstören. Das ist ja schließlich nur Glas in einem Rahmen, nicht wahr?

Tagebucheintrag vom 20. November, 2009
Die vergangenen Tage waren eine wahre Wohltat für die Seele. Selbst bei der Arbeit bemerkten viele, dass ich mich positiv gewandelt habe. Es war eben doch eine gute Idee, diesen Spiegel wegzusperren. Und dennoch höre ich ihn nach mir rufen. Verrückt mag diese Erkenntnis vielleicht sein, aber es ist als würde er mich daran erinnern wollen, dass er noch eine Rechnung mit mir offen hat. Tief in meinem Unterbewusstsein spürte ich, dass etwas Schreckliches geschehen würde.

Tagebucheintrag vom 21. November, 2009
Heute ist einer meiner Arbeitskollegen an einem tragischen Unfall verstorben. Aus irgendeinem Grund will mir nicht aus dem Kopf, dass das mit dem Spiegel zu tun hat, aber das kann doch eigentlich nichts anderes als Zufall sein, oder? Ich bin verzweifelt, seine Rufe werden immer lauter. Was nur muss ich tun um diesem Fluch zu entkommen?

Tagebucheintrag vom 1. Dezember, 2009
Wie durch ein Wunder sind die Schreie und Rufe des Spiegels verstummt. Vielleicht habe ich jetzt die Möglichkeit, ihn endgültig zu vergessen. Todesfälle hat es auch keine mehr gegeben. Vielleicht war tatsächlich alles nur Einbildung, vielleicht war ich einfach zu sehr unter Stress. Es wird Zeit, mein Leben wieder in den Griff zu kriegen.

Tagebucheintrag vom 24. April, 2010
Morgen werde ich heiraten. Ich habe sie auf einer Weihnachtsfeier letzten Jahres kennengelernt, und dass ich sie nun schon bald heirate kann ich selbst kaum glauben. Diese Angelegenheit ist mir sogar wichtig genug, dass ich wieder in dieses Tagebuch hineinschreibe.

Aber das hätte ich mal lieber gelassen, denn nun habe ich nach langer Zeit wieder die Seiten über den Spiegel gelesen, der seit all diesen Monaten noch immer in meinem Keller liegt. Aber ich darf mich davon jetzt nicht ablenken lassen, es war doch schließlich alles nur Einbildung damals.

Tagebucheintrag vom 9. Mai, 2010
Dieser verfluchte Spiegel! Ich habe soeben in einem Wahn aus Albträumen meine eigene Frau ermordet, mit meinen eigenen Händen, ganz genau so wie es mir der Spiegel letztes Jahr gezeigt hat. Nie hätte ich geahnt, dass es sich bei der mir damals noch unbekannten Frau um meine zukünftige Ehefrau gehandelt hatte. Und nun habe ich sie tatsächlich umgebracht. Sie ist tot, ihr Blut an meinen Händen! Der Spiegel ist nie verstummt, er hatte mich die ganze Zeit über in seiner Gewalt. Dieser Wahnsinn muss ein Ende haben.

Ausschnitt aus einem Zeitungbericht vom 10. Mai, 2010
"Ich sehe es immer noch!", schrie ein Mann am vorherigen Abend, als er voller Panik aus seinem Haus auf die Straße rann. Augenzeugen berichteten, dass sein Körper mehrere Schnittwunden aufwies und auch dass einige Scherben und Splitter - offenbar von einem Spiegel stammend - in seinen Haaren und seiner Kleidung hingen. Als sie ihm zur Hilfe kommen wollten, schrie er nur:"Nein, bleibt weg! Ich will euch nicht mehr sehen! Ich dürfte euch überhaupt nicht mehr sehen!" und wich vor den Passanten zurück, so einer der Zeugen. Anschließend nahm sich der Mann eine der vielen Scherben und schnitt sich - noch bevor jemand etwas verhindern konnte - beide Augen aus dem Kopf. Als die Ambulanz ankam, konnte nichts mehr getan werden, der Mann war bereits verblutet und tot. in seinem Haus wurde ein weiterer Leichnam geborgen, der einer Frau, offenbar hingerichtet von dem zuvor genannten. Die Motive und Umstände sind zu diesem Zeitpunkt noch umgeklärt, die Polizei geht jedoch davon aus, dass der Selbstmordtäter psychisch labil war.

 

Hallo, Krys!

Willkommen auf KG.de!

Was mir gefallen hat, war die letzte Szene - Zeitungsausschnitt (ob es auch so in der Zeitung gestanden hätte, kann ich nicht sagen, da ich kein großer Zeitungsleser bin! :) Glaube aber, die Journalisten drücken sich anders aus, hm ...).
Und die Wendung mit der getöteten Frau, hat mich überrascht.

Meiner Meinung nach, ist so ein Aufbau nicht sonderlich ideal für diese Geschichte, z.B. im vorletzten Abschnitt steht, wenn ich das richtig verstanden habe, dass er seine Frau umgebracht hat. - Also, das heißt im Klartext: Er tötet seine Frau und hält diese Tat in seinem Tagebuch fest ...

Für meinen Geschmack bleibt der Prot auch etwas blass, seine Gefühlswelt bleibt mir eigentlich verborgen, - konnte mit ihm nicht fühlen. Klar, die verschiedenen Bilder, die der Spiegel liefert sind gruselig, aber es wird zu schnell abgearbeitet, sodass kein Horror entsteht, nur ein Hauch davon.


Verschiedenes

Zitat:
Dieser Spiegel bringt mich noch um den Verstand, wenn ich den nicht bereits verloren habe.
Ist dieser nicht irgendwie ... falsch?
Bin mir nicht sicher. - Der Spiegel ist bereits verloren, oder wünscht er sich das nur, - ... wäre der Spiegel bloß verloren gegangen? Oder wie ist es gemeint?

Zitat:
Was nur muss ich tun um diesem Fluch zu entkommen?
Liest sich so komisch ...

Ansonsten, eine nette Geschichte, leicht zu lesen. Habe mich gut unterhalten.


mfg
Geert

 

Tag Krys Indigo,

erstmal Herzlich Willkommen auf Kg.de.
So nun zur Story, also ich finde die Geschichte garnicht so schlecht. Spiegel haben auf mich seit der X-Factor Folge irgendwie einen bleibenden "gruseligen" Eindruck hinterlassen, hehe. Nun ja, auch der Erzählstil mit den Tagebucheinträgen ist nicht wirklich neu aber wie ich finde, doch sehr passend für diese Geschichte. Die "Ich beschreibe in Tagbucheinträgen den Weg zur Verücktheit"-Machart funktioniert seit jeher gut, so auch in deiner Geschichte.

Geschrieben ist deine Geschichte auch gut. Es gibt so ein, zwei Dinge, die ich vielleicht ausbessern würde, das wären die folgenden:

Er führt mir die genaue Todesart des Familienmitglieds vor Augen vor.
Doppeltes Wort, kannste vermeiden sowie nen Zeitfehler:
Er führte mir die genaue Todesart des Familienmitglieds vor (Augen).

Was nur muss ich tun um diesem Fluch zu entkommen?
Ist nicht falsch so, aber klänge ein "Was muss ich nur tun um diesem Fluch zu entkommen?" nicht "moderner"?

Ausschnitt aus einem Zeitungbericht vom 10. Mai, 2010
Hier in diesem Abschnitt würde ich eventuell mehr "Zeitungsflosskeln" einbauen, um es glaubwürdiger zu machen.
Beispielsweise "Der XXjährige" oder "Der "(Handwerker, Bankangestellter ect.) einfügen um es authentischer wirken zu lassen.

in seinem Haus wurde ein weiterer Leichnam geborgen, der einer Frau, offenbar hingerichtet von dem zuvor genannten.
Satzanfang - Groß "In seinem Haus"
und eventuell klänge "Ein(e) weiblicher Leichnam/Leiche" besser.
Denn das eingefügte "der eine Frau" ... na jo...
Das mit dem "offenbar hingerichtet", also ich weiß es jetzt nicht so genau aber spekulieren Zeitungen wirklich?
Dann eher schreiben, "Nach ersten gerichtsmedizinischen Untersuchungen..." oder sowas.

Und "Zuvor Genannter" klingt nicht gut. Ersetzen könnte man es durch "den Verstorbenen" oder "den Tatverdächtigen/Täter", bla bla.


Noch etwas:
Kein Fehler aber ich hätte das mit dem Tagebucheintrag über seine gerade bestialisch ermordete Frau weggelassen. Wer würde denn nach einem Mord einen Tagebucheintrag darüber schreiben und anzukündigen, dass der Spiegel jetzt zerstört werden muss.
Eventuell kannst du den Absatz nach dem Zeitungsbericht anhängen, sowas wie "Im Schlafzimmer des Verdächtigen wurde ein Tagebuch gefunden..", oder einfach ganz weglassen.

Noch ne unlogische Sache, die mir aufgefallen ist: Nachdem er mehrere Monate lang von dem Spiegel psychisch kaputt gemacht worden ist, ist die Entscheidung nicht kleinbei geben zu wollen doch irgendwie unrealistisch. Er hätte einfach wegziehen können oder den Spiegel auf den Müll werfen.
Oder zumindest irgendeinen Grund warum das nicht möglich wäre.
Bsp. : "Ich kann es einfach nicht, irgendwie zieht er mich trotz der schaurigen Bilder magisch an. Ich kann diesen Spiegel nicht aus dem Haus schaffen."
Irgendwie sowas vielleicht.

Jedoch gibt es ein, zwei Sätze, die ich richtig gut fand:


"Nein, bleibt weg! Ich will euch nicht mehr sehen! Ich dürfte euch überhaupt nicht mehr sehen!"

Wird der Spiegel langsam kreativer oder werde ich verrückter?


Ein, zwei Ungereimtheiten, aber für die allererste Geschichte nicht schlecht, finde ich. Von daher, mach schön weiter, Krys.

Es grüßt dich herzlich aus dem Spiegel heraus,

Jekyll and Hide

 

Hallo Krys, willkommen bei uns! :)

Also, der Plot ist wirklich nicht übel. Nichts unbedingt vollkommen Neues, aber kann man so machen. Zumal mir das Ende (inhaltlich) gut gefiel.

Aber stilistisch hast du daneben gegriffen. Damit meine ich nicht mal, du könnest nicht schreiben oder derartiges, aber ... Ich habe das Gefühl, du bist sprachlich selbst nicht in die Geschichte rein gekommen.
Denn obwohl du natürlich weißt, welche Perspektive du annehmen wilst, liest sich das Ganze doch über weite Strecken ein wenig wie eine Nacherzählung. Das Gerüst ist da, aber viel mehr leider nicht.
Ich versuche mal, das am Text zu erläutern:

Dieser Spiegel bringt mich noch um den Verstand, wenn ich den nicht bereits verloren habe. Seit mehreren Monaten plagen mich bereits schreckliche Horrorvisionen, nur durch das bloße Hineinblicken in den Wandspiegel meines Badezimmers. Menschen die mir von hinten mit Mord drohen, meinen toten und verwesten Körper, brutale Folter an mir und anderen. Diese sind nur einige der Schrecken mit denen ich bei einem Blick in diesen Einrichtungsgegenstand rechnen muss. Und dennoch blicke ich regelmäßig hinein, in der Hoffnung dass es früher oder später aufhört - zumindest war es anfangs so.
Der Einstieg: Da ist bereits unglaublich viel passiert, aber der Leser bekommt es nur als Aufzählung präsentiert. Hier greift die gute alte Regel: zeigen statt erzählen. Warum zeigst du dem leser nicht, in einer eigenen Szene, wie der Protagonist zum ersten mal eine solche Schreckensvision hat? Was das für einen Eindruck auf ihn macht?
Versteh mich nicht falsch: Kurzgeschichten dürfen durchaus eine Vorgeschichte haben. Aber hier mutest du dem Leser zu viel zu. Er wird vor ein fertiges Szenario gestellt, das in dieser Form einfach recht unglaubwürdig ist.
Diese Art des Nacherzählens zieht sich so durch.
Gelegentlich greifst du auch begrifflich daneben:
Der Spiegel hat mich mit diesen Aktionen herausgefordert,
Diese sind nur einige der Schrecken mit denen ich bei einem Blick in diesen Einrichtungsgegenstand rechnen muss.
Das ist so ein sperriges Beamtendeutsch. Eine Schreckensvision wird zur "Aktion", der entsetzliche Spiegel zum "Einrichtungsgegenstand". So was ist denkbar ungünstig.

Viel Erfolg mit der Schreiberei weiterhin.


Gruß,
Abdul

 

Wow, also zuallererst mal danke für die rapiden Rückmeldungen und Willkommensgrüße :D

Was eure Kritik anbelangt, da hab ich mir selbst and den Kopf fassen müssen, denn ihr habt eigentlich in allen Punkten recht. Und man merkt dass ich noch viel zu lernen hab was das Schreiben von Geschichten angeht.

Zur "Logik" der Geschichte: Schon klar, kein normaler Mensch würde zwischen Mord und Sperrmüll-Entsorgung noch die Ruhe aufbringen in sein Tagebuch zu schreiben und kein normaler Mensch würde einen Killer-Spiegel behalten. Aber das ist ja auch kein normaler Mensch mehr. Vielleicht hätte ich das besser deutlich amchen sollen, dass er seine Aktionen auf Grund seiner geschädigten Psyche durchführt.

Ein Tagebuch-Format werde ich sicher nie wieder benutzen, das war eine einmalige Sache, lediglich eine spontane Idee die ich während eines langen Filmabends hatte. Ich bleibe bei normalen Geschichten.

Zum Zeitungsartikel: Da hab ich vorher nicht daran gedacht, was jetzt eigentlich eine Zeitung schreiben würde, ein Ausrutscher an den ich sicher noch lange denken werde.

Zum teils merkwürdigen Schreibstil: Das liegt wahrscheinlich daran dass ich zu der Zeit wie ich die Geschichte geschrieben hab gerade ziemlich Poe-geschädigt war, das hat dann wahrscheinlich einen starken Einfluss darauf gehabt. Mal sehen ob ich mir das noch abgewöhnen werde.

Was Vorgeschichte, Detaillierung, etc. betrifft, hab ich das zwar versucht hineinzupacken, wäre aber in meinen Augen zu viel Info-Dumping für so eine kurze Geschichte gewesen.

Auf alle Fälle danke für die vielen Kritikpunkte, die werd ich mir zu Herzen nehmen. Und es freut mich dass euch die Geschichte inhaltlich gefallen hat, denn darum geht es mir am meisten :)

Grüße, Krys.

 

Ich finde die Geschichte interessant. Allerdings kommt bei der Umsetzung nur wenig Spannung auf. Vielleicht würde es besser kommen, wenn du jemanden einbauen würdest der das Tagebuch findet und dann darin liest, vielleicht sogar vor dem verhangenen verfluchten Spiegel.
Und dessen Fluch am Ende selbst spürt^^ oder sowas in der Art.

mfg Leos

 

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