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Der Sensenmann vor meiner Tür

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14.04.2011
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Der Sensenmann vor meiner Tür

Da war es wieder... dieses Kratzen an der Tür.
Beim ersten Mal war sich Nina nicht sicher als sie sich in ihrem Bett senkrecht aufrichtete, aber diesmal, wo sie auf ein erneutes Geräusch lauerte ...diesmal hörte sie es ganz bestimmt.
Ein Kratzen, vor ihrer Schlafzimmertür. Wovon auch immer, schließlich war sie allein, oder glaubte es bis jetzt zumindest. Robert (ihr Verlobter) war bei seinen Eltern, für deren Einladung sie sich einen guten Grund hatte einfallen lassen um einen Besuch bei den lieben Schwiegereltern zu vermeiden. Jetzt wünschte sie sich allerdings mitgefahren zu sein, sich in Gesellschaft zu befinden... und nicht hier, alleine in einer Waldhütte irgendwo im nirgendwo.
Aber sie war jetzt nicht in Gesellschaft von jammernden Schwiegereltern oder gut gelaunten Freunden, sie war alleine, alleine in einer Holzhütte die zwanzig Meilen von dem nächsten lebenden menschlichen Wesen entfernt war. Allein, und doch wieder nicht.
Ohne auch nur daran zu denken, einen Atemzug zu vollbringen, richtete sie ihre ganze Aufmerksamkeit der Türe. Oder dem was dahinter war.
Sei kein Kind. Versuchte sie sich einzureden, aber irgendwie wollte es nicht klappen. Was eine einsame Nacht weit entfernt vom hektischen Stadtleben mit einem anstellen konnte. Tanzende Schatten, das was vielleicht durchs Fenster kommt, oder ein Tier das ins Haus einbricht, sich schnüffelnd und suchend durch dessen innere arbeitet um anschließend vor einer großen weißen Holztüre zu stoßen, hinter der...
Wer wusste schon was sich alles in diesen tiefen Wäldern verstecken mochte. Bei Tag scheint alles rosig und herzlich, aber wenn die Dunkelheit einbricht wandelt sich diese rosige und herzliche Welt zu etwas anderem. Lediglich Regen der vom Donner getrieben wurde fehlte. Aber an Regen, Donner und zuckende Blitze im Himmel dachte sie nicht. Nur an die weiße Schlafzimmertüre vor ihr und das Kratzen dahinter.
Ich träume, so muss es sein. Doch war es keiner. Träume können realistisch sein, aber in den seltensten Fällen liegt die Letzte aufgeklappte Ausgabe vom Cosmopolitan auf dem Nachttisch, in der sie vor einigen Stunden noch gelangweilt schmökerte. Nein, das war kein Traum, konnte es einfach nicht.
Der Parkettboden ächzte kurz nachdem sie die Bettdecke beiseite warf und aufstand. Sie liebte diesen Parkettboden und wann immer sie Barfuß auf ihm ging, erinnerte sie sich an die Tagelange Arbeit ihn zu legen, ganz davon zu schweigen ihn auszuwählen. Es gab so viele Varianten, dass sie sich noch genau daran erinnerte wie schwierig es war, sich zu entscheiden. Aber nicht jetzt. Jetzt dachte sie nicht an den Einkaufstag des Parketts, oder das damalige Problem ihn in einem Kleinwagen nach hier zu karren. Jetzt dachte sie nur an das Geräusch jenseits der Türe. Das Geräusch das man nun wieder hören konnte. Ein kurzes aber prägnantes Kratzen, oder ein schleifen?
Jemand in Schwarzer Kutte und Fleischerhaken als Hand. Sei kein Kind! Aber sie wollte jetzt eines sein. Als Kind darf man sich fürchten und das tat sie. Furcht und ein ansteigender Adrenalinpegel gingen gerade Hand in Hand, vielleicht würde sich bald auch noch Wahnsinn dazu gesellen, sofern er es nicht schon getan hatte. Sie stand einige Sekunden stumm da und wollte schon wieder zurück in ihr gemütliches Bett. Das ganze als Alptraum mit Nachwehen abtun. Wieder an schöne Dinge denken, nicht an Gestalten in schwarzen Kutten und Fleischerhaken, aber... da war es wieder dieses Geräusch.
Krchzzz...krzzzzcchh...krzzchhhzzzz...
Diesmal war sie hellwach und versuchte sich alle Feinheiten einzuprägen. Etwas, dass sie nur noch perplexer machte. Das schleifende Kratzen begann eindeutig im oberen Bereich der Türe und wanderte dann nach unten. Eine Katze war es schon mal nicht. Vielleicht ein streunender Hund? Aber Hunde bellen und kratzen nicht aus knapp zwei Meter Höhe an einer Tür entlang. Vielleicht ein Wolf? Unmöglich, hier gab es keine Wölfe mehr, schließlich war sie nicht in Russischen Wäldern, und selbst dort konnte man oftmals vergeblich nach ihnen suchen. Der Mensch war sehr gründlich wenn es um Ausrottung ging.
Während Nina sich in Gedanken noch weiteren Theorien hingab, verstummte das Treiben auf der anderen Seite. Zumindest vorerst. Nun rückte das Rascheln von peitschenden Baumkronen in den Vordergrund. Es war eine lebhaftere Herbstnacht als die davor. Ein pfeifender Ostwind herrschte.
Sie schlich sich (immer noch Barfuß) in Richtung Fenster. Sie wollte die Vorhänge wegziehen und einen Blick nach unten auf die Veranda werfen. Aber ob das eine gute Idee war? Vielleicht würde sie sich dadurch verraten. Sich und ihren Aufenthaltsort. Aber was auch immer dort auf ihrem Flur stand, wusste scheinbar ohnehin das sie hier war. Jedenfalls schien sich dieses etwas sehr stur auf eine Türe zu konzentrieren, ihre Türe. Ihre letzte Bastion, die letzte schützende Barriere zwischen ihr und...
Sie zog die Vorhänge auf.
Die meisten Menschen wären bei diesem Blick ins Freie der Romantik verfallen, oder zumindest emotional zugänglicher geworden, aber Nina nicht. Nicht jetzt, hier alleine, isoliert und verwundbar. Da konnte auch diese klare (wenn auch tendenziell stürmisch veranlagte) Nacht nichts dran ändern. Selbst der Sichelförmige Mond der zusammen mit den entlegenen Sternen eine starke Lichtquelle bot, stimmte sie nicht um. Sie befand sich tief in einem Sumpf aus Paranoia und Wahn. Und das war OK. Vermummten Gestalten mit Fleischerhaken begegnet man schließlich nicht jede Nacht. Oder war es doch ein Wolf? Nein, nein, nein, Wölfe sind Rudeltiere. Alleine begeben sie sich nicht in potenziell gefährliches Terrain. Und da kein Heulen von der Verwandtschaft zu vernehmen war, die sich im näheren Umkreis befinden müsste, lag die Variante mit dem Fleischerhaken näher. Nicht unbedingt die angenehmere, aber plausibler. Irgendein Spinner der seinen Ticks nachkommt, die aus einer trüben Kindheit resultieren oder vielleicht schlechte Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht im Teeny alter. Wer wusste das schon so genau, es gibt eine menge Menschen von denen man nicht glauben möchte, dass sie zu unserer Spezies gehören.
Ihr Blick schweifte. Vom Himmel hinab zur Einfahrt. Leer. Natürlich war sie das, Robert war ja mit dem Wagen zu seinen Eltern. Ihre Augen rollten weiter in ihren Höhlen. Weiter runter, zur Veranda.
Alles schien wie immer, fast. Die Türe stand offen.
Die Tür ist auf. DIE VERDAMMTE TÜRE IST AUF!
Sie machte einen Schritt zurück, dann einen zweiten und einen letzten dritten, bis sie an ihr Bett stieß und ein unangenehm lautes Geräusch verursachte.
DU BLÖDE KUH! Wies sie eine Stimme zurecht. Das hätte nicht sein müssen. Unnötige Geräusche die wohl möglich über ihre Gesundheit entscheiden konnten. Was ist wenn die Schwarze Kutte mit dem Haken nicht genau wusste ob sie hier drin war? Nun, jetzt würde er es wissen, ganz bestimmt.
Aber die Türe blieb stumm. Kein Haken der an ihr schabte. Nina stand noch eine Weile still, als wollte sie ihren begangenen Fehler von vorhin wieder gut machen, in dem Sie nun so lange wie möglich kein Geräusch verursachte, aber das war Quatsch gestand sie sich. Ihre Position war nun offensichtlich. So wie ein blinkender Punkt auf einem Sonar. Nicht mehr lange und die ersten Sprengtonnen würden auf sie abgeworfen werden. Nach zwei oder drei Minuten hielt sie es nicht mehr aus und warf ihren im stillschweigen getroffenen Vertrag über Bord. Auf Zehenspitzen stahl sie sich zum Nachttisch, aber nicht um in der Cosmopolitan zu lesen. Das würde sie vielleicht morgen tun. Wenn das hier überstanden war. Sie wollte ihren tief vergrabenen Wecker aus der Schublade holen, um die Uhrzeit zu wissen. Dummerweise hatte sie ihr Handy unten in der Küche (oder war es doch im Wohnzimmer?) liegen, wo es in diesem Moment Saft tankte. Dort lag es natürlich prima, aber wer ahnte schon, dass man Nachts Besuch von...ihm bekam. Jetzt war jedenfalls keine Zeit um sich mit Was wäre wenn Fragen zu quälen. Jetzt musste man die Möglichkeiten nutzen die einem blieben, auch wenn das nicht viel war. Ein Telefon mit Festnetzanschluss hatte sie hier oben auch nicht, aber jeder zweitklassige Mörder in schwarzer Kutte und Fleischerhaken hätte sicherlich daran gedacht vorher die Leitung zu kappen. So etwas machen Leute mit Kutten, Haken und Mordabsichten normalerweise.
Sie umklammerte den Griff der Schublade behutsam. Zerrte kurz daran.
Wie fast alles in diesem Haus war auch die Kommode aus Holz, und Holz arbeitet, knackt und lebt. So auch die Schublade, zwar kannte sie sie, und wusste wie man sie leise öffnete (sie gewöhnte sich das an, nachdem Robert sich mehrfach beschwerte, dass sie zu viel Krach machen würde wenn sie spät Nachts eines ihrer Klatschblätter dort raus fischte) aber ganz Geräuschlos ging es dann doch nicht. Für sie kamen die verursachten Geräusche der Detonation einer Wasserstoffbombe gleich, aber in Wirklichkeit war es keineswegs so laut. Das windige Treiben draußen verwischte diese Geräusche mit Leichtigkeit. Selbst wenn die schwarze Gestalt förmlich an der Tür geklebt hätte, hätte sie es nicht hören können. Im Gegensatz zu dem lauten Stoß gegen das Bett vorhin. Das hatte die Gestalt mit Sicherheit gehört. Und nun lauerte sie. Wartete auf etwas. Nur was? Wenn sie wirklich zu ihr wollte, dann wäre es doch schon geschehen? Eine übliche Holztüre ist doch kein Hindernis für Mörder mit Haken. Er spielt, kam Nina zum Schluss. Vielleicht der wichtigste Teil bei perfiden Menschen mit bösen Absichten. Seine Opfer erst mit Angst zu quälen bevor der krönende Abschluss kommt. Das i Tüpfelchen des Verbrechens.
Kurz vor drei sagte ihr Wecker. Mindestens noch zwei Stunden bis die Sonne sich erhebt. Zwei lange Stunden bis Licht über Dunkelheit siegt. Robert würde erst im Nachmittag zurück sein, aber das war nicht entscheidend. Entscheidend war Licht. Licht bedeutet Sicherheit und Zuversicht. Schwarze Kutten haben es schwieriger bei Tage, das ist Gesetz.
Plötzlich kam ihr eine beunruhigende Vorstellung, eine an die sie bisher noch nicht dachte. Obwohl sie nicht mal genau hätte sagen können woran sie überhaupt dachte. Vermutlich ans Überleben, das wozu Adrenalin nun mal da ist.
Eine mögliche Vergewaltigung kam ihr in den Sinn. Der Gedanke an einen Fleischerhaken der sich in ihren Körper grub war nun Nebensache. Die Angst vor einer Schändung gewann nun Überhand, was sich als zittern an ihrem ganzen Körper zeigte. Noch immer stand sie stumm im Raum, den Blick in die Nacht gerichtet.
Ob es fünf oder fünfzehn Minuten waren hätte sie nicht sagen können, jedenfalls schien ihr Gast wieder zur Normalität zurückgefunden zu haben und setzte sich wieder daran, die Türe zu bearbeiten. Das schabende Kratzen schien ihr die Luft zum atmen zu nehmen. Nur ihr Herzschlag war hörbar. Ohne es fest beschlossen zu haben, ging sie einen Schritt auf die weiße Türe zu, deren Rückseite mittlerweile keinen Lack mehr aufweisen dürfte und flüsterte ein paar Worte in Richtung Pforte.
„H-Hallo? Ist...ist da jemand?“ Noch während sie die Worte sagte kniff sie die Augen zu und verfluchte sich selbst. Sie liebte Horrorgeschichten und wann immer jemand diese Worte sagte, klappte sie das Buch spätestens dort zu oder beendete den Film dort. „Ist da jemand“ zu fragen taugte ihrer Meinung nach höchstens noch für Parodien, und nun ertappte sie sich selbst dabei, sie zu verwenden. Vielleicht war diese Frage – so flach sie auch sein mochte – schlicht eine normale Menschliche Reaktion? Möglichst freundlich seinem Jäger begegnen, damit dieser vielleicht noch von seinem Vorhaben absieht? Ha ja, das wäre schön. Klappt aber eher selten. Böse Menschen in schwarzen Roben und Sensen auf dem Rücken, die auf das Blut junger Frauen aus sind lassen sich nun mal nicht umstimmen.
Sie hielt inne und sammelte Mut. Sie wollte noch einen Versuch unternehmen eine Unterhaltung mit dem auf der anderen Seite aufzunehmen. Aber diesmal mit Selbstvertrauen. So wie sie es bei Robert tat, wenn er ihrer Ansicht nach wieder zu viel Geld in Scheiße investiert hat.
Normalerweise fällt so etwas wohl eher in die Frauenabteilung der großen Laster, aber nicht im Hause Larfot. Im Hause Larfot hatte finanziell eindeutig Nina die Hosen an, und das war wohl auch gut so. Robert hatte einen gewissen Drang zum extravaganten. Da wäre in erster Instanz der originalgetreue Stuhl von Captain Kirk zu nennen, der unten im Wohnzimmer Thront. Eine Anschaffung die Nina zuerst am liebsten mit Scheidung beantwortet hätte, sich dann aber umentschied. Robert hatte immer viele Ich-könnt-kotzen Phasen, aber wenn er Abends das Kommando über die TV-Kanäle hatte und grölend den Roten Alarm ausrief, wenn sich Werbung anbahnte, dann war die Welt in Ordnung. Für beide. Eine andere Investition war da schon etwas zweckmäßiger und in ihren Augen trotzdem völlig überflüssig: Pay TV. Eine Erfindung des Teufels wie sie gerne sagte. Hätte Robert nur ein Drittel der Zeit in ihre Beziehung investiert statt Fußball und Autorennen, dann stünden sie jetzt ganz wo anders.
„Wer ist da?“ fragte sie, diesmal ohne zu stottern. Eine kurze Pause.
„Ich möchte wissen wer da...“ Drei heftige Schläge fielen gegen die Tür. Vermutlich von einer Faust verursacht. Dann wieder drei schnelle heftige Schläge.
Sterben, ich werd sterben, ich werd hier abkratzen. Sie wich instinktiv zurück, prallte erneut ans Bett und stürzte fast. Wieder drei kräftige Schläge. Die Tür bebte. Gleich bricht sie. Gleich bricht das Scheiß Holz. Aber es hielt. Wahrscheinlich nur deshalb, weil er es so wollte. Das gehörte schließlich nur alles zum Spiel und noch war Zeit. Noch herrschte Dunkelheit und nicht das Licht. Aber wenn die Nacht sich dem Ende neigt, dann würde er kommen und es beenden. So waren die perversen nun mal. Quälen, genießen und vollenden.
Halb vier sagte ihr Wecker, den sie noch immer wie besessen fest umklammerte. Wie ein Symbol aus einer besseren Zeit. Einer Zeit, in der keine Gestalt vor der Tür lauerte.
Die Türklinke schlug auf und ab. Zum Glück hatte sie abgeschlossen. Gott was dankte sie sich selbst dafür. Weibliche Intelligenz vermutlich. Potenzielle Gefahr minimieren. Allein zuhause? Na dann alles abschließen was man abschließen kann, außer die Haustüre natürlich. Aber man konnte ja nicht an alles denken. Jetzt war sie jedenfalls hier, allein mit einem irren, nur geschützt durch zwei Zentimeter dünnes Sperrholz.
Die Klinke schlug erneut hoch und runter. Dann herrschte wieder kurze Zeit Ruhe. Zeit zum nachdenken. Das ging einfacher wenn man nicht von auf und abschlagenden Türklinken abgelenkt wird. Was als nächstes tun? Kurz wog sie die Möglichkeit einer Flucht ab. Raus, durchs Fenster. Aber wollte sie das wirklich? Zu Fuß durch den Wald, mit dem im Rücken? Nein, das war noch schlimmer als diese Situation und würde sicherlich tragisch enden. Man musste kein Spezialist in Sachen Horrorfilmen sein um zu wissen, dass das nur auf eine Art enden konnte. Hier waren ihre Chancen besser. Überschaubar, aber... besser. Sie dachte weiter nach. Waffen? Gab es hier etwas, das man als Waffe verwenden konnte? Nicht viel.
Sie sah sich um, da war nichts brauchbares. Nur ihr Bett, ein kleiner Teppich der als Stolperfalle bekannt war und die Kommoden. Kurz spielte sie mit dem Gedanken das Fenster zu zerschlagen um eine Glasscherbe zu erlangen, aber sie konnte nicht lange genug darüber nachdenken und einen Entschluss fällen, weil neuer Lärm sie hinaus riss. Diesmal waren es Schritte anstatt hämmern und kratzen. Schritte, ganz eindeutig. Auf dem Flur. In ihrem Flur. Jemand ging dort hinab, jedenfalls klang es so. Die Geräusche schwächten ab und verklungen letztlich. Verschwindet er? Wohl kaum. Psychopathen verschwinden nicht einfach so. Noch lief die Jagd. Ein hastiger Blick auf den Wecker erfolgte; kurz vor vier. Noch eine Stunde bis zum ersten Licht.
Nina fixierte weiter die Türe, den Wecker umklammert, die Füße klebten mittlerweile auf dem Boden, draußen pfiff der Wind weiter sein kühles Lied. Wieder Schritte, dumpf, weit entfernt. Er stand am Ende des Flurs, so musste es sein. Holt er Anlauf?

 

Moikka Chris666,

also, ehrlich gesagt taugt dieser Text als Entwurf zu einer einzelenen Szene (und müsste nach einem gründlichen edit auf 10-20% davon runtergekürzt werden), aber nicht zu einer Geschichte.

Eine Frau, die aus unerfindlichen Gründen Angst hat - ab davon, dass es nachts an ihrer Tür schabt - macht keinen Plot aus, wenn sich da keine Entwicklung zu etwas zeigt. Der Text läuft auch völlig ins Leere - du hörst einfach unmotiviert irgendwo auf. Das jedenfalls ist kein Cliffhanger und entlockt dem Leser nur ein müdes Schulterzucken. Dafür habe ich mich jetzt durch den Text gequält, jeden noch so redundanten und ausgebreiteten Gedankengang mitgemacht?

Vorschlag: Erhöhe das Tempo, reduziere das Gelaber, schau, was genau deine Geschichte vorantreibt (welche auch immer es werden wird), bringe Veränderungen und eine Überraschung hinein und ein richtiges Ende. Vllt ein paar falsche Fährten - auf all diese Zeilen verteilt ist ein Kuttenmann und ein möglicher Vergewaltiger zu wenig.

Dann kann ich die Angst nicht nachvollziehen - warum sollte ein übernatürlicher Slasher, der Tod oder ein menschlicher Vergewaltiger die ganze Zeit da rumscharren? Das lässt sich als Spannung vllt über 10 Zeilen ziehen, dann muss aber eine Variation oder eine neue Entwicklung rein. Auf den Titel bezogen (der ja im Text gar keinen echten Anschluß findet!): der Tod soll die Macht haben, sich Leute 'zu holen', aber nicht, eine Tür aufzubekommen? Hä? Das ist doch Humbug. Was war denn hier dein Konzept hinter der Figur? Selbst wenn du eine übernatürliche Geschichte schreibst, muss alles in dieser irrealen Welt in sich logisch und stimmig sein.

Selbst wenn man großzügig annimmt, dass Leute in Extremsituationen (obwohl: würde ich hier nicht als eine sehen) schräge und unwesentliche Dinge andenken, kommt davon eindeutig zu viel. Was z.B. hat dieser ganze Absatz im Text zu suchen, inwieweit bringt er deinen Plot voran?

Der Parkettboden ächzte kurz nachdem sie die Bettdecke beiseite warf und aufstand. Sie liebte diesen Parkettboden und wann immer sie Barfuß auf ihm ging, erinnerte sie sich an die Tagelange Arbeit ihn zu legen, ganz davon zu schweigen ihn auszuwählen. Es gab so viele Varianten, dass sie sich noch genau daran erinnerte wie schwierig es war, sich zu entscheiden. Aber nicht jetzt. Jetzt dachte sie nicht an den Einkaufstag des Parketts, oder das damalige Problem ihn in einem Kleinwagen nach hier zu karren. Jetzt dachte sie nur an das Geräusch jenseits der Türe. Das Geräusch das man nun wieder hören konnte. Ein kurzes aber prägnantes Kratzen, oder ein schleifen?
Normalerweise fällt so etwas wohl eher in die Frauenabteilung der großen Laster, aber nicht im Hause Larfot. Im Hause Larfot hatte finanziell eindeutig Nina die Hosen an, und das war wohl auch gut so. Robert hatte einen gewissen Drang zum extravaganten. Da wäre in erster Instanz der originalgetreue Stuhl von Captain Kirk zu nennen, der unten im Wohnzimmer Thront. Eine Anschaffung die Nina zuerst am liebsten mit Scheidung beantwortet hätte, sich dann aber umentschied. Robert hatte immer viele Ich-könnt-kotzen Phasen, aber wenn er Abends das Kommando über die TV-Kanäle hatte und grölend den Roten Alarm ausrief, wenn sich Werbung anbahnte, dann war die Welt in Ordnung. Für beide. Eine andere Investition war da schon etwas zweckmäßiger und in ihren Augen trotzdem völlig überflüssig: Pay TV. Eine Erfindung des Teufels wie sie gerne sagte. Hätte Robert nur ein Drittel der Zeit in ihre Beziehung investiert statt Fußball und Autorennen, dann stünden sie jetzt ganz wo anders.
Das sind zwei vollkommen überflüssige Passagen, bei dem Rest findet sich das Unwichtige/Kürzkandidaten reingemischt zwischendrin. Absätze, die nicht gekürzt gehörten, finde ich nicht.
Auch der Rest braucht massive Straffung, suche nur wichtige und dringende Überlegungen und Gedanken heraus, streiche alles andere. Es sollten ca. 15% verbleiben, darum müsste eine Geschichte mit echter Handlung geschrieben werden.

Übrigens:
Adjektive werden klein, Substantive groß geschrieben, da hast du eine RS-Schwäche. Hier sind zu viele Fehler drin.

Kann dir nur raten, das nochmal ganz neu aufzuziehen und auch eine innere Logik einzubringen.

Viele Grüße und viel Erfolg,
Katla

 

"Eine Frau, die aus unerfindlichen Gründen Angst hat..."
- Mh, da ist ein Einbrecher im Haus und steht vor ihrer Schlafzimmertür, wenn das "aus unerfindlichen Gründen Angst hat" ist, dann haben wir beide wohl ne andere Auffassung von Horror :D

Die anderen Kritikpunkte nehme ich gerne an. Ja, das mit dem Gelaber ist vielleicht etwas zu viel des Guten gewesen, hatte da einen schreib-einfach-mal-auf Moment.

"Dann kann ich die Angst nicht nachvollziehen - warum sollte ein übernatürlicher Slasher, der Tod oder ein menschlicher Vergewaltiger die ganze Zeit da rumscharren?"
- Nun, wer kann schon sagen was in den Köpfen von solchen Leuten vorgeht? Vielleicht macht´s ihn ja geil? Warum kerkern manche Menschen ihre Kinder im Keller ein? Kann ich auch nicht ganz nachvollziehen, ist aber so! Leider.

"Dafür habe ich mich jetzt durch den Text gequält, jeden noch so redundanten und ausgebreiteten Gedankengang mitgemacht?"
-Hab Dich nicht gezwungen :p

Ja das Ende war rasch und eigentlich nicht so geplant. Ursprünglich sollte noch eine Hetzjagd durch den Wald stattfinden, aber das war mir zu abgedroschen. Zugegeben, das jetzige Szenario ist sicherlich auch nicht frisch aus dem Ei gepellt, aber ich fand sie nicht so schlecht, als das man nichts darüber hätte schreiben dürfen.

Und Handlungsarm würd ich das jetzt nicht unbedingt nennen, ich kann mich an shortstorys erinnern, die darüber handelten, wie jemand von einem Baum wieder herunterkommt. Das ganze wurd über fünftausend Wörter gestreckt. Ist wohl Auslegungssache... soll ich Aliens landen lassen? Ich mag halt Momentaufnahmen, eine Handlung die sich auf wenige Minuten oder Stunden bezieht.

Danke für die Kritik, auch wenn ich den Eindruck hab, dass Du nur nebenbei gelesen hast. Einige Kritikpunkte negieren sich, viele Antworten auf deine Fragen stehen nämlich im Text.

 
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"Dann kann ich die Angst nicht nachvollziehen - warum sollte ein übernatürlicher Slasher, der Tod oder ein menschlicher Vergewaltiger die ganze Zeit da rumscharren?"
- Nun, wer kann schon sagen was in den Köpfen von solchen Leuten vorgeht? Vielleicht macht´s ihn ja geil? Warum kerkern manche Menschen ihre Kinder im Keller ein? Kann ich auch nicht ganz nachvollziehen, ist aber so! Leider.
Moi Chris nochmal kurz,

du kannst einen Prot im Unklaren über die Gründe / Verhaltensweisen der anderen Figuren lassen, aber ein Autor muss wissen, was er tut. Sonst zeigt es sich eben in einem Text, der unsinnig und intentionslos wirkt.

Es ist doch etwas ganz anderes, ob jemand aus Gründen seiner Vergangenheit / Traumata oder sonstwas ein Kind zu Tode foltert (das kann man dann in der Realität - wenn man nicht über so was recherchiert - als unerklärlich bezeichnen) oder ein Einbrecher 15 - 30 min an einer Zimmertür schabt. Letzteres zu erklären, dem einen Hintergrund zu geben, könnte einen lustigen / spannenden Text ergeben, aber so *Schulter zuck tja macht er halt* ergibt halt Unsinn. Sori, das sind zwei völlig andere Konzeptionen.

Und eine Bedrohung, die ich als Leser dir nicht abkaufe, ist eben keine, egal, was du dir dabei gedacht hast - du musst es auch umsetzen. Das nämlich ist Schreiben im Sinne von Literatur.

Sich mit anderen Texten, am besten mit Geschichten "großer" Autoren zu vergleichen, geht immer in die Hose und rettet deinen Text nicht. 300 Seiten über einen weißen Wal zu schreiben macht mich nicht zu Melville. Klar, man könnte aus so einer Szene eine richtige Geschichte machen, und so was gibt es sicher auch. Aber: diese Texte erhalten ihre Länge nicht über konzeptloses Aneinanderreihen von Worten und Gedankenfetzen, sondern von einem klugen, psychologischen Spiel. Ein Text kann auch über innere Handlung zu einer Geschichte werden - aber ohne innere/äußere Handlung / Entwicklung geht es nicht.

Dir fehlt hier eine schlüssige (wenn auch nur in der Welt deiner Geschichte schlüssige), nachvollziehbare Handlung - innere wie äußere. Du sagst selbst, du hast das so runtergeschrieben - und eben das sieht man dem Text an. Was erwartest du? Schreib halt was, bei dem du Arbeit und Hirnschmalz reingelegt hast, mal gucken, wie das dann aussieht. :rolleyes: "Da war ein Ende, fand ich dann aber doof und daher gibts jetzt halt keines" - sollen wir dir jetzt über den Kopf streicheln, weil du ein paar Zeilen Text runtergetippt hast, oder wie war die Erwartung? Wie wäre es, sich ein besseres Ende zu überlegen und den Text dann erst zu posten? Du kannst es dir vllt schwer vorstellen, aber Leute arbeiten durchaus länger als 3 Stunden an einer Kurzgeschichte.
Keine Mühe geben und sich über die Kritiker beschweren - dafür ist hier das falsche Forum.

Aber ja, letztlich ist es der Schaden des Autors, nicht des Kommentierenden, wenn der Ehrgeiz fehlt. ;)

Sonnigst,
Katla

 

hallo chris666,

finde die geschichte auf jeden fall gar nicht mal so schlecht. katla würde ich recht geben, dass einiges gekürzt werden könnte. jedoch würde ich gerade die letzte passage, die sie angemerkt hatte, drin lassen.

begründung: gerade in diesen irrwitzigen dingen, wie captain kirkstuhl verdichtet sich nicht nur die komplexe beziehung zwischen beiden, wo nina, finanziell die hosen an hat, ihr mann ein verspielter kindskopf ist, sondern es werden auch die charaktere, das setting zuhause nebenbei und unterhaltsam ausgeführt. die grundkonstellation frau verdient mehr, der - vielleicht frustrierte mann - viel weniger, ist spannend. diese stelle fand ich gerade nicht langweilig. allerdings verschenkst du hier eine wesentliche falsche fährte. vielleicht könnte sich nina auch ihren mann als bedroher v orstellen, sie ist - zunächst -erleichtert, dass er sich wieder nur einen scherz ausgedacht hat und dann passiert doch etwas ganz anderes.....

absätze. damit sieht dein text schon viel aufgeräumter aus. ich denke, du hast dir mit den details mühe gegeben, den rest runtergerotzt. ok, kann man so machen, nach diesem modell hätte ich sicherlich 60 geschichten, die ich gleich hier einstellen könnte...;)

also. sei lieb zu deinem leser, dann klappt es auch mit der kritik. :)

ich persönlich fände es gut, wenn du die geschichte weiter ausbaust. sie braucht erstmal eine gute idee fürs ende. und müsste, erheblich fehlerfreier sein.

glaubwürdigkeit. an vielen details scheinst du schon gearbeitet zu haben. dafür gibts pluspunkte.

Das schleifende Kratzen begann eindeutig im oberen Bereich der Türe und wanderte dann nach unten. Eine Katze war es schon mal nicht.

solche passagen find ich gut, da kann man als leser miträtseln.

ciao petdays

 

Hey Ho

Hi Chris666

Meine Vorredner haben bereits einiges angemerkt. Ich möchte kurz etwas ins Detail gehen.
„Erhöhe das Tempo“ sind gute Ratschläge nur die konkrete Umsetzung findet in jedem Satz und jedem Wort statt. Deshalb hoffe ich, ein paar konkrete Tipps helfen dir in Zukunft für deine Texte.
(Was Kommas und Rechtschreibung betrifft bin ich eine Katastrophe also ignoriere das :-) )


Beim ersten Mal war sich Nina nicht sicher als sie sich in ihrem Bett senkrecht aufrichtete, aber diesmal, wo sie auf ein erneutes Geräusch lauerte ...diesmal hörte sie es ganz bestimmt.
„senkrecht aufrichtete“
Mit „senkrecht“ möchtest du das aufrichten dramatischer oder dynamischer machen. Gleichzeitig verwendest du aber einen langen und komplizierten Satz womit du das Wort dann wieder überflüssig machst.


Ein Kratzen, vor ihrer Schlafzimmertür. Wovon auch immer, schließlich war sie allein, oder glaubte es bis jetzt zumindest.
In einer Geschichte muss man sich bei jedem Wort entscheiden, ob es notwendig ist oder nicht. Hier z.B. ist „Schlafzimmer“ unnötig. Ich weiß das es die Tür des Schlafzimmers ist, weil sie sich im Bett aufgerichtet hat. Wenn du unnötige Wörter streichst werden deine Sätze schneller.


Robert (ihr Verlobter) war bei seinen Eltern, für deren Einladung sie sich einen guten Grund hatte einfallen lassen um einen Besuch bei den lieben Schwiegereltern zu vermeiden.

Viele Leute können Konstruktionen mit Klammern nicht leiden. Ich finde sie eigentlich ganz gut. Manchmal. Wenn (und versteh mich bitte nicht falsch) du z.B. Geschwindigkeit raus nehmen willst.


Jetzt wünschte sie sich allerdings mitgefahren zu sein, sich in Gesellschaft zu befinden... und nicht hier, alleine in einer Waldhütte irgendwo im nirgendwo.
Warum ist „allerdings“ hier notwendig?
„irgendwo im nirgendwo“ ist so ne Konstruktion die man schon tausendmal gelesen hat. Das ist meist schlecht für die Lesemotivation.


Aber sie war jetzt nicht in Gesellschaft von jammernden Schwiegereltern oder gut gelaunten Freunden, sie war alleine, alleine in einer Holzhütte die zwanzig Meilen von dem nächsten lebenden menschlichen Wesen entfernt war. Allein, und doch wieder nicht.

Warum „jetzt“.
Ob Schwiegereltern jammern oder Freunde gut gelaunt sind macht weder Sinn für die Atmosphäre, noch macht es Sinn für die Geschichte, noch macht es den Satz eleganter und ist so, meiner Meinung nach, überflüssig.


Ohne auch nur daran zu denken, einen Atemzug zu vollbringen, richtete sie ihre ganze Aufmerksamkeit der Türe. Oder dem was dahinter war.

Das ist unnötig kompliziert. „Ohne zu atmen hörte sie auf die Tür.“ oder „Ohne Atem hörte sie auf die Tür.“ oder so oder anders. Je komplizierter ein Satz ist, desto weniger bin ich in der Geschichte. Ich bin dann nicht bei „denken“, „atmen“, „Tür“, „dahinter“ sondern bin bei Atemzug, vollbringen, Aufmerksamkeit.


Sei kein Kind. Versuchte sie sich einzureden, aber irgendwie wollte es nicht klappen.
Macht „irgendwie“ hier irgendeinen Sinn?


Was eine einsame Nacht weit entfernt vom hektischen Stadtleben mit einem anstellen konnte.
Du bist hier bei ihren Gedanken. Und sie möchte sich gerade für ihre Schreckhaftigkeit schelten. Bzw. möchte sich einreden, alles sei nicht so schlimm usw.
Benutzt sie da wirklich Wörter wie „einsam“ und „weit entfernt“?
Ich glaube eher, du benutzt diese Worte um dem Leser noch mal ihre Situation vor Augen zu halten. Das kannst du tun, aber nicht an einer Stelle, an der es um ihre Gedanken geht. Dann sollten es ihre Worte sein und nicht deine.


Wer wusste schon was sich alles in diesen tiefen Wäldern verstecken mochte. Bei Tag scheint alles rosig und herzlich, aber wenn die Dunkelheit einbricht wandelt sich diese rosige und herzliche Welt zu etwas anderem.
„tiefe Wälder“ klingt, als willst du mich mit Gewalt auf etwas stoßen.


Lediglich Regen der vom Donner getrieben wurde fehlte.
Das ist viel zu kompliziert als das ich mir beim Lesen etwas darunter vorstellen könnte. „Nur Regen und Donner fehlte“ oder sowas. Da hab ich Regen da hab ich Donner und keine überflüssigen oder umständlichen Wörter drin an denen ich hängen bleib. Ich soll ja am Regen und am Donner hängen und nicht an „lediglich“ oder „getrieben“.


Der Parkettboden ächzte kurz nachdem sie die Bettdecke beiseite warf und aufstand.
Wir sind schon beim Parkettboden, der ächzt. Und dann wirfst du uns wieder zur Bettdecke zurück und zum aufstehen.


Es sind handwerkliche Dinge an denen du arbeiten solltest. Deine Texte werden dann schnell flüssiger, leichter lesbar und damit spannender.
Der talentierteste Maler (was ich ohne jeden Zweifel bin ;-) ) kann kein anständiges Bild zu Wege bringen, wenn er sich vorher nicht ausreichend mit Farben, Pinseln oder Untergründen befasst hat.

Liebe Grüße
Phino

 

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