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Der Schreibwerkstätter

Beitritt
05.02.2003
Beiträge
65

Der Schreibwerkstätter

Der Schreibwerkstätter.doc 23.05.2003

Vorwort:
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Dieser Bericht ist frei erfunden.
Festgestellte Ähnlichkeiten bei Beobachtungen eigenen Verhaltens anderer
Autoren sind rein zufällig.
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Er sitzt vor dem leeren Blatt Papier und überlegt was er nun schreiben könnte.
Also guckt er auf die Tastatur und dann aus dem Fenster.

Ihm fällt heute nichts ein.
Achselzuckend guckt er wieder auf die Tastatur.
Ein geräuspertes "Hm" entgleitet seinen Lippen.
Die Finger seiner Hand trommeln nacheinander in schneller Folge auf die Tischplatte.
Marschähnlicher Rhythmus, gut dass es keiner ausser ihm hört.

Das macht er immer, wenn ihm nichts einfällt.
Das Bildschirm vor ihm zeigt sich in unverändertem unschuldigem Weiß.
Papier liesse sich ja noch zerknüllen, aber ein Bildschirm.....?

"Mist". denkt er.

"Was könnte man über Mist schreiben.?"
Eine philosophische Frage bewegt ihn nun plötzlich:
"Wenn man über Mist schreibt - hat man dann Mist verzapft?"

Es folgen kreisförmige Kopfbewegungen als beobachtete er eine Fliege an der Zimmerdecke und gleichzeitig hofft er, er könne damit irgendetwas aus seinem Gehirn herauswringen was auch nur den Ansatz einer guten Geschichte ergäbe, ja, vielleicht sollte er irgendeine Analogie von der letzten Geschichte nehmen, bei der die Hörer des Literatur-Cafes immerhin an einer Stelle höflich gelacht haben.

"Nein. Nein.Nein."
Ausserdem merken die das.

Nichts da.
Da ist nichts.
"Ob ich mal morgen in die Stadt fahre und versuche Gesprächsfetzen in der Käuferstrasse aufzuschnappen?
Vielleicht könnte man davon eine Geschichte machen.?" spricht es in ihm.
Dann ist wieder Achselzucken dran.

"Tut mir leid, in meinem Hirn ist wohl Räumungsverkauf - eine ausgebrannte Glühbirne gäbe wohl mehr her, als mein Kopf " sagt er sich und schlürft noch einen Schluck Rotwein.
Jetzt überlegt er, ob man sich mal als kenntnisreicher Önologe anhand einer Beschreibung der Geschichte des
Weinbaues seit Römerzeiten eine Ergriffenheit verschaffte, bei der die Hörer buchstäblich vor den Füßen des großen Erzählers liegend atemlos und mit großer Verehrung jedem seiner Worte ehrfürchtig folgten.

Er stützt seine Kopf in der geöffneten Hand seines linken aufgestellten Unterarms und umfasst dabei mit Zeigefinger und Daumen die Kinnladen.
Dies verleiht ihm jene Pose des tiefschürfenden (aber auch tiefschlürfenden) Querdenkers, der seinen Mitmenschen um Jahre voraus blicken kann - vergleichbar mit manchen Marmorskulpturen griechischer Mathematiker.
Aber leider leider - das kreative Vakuum füllt seine Denkerstirn zu 100 % und ausserdem haben diese Mathematiker damals nicht in Jeans und T-Shirt vor dem Computer gesessen.

"Man müsste schreiben können", denkt er nun auf einmal.
Er ist begeistert über diesen Gedanken, der nach seiner Meinung irgendwann geschichtliche Bedeutung erlangen wird:
"Man könnte nach meinem Ableben von einer revolutionären Ideenfindung für werdende Autoren im Zusammenhang mit mir sprechen," sagt er sich.
"Man müsste schreiben können...."wiederholt er leise und genüsslich und seine Augen glänzen vor Stolz über den posthumen Ruhm der ihm eines Tages nur aufgrund dieses einzigen markanten Satzen zuteil werden wird.

"Man müsste schreiben können.." denkt er und nickt zustimmend mit dem Kopf dabei...

"Aaaaaber was?"

Im Garten leuchten noch die Lampen.
Gedankenverloren starrt er auf die Zierkirsche vor dem Fenster.
Halt!
Da hat sich was bewegt.
Ein Zweig.

Das Schreiben lassen wir jetzt erstmal.

Wollen doch mal sehen, was da los ist.

Jetzt wird beobachtet.

Detailliert.Gründlich. Analytisch.

Könnte Stoff zum Schreiben ergeben.

Es folgt leises Fluchen.
War wohl nur ein Windstoß.

Kein Vogel.

Ausserdem bauen Vögel nicht nachts um 1.30 an ihrem Nest.

"Ob man mal den Nestbau der Vögel beschreibt?"

"Nee,interessiert kein Schwein" denkt er. "Nicht mal mich."

"Wenn es mich nicht interessiert, dann interessiert es andere mit Sicherheit auch nicht."

Sein Blick wird plötzlich starr, das Trommeln auf dem Tisch wird leiser und verebbt abrupt.

Halt!

Das wäre was!

Wie kleine Würmer gleiten die Finger über die Tastatur und auf dem Bildschirm erscheint nach heftigem Hacken
in die Tasten diese Überschrift:

"Kann man etwas interessant schildern, was man selbst nicht interessant findet?"

"Oha" - jetzt tun sich Welten in ihm auf.

Wilde Ideen machen sich breit.

Ein Wirbelsturm im Kopf - eine Flut von Fragen, da sind sie auf einmal.

"Wo kommt ihr denn her, ihr süßen Fragen?", schiesst es ihm durch den Kopf.
"Wo wart ihr als ich euch brauchte?"

Es folgt aufgeregt noch ein Schluck direkt aus der Weinflasche - ("nur nicht erst ins Glas gießen, weil sonst womöglich der gute Gedanke verloren geht!")

Kann ein Antialkoholiker etwas über Alkohol schreiben?
Kann ein Homosexueller die Psyche von Frauen schildern?
Kann die FDP etwas über Herrn Möllemann sagen, der sie nicht mehr interessiert?

Kann.....kann..kann....

"Meine Güte", denkt er - das ist ja ein Riesenkomplex.

Und nun fällt ihm schon was ein
Zum Beispiel:
"Kann jemand, der sich müde fühlt etwas über die Kunst des Schreibens schreiben?"

"Vielleicht solltest Du darüber erstmal schlafen rät" ihm sein Inneres plötzlich.
"Ausserdem macht Rotwein auch müde"
"Es ist jetzt 1.30 Uhr"

"Kannst ja beim nächsten Literaturcafe mal darüber schreiben." tröstet eine andere Stimme.
"Vielleicht mach' ich das - aber nur wenn mir was einfällt "lallt er.

"Für heute habe ich ja erstmal etwas für das Literaturcafe geschrieben."
grinst er und zufrieden räkelt er sich kurz darauf im Bett.

"Oh je - hab' ja den Bildschirm nicht ausgeschaltet." wabert es in seinem Kopf.
"Egal - Hauptsache die Datei ist gespeichert. "
"Wie gut, dass ich für den morgigen Freitag etwas vorbereitet habe."

Vor dem Griff zum Lichtschalter kann man an den nach oben gezogenen Mundwinkeln pure Zufriedenheit bei ihm ablesen.


Auf dem Bildschirm aber steht am anderen Morgen immer noch die Überschrift:

"KANN MAN ETWAS INTERESSANT SCHILDERN,WAS MAN SELBST NICHT INTERESSANT FINDET?"

Während er schlief hat aber wohl irgendein ein Unbekannter eine Zeile tiefer dazu gesetzt:

"OH JA, MAN KANN ÜBER ALLES SCHREIBEN, WENN MAN MITGLIED EINER SCHREIBWERKSTATT
IST, ABER OHNE ROTWEIN GEHT ES NICHT"


***

 

Anmerkung - die obige Geschichte kann natürlich auf das Lieblingsgetränk Deiner Wahl geändert werden indem Du per Suchen-Ersetzen Funktion z.B. "Rotwein" durch "Absinth 54 %" ersetzt.

Prost!
Klaus

 

Hallo Klaus,

Deine Geschichte wird sicher einigen Lesern bekannt vorkommen... Ich konnte mich jedenfalls sehr gut hineinversetzen, auch wenn ich beim Schreiben nicht zwingend alkoholische Getränke zu mir nehme.
Wirklich lustig fand ich sie allerdings nicht..

Gruß - Xanthippe

 

Hallo Xanthippe - ich freue mich ja schon, dass Du Dich sehr gut in die Geschichte hineinversetzen konntest.

Wenn Du es nicht wirklich lustig fandest, dann ist das nicht so schlimm.
Humor wird ohnehin von jedem anders betrachtet.

Packe ich die Geschichte vielleicht lieber in eine andere Rubrik?

Bloß - welche?

Übrigens:
Ich nehme beim Schreiben auch nicht zwingend alkoholische Getränke zu mir -
die drängen sich nur immer auf, wenn man
nichts weiß.
Es kommt dann einfach zu unkontrollierten von unbekannter Macht gelenkten Einschenk-Handlungen für die
ich jede Verantwortung in solchen Momenten ablehne....

Schönen Gruß

Klaus

 
Zuletzt bearbeitet:

Gute Frage...warte doch einfach mal ab, was weitere Leser zu Deiner Geschichte schreiben.
Wie Du schon sagst, es hat halt nicht jeder den gleichen Humor, muss ja nicht heißen, dass jemand anderes deine Story nicht humorig findet...

Den letzten Absatz (Übrigens...) Deiner Antwort auf meinen Beitrag fand ich hingegen schon lustig, hatte ein breites Grinsen im Gesicht..

Gruß - Xanthippe

 

Ein breites Grinsen im Gesicht
geschwungen sei die Lippe
die Seele treibt sowas ans Licht -
ich danke Dir, Xanthippe.

Gruss
Klaus

 

Hallo Klaus!

Ich fand Deine Geschichte zwar nicht brüllend komisch, aber mit einem Schmunzeln habe ich Deine Zeilen schon gelesen, weil es gerade jetzt so bei mir abläuft mit dem Schreiben bzw. Nicht-Schreiben
(ohne Alk...dafür viel Kaffee)

Gruß Joker

 

Hallo Klaus, meinen Schmunzler hast du auch, besonders, wenn ich an meine letzten gedichte denke, hab wohl auch etwas zu tief ins glas geschaut, am nächsten wurde ich fast rot über den inhalt...
Liebe Grüsse A.

 

Hallo Atina, vielleicht lässt sich
Dein Hinweis auch wieder reimen:

Ich machte mal Gedichte,
trank dazu roten Wein
dies machte sie zunichte
und mich noch obendrein.

Ich muss zugeben, dass ich diese gerne
lesen möchte.
Schickst Du mir sie mal?

Gruss
Klaus

 

Hallo!

Lustig fand ich die Geschichte nicht, eher langweilig. :hmm: Du erzählst einfach nichts Neues. M.E. könntest du genauso gut beschreiben, wie sich jemand morgens die Hose anzieht, das ist genauso spannend. Die Pointe - wenn man es überhaupt so nennen kann - hat mir auch kein Grinsen entlockt. Vielleicht suchst du dir besser ein Thema, was mehr hergibt... :rolleyes:

Mfg
xka

 

Hallo xkaxre,
Danke für Deine Kritik.
Tut mir leid, wenn ich Dich gelangweilt habe.
Da ich noch nie die Sorgen eines Amateurautors irgendwo beschrieben gesehen habe, Du aber meinst, es sei "nichts Neues",was ich da schrieb - wäre ich Dir sehr dankbar, wenn Du mir eine Quelle nennen könntest, wo dieses Thema schon einmal behandelt wurde.
Dann könnte ich nämlich sehen, wo meine Geschichte bezüglich Langeweile abweicht.
Anderenfalls nützt mir Deine Kritik nichts.
Selbstverständlich könnte man auch das morgendliche Anziehen einer Hose in lustiger Weise schildern.
Ich bin der Meinung, dass selbst alltägliche Vorgänge durchaus mit humorvoller Brille betrachtet und dargestellt werden können.
Ich will versuchen mich zu bessern.

Gruss
Klaus

 

Wie auch alltägliche Dinge durch die humorvolle Brille dargestellt werden können, hat Kishon hinlänglich vorgeführt.

Trotzdem fand ich Deine Geschichte nur am Anfang gut. Nach und nach wurde sie langweilig, Dein Prot. verzettelt sich in immer nichtssagendere Gedanken, die ich ab einem gewissen Zeitpunkt gar nicht mehr wissen wollte.

Vielleicht würde es der Geschichte gut tun, wenn Du sie kürzen und dadurch straffen würdest, einige der Gedanken rausnehmen und nur noch die pointierten drinlassen.

Denn die Idee finde ich nicht schlecht - und auch ich habe noch keine Kurzgeschichte über dieses Problem gelesen.

LG
Aragorn

 

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