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Der Schreibwerkstätter
Der Schreibwerkstätter.doc 23.05.2003
Vorwort:
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Dieser Bericht ist frei erfunden.
Festgestellte Ähnlichkeiten bei Beobachtungen eigenen Verhaltens anderer
Autoren sind rein zufällig.
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Er sitzt vor dem leeren Blatt Papier und überlegt was er nun schreiben könnte.
Also guckt er auf die Tastatur und dann aus dem Fenster.
Ihm fällt heute nichts ein.
Achselzuckend guckt er wieder auf die Tastatur.
Ein geräuspertes "Hm" entgleitet seinen Lippen.
Die Finger seiner Hand trommeln nacheinander in schneller Folge auf die Tischplatte.
Marschähnlicher Rhythmus, gut dass es keiner ausser ihm hört.
Das macht er immer, wenn ihm nichts einfällt.
Das Bildschirm vor ihm zeigt sich in unverändertem unschuldigem Weiß.
Papier liesse sich ja noch zerknüllen, aber ein Bildschirm.....?
"Mist". denkt er.
"Was könnte man über Mist schreiben.?"
Eine philosophische Frage bewegt ihn nun plötzlich:
"Wenn man über Mist schreibt - hat man dann Mist verzapft?"
Es folgen kreisförmige Kopfbewegungen als beobachtete er eine Fliege an der Zimmerdecke und gleichzeitig hofft er, er könne damit irgendetwas aus seinem Gehirn herauswringen was auch nur den Ansatz einer guten Geschichte ergäbe, ja, vielleicht sollte er irgendeine Analogie von der letzten Geschichte nehmen, bei der die Hörer des Literatur-Cafes immerhin an einer Stelle höflich gelacht haben.
"Nein. Nein.Nein."
Ausserdem merken die das.
Nichts da.
Da ist nichts.
"Ob ich mal morgen in die Stadt fahre und versuche Gesprächsfetzen in der Käuferstrasse aufzuschnappen?
Vielleicht könnte man davon eine Geschichte machen.?" spricht es in ihm.
Dann ist wieder Achselzucken dran.
"Tut mir leid, in meinem Hirn ist wohl Räumungsverkauf - eine ausgebrannte Glühbirne gäbe wohl mehr her, als mein Kopf " sagt er sich und schlürft noch einen Schluck Rotwein.
Jetzt überlegt er, ob man sich mal als kenntnisreicher Önologe anhand einer Beschreibung der Geschichte des
Weinbaues seit Römerzeiten eine Ergriffenheit verschaffte, bei der die Hörer buchstäblich vor den Füßen des großen Erzählers liegend atemlos und mit großer Verehrung jedem seiner Worte ehrfürchtig folgten.
Er stützt seine Kopf in der geöffneten Hand seines linken aufgestellten Unterarms und umfasst dabei mit Zeigefinger und Daumen die Kinnladen.
Dies verleiht ihm jene Pose des tiefschürfenden (aber auch tiefschlürfenden) Querdenkers, der seinen Mitmenschen um Jahre voraus blicken kann - vergleichbar mit manchen Marmorskulpturen griechischer Mathematiker.
Aber leider leider - das kreative Vakuum füllt seine Denkerstirn zu 100 % und ausserdem haben diese Mathematiker damals nicht in Jeans und T-Shirt vor dem Computer gesessen.
"Man müsste schreiben können", denkt er nun auf einmal.
Er ist begeistert über diesen Gedanken, der nach seiner Meinung irgendwann geschichtliche Bedeutung erlangen wird:
"Man könnte nach meinem Ableben von einer revolutionären Ideenfindung für werdende Autoren im Zusammenhang mit mir sprechen," sagt er sich.
"Man müsste schreiben können...."wiederholt er leise und genüsslich und seine Augen glänzen vor Stolz über den posthumen Ruhm der ihm eines Tages nur aufgrund dieses einzigen markanten Satzen zuteil werden wird.
"Man müsste schreiben können.." denkt er und nickt zustimmend mit dem Kopf dabei...
"Aaaaaber was?"
Im Garten leuchten noch die Lampen.
Gedankenverloren starrt er auf die Zierkirsche vor dem Fenster.
Halt!
Da hat sich was bewegt.
Ein Zweig.
Das Schreiben lassen wir jetzt erstmal.
Wollen doch mal sehen, was da los ist.
Jetzt wird beobachtet.
Detailliert.Gründlich. Analytisch.
Könnte Stoff zum Schreiben ergeben.
Es folgt leises Fluchen.
War wohl nur ein Windstoß.
Kein Vogel.
Ausserdem bauen Vögel nicht nachts um 1.30 an ihrem Nest.
"Ob man mal den Nestbau der Vögel beschreibt?"
"Nee,interessiert kein Schwein" denkt er. "Nicht mal mich."
"Wenn es mich nicht interessiert, dann interessiert es andere mit Sicherheit auch nicht."
Sein Blick wird plötzlich starr, das Trommeln auf dem Tisch wird leiser und verebbt abrupt.
Halt!
Das wäre was!
Wie kleine Würmer gleiten die Finger über die Tastatur und auf dem Bildschirm erscheint nach heftigem Hacken
in die Tasten diese Überschrift:
"Kann man etwas interessant schildern, was man selbst nicht interessant findet?"
"Oha" - jetzt tun sich Welten in ihm auf.
Wilde Ideen machen sich breit.
Ein Wirbelsturm im Kopf - eine Flut von Fragen, da sind sie auf einmal.
"Wo kommt ihr denn her, ihr süßen Fragen?", schiesst es ihm durch den Kopf.
"Wo wart ihr als ich euch brauchte?"
Es folgt aufgeregt noch ein Schluck direkt aus der Weinflasche - ("nur nicht erst ins Glas gießen, weil sonst womöglich der gute Gedanke verloren geht!")
Kann ein Antialkoholiker etwas über Alkohol schreiben?
Kann ein Homosexueller die Psyche von Frauen schildern?
Kann die FDP etwas über Herrn Möllemann sagen, der sie nicht mehr interessiert?
Kann.....kann..kann....
"Meine Güte", denkt er - das ist ja ein Riesenkomplex.
Und nun fällt ihm schon was ein
Zum Beispiel:
"Kann jemand, der sich müde fühlt etwas über die Kunst des Schreibens schreiben?"
"Vielleicht solltest Du darüber erstmal schlafen rät" ihm sein Inneres plötzlich.
"Ausserdem macht Rotwein auch müde"
"Es ist jetzt 1.30 Uhr"
"Kannst ja beim nächsten Literaturcafe mal darüber schreiben." tröstet eine andere Stimme.
"Vielleicht mach' ich das - aber nur wenn mir was einfällt "lallt er.
"Für heute habe ich ja erstmal etwas für das Literaturcafe geschrieben."
grinst er und zufrieden räkelt er sich kurz darauf im Bett.
"Oh je - hab' ja den Bildschirm nicht ausgeschaltet." wabert es in seinem Kopf.
"Egal - Hauptsache die Datei ist gespeichert. "
"Wie gut, dass ich für den morgigen Freitag etwas vorbereitet habe."
Vor dem Griff zum Lichtschalter kann man an den nach oben gezogenen Mundwinkeln pure Zufriedenheit bei ihm ablesen.
Auf dem Bildschirm aber steht am anderen Morgen immer noch die Überschrift:
"KANN MAN ETWAS INTERESSANT SCHILDERN,WAS MAN SELBST NICHT INTERESSANT FINDET?"
Während er schlief hat aber wohl irgendein ein Unbekannter eine Zeile tiefer dazu gesetzt:
"OH JA, MAN KANN ÜBER ALLES SCHREIBEN, WENN MAN MITGLIED EINER SCHREIBWERKSTATT
IST, ABER OHNE ROTWEIN GEHT ES NICHT"
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