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Der Schrei

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13.08.2003
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Der Schrei

Es war an einem Samstag Abend. Das Laub raschelte, in dieser dunklen und düsteren Nacht. Der Wind wehte durch ihr gold-blondes Haar. Sie war ein verspieltes Kind. Ein nettes, einfach liebenswertes Mädchen. Häufig hörte man ihr Lachen - es war einfach Herzerweichend. Doch an diesem Abend sollte ihr Lachen verstummen - für immer.
Sie kam gerade von der Schule als sie mich fragte: "Sag mal Papi, könntest du mich nicht zu Angelika fahren? Ich hab ihr versprochen, dass ich ihr bei den Hausaufgaben helfe." "Na gut, wenn es sein muss. Aber um neun musst du nach Hause kommen, ich muss heute noch zu einem wichtigen Geschäftsessen gehen. Deine Mutter wird dann schon daheim sein."

"Ist gut Papi, mach ich!" Amanda war häufig bei ihrer Freundin, darum war ich auch nicht besorgt als sie mich wieder Mal fragte. Als ich sie bei Angelika ablieferte, küsste sie mich noch schnell auf die Wange. "Tschüss, hab dich lieb, Papi!" Das waren die letzten Worte die ich von ihr gehört habe.

Gegen halb elf rief mich meine Frau im Restaurant an: "Sag mal, ich hab dir doch gesagt du sollst mich nicht anrufen wenn ich in einem Geschäftsessen bin! Da hinten sitzen wichtige Kunden für unsere Firma!" "Es ...es.. es tut mir … leid. Es … es war so schrecklich! Amanda … sie … sie…" "Was ist mit ihr? Ist etwas passiert?" "Sie … liegt …liegt im Spital … und … ist" Sie brachte kein Wort heraus. Ich beruhigte sie, sofern dies am Telefon möglich war und versprach ihr sofort zu kommen. Es war nun klar, dass etwas mit Amanda geschehen war, entschuldigte mich von meinem Geschäftsessen und fuhr sofort nach Hause.

Daheim fand ich meine Frau weinend auf der Couch vor. Ihre Lider waren angeschwollen, die Augen waren rot unterlaufen. Die Schminke, die sie trug, war über ihrem Gesicht verteilt, man sah ihr an, dass sie völlig am Ende war.
Amanda wurde in einer Ecke, nahe dem Straßenrand gefunden. Sie lag mit Schürfwunden und einer Menge blauen Flecken am Boden zusammengekrümmt.

So sagte man mir es zumindest nachdem wir, im Spital angekommen, mit der Polizei redeten. Als wir fertig waren suchten wir einen Arzt auf. Der meinte, es wäre noch etwas zu erledigen und wir sollten im Warteraum warten. Warteraum - was war das auch schon für ein Name? Ein Raum zum warten … Nein zum langweilen, nervöses Hin und Her gehen. Hoffen und Bangen das einen in den Wahnsinn treibt. Plötzlich ging die Tür auf. Ein Arzt kam herein: "Sie können nun zu ihrer Tochter! Sie liegt auf 302." "Vielen Dank, Herr Doktor!" und schon waren wir unterwegs. Schnur stracks zu Zimmer 302, im 4. Stock der Kinderabteilung.

Dort sah ich sie dann, ein kleines Häufchen Elend. Sie sah noch schrecklicher aus als sie mir der Polizist beschrieben hatte. Sie lag auf dem Krankenbett und starrte an die Decke. An ihren Augen sah man, dass sie, die kleine Amanda mit ihrem Lachen und ihrer Freude, verschwunden war. Zurück blieben nur noch Furcht und Angst, vor dem Leben, vor dieser Person der ihr dies angetan hatte. Sie bemerkte keine einzige Bewegung von uns, war einfach wo anders mit ihren Gedanken.

Als meine Frau sie sah, stürzte sie in erneute Tränenpracht aus und kniete neben Amanda nieder. Sie nahm Amandas Hand und drückte sie, doch das früher so lebensfrohe Mädchen zuckte nicht einmal mit den Lidern.
Nach einer Woche, täglichen Besuchen, wurde der Zustand von Amanda nicht um ein Milligramm besser. Sie wurde zu einem Rätsel für die Psychologen, die an ihr die unmöglichsten Dinge ausprobierten. Nach dieser Woche musste sie nach Hause. Körperlich war sie wieder fit, nur Geistig überhaupt nicht.

Heute hat sich meine Frau bereits an diesen Zustand gewöhnt. Sie hat ihren Beruf aufgegeben um bei Amanda zu sein. In die Schule geht Amanda nicht mehr - sie hatte seit diesem Erlebnis kein Wort mehr gesprochen.
Wenn ich sie heute noch so anschaue, verstehe ich die Welt nicht mehr. Meine einzige Tochter, mein einziges Kind wurde stumm. Mit meiner Frau kann ich darüber nicht mehr reden. Sie ist seit einigen Jahren in psychologischer Behandlung und kommt selbst mit ihrem eigenen Leben nicht mehr zurecht. Ich bemerke selbst bei ihr, immer öfter eine geistige Abwesenheit in meiner Gegenwart. Selbst, habe ich seit einem halben Jahr mit dem Trinken angefangen. Es benebelt meine Gedanken, daran, dass meine Tochter seit 7 Jahren nicht mehr mit mir gesprochen hat.
Gegen neun Uhr, die Sonne geht gerade unter, stehe ich an einem Steg und sehe mir die Wellen an. Ich bin wieder einmal stink besoffen und trudle von einer Ecke zur nächsten. Auf einmal spüre ich Tränen auf meinen Wangen hinunter gleiten, denke an die schönen Tage mit meiner kleinen Tochter, als sie mit strahlendem Gesicht auf mich zu gerannt kam und ihr Lächeln nur mir widmete. Plötzlich fange ich an, Lautstark zu schreien. Meine Stimmbänder vibrieren, mein Hals scheint zu explodieren. Meinen Lungen geht die Luft aus, mein schreien verformt sich zu einem klaghalsigen weinen und klagen.

Die Leute um mich herum starren mich an, denken ich bin Verrückt, ich bin Wahnsinnig.
Und um ehrlich zu sein, es ist wahr.

 

Diesen Text hab ich eigentlich als Hausübung in Deutsch geschrieben. Er ist eine Kurzgeschichte inspiriert vom Bild "Der Schrei" von Edvard Munch.
Der Text ist schon ein Jahr alt, aber da ich jetzt hier neu bin wollte ich unbedingt schon etwas veröffentlichen.
Mal schaun was für Meldungen kommen ... ;)

 

Hallo,

der Text überzeugt auf ganzer Linie, allerdings könnte er zuweilen noch intensiver auf die Gefühlswelt des Mannes eingehen. Der Schrei als Erlösung ist optimal in den Handlungszusammenhang eingefügt. Verständlicher wäre dieser plötzliche emotionale Vulkansausbruch jedoch, wenn du schon vorher detaillierter auf die prekäre Situation eingegangen wärst, in welcher der Mann steckt. Dadurch, dass du seine Gefühlswelt erst wenig, dann später beinahe überhaupt nicht mehr schilderst, wird die Intensität, die Bedeutung des Schreis nicht gut genug ausgedrückt.

Alles in Allem ist diese Geschichte jedoch ein mehr als gelungener Einstieg bei kurzgeschichten.de.


Gruß

FrozenFire

 

Hallo Frozensilence und herzlich Willkommen auf KG.de!
Mir hat die Geschichte auch sehr gefallen.
Dennoch fehlte mir mehr Handlung um das Kind. Also, es ist schon klar, was mit ihr passierte, aber wenn du bspw. noch eine Begebenheit dazufügen würdest, wie das Kind sich zu hause, nachdem es stumm ist, benimmt,könnte ich vielleicht mehr für den Vater empfinden. Wenn du verstehst was ich meine.

Ansonsten eine gut gelungene Geschichte, du hast einen schönen Schreibstil.

Was mir noch aufgefallen ist:

Als meine Frau sie sah, stürzte sie in erneute Tränenpracht aus und kniete neben Amanda nieder.
(Tränenpracht-hat mich eher zum schmunzeln gebracht und konnte nachher nicht so richtig mit den Eltern mitempfinden)

Nach einer Woche, täglichen Besuchen, wurde der Zustand von Amanda nicht um ein Milligramm besser
(bei Milligramm ging es mir nicht anders...vielleicht bin ich zu altmodisch, aber ich finde das passt hier auch nicht)

LG Joker

 

ja, Tränenpracht und Milligramm sind auch mir negativ aufgefallen. Erwähnt habe ich sie allerdings nicht, weil ich dachte, dass nur ich so empfinde.

 

Vielen Dank erstmal für die Antworten.
Was könnte man denn zB statt Milligramm und Tränenpracht schreiben?

 

Hallo Frozensilence,

zuerstmal: "Als meine Frau sie sah, begannn sie erneut zu weinen und..." (Pracht assoziiert man mit etwas Schönem...
dann: "Nach einer Woche mit täglichen Besuchen hatte sich Amandas Zustand noch immer nicht gebessert." Statt Milligramm wäre `Deut` besser. Milligramm ist eine Gewichtseinheit und damit wird ein Zustand nicht gemessen.
Meine Vorschläge sind einfach, aber ohne `Fehlklang` :)

Was mich noch gestört hat, waren diverse Rechtschreibfehler, Kommata und Groß- und Kleinschreibung (lautstark, meine Schreien, Weinen, Klagen, verrückt, wahnsinnig, um nur die letzten zu nennen).

Zur Wirkung der Geschichte: sie hat mich nicht emotional gefesselt, obwohl man es vom Thema her hätte erreichen können / sollen. Zu distanziert, z. Bsp. die Schilderung der Situation, als er stink besoffen ist, wirkt gekünstelt. Die Begründung für den Schrei, der das Hauptthema darstellet, leuchtet nicht ausreichend ein, der Leser schreit quasi nicht mit.

Nimms mir nicht übel, nicht so schlecht, dass man sie zerreissen könnte, aber auch nicht so gut, dass man loben könnte. Irgendwo dazwischen.

Gruß vom querkopp

 

hey passt schon so - genau solche Meinungen will ich haben - bin ja doch erst 17 und meine Erfahrung reicht ja noch nicht einmal annähernd an einige von euch "Profis" ;)
babatschl
Frozensilence

 

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