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Der Schlüssel der Angst

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12.06.2017
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Der Schlüssel der Angst

Seit geraumer Zeit schon vernahm ich nun dieses Kratzen. Ein Kratzen wie von einem Tier im Käfig, das um sein Leben fürchtet. Nie konnte ich feststellen, woher ich es hörte, mal dachte ich es käme vom Fenster her, mal dachte ich, es käme aus den Wänden, ja gar den Bodendielen. In besonders schlimmen Nächten jedoch vernahm ich es hinter der Tür meines Schlafgemachs.
Oft hörte ich es abends, bevor ich mich in den sicheren Armen des Schlafes wiegen konnte, manchmal aber sogar tagsüber wenn ich es am wenigsten erwartete, so dass es mich plötzlich aus meinen alltäglichen Sorgen riss.
Doch am fürchterlichsten klang es des Nachts. Unerträglich drang es mir aus einer nicht zu bestimmenden Richtung ans Ohr. Obwohl es mir lauter vorkam, als dass es irgendein Mensch überhören könnte, stritt meine Frau jedes Mal ab, etwas gehört zu haben.
Ich versuchte es mir mit Ratten in den Wänden, raschelndem Geäst vor den Fenstern und dergleichen zu erklären, doch es schien mir von überall zu kommen, unnatürlich laut und furchtbar.
Bald schon konnte ich des nachts nicht mehr schlafen, mich nicht mehr mit meinen Ausreden von Ungeziefer trösten.
Für mich stand fest, was auch immer dieses grausame Kratzen verursachte, es musste hier im Haus sein. Also zog ich mit meiner Frau in ein kleines Haus auf dem Land, für welches ich all unser Geld ausgeben musste. Zwar verstand sie es nicht, doch sie kam mit mir, wenn auch nur unter Protest.
Ich musste sie überzeugen, dass, sollte sie mich wirklich noch lieben, sie mir auch ihr Vertrauen schenken müsse. Etwas war dort, und ich konnte, wollte weder ihr noch mein Leben weiterhin in Gefahr wissen.
Ihre Sinne mussten vernebelt gewesen sein, dass sie es nicht hörte, also entschied ich mich, sie nicht weiter damit zu beunruhigen, denn ihre Sorge um mich stand ihr Tag für Tag deutlicher ins Gesicht geschrieben. Fast schon beschlich mich die Furcht, sie könne den Verstand verlieren, wenn es so weiter ginge. Sollte ich allerdings recht behalten und unser neues Heim tatsächlich Ruhe für unsere geschundenen Seelen bedeuten, so wäre all dies bald nicht mehr von Bedeutung.

Die ersten paar Tage hörte ich tatsächlich nichts, konnte Nachts endlich wieder einschlafen. Die Zeit war für uns wie ein Segen, eine Erlösung, und doch verspürte ich immer noch die Furcht, dass das Kratzen zurückkehren könnte.
Allein die Angst reichte, dass mir bald schon wieder das Schlafen schwer fiel. Kaum eine Woche dauerte es, bis es mich wieder heimsuchte. Viel lauter und grässlicher als zuvor noch, vernahm ich es nun fast jeden Augenblick, das Kratzen, das vom personifizierten Bösen selbst zu kommen schien. Warum war es wieder da? Was hatte ich getan, um diese Tortur zu verdienen? Bald sah ich, dass ich nicht flüchten konnte, doch ein Ende musste ich dem Ganzen setzen!
Also machte ich mir einen Plan zurecht. Ich legte mir des nachts, denn gerade nachts war es am lautesten und fürchterlichsten, ein großes Jagdmesser an mein Bett. Mit qualvoller Geduld wartete ich, bis ich das höllische Geräusch aus einer deutbaren Richtung vernahm, um dann endlich, was auch immer dahinter steckte, auszumerzen. Tage, Wochen vergingen, ohne dass meine Pein entlohnt wurde.
Nun, da ich dem Kratzen noch genauer lauschte, spürte ich immer deutlicher, wie es sich seinen Weg in die Tiefen meines Herzen grub, Stich für Stich, um es von innen heraus zu zerreißen.
Doch ich hielt stand.
Nach einem vollen Monat war es dann endlich so weit. In einer mondlosen Nacht, als es besonders laut und fürchterlich klang, ja noch lauter und fürchterlicher als je zuvor, konnte ich es endlich genau ausmachen; es kam von der Tür.
Ich griff langsam, vorsichtig nach dem Dolch, äußerst bedacht selbst kein Geräusch zu verursachen, und schlich zur vermeintlichen Quelle des Übels. Der Weg kam mir endlos vor, jeder Schritt dauerte eine Ewigkeit, vor Angst konnte ich mich kaum rühren. Umso näher ich der Tür kam, umso lauter wurde es. Bald war es so laut, dass es mir in den Ohren schmerzte, als würde etwas direkt in ihnen kratzen, oder eine Wanze hinein kriechen wollen.
Als ich endlich an der Tür angekommen war, pochte mein Herz vor Furcht, was hinter ihr liegen möge, aber auch aus der Hoffnung, dass es bald enden würde. Ich sog die kalte Abendluft tief in meine Lunge ein, sammelte meine letzte Kraft und rief: "Was auch immer du bist, dass du mich heimsuchst, nun wird diese Folter enden!“
Ich zog die Tür mit einem raschen Ruck auf und stach sofort zu, einmal, zweimal, dreimal, immer und immer wieder stach ich ins Dunkel hinein. Und es war still. Das Kratzen stoppte, es war ja so herrlich still.
Ein leiser Seufzer entfuhr meinen Lippen, leise, aber ich konnte ihn trotzdem hören. Ganz langsam ließ ich mich am Türrahmen zu Boden sinken und stütze mich mit meinen Händen auf dem Boden ab. Die Dielen fühlten sich eigenartig an, nass, klebrig und warm. Ein schauriger Gedanke betrat meinen Kopf, legte sich auf meinen Verstand wie eine kalte Hand. In diesem Moment teilte sich die dichte Wolkendecke und entblößte den zuvor versteckten Mond. Sein Licht schnitt durch die dichte Finsternis wie ein Schrei durch die Stille und fiel durch das Fenster in den Raum hinein.
Mit weit aufgerissen Augen starrte ich vor mich. Wie konnte ich sie nicht gespürt, wie konnte ich sie nicht gehört haben? Oh Gott, ob sie meinen Namen gerufen hatte? Sie musste direkt vor mir gestanden haben...


Die Angst hatte eine Tür in meinem Kopf aufgeschlossen, die hätte verschlossen bleiben sollen.
Aber das Kratzen verstummte.

 

Hallo liebe Wortkrieger!

Ich habe vor Kurzem eine meiner älteren Kurzgeschichten wiedergefunden und ein paar Änderungen vorgenommen, bin aber immer noch nicht wirklich zufrieden mit dem Ergebnis. Gerade das Ende braucht m.M.n. noch etwas mehr Erklärung, ich möchte es allerdings so offen wie möglich lassen. Wie immer bin ich auf kreative Vorschläge gespannt! ^^

Beste Grüße,
Vorcelin

 

Hallo Vorcelin,

also grundsätzliche finde ich, dass du in der Geschichte ganz gute Spannung aufbaust, zumindest war ich daran interessiert, was nun das besagte Geräusch verursacht.

Ich finde das Ende etwas sehr vage. Ich nehme an, dein Prot hat sich selbst mit dem Messer verletzt/umgebracht? Warum nun wirklich wird mir leider gar nicht klar, aber wie vage okay ist oder nicht ist wohl Ansichtssache. Ich hätte da gern etwas mehr erfahren, hat der Prot vieleicht ein Trauma verdrängt, oder eine Schuld o.Ä.?

Dann gibt es da aber ein paar Stellen, die ich etwas merkwürdig finde. Z.B. warum reagiert die Frau nicht? Warum schickt sie den Prot nicht zum Arzt oder macht sonst etwas? Oder verlässt ihn, er klingt ja doch langsam etwas verrückt.

Und dann gibt der Prot all das Geld der beiden für ein neues Haus aus und die Frau ist okay damit? Du schreibst, sie kam unter Protest mit, ich glaube, da wäre eine deutlich heftigere Ablehnung logischer.

Die Stelle, wo er seinen Plan schmiedet. Er geht nachts zu einer Tür, die dann am Ende gar nicht da war. Aber wohnte der Prot nicht schon mindestens einen Monat in dem Haus? Da sollte man, auch nachts im Dunkeln, wissen, wo die Türen sind und wo nicht.

Dann beschreibst du an einer Stelle, dass der Prot Furcht empfindet, aber auch Freude. Ich finde 'Freude' ist hier eine merkwürdige gewählte Emotion, die wohl niemand an der Stelle empfinden würde.


So, genug gemeckert. Wie gesagt, ich empfand deine Geschichte dennoch spannend und hab sie gern gelesen, auch wenn mir die Auflösung etwas zu vage war.

 

Hallo, Vorcelin

Ich habe Deine Geschichte gerne gelesen. Sie erzählt sich flüssig und hält auch einen schönen Spannungsbogen. Ein paar Sachen finde ich jedoch komisch.

Tag für Tag, Morgen für Morgen, Abend für Abend. Ununterbrochen hörte ich es, doch am fürchterlichsten klang es des Nachts.

Er hört also dieses Geräusch IMMER? Wie einen Tinnitus? Da gibt es aus meiner Sicht ein großes Problem. Es ist ja so, dass, wenn wir in Angst geraten, unser Erregungslevel plötzlich extrem ansteigt. Dieses fällt jedoch meistens relativ schnell wieder ab. Versuch mal, dich über einen sehr langen Zeitraum konsequent zu fürchten. Es geht nicht, weil wir schnell auf ein allgemeines Anspannungsniveau zurückkehren. Deshalb kann man Angst so leicht behandeln - weil wir in ständiger Konfrontation mit einem angstauslösenden Ereignis meistens aufhören, Angst zu haben. Dass Dein Prot genervt ist, nicht schlafen kann, wütend und angespannt wird, kann ich mir vorstellen. Aber Angst? Nein. Angst geht nur dann, wenn das Geräusch zwischendurch verschwindet und immer wieder, ohne jeden ersichtlichen Anlass und ohne erkennbares Muster auftritt. Das erzeugt Angst. Uns Menschen macht alles Angst, was ohne ersichtlichen Grund und ohne ersichtliche Kontingenz (Verknüpfung zwischen Reiz und auslösendem Ereignis, aber auch Verhältnis von Zeit) auftritt. Ein stetiges Hintergrundtrapsen würde mich nicht ängstigen, sondern nur aufregen. Ich würde - wie Dein Prot - nach der Ursache suchen und danach - wahrscheinlich auch auf Anraten meines Partners - zum Ohrenarzt gehen. Wenn Dein Prot tatsächlich psychotisch ist, könnte er zu dem Punkt kommen, dass er misstrauisch und wahnhaft wird, sich also auf einem ständigen Anspannungsniveau befindet. Aber dass er Angst so lange hochhalten kann, ist einfach unrealistisch.

Dass die Frau von Deinem Prot sich unlogisch verhält, wurde ja schon angemerkt. Dazu nur noch eine Sache:

Also nahm ich meine Frau

Es ist die Tendenz vieler Autoren hier (und auch woanders) von Frauen wie von Besitztümern zu schreiben. Bitte lass das. Dein Stil ist schon relativ lovecraftmäßig, aber wir müssen ja nicht noch ein 150 Jahre altes Frauenbild dazu packen, oder? Frauen "nimmt" man nicht. Man nimmt sie mit - was auch nicht schön ist, aber geht. Oder überredet sie dazu, mitzukommen. Oder überzeugt sie. Schließlich ist sie ein Mensch mit ihren eigenen Vorstellungen vom Geschehen.

Ich zog die kalte Abendluft tief in meine Lunge ein, sammelte meine letzte Kraft und rief: ,, Was auch immer du bist, dass du mich heimsuchst, nun wird diese Folter enden!“

Hier ist das erste Anführungszeichen seltsam. Außerdem heißt es in meinem Augen "sog" statt "zog". Dann vermeidest Du auch eine Wiederholung im nächsten Absatz.

Wie konnte ich sie nicht gespürt, wie konnte ich sie nicht gehört haben?

Ich muss sagen, ich habe das Ende nicht verstanden. Eigentlich dachte ich, er hätte seine Frau erstochen - darauf weist für mich das "sie" hin, aber mein Vorredner könnte auch recht haben. Das mit den Türen ergibt gar keinen Sinn, und ich habe immer noch keine Ahnung, woher die Geräusche kommen. Ich nehme mal an, dass Dein Prot verrückt ist, aber das finde ich etwas mau.

Du hast gesagt, Du möchtest es offen gestalten. Am Ende wirfst Du sehr viele Hinweise hin, aber das einzige, was ich relativ sicher weiß, ist, dass Dein Prot offensichtlich psychotisch ist. Das finde ich ziemlich unbefriedigend. Es ist SEHR offen. Was ist mit seiner Frau? Woher kamen die Geräusche? Wen hat er erstochen? Was hat das alles mit Türen zu tun? Fragen über Fragen. Ich nehme an, dass aus seinem Unbewussten etwas freigelassen wurde, dass ihn zu einer schrecklichen Handlung getrieben hat - vielleicht seine Frau zu ermorden. Aber ich würde auf dieses Türenbild verzichten. Das ist abgedroschen und nichtssagend zugleich. Vielleicht fällt Dir etwas ein, was besser passt.

Und wenn Du ausdrücken willst - das ist vielleicht meinerseits überinterpretiert -, dass die Geräusche ihn in den Wahnsinn getrieben und ihn dazu gebracht haben, eine/n Unschuldige/n zu ermorden, wäre es nicht cooler, nicht nur ein Trapsen zu schreiben, sondern ganz klassisch Stimmen? Dann könnte Dein Prot in einem Mietshaus wohnen, beginnen, seine Nachbarn zu überwachen, fliehen und am Ende den vermeintlichen Beobachtern doch nicht entkommen. Das wäre schön schizo. Aber vielleicht verknüpfe ich das gerade zu sehr mit meinen aktuellen Klausurinhalten, also lass Dich davon nicht beeindrucken, wenn es eigentlich um was ganz anderes geht. ;)

Mir fällt gerade auf, dass es wirklich Spaß macht, über die Geschichte nachzudenken und Inhalte zu verknüpfen, Hinweise zu suchen und ins Gesamtbild zu integrieren. Auf diese Weise lohnt sich das offene Ende schon. Hm... Bin allgemein kein Fan von offenen Enden, und Du musst auch einen Leser finden, der sich so viel Zeit nimmt wie ich gerade, sonst verpufft das Ende einfach.

Ich hoffe, Du konntest mit meinen Hinweisen trotzdem etwas anfangen. Dieser Lovecraft-Stil (Horror, Ratlosigkeit, Hilflosigkeit, Einsamkeit, große Häuser, die Ratten im Gemäuer) gefällt mir übrigens sehr gut. Beneidenswert. :D

Viele Grüße,
Maria

 
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Hallo Kaspar Hauser!

Ich komme erst einmal zu der Frau. Wie der Stil meiner Geschichte vielleicht zeigt (fürchte es war diesmal nicht so deutlich), spielt sie im 19ten Jahrhundert. Ergo ist es da nicht ganz so ungewöhnlich, dass sein Frau bei der ganzen Sache kein so großes Mitspracherecht hat, aber ich habe auc schon darüber nachgedacht, ihre Verwunderung oder Sorge noch etwas weiter auszuschmücken, mal schauen was sich da machen lässt.
Bei dir fehlenden Tür bin ich etwas verunsichert. Mir ist nicht ganz klar, an welcher Stelle es so klingt, als würde sie fehlen, sie ist nämlich völlig real. Wäre interessant zu wissen, damit ich die entsprechende Stelle noch etwas genauer gestalten kann.
Das habe ich übrigens auch mit dem Ende gemacht, dass anscheinend nicht ganz so rüber gekommen ist wie geplant, ich hoffe, dass das Ziel der Messerattacke nun etwas deutlicher wird.
Oh, und den Part mit der Freude habe ich ebenfalls geändert, denke das Wort Hoffnung beschreibt es ein wenig besser und weniger unpassend für die Situation.

Beste Grüße,
Vorcelin


Hallo Maria,

schön, dass dir die Geschichte an sich schonmal gefallen hat!
Den Punkt mit der (nicht möglichen) dauerhaft anhaltenden Angst hatte ich schon befürchtet. Ist mir eben beim drüberlesen dann auch unangenehm aufgefallen, ich formulier den Part mal besser um.

Was die Frau angeht... ist die Formulierung ehrlich gesagt gewollt. Die Geschichte spielt (wie alle anderen meiner Geschichten auch) nun mal in der Zeit zu der auch der Schreibstil gehört.
Hätte zugegebenermaßen nicht gedacht, dass diese Darstellung unangenehm auffällt, aber da ich sowieso noch an der Beschreibung der Ehefrau und ihrem Verhältnis zum Erzähler arbeiten möchte, werd ich das Ganze mal etwas, nun ja netter formulieren.
Damit dürfte dann auch das Ende etwas deutlicher werden (bei dem du schon ganz richtig gelegen hast), auch wenn ich den Grund für das Kratzen weiterhin offen lassen möchte, da man darüber anscheinend ja doch ganz gut nachgrübeln kann.

Was die Tür-Metapher betrifft, bin ich eigentlich ganz zufrieden, da sie recht gut den Grundgedanken ausdrückt der mir vorschwebte, und vielseitig genug interpretierbar ist, dass das Ende genug Denkanstöße geben kann. Aber da warte ich wohl am besten, was andere noch so sagen.

Der Vorschlag mit den Stimmen gefällt mir eigentlich ganz gut, allerdings würde man dann wieder auf dem typischen schizophrenen Prot sitzen bleiben, den jeder sofort als solchen erkennt und der den Interpretationsfreiraum genau so sehr tötet wie das arme Etwas am Ende der Geschichte. Auf der anderen Seite klingt das nach einer guten Herausforderung um ein altes Muster neu auszulegen... Vielleicht nehme ich mir den Gedanken mal als Gerüst für ein kleines literarisches Experiment, danke für die Inspiration!
Und natürlich auch Danke für den auführlichen Kommentar an sich! :D

Beste Grüße,
Vorcelin

 

Vorcelin

Dass deine Geschichte im 19ten Jhd spielt war mir nicht klar, da könntest du vieleicht ein paar mehr Hinweise einbauen, aber das erklärt das Verhalten der Frau natürlich etwas.
Was ich aber auch etwas schade finde, ist, dass du recht früh vorwegnimmst, dass das Kratzen nur im Kopf des Prot ist, da die Frau es nicht hört, das würde ich an der Stelle vieleicht etwas vager gestalten.

Ich hatte am Ende gedacht, dass er sich die Tür nur eingebildet hatte, als Sinnbild für die, die in seinem Kopf geöffnet wird.

 

Hallo Kaspar!

Sowohl die Tür als auch die Tatsache, dass sie das Kratzen nicht hört, sind beide unterschiedlich interpretierbar. Die Tür macht nämlich zum einem als simple Tür, aber auch als Metapher, wie du es beschreibst, Sinn (auch wenn sie an dieser Stelle ursprünglich tatsächlich als einfache, materielle Tür gedacht war).
Was das Kratzen betrifft, ist es natürlich eine Möglichkeit, dass nur er es hört, da es nur in seinem Kopf existiert. Allerdings wäre es ebenfalls möglich, dass nicht er, sondern seine Frau an einer psychischen Störung leidet, und sie die jenige ist, die das Kratzen verursacht, sich allerdings dessen nicht bewusst ist/ sich im Nachhinein nicht erinnern kann. Dies wäre auch eine mögliche Erklärung, weshalb der Prot sein Frau am Ende direkt hinter der Tür findet, von der auch das Kratzen kommt.

Wie du siehst sind die Dinge nicht immer wie sie scheinen ;)

Beste Grüße,
Vorcelin

 

Hallo, Vorcelin

Habe nochmal drüber gelesen. Die Veränderungen, die Du gemacht hast, gefallen mir schon gut. Das heißt, dass wir uns jetzt Zeichensetzung, Rechtschreibung und Grammatik widmen können.

Nie konnte ich feststellen woher ich es hörte, mal dachte ich es käme vom Fenster her, mal dachte ich, es käme aus den Wänden, ja gar den Bodendielen. In besonders schlimmen Nächten jedoch vernahm ich es von hinter der Tür meines Schlafgemachs.

Komma vor "woher". "von hinter" klingt blöd, ist sehr umgangssprachlich. "hinter" reicht völlig.

Oft hörte ich es Abends, bevor ich mich in den sicheren Armen des Schlafes wiegen konnte, manchmal aber sogar tagsüber wenn ich es am wenigsten erwartete, so dass es mich plötzlich aus meinen alltäglichen Sorgen riss.

Komma vor "wenn". Exkurs: Zeitangaben, die mit einem "s" enden, werden prinzipiell klein geschrieben. "morgens", "abends", "nachts", "sonntags" usw. Gilt im gesamten Text. Du schreibst das konsequent groß, v.a. "Nachts". Bitte alles kleinmachen.

Obwohl es mir lauter vorkam, als dass es irgendein Mensch nicht wahrnehmen könnte, stritt meine Frau jedes mal ab, etwas gehört zu haben.

"jedes Mal" großgeschrieben. "nicht wahrnehmen" klingt umständlich. Wie wäre es mit "überhören"?

doch es schien mir von Überall zu kommen, unnatürlich laut und furchtbar.

"überall" ist eine Präposition und wird kleingeschrieben. Huihui. Am besten führst Du Dir Groß- und Kleinschreibung nochmal vor Augen. Da geht einiges durcheinander. Generell werden nur Nomen großgeschrieben. Diese dann aber auch immer. Habe noch mehr für Dich im laufenden Text.

Für mich stand fest, von was auch immer dieses grausame Kratzen herrühren möge, es musste hier im Haus sein.

Wieder umgangssprachlich. Wie wäre es mit "was auch immer das grausame Kratzen verursachte"?

Fasst schon beschlich mich die Furcht, sie könne den Verstand verlieren, wenn es so weiter ginge. Sollte ich allerdings recht behalten und unser neues Heim tatsächlich Ruhe für unsere geschundenen Seelen bedeuten, so wäre all dies bald nicht mehr von bedeutung.

"Fasst" ist die Präsens zweite oder dritte Person von "fassen". Du meinst aber die Präposition "fast". Taucht später wieder auf. Also mehrmals korrigieren. "Bedeutung" wird natürlich großgeschrieben.

Die ersten paar Tage lang hörte ich tatsächlich nichts, konnte Nachts endlich wieder einschlafen.

"lang" würde ich streichen. "nachts" wird natürlich auch hier kleingeschrieben. Korrigierst Du bestimmt im ganzen Text. ;)

Was hatte ich getan um diese Tortur zu verdienen?

Komma vor "um".

Also machte ich mir einen Plan zurecht; Ich legte mir des Nachts, den gerade Nachts war es am lautesten und fürchterlichsten, ein großes Jagdmesser an mein Bett. Mit qualvoller Geduld wartete ich, bis ich das höllische Geräusch aus einer deutbaren Richtung vernahm, um dann endlich was auch immer dahinter steckte auszumerzen. Tage, Wochen vergingen, ohne das meine Pein entlohnt wurde.

Dieser Absatz strotzt nur so vor Fehlern. Semikolon würde ich durch einen Punkt ersetzen. Es bringt nichts, Sätze unnötig zu verlängern. "denn" statt "den". Komma vor "was" und vor "auszumerzen". "dass" statt "das".

Nun, da ich dem Kratzen noch genauer lauschte, spürte ich immer deutlicher, wie es sich seinen Weg in die Tiefen meines Herzen grub, Stich für Stich, um es von Innen heraus zu zerreißen.

"Tiefen" und "Innen". Schön wär's, aber "innen" ist hier eine Präposition und wird deshalb natürlich klein geschrieben.

Um so näher ich der Tür kam, umso lauter wurde es, bald so laut, dass es mir in den Ohren schmerzte, als würde etwas direkt in ihnen kratzen.

"Umso" bitte in beiden Fällen zusammen schreiben. Bin kein Fan vom letzten Satzteil. Erzeugt ein Bild, könnte aber stärker sein. "... als würde es direkt an meinen Trommelfellen kratzen"? Nur so ein Gedanke.

Als ich endlich an der Tür angekommen war pochte mein Herz vor Furcht, was hinter ihr liegen möge, aber auch aus der Hoffnung, dass es bald enden würde.

Komma vor "pochte". "Furcht davor, was hinter ihr liegen möge". Klingt aber immer noch blöd. Das würde ich etwas entzerren. "pochte mein Herz. Ich fürchtete mich davor, was hinter ihr liegen möge, hoffte aber auch, dass es bald enden würde." Na ja. Das ist alles sehr umständlich.

Ich zog die Tür mit einem raschen Ruck auf und stach sofort zu, einmal, zweimal, dreimal, immer und immer wieder stach ins Dunkel hinein. Und es war still. Das kratzen stoppte, es war ja so herrlich still.

"stach ich ins". "Kratzen" wird natürlich groß geschrieben.

Ganz langsam ließ ich mich am Türrahmen zu Boden sinken und stütze mich mit meinen Händen am Boden ab.

Das ist das falsche Wort. Sich an etwas abstützen tun Sprinter, die gleich losrennen. Dein Prot stützt sich natürlich auf dem Boden ab.

Oh Gott, ob sie meinen Namen rief? Sie musste direkt vor mir gestanden haben...

Hier wechselst Du die Zeit. Da die Frau schon tot ist, sie also nicht aktuell seinen Namen rufen kann, müsste es doch "gerufen hatte" heißen, oder nicht?

Ich hoffe, das ist erhellend für Dich. Leider habe ich für Groß- und Kleinschreibung auch keine guten Tipps, weil man ja prinzipiell jedes Adjektiv und jedes Verb zu einem Nomen machen kann. Deshalb ist das natürlich irgendwie schwierig. Prinzipiell würde ich aber mehr klein schreiben. Dann erhöhst Du die Trefferquote auf jeden Fall.

Viele Grüße,
Maria

 

Hallo TeddyMaria

Ah, die Fehlerkorrektur, über die freut man sich natürlich immer am meisten! Nein, Spaß beiseite, die muss selbstverständlich sein, und natürlich freue ich mich auch, dass du dir überhaupt die Zeit nimmst, da so sorgfältig drüber zu schauen!

Also, die Groß- und Kleinschreibung dürfte in jetzt Ordnung sein, Kommata hab ich auch noch ein paar an den richtigen Stellen gesät und mein lieber Prot macht sich jetzt nicht mehr zum rennen bereit, wenn er auf den Boden rutscht. :D
Genrell habe ich den Großteil deiner Vorschläge dankend angenommen, jetzt dürften sich einige Textstellen jedenfalls angenehmer lesen. Bei der Sezene mit dem Kratzen im Ohr bin ich noch nicht von meiner neuen Version überzeugt, mal schauen wie das neue Bild so ankommt, vielleicht war das auch ein Versuch zu viel.
Was das Rufen seiner Frau am Ende betrifft, bin ich mir ehrlich gesagt nicht wirklich sicher. Meiner Meinung nach müsste rief als Vergangenheitsform eigentlich passen, allerdings habe ich auch einen ordentlicher Teil meines Deutschunterrichts mit, nun, allem außer Unterricht verbracht, also habe ich das mal geändert, um Verwirrung an dieser Stelle zu vermeiden.

Nochmals danke für die Ratschläge und beste Grüße,
Vorcelin

 

Weil ich gerade darübergestolpert bin:

TeddyMaria schrieb:
Zeitangaben, die mit einem "s" enden, werden prinzipiell klein geschrieben. "morgens", "abends", "nachts", "sonntags" usw. Gilt im gesamten Text. Du schreibst das konsequent groß, v.a. "Nachts". Bitte alles kleinmachen.

Vorcelin schrieb:
Doch am fürchterlichsten klang es des nachts.
Des Nachts allerdings wird großgeschrieben. :Pfeif:

 

Hallo, ernst offshore

Da hast Du natürlich recht. "Eines Nachts" und "des Nachts" natürlich. Der ist mir wohl durch die Lappen gegangen. ;) "Immer" und "nie" sind auch Worte, die man nicht benutzen sollte.

Stimmt, ich habe es sogar oben in einem Absatz falsch korrigiert. Tut mir leid, Vorcelin. Es ist wohl doch nicht so einfach, wie ich spontan dachte.

Viele Grüße,
Maria

 

Hallo Vorcelin

ich finde deine Geschichte soweit ganz gut, allerdings ist sie mir (für meinen Geschmack und das muss nichts bedeuten) etwas zu wenig "Horror-lastig" geschrieben. Und unter diese Kategorie wurde sie ja mit reingepackt.
Das Ende hat für allerdings dann doch nochmal die "Horror- / Spannungskurve" gekriegt und mich im Gesamten überzeugt :)
Aber eins nach dem anderen...

Also das mit dem Kratzen fand ich erst einmal eine nette Idee, auch wenn man da vielleicht mehr auf die Wirkungsweise auf deinen Protagonisten eingehen hätte können.
Also nicht, dass es einfach nur beängstigend ist und/ oder ihn in den Wahnsinn treibt (was du ja teilweise auch gemacht hast), sondern vielleicht noch etwas detaillierter schilderst, wie er sich dabei fühlt.
Wie er z. B. schweißgebadet im Bett liegt, tagsüber nicht mehr aufnahmefähig ist, die Kontrolle über sein Leben verliert ...so etwas, einfach um das Bild noch etwas krasser zu kreieren.

Teilweise klingt es nämlich für mich etwas wie eine normale Erzählung über ein böses/schreckliches Thema, allerdings bleibt die Spannung (also die zweite Kategorie, in die deine Geschichte gepackt wurde) etwas auf der Strecke.

Bald war es so laut, dass es mir in den Ohren schmerzte, als würde etwas direkt in ihnen kratzen, oder eine Wanze hinein kriechen wollen.

Super Idee! Nur war es erst so LAUT, dass es schmerzte. Also eine Art ohrenbetäubendes Kratzen in den Ohren. Da passt dann der Vergleich mit der kriechenden Wanze nicht so recht, finde ich.

Das Ende vereint dann aber Spannung und Horror wieder in vollem Maße, wie ich finde und ist meines Erachtens super gewählt. Das Ende ist offen, ja, das stimmt. Möglicherweise wäre hier eine geschlossene Szene sogar die bessere Variante.
Da ich aber ein Freund offener Enden bin, ist das in diesem Fall aber völlig egal und ich dachte bzw. denke auch immer noch, dass die Frau, diejenige war, die erstochen wurde.

Beim Lesen dachte ich mir, dass sie vielleicht schlafwandelt und deswegen ihren Mann für verrückt hält. Allerdings würde das nur halbwegs passen, denn dann hättest du vielleicht etwas mehr Informationen in die Geschichten packen müssen, die diese These untermauern
(Z. B. dass seine Frau gelegentlich Mittagsschläfchen hält oder so etwas, also die Möglichkeit erhält, ihre Kratzgeräusche auch auszuleben).


Habe ich gern gelesen :)

Viele Grüße

Federkrieger

 

Hallo maria.meerhaba

Schade, dass die Geschichte für dich nicht funktioniert hat. Eigentlich bin ich mit dem bisherigen Aufbau schon ziemlich zufrieden. Ich werde bei nächster Gelegenheit noch die letzten Fehler ausmerzen und ein paar Details hinzufügen, da mir auch noch an ein paar Stellen der gewollte Effekt der Spannung fehlt.
Allerdings finde ich deine Vorschläge für eine Umstrukturierung recht interessant, auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob die Geschichte dann noch so funktioniert, bzw. wirkt, wie es geplant war. Ich denke, dass ich das ganze mal als separates Stück ausprobieren werde, mal schauen.

Mit dem "unerträglichen" hast du natürlich recht, das muss mir solangsam endlich mal abgewöhnen.
Was das Messer betrifft geht es hier lediglich darum, dass er sich der Ursache stellen will. Gerade da er diese nicht kennt, nimmt er das Messer mit, in der Hoffnung, dass er "es" vernichten kann. Aber vielleicht braucht das noch ein paar erklärende Worte, ich verstehe, dass das eigenartig wirken kann.

Warum sollte er bei der Tür noch nicht nachgesehen haben? Oder warum sollte die Quelle des Geräusches Stationär sein? Ich finde in der Geschichte keine Zeile die vermuten lässt, dass es ganz genau die Tür war, die das Kratzen verursachte. Macht ja auch keinen Sinn, da er ja bereits umgezogen war und wohl kaum die Tür mitgenommen hat. Nein, er vernimmt das Geräusch ja immer von völlig unterschiedlichen Orten, kann diese aber selten genau ausmachen (wie der Prot zu beginn der Geschichte erklärt). Deshalb wartet er auch so lange, bis er endlich wieder eine Position des Geräusches ausmachen kann, die dann in dem Moment nun mal die Tür ist.

"´Ein schauriger Gedanke betrat meinen Kopf´ Dieser Satz ist absolut unschön". Für einen Autor ist nichts unschön, unmöglich oder unerklärlich. Ein Autor kann alles beschreiben. Was genau findest du den unschön an dem Satz? Mit der Aussage allein kann ich leider reichlich wenig anfangen. ;)

Was die Zeitsprünge angeht werde ich wie gesagt mal ein wenig rumprobieren, wie es in einer einzelnen Hauptszene mit Throwbacks funktioniert, und an den Figuren werde ich ja eh noch etwas schrauben, auch wenn ich nicht weiß, ob ich zu sehr auf ihr alltägliches Leben eingehen will, damit der Fokus nicht verloren geht.

Danke für die Anregungen und beste Grüße,
Vorcelin


Hallo Federkrieger

Freut mich, dass dir die Geschichte wiederum gefallen hat! Die nötigen Details für die letzte Prise Spannung werde ich wie gesagt demnächst einfügen, ein wenig fehlt ja anscheinend definitiv noch.
Was die Wanze betrifft hatte ich mir das so vorgestellt, dass ein Käfer, der direkt in deinem Gehörgang kraxelt, schon ziemlich laut (und eckelig) klingen muss. Ich schreibe wohl besser "laut [...] wie durch eine Wanze...", dass dürfte dann deutlicher werden.
Das Schlafwandeln der Frau wollte ich tatsächlich als eine mögliche Interpretation hervorrufen, so dass sie als Verursacherin des Kratzens verstanden werden kann. Wenn ich allerdings Hinweise, wie ihre Müdigkeit tagsüber, einfügen würde, würde es die einzig logische Interpretationsmöglichkeit werden. Damit wäre mein offenes Ende dann etwas Sinnlos und die Alternative des übernatürlichen oder aus dem Wahnsinn des Mannes geborenen Kratzens würde quasi wegfallen, was etwas schade wäre, da es meine Erste Idee war. :D

Beste Grüße,
Vorcelin

 

Danke für die (sehr) ausführliche Erläuterung, damit kann ich schon viel eher arbeiten!
Der Gedanke an sich ist übrigens logischerweise die Realisation über das, was er gerade getötet hat, wie es auch in den später folgenden Säten verdeutlicht wird. Der Inhalt soll nur einfach nicht sofort offenbart, sondern erst einmal vom Leser erahnt werden.

 
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Hallo @maria.meerhaba Schade, dass die Geschichte für dich nicht funktioniert hat. Eigentlich bin ich mit dem bisherigen Aufbau schon ziemlich zufrieden.

Dann solltest Du Deine Ansprüche überprüfen, Vorcelin, denn die Geschichte ist nicht gut.

Grundsätzlich ist klar, dass neue User eher höfliche Kommentare abgegeben und ich finde auch okay, dass sich die Newbies hier gegenseitig über den grünen Klee loben. Aber wenn man (so wie Maria oder ich) hier bereits hunderte von Geschichten gelesen hat, wird man meist etwas kritischer. Ist natürlich immer die Frage, womit wir das vergleichen. Ich vergleiche es mit Literatur, die ich im Buchhandel kaufen und lesen würde.

Und da hätte Deine Geschichte keine Chance. Warum nicht?

Da wäre erst einmal die Sprache. Der antiquierte Sprachduktus, dieses Conan-Doyle mäßige, finde ich für einen modernen Autoren nicht ideal, aber das würde angehen, wenn die Sprache auch so elegant und präzise wäre, wie die von Conan-Doyle.

Beispielsweise:

Ich versuchte es mir mit Ratten in den Wänden, raschelndem Geäst vor den Fenstern und dergleichen zu erklären, doch es schien mir von überall zu kommen, unnatürlich laut und furchtbar.

Mal davon abgesehen, dass Ratten in den Wänden nicht gerade als beruhigende Erklärung angesehen werden können (Was kratzt denn da so? Ach nichts, Darling, das sind nur die Ratten in den Wänden :hmm:), wie würde sich denn ein natürlich lautes Kratzen in solcher Situation anhören?

Mit qualvoller Geduld wartete ich, bis ich das höllische Geräusch aus einer deutbaren Richtung vernahm …

Das ist ein Beispiel für den Überschwang an Adjektiven, der ein weiteres Problem des Textes ist.

Anfänger wollen gern wissen, wo genau denn nun ein Satz nicht klingt und was sie verbessern sollten. So leicht ist das aber nicht, denn Sätze und Formulierungen mögen für sich betrachtet korrekt und natürlich klingen, wirken aber im Zusammenhang als Text manchmal zu gestelzt oder zu simpel oder zu wenig elegant oder zu farblos. So ist das auch in diesem Text.

Das Gestelzte dieses Textes gehört eben zu diesem Gothic-Stil, das ist okay. Aber es fehlt das kunstvoll Gestrickte, das man bei dieser Art der Literatur haben möchte, wenn man schon das Gestelzte nehmen muss:

Gegen zehn Uhr gehe ich in mein Schlafzimmer hinauf. Sobald ich darin bin, schließe ich zweimal herum ab und riegle zu. Ich habe Angst. Wovor? Bis jetzt fürchtete ich mich vor nichts. Ich öffne die Schränke, sehe unter mein Bett, horche, lausche; wonach? Ist das nicht seltsam, daß ein einfaches Unwohlsein, vielleicht eine Blutstockung, vielleicht die Erregung eines Nervenzentrums, etwa eine Verdauungsstörung, irgend ein kleiner Fehler in dem so unvollkommenen und zarten Gange unserer lebenden Maschine aus dem lustigsten Menschen einen traurigen machen kann, aus dem tapfersten einen Feigling? Dann lege ich mich zu Bett und warte auf den Schlaf, wie auf den Henker. Ich warte auf ihn mit Entsetzen, daß er kommt; mein Herz schlägt, meine Kniee zittern, mein ganzer Körper bebt trotz der Wärme des Bettes, bis zu dem Augenblick, wo ich plötzlich in Schlaf falle, wie einer, der sich in ein Wasserloch stürzt, um sich zu ertränken. Ich fühle den Schlaf nicht allmählich kommen wie früher. Dieser Schlaf ist niederträchtig, er versteckt sich vor mir, er lauert mir auf. Plötzlich packt er mich beim Genick, drückt mir die Augen zu, und mir vergehen die Sinne.
(Guy de Maupassant, Der Horla)

Wenn Du so schreiben willst, musst Du diese Feinheiten erlernen.

Dann noch zum Thema Pointe vs. Offenes Ende: Es ist zwar richtig, dass Kurzgeschichten offene Enden haben dürfen. Aber nicht, wenn sie vorher Spannung erzeugen, indem sie auf eine Pointe zusteuern. Du kannst Deinen Leser nicht mit dem Versprechen durch den Text locken, das Rätsel der geheimnisvollen Kratzerei zu lösen und genau diese Auflösung dann versagen. Offene Enden sind dann legitim, wenn die Struktur der Geschichte keine spezielle Auflösung verlangt, sondern in schicksalhafter Mehrdeutigkeit ausufern kann.

Aber bei Krimis gibt es keine offenen Enden. Stell Dir mal Tatort oder Columbo mit offenem Ende vor. Das geht nicht. So ist das auch hier. Du schuldest Deinem Leser eine Lösung des Rätsels. Denn nur um dieses Rätsel dreht sich ja der Text. Er hat ja keine andere Ebene, so dass man sagen könnte, letztlich ginge es gar nicht um das Gekratze.

Also, da ist noch viel Arbeit zu tun. Aber Du musst jetzt nicht krampfhaft versuchen, diese Geschichte zu retten. Mach Dir einfach bei der nächsten mehr Gedanken.

Gruß Achillus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Vorcelin,

Einzelnes vorweg:

Seit geraumer Zeit schon vernahm ich nun dieses Kratzen.
Ach schön. Ich liebe so altertümelnde Horrorgeschichten und das ist ein geradezu klassischer Einstieg. ;)

Oft hörte ich es abends, bevor ich mich in den sicheren Armen des Schlafes wiegen konnte,
... entsprechend gehört auch der gewundene Stil dazu. Aber ich würde noch mal auf Stellen schauen, an denen er vielleicht unnötig gewunden ist, auf Kosten der Wirkung, wie hier: "wiegen konnte", diese Infinitiv und Modalverb-Konstruktion ist immer so indirekt. Stattdessen: "bevor ich in die Arme des Schlafes fiel".

Bald schon konnte ich des nachts nicht mehr schlafen
"des Nachts", glaube ich.

Die Zeit war für uns wie ein Segen,
"Diese Zeit", würde ich sagen.

Viel lauter und grässlicher als zuvor noch,
"noch zuvor", man muss die Satzstruktur ja nicht künstlich verdrehen. ;)

das Kratzen, das vom personifizierten Bösen selbst zu kommen schien.
Das "personifizierte Böse" gefällt mir hier nicht, weil es bisher ja gerade nur ein Geräusch und keine "Person" ist. Ich finde den Begriff auch etwas überzogen und irgendwie unangebracht moralisch an dieser Stelle.

Warum war es wieder da?
Das passt für mich jetzt wieder nicht zum gehobenen Stil der Story. Vielleicht: "Warum war es mir gefolgt?" / "Warum war es zurückgekehrt?"

Bald sah ich, dass ich nicht flüchten konnte, doch ein Ende musste ich dem Ganzen setzen!
Die beiden Gedanken würde ich trennen, um ihnen Schwere zu verleihen. "Bald erkannte ich, dass ich nicht fliehen konnte. Ich musste dem Ganzen ein Ende setzen!"

Tage, Wochen vergingen, ohne dass meine Pein entlohnt wurde.
Korrekter scheint mir: "ohne dass ich für meine Pein belohnt wurde."

Ich zog die Tür mit einem raschen Ruck auf und stach sofort zu, einmal, zweimal, dreimal, immer und immer wieder stach ich ins Dunkel hinein. Und es war still. Das Kratzen stoppte, es war ja so herrlich still.
Ich verstehe, dass er da in seinem Wahn gefangen ist und auch nicht zu viel wahrnehmen darf, weil die Pointe sonst ruiniert wird. Aber: Beschreib doch vielleicht, dass er einen Widerstand spürt, wenn er zusticht. Dann wird das Ganze plastischer. Und vielleicht könnte er die Schreie seiner Frau zumindest als entmenschtes Heulen wahrnehmen? Als Geräusche, die ein Ungeheuer machen würde?


Wie gesagt, ich mag so altmodische Horrorstories und diese hier habe ich gern gelesen. Der Plot ist recht einfach, psychologisch nicht sehr tief, aber das Ganze ist stringent und spannend erzählt. Erinnert etwas an "Das Verräterische Herz". Was in meinen Augen noch eine potentielle Verbesserung wäre: Die Fallhöhe könnte gesteigert werden, wenn wir von der Frau bzw. ihrer Beziehung zum Erzähler mehr erfahren würden. Teilweise könnte man das durch einfachste Mittel erreichen: Gib ihr einen Namen. Gönn uns vielleicht zwei, drei Zeilen direkten Dialog, statt nur abstrakter Wiedergabe ihrer Gespräche. Ich weiß, dass z.B. Lovecraft nicht gerade der Großmeister schillernder Charaktere oder zwischenmenschlicher Beziehungen war, aber das Ende wäre schockierender, wenn wir ein umfänglicheres Bild der Frau des Erzählers hätten. Die Katastrophe wäre dann persönlicher.

Schöne Grüße
Meridian

 

Hallo Vorcelin,

ich mag Horror (und finde es mit am schwierigsten zu schreiben), habe aber festgestellt, dass ich mit Horrorgeschichten wohl stärker ins Gericht gehe als mit anderen Geschichten, weil da halt alles passen muss.

Keine Ahnung, ob oder inwieweit du noch an deinem Text arbeiten möchtest - ich lasse dir dennoch mal einen Lesereindruck zurück, ohne die Kommentare im Einzelnen gelesen zu haben.

Seit geraumer Zeit schon vernahm ich nun dieses Kratzen. Ein Kratzen wie von einem Tier im Käfig, das um sein Leben fürchtet. Nie konnte ich feststellen, woher ich es hörte, mal dachte ich es käme vom Fenster her, mal dachte ich, es käme aus den Wänden, ja gar den Bodendielen. In besonders schlimmen Nächten jedoch vernahm ich es hinter der Tür meines Schlafgemachs. Oft hörte ich es abends, bevor ich mich in den sicheren Armen des Schlafes wiegen konnte, manchmal aber sogar tagsüber wenn ich es am wenigsten erwartete, so dass es mich plötzlich aus meinen alltäglichen Sorgen riss.
Die Sprache lässt darauf schließen, dass du es "altmodisch" wolltest. Da weiß man schon genau, wo die Reise hingeht (und ich bin gespannt, ob sich der Autor auch nicht verrennt).

Schau mal: Da ist 2 x "vernahm" kurz nacheinander. Und zusammen mit dem "hören" ja sogar 4 x.
Also ich würde hier anders formulieren, um Wiederholungen zu vermeiden. Manchmal reicht es schon, ein Geräusch bloß zu erwähnen, ohne explizit zu sagen, dass es jemand hört oder vernimmt.

Das "schon" bei "schon vernahm" könnte auch weg.

Dann noch zum Satz:

manchmal aber sogar tagsüber wenn ich es am wenigsten erwartete, so dass es mich plötzlich aus meinen alltäglichen Sorgen riss
Wie kann es dem Prota plötzlich aus seinen Sorgen reißen, wenn es manchmal passiert? Das passt nicht zusammen. Also würde er erst bei der x-ten Wiederholung plötzlich erschrecken?

Und: Was genau ist denn plötzlich passiert? Der Faden wird nicht weitergesponnen. Vielmehr geht es "allgemein" weiter mit:

Doch am fürchterlichsten klang es des Nachts.
Wofür brauuchst du das "plötzlich" dann eigentlich, wenn da nichts mehr folgt? Oder habe ich da etwas überlesen?

In besonders schlimmen Nächten jedoch vernahm ich es hinter der Tür meines Schlafgemachs.
Oft hörte ich es abends, bevor ich mich in den sicheren Armen des Schlafes wiegen konnte, manchmal aber sogar tagsüber wenn ich es am wenigsten erwartete, so dass es mich plötzlich aus meinen alltäglichen Sorgen riss.
Doch am fürchterlichsten klang es des Nachts.
Nacht, Abend, Tag, alltäglich, Nacht.
Hier wird wild hin- und hergesprungen. Weiß schon gar nicht mehr, welche aktuelle Tageszeit es ist, in der die Geschichte nun spielt. :confused:

Weiter gehts mit:

Unerträglich drang es mir aus einer nicht zu bestimmenden Richtung ans Ohr. Obwohl es mir lauter vorkam, als dass es irgendein Mensch überhören könnte, stritt meine Frau jedes Mal ab, etwas gehört zu haben.
Und da, tut mir echt leid, steige ich leider aus, so dass ich den Rest nur noch überfliege.
Mir ist das mit dem vernehmen, dringen, hören langsam zu viel geworden. :Pfeif:

des Nachts
des nachts
Versuche es mal "altmodisch" mit "nächtens"

Für mich stand fest, was auch immer dieses grausame Kratzen verursachte, es musste hier im Haus sein. Also zog ich mit meiner Frau in ein kleines Haus auf dem Land, für welches ich all unser Geld ausgeben musste.
Das ist doch ... unsinnig.
Er gibt Heimat, Umgebung, Freunde, Familie, Kontakte, viellicht sogar seine Arbeit auf und sein ganzes Geld aus, anstatt für wenig Geld die Kammerjäger o.ä. zu holen?

Zwar verstand sie es nicht, doch sie kam mit mir, wenn auch nur unter Protest.
Ich musste sie überzeugen, dass,
Protest ... sie überzeugen
Das wiederholt sich. Man könnte eines von beiden streichen.

konnte Nachts endlich wieder einschlafen. Die Zeit war für uns wie ein Segen, eine Erlösung,
Warum war es für beide ein Segen? Es wird zuvor doch nur erwähnt, dass er damit Probleme hat. Über seine Frau wird doch gar nichts erwähnt, mir scheint es, als schliefe sie fest wie ein Baby.

Ihre Sinne mussten vernebelt gewesen sein, dass sie es nicht hörte, also entschied ich mich, sie nicht weiter damit zu beunruhigen, denn ihre Sorge um mich stand ihr Tag für Tag deutlicher ins Gesicht geschrieben. Fast schon beschlich mich die Furcht, sie könne den Verstand verlieren,
Seine Frau hört nichts und er hat Angst, sie könnte den Verstand verlieren?
Wohl eher andersherum: Er muss sich fragen, ob er den Verstand verloren hat, wenn nur er etwas hört.

Puh, da ist schon einiges an Ausdruck, Sprache, Wiederholungen, Handlung etc., was in meinen Augen noch verbesserungswürdig wäre.
Und ob die "altmodische" Sprache hier funktioniert, kann ich noch nichtmal abschließend beurteilen, da ich nicht intensiv genug zu Ende gelesen habe. Sorry dafür ...

Hoffe, du kannst mit meinen Anmerkungen etwas anfangen.

Liebe Grüße,
GoMusic

 

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