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Der Schauspieler
‘Herrlich, diese DVD- Abende,’ dachte George. Er war Mitte zwanzig und arbeitete in einer Videothek, von wo er sich immer die neuesten Filme ausleihen konnte.
Er saß gern vor dem Fernseher mit einer Tüte Chips und einer Flasche Cola und das sah man ihm auch an. Eigentlich wog er zu viel für seine Körpergröße, aber das störte ihn nicht weiter.
Heute sollte es mal wieder spannend werden. George hatte sich einen Krimi ausgeliehen, in dem es um eine Entführung ging.
Er machte es sich also bequem in seinem Sessel, legte die Füße auf einen kleinen Hocker und schaltete den Fernseher ein.
Der Vorspann begann mit den Namen der Hauptdarsteller, sowie Regisseur und Produzent. Danach fing der eigentliche Film mit einer alltäglichen Szene an, in der einer der Hauptdarsteller vorgestellt wurde.
George saß in seinem Sessel, aß Chips und trank einen Schluck Cola.
‘’Irgendwie hatte ich mir mehr versprochen,’’ sagte er nachdem er den Film eine Weile verfolgt hatte.
‘’Der is’ ja total langweilig. Da schläft man ja ein,’’ gähnte George.
Kurze Zeit später war er auch schon eingeschlafen.
Etwa 3 Stunden später, kurz vor ein Uhr nachts, wurde er wach.
Verschlafen blickte er auf die Uhr: ’’Ein Uhr? Oh Mann, da bin ich tatsächlich eingeschlafen. Naja, jetzt mach ich erstmal den DVD-Player und den Fernseher aus und dann ab in die Falle.’’
Er stand auf um beide Geräte abzuschalten, hielt aber nach einem Schritt inne.
Der Film war stehengeblieben und einer der Schauspieler sah direkt in die Kamera.
‘Bin wohl auf die Pause-Taste gekommen, während ich geschlafen hab. Is’ aber auch ein spannender Film,’ dachte er, sein Gesicht dabei zu einer ironisch wirkenden Grimasse verzerrend.
‘’Wow, echt gut gemacht, sieht aus als ob er mich direkt anstarren würde, aber so is Hollywood halt. Die tun alles, um es so echt wie möglich auf den Zuschauer wirken zu lassen,’’ sagte er zu sich selbst.
George nahm also die Fernbedienungen für Fernseher und DVD-Player und schaltete beide ab. Dann schraubte er die Flasche zu und warf heruntergefallene Chips in die leere Tüte.
Er wollte gerade aufstehen, als der Fernseher anging.
‘’Nanu, bin ich schon wieder auf die Fernbedienung gekommen?’’
Ein Blick nach rechts auf den Tisch erklärte ihm, dass dem nicht so war. Denn dort lag die Fernbedienung und dort war er gerade gar nicht zu gange.
‘Seltsam. Springt die Kiste von alleine wieder an? Muss wohl ein Wackelkontakt oder so sein.’
Das Bild flackerte auf.
Es zeigte den Schauspieler, der vorhin in die Kamera geblickt hatte, als der Film auf Pause stand.
Aber der Player war gar nicht an.
‘’Was soll denn das jetzt? Das is’ doch der von vorhin oder ist das ein Bildschirmschoner von einem der unzähligen Fernsehsender?’’
Er stand auf, um den Fernseher vorne auszumachen. Aber erst stellte er noch den Hocker auf die Seite.
George drehte sich um, und blieb wie erstarrt auf der Stelle stehen.
Der Schauspieler war ihm mit seinen Blicken gefolgt!
‘Das ist doch unmöglich,’ dachte er.
Jetzt hatte er wirklich das Gefühl angestarrt zu werden.
So etwas war ihm noch nie passiert!
Langsam hatte er den ersten Schock überwunden und die Furcht wich der Neugier.
Im Zeitlupentempo schlich er auf den TV-Apparat zu, den Schauspieler nicht aus den Augen lassend.
Stück für Stück näherte er sich ihm, bis er ganz dicht vor dem Fernseher stand.
Jetzt ging George in die Hocke, um auf einer Höhe mit dem anderen zu sein.
Mit offenem Mund starrte er auf die Mattscheibe.
Er hob seinen linken Arm, denn er wollte die Scheibe berühren, um sich sicher zu sein, dass er nicht fantasierte.
Doch so weit kam es erst gar nicht!
Plötzlich beugte sich der Schauspieler aus dem Fernseher heraus.
George warf sich zurück und krachte gegen den Tisch.
Der Andere kam immer weiter aus dem TV-Apparat heraus.
Er bekam George am Bein zu packen.
George fing an zu kreischen mit hoher, schriller Stimme.
Die Hand des anderen fühlte sich kalt an. Kein Leben war darin zu spüren.
Der Schauspieler bewegte sich rückwärts wieder in den Fernseher hinein und zog George mit sich.
Er strampelte, heulte, bettelte um sein Leben, schlug und trat dem anderen gegen Hand und Gesicht, aber der ließ sich nicht davon beirren und zog ihn weiter auf den Fernseher zu.
Nun war nur noch die Hand des Schauspielers außerhalb des Fernsehers und gleich würde George die Mattscheibe berühren.
Aber da war kein Widerstand.
Der Andere zog ihn einfach hinein.
George brüllte wie am Spieß, er war schon bis zur Hüfte im Fernseher versunken.
Mit aller Macht klammerte er sich am Gehäuse fest.
Es gab einen Ruck, so heftig, dass George einfach loslassen musste, weil er dagegen nicht ankam.
Das Letzte, das von George zu sehen war, war sein Gesicht, das gesamten Bildschirm ausfüllte.
Es war zu einer panischen Fratze verzogen, die um ihr Leben brüllte.
Dann ging der Fernseher wie von Geisterhand wieder aus.