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Der schönste Tag im Leben

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18.02.2012
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Der schönste Tag im Leben

Wir wollen also heiraten. Unromantisch versteht sich. Oder auf jeden Fall nicht unter dem Titel "der schönste Tag im Leben". Damit wäre ich völlig überfordert. Was für ein Anspruch. Wenn ich dann ausgerechnet an dem Tag schlechte Laune habe, was dann? Ich bin nicht so gut steuerbar. Zusammenreißen kann ich mich schon, das ja. Aber das wird dann eben so ein, getan als ob schönster Tag und die sind ganz besonders schlimm. Ich kann einfach keinen schönsten Tag in meinem Leben in meinen Kalender eintragen. Könnte ich das, ich würde nur „schönste Tage in meinem Leben“ in den Kalender eintragen, das könnt ihr mir glauben! Einmal habe ich tatsächlich sehr mutig auf meinen neuen Jahreskalender, sogar in Großbuchstaben und mit Ausrufezeichen DAS WIRD EIN HERRLICHES JAHR! geschrieben. Das Jahr war dann aber alles andere als das. Seither lass ich sowas lieber. Aber wieder zurück zu den Hochzeiten.

Wenn man sich mit zunehmend forschem Schritt auf die 30 zu bewegt, hat man schon eine bunte Palette Hochzeitsfeiererfahrung angesammelt. Da gibt es z.B. diese Hochzeiten mit dem großen U aus Tischen im Gemeindehaus. Ganz unten vom U sitzt das Brautpaar, gekleidet und umschmückt von mehreren Monatsgehältern und man selbst ist von einem Tischkärtchen zwischen Gäste verpflichtet worden, die man nicht freiwillig als Nebensitzer ausgesucht hätte. Sitzt und kaut an endlosen Hochzeitsmahlzeiten, bemüht um Wachsamkeit und freundliches Interesse für die vielen langen Reden, redseeliger Verwandtschaft.

Irgendwann darf man versuchen, mit weiß der Teufel wie viel Promille im Blut, noch ein paar Erinnerungen an den Tanzkurs hervor zu holen, den man vor vielen Jahren mal besucht hat. Bei den Hochzeiten tanze ich immer mit, weil ich sehr darüber freue,
mich endlich wieder bewegen zu dürfen. Dabei sind mir sämtliche Schritte längst entlaufen. Nur an das Gemeinschaftsfoto nach dem Abschlussball kann ich mich leider immer noch sehr gut erinnern. Wäre das Digitale schon damals so Gang und Gebe, wäre das Bild noch zu retten gewesen und mein Grundkurs und der Fotograf hätten mich vielleicht trotzdem noch gern gehabt. Der Fotograf hat sich nämlich eine irre Mühe gegeben mit dem Bild. Bis die Tanzherren ordentlich hinter ihren Tanzdamen platziert waren, alle Tanzdamen ein wenig in der Schräge saßen und ihre Hände hinter ihren Blumensträußen versteckt hatten, das hat ganz schön gedauert.

Endlich ist dann alles nach seinen Vorstellungen gesessen. Aber just in dem
Moment, in dem er abdrückt, habe ich nach hinten oben zu meinem Tanzpartner geschaut. Und wie das fertige Bild zum Kauf ausgelegen ist, hat man direkt gesehen, da fehlt doch einer der Kopf. Und diese eine war ich. Von mir war nur der Hals zu sehen. Den Kopf habe ich wie eine Zirkusathletin komplett nach hinten geklappt.
Wenn nun an einem Bild alles passt, eine wie der andere genau gleich sitzt und steht, dann fällt dir sofort oder eigentlich nur noch der Fehler auf. Wie ein weißer Punkt auf einer großen schwarzen Fläche eben.

Auch zu den Hochzeiten erscheinen diese professionellen Fotografen und machen ihre Bilder. Da sieht man dann wie die Braut, als stolze Märchenprinzessin im prunkvollen Kleid ihren Prinzen anschmachtet, der sich lässig an die Kühlerhaube seines niegelnagelneuen BMWs lehnt, auf den er so stolz ist. Das ganze Bild wird obendrein nachträglich von einem Nebelschleicher umhüllt der die Romanze so richtig zum Triefen bringt. Und wenn die Brautpaare Glück haben, werden sie sogar noch beim Fotografen selbst im Schaufenster so glücklich ausgestellt. Da hängt dann die strahlende Erinnerung an den schönsten Tag im Leben, während zu Hause der ernüchternde, harte Alltag als Ehepaar eingekehrt ist.

Nun ja, ich muss es einfach gestehen. Ich liebe sie nicht, diese schönsten Tage im Leben anderer.

Wie also feiern? Gar nicht? Nur weil ich immer so dagegen sein muss? Schlimm ist das! Schließlich suchen wir für unsere Feier eine Hütte. Selbstversorger wäre fein. Schlicht, aber idyllisch gelegen. Irgendwo in der nackten Natur machen wir eine Unterkunft ausfindig und fragen an, ob die denn auch Hochzeiten feiern lassen?

"Wir lieben Hochzeiten!" jauchzt da sofort die Hüttenverwalterin, reißt hingerissen die Augen auf und ich sehe ganz deutlich, wie sie mich mit ihrem überschwänglichen Blick entkleidet und mir ein hellweißes, prall verziertes Tüllkleid überstülpt.
Weg hier, denke ich, je schneller desto besser. Die hat da falsche Vorstellungen. Die soll unsere Hochzeit gar nicht lieben. Die ist doch überhaupt nicht eingeladen! Mein zukünftiger Mann hat sich inzwischen interessiert festgeredet. Ich tippel unruhig. Nicht nur, dass ihr unsere Hochzeit gefällt, gefällt mir nicht, sondern auch, dass sie den Stammtisch, der nun mal immer da ist auch gleich mit eingeladen hat. Und dass sie kochen will finde ich auch nicht toll.

Schon gibt es diesen festen Zeitplan, der ein ganzes Fest in ein fortlaufendes Menu presst. Da darf man dann auf Befehl stehen, sitzen, stehen, sitzen, wie in der katholischen Kirche. Wir marschieren hinter der euphorischen Verwalterin
durch das ganze Gebäude und schon durchforsten sie den Kalender nach Terminen. Ich sehe bereits meine eigenen Vorstellungen mit hübsch bestickten, altrosafarbenen Engelsflügeln davonfliegen. Kaum sind wir raus, muss ich mein inzwischen stark angezweifeltes Y-Chromosom besprechen. Er ist so angetan von dieser Hütte, dass er meine Panik überhaupt nicht begreift. Ich muss den flehentlichen, unterwürfigen, Bettelblick anwenden und dringe damit immerhin ein paar wenige Millimeter zu ihm durch. Immer noch ist aber diese schlimme Stirnfalte nicht aus seinem Gesicht verschwunden, die ganz klar sagt „ich versteh dein Problem nicht, ist doch prima da"!

Und zu unserem großen Glück finden wir doch noch eine urige, kleine Hütte die schöner nicht liegen könnte, mit einer Aussicht, die man so schnell nicht mehr vergisst. Ein Traum. Die Gäste haben uns mit kulinarischen Köstlichkeiten verwöhnt und von einem russischen Akkordeonspieler, der hin und wieder in unsere Stadt kommt und lustige Lieder spielt, wurden wir musikalisch verzaubert.

Am Ende hatten wir versehentlich einen Tag, der sicher zu den Schönsten in unserem Leben gehört. Obwohl ich das doch gar nicht wollte.

 
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Ganz ehrlich: das ist richtig guter Stoff. Hab ich sehr gerne gelesen. Das ist nachvollziehbar, zeigt keine Sensationslust, wirkt wie aus dem richtigen Leben, Struktur und Stil sind schlüssig. Es ist keine aufregende Geschichte, muss aber auch gar nicht für mich.

Damit ich keine aufs Dach kriege weil ich nur ein "prima" druntersetze- es fehlen gelegentlich noch Komma und es gibt vereinzelt Tippfehlerchen wie "Hütte auffindig".

Ich glaube dass es in Alltag besser aufgehoben wäre als unter Humor.

 

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