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Der Ritter der goldenen Gartenkralle

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14.04.2002
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Der Ritter der goldenen Gartenkralle

Auf einem kleinen Fleckchen Erde tief in einem Silberberg lebt das eigentümliche Völkchen der Nebloks. Der Silberberg ist zu Nachtzeiten ein ruhiges Plätzchen, denn die Nebloks verstehen es, sich gut versteckt zu halten. Mit dem ersten Sonnenstrahl aber tauchen sie auf und locken viele Kinder in den Silberberg. Den ganzen Tag über dürfen die Kinder im Silberberg viele schöne Dinge lernen und wenn sie brav sind und artig, dann werden sie mit köstlichen Mahlzeiten und schönen Spielen belohnt.
Jedem aus dem Völkchen der Nebloks steht eine besondere Aufgabe zu, aber nur einer, der edle Ludwig, darf über die schönen Spiele, die köstlichen Mahlzeiten und die Arbeit im Garten bestimmen. Ludwig ist der glücklichste von allen Nebloks. Er liebt die guten Mahlzeiten, die schönen Spiele und oft sieht man ihn auch fest eingepackt in seiner dicken, warmen Winterjacke den Silberberg verlassen. Dann genießt er die Natur, die frische Luft und das kleine, grüne Gärtchen.

Es war einmal vor vielen Jahren, da kam der König der Nebloks zu dem edlen Ludwig und sprach: „Ich sehe, du fühlst dich der Natur sehr zugetan, liebst die Bäume und die Tiere und bepflanzt den Garten. Dafür hast du eine Belohnung verdient.“ Der König fasste tief in sein Zaubersäckchen und zog daraus ein goldenes, prächtiges Werkzeug hervor. „Wohlan“, sagte er, „ich schlage dich zum Ritter der goldenen Gartenkralle! Auf dass dein kleines Gärtchen uns allen für immer Freude bereite!“ Und der edle Ludwig, Ritter der goldenen Gartenkralle, durfte die goldene Gartenkralle sein Eigen nennen. Fortan war er noch eifriger bei seiner Arbeit und bepflanzte, hegte und pflegte das kleine Gärtchen und die Kinder taten es ihm gleich. Und siehe da, schon nach kurzer Zeit blühten in dem kleinen Gärtchen die zauberhaftesten und seltensten Blumen. Alle lachten und freuten sich darüber.
Doch eines Tages stieß der edle Ritter bei der Arbeit mit seiner goldenen Gartenkralle auf einen großen, schweren Stein. Er ärgerte sich darüber, denn gerade an dieser Stelle wollte er ein neues Blümlein pflanzen. So grub er und grub, bis der Stein locker wurde und er ihn mit der goldenen Gartenkralle aus dem Erdreich entfernen konnte. Als er aber den Stein beiseite gerückt hatte, stand auf einmal ein kleines, grimmiges Männlein vor ihm. „Du hast den Eingang zu meiner Höhle zerstört. Dafür will ich dich bestrafen!“ Das Männlein hob seine beiden Arme und sprach einen bösen Fluch über den edlen Ritter der goldenen Gartenkralle:

„Ihr Nebloks vom Silberberg! Ich hasse euch alle,
drum soll für immer verschwinden die goldne Kralle!“

Im Nu hatte das grimmige Männlein eine Käfig hergezaubert und die goldene Gartenkralle mit einem riesig großen Schloss darin eingesperrt. Dann lief es eilig fort, doch sein böses Lachen konnte man noch über dem ganzen Silberberg vernehmen.
Von dem Lärm angelockt liefen all die emsigen Nebloks erschrocken zusammen und sahen den armen Ritter traurig in seinem Gärtchen stehen. Das Völkchen weinte so sehr, dass mit einem Mal alle Blümlein verwelkten, jeder Baum sein Blatt abwarf und das grüne Gras trocken und hässlich braun wurde.
Doch da trat der König der Nebloks aus der Menge hervor und sprach: „Ich kann den Zauber nicht mehr rückgängig machen, doch soll er nicht für immer andauern! Wenn sechs Jahre vergangen sind, soll das Schloss zu dem Käfig aufspringen und die goldene Gartenkralle freigeben!“ Als er diese Worte gesprochen hatte, war ein eigenartig heller Schimmer um den Käfig zu sehen, so dass alle Nebloks erschrocken davor zurückwichen.
Die Jahre zogen ins Land, und es verging kein Tag, an dem der edle Ludwig, Ritter der goldenen Gartenkralle, nicht an der Türe des Käfigs rüttelte. Aber das Schloss war so stark, dass es auch vom kräftigsten Rütteln nicht aufsprang. Der Ritter war so traurig geworden, dass ihm die Arbeit in seinem kleinen Gärtchen gar keine Freude mehr bereitete.
Doch auf den Tag genau, sechs Jahre nach dem das grimmige Männlein den Fluch ausgesprochen hatte, erlebte der edle Ritter Ludwig das Schönste, das ihm in seinem Leben je passieren konnte.
Wieder ging er in aller Frühe hinaus in sein kleines Gärtchen, um an der Türe zu rütteln. Doch noch bevor er das Schloss berührt hatte, sah er einen eigenartig hellen Schimmer über dem Käfig und auf einmal sprang das Schloss wie von selbst auf. Da hüpfte und sprang der Ritter Ludwig vor lauter Freude und rief alle Nebloks im Garten zusammen. Der König holte die goldene Gartenkralle aus dem Käfig, überreichte sie dem Ritter zum zweiten Mal und sprach: „Von nun an soll dieses prächtige Werkzeug nie mehr von einem solchen Fluch getroffen werden!“ Und der König sprach einen Zauber über die goldene Gartenkralle, der sie davor bewahren sollte, jemals wieder für so lange Zeit eingesperrt zu werden.

Den edlen Ludwig, Ritter der goldenen Gartenkralle, sieht man seither wieder fröhlich und zufrieden in seinem kleinen grünen Gärtchen arbeiten.

 

Hallo Barbara!

Vom Sprachlichen her finde ich die Geschichte sehr schön. Vom Inhalt her, finde ich, dass der Geschichte noch das gewisse etwas fehlt. Mal sehn, ob mir noch einfällt, was mir da fehlt. Aber im Moment kann ich das leider nicht sagen.

 

Hallo Barbara,
schönes Märchen..

Allerdings ist mir ein Logikfehler aufgefallen:

oft sieht man ihn auch fest eingepackt in seiner dicken, warmen Winterjacke
Dann genießt [...] und das kleine, grüne Gärtchen.
Im Winter sind Gärtchen doch nicht grün, oder?

Die Geschichte hätte mir allerdings besser gefallen, wenn der edle Ludwig seine goldene Gartenkralle nicht einfach so wiederbekommen hätte. Kann es sein, dass Du zum Ende hin keine Lust mehr zum Weiterschreiben hattest? Das Ende kommt nämlich ziemlich aprupt.

Ich persönlich sehe "Der Ritter der goldenen Gartenkralle" eher als Kindergeschichte, daher würde mir ein "pädagogisch wertvoller" (wie ich diese Formulierung hasse..) Aspekt gut gefallen. Denk mal drüber nach.

Ugh

 

Danke für eure Kritik, klingt tatsächlich plausibel, auch der Logikfehler!
Ihr habt Recht, ich werde versuchen, das Märchen mit pädagogisch wetrvollen Zügen zu versehen. Danke für diesen Tipp!

Barbara

[ 18.04.2002, 06:55: Beitrag editiert von: Barbara ]

 

Hallo Barbara,

im Bereich "Kinder" wäre der Text wirklich besser aufgehoben. (Obwohl ich auch in diesem Fall Stellen wie "Blümlein" oder "Da hüpfte und sprang der Ritter Ludwig vor lauter Freude" als tendenziell zu kindisch bezeichnen würde. Aber das wäre nur meine sehr subjektive Meinung.)

Aus der Diskussion, den Text mit "pädagogisch wertvollen Zügen" zu versehen, halte ich mich raus. Ich lehne Texte mit moralischer Keule oder expliziter pädagogischer Aussage grundsätzlich ab.

Inhaltlich plätschert die Geschichte vor sich hin, ohne wirklichen Höhepunkt, gerade ausreichend, gerade genug für ein schnelles Nebenbeilesen.

Bei der Rechtschreibung ist mir nichts weiter aufgefallen. Das ist doch auch was Gutes :)

Stilistisch ...

Auf einem kleinen Fleckchen Erde tief in einem Silberberg
Sehr unschön. "Auf einem Fleckchen Erde" bedeutet "auf der Erde" und nicht "in der Erde", bzw. "in einem Berg".

Der Silberberg ist zu Nachtzeiten ein ruhiges Plätzchen, denn die Nebloks verstehen es, sich gut versteckt zu halten.
Unschön. Dieser Satz setzt zum Verständnis Wissen voraus, das du erst im folgenden Satz lieferst: dass die Nebloks tagsüber den Berg verlassen.

Unschön in den ersten Sätzen sind weiter die Wortwiederholungen "Silberberg", "schön", "köstlich".

(kleiner Sprung im Text)

Als er aber den Stein beiseite gerückt hatte, stand auf einmal ein kleines, grimmiges Männlein vor ihm. "Du hast den Eingang zu meiner Höhle zerstört. ..."
Ludwig hat den Stein zur Seite gerückt. Der Stein wird ja wohl kaum der Eingang gewesen sein. Die Anschuldigung des Männlein ("Männlein" - wieder so ein kindisches Wort) ist deshalb unbegründet. Es sei denn, er kann durch Steine gehen.

Das Männlein hob seine beiden Arme und sprach einen bösen Fluch über den edlen Ritter der goldenen Gartenkralle
Unschön. Denn genau genommen verhängt das Männlein einen Fluch über die Kralle und nicht dem Ritter.

Meine persönliche Meinung: Wenn sich in deinem Kollegenkreis nicht gerade ein fanatischer Deutschlehrer befindet, geht der Text dort durch. Wenn du jedoch nicht nur für oberflächlich Lesende und rücksichtsvoll urteilende Bekannte zu schreiben beabsichtigst, solltest du erst einmal an zwei Dingen arbeiten: Zum Einen solltest du deine Sätze prüfen, ob sie inhaltlich und in ihrer Reihenfolge mit dem Geschehen übereinstimmen. Zum Anderen solltest du natürlich die Wortwiederholungen vermeiden.

Klaus

[ 17.04.2002, 21:13: Beitrag editiert von: StarScratcher ]

 

Danke, StarScratcher, für deine ehrliche Kritik! Sie hat mich echt umgehauen! Aber ich bin zumindest zufrieden damit, dass du nicht auf pädagogoisch wertvollen Touch stehst. Den Rest muss ich erst richtig verdauen, glaube ich.

Gruß
Barbara

[ 17.04.2002, 21:46: Beitrag editiert von: Barbara ]

 

Hallo Barbara,

ich kann nicht behaupten, dass meine Anmerkungen immer besonders freundlich formuliert sind oder eine besondere Rücksichtnahme auf Alter oder Schreiberfahrung aufweisen. Ich kann auch nicht behaupten, dass sie immer richtig sind. Aber ehrlich gemeint, das kann ich sagen, sind sie, in dem Moment, wo ich sie schreibe, immer.

Ob du eine Kritik - ob gut oder schlecht - als richtig anerkennst, ob sie dich umhaut oder aufbaut, und was du danach daraus machst, ist ganz alleine deine Sache.

Klaus

 

Hi,

also mir hat diese Geschichte hier wahnsinnig gut gefallen - und zwar so, wie sie ist! Ich finde nicht, daß Du sie mit einem moralischen Touch versehen solltest. Nicht alle Geschichten brauchen das. Ich mein; wenn man hier lang genug interpretieren würde, dann würde man sicher auch was Moralisches darin finden. Aber das hat so was Deutschunterrichthaftes an sich - und deshalb lehn' ich's ab (o je, muß gleich mein Poe-Referat halten! *zitter*).

Also mir gefällt die Geschichte wirklich. Ich finde sie auch nicht zu kurz. Und ich kann die Meinung auch nicht teilen, daß hier etwas fehlt. Oder daß die Story zu kitschig sei. In Märchen kommen immer kitschige Stellen drin vor... ;) Das gehört, denke ich, einfach dazu... :)

So, jetzt muß ich aber los... *heul*

Gruß!
stephy

 

Danke StarScatcher!

Herzlichsten Dank Stephy! Ich lasse sie wie sie ist!

Schönen Tag
Babrara

 

Nachdem alle jetzt auf den "moralischen Touch" zu sprechen kommen, will ich das jetzt mal näher erläutern:

Ich sehe dieses Märchen eindeutig als Kindergeschichte. Und zwar eine Kindergeschichte mit Problemstellung.
Kinder versetzen sich immer in die Hauptfigur, und nehmen dessen Handeln, Umgang mit Problemen, etc. unbewusst wahr.
Daher ist es für mich wichtig, dass Kindergeschichten mit Problemstellungen auch immer eine Lösungsmöglichkeit aufzeigen, und das kann man auch ohne den moralischen Vorschlaghammer machen. Denn dann ist es auch keine Pädagogik mehr.

Ich persönlich würde diese Geschichte besser finden, wenn Ludwig nicht einfach nach die Gartenkralle wiederbekommt, sondern etwas dafür tun muss. Aber das ist natürlich Geschmackssache...

Und nachdem diese Geschichte ja eigentlich die Nacherzählung einer wahren Begebenheit ist, erübrigt sich diese Diskussion wahrscheinlich sowieso.
Also :whocares:

Ugh

 

Es ist wirklich schön, dass ihr euch über das Märchen solche Gedanken macht. Und heute seh ich die Kritiken - auch die von StarScratcher - nicht mehr so drastisch. Also habe ich mich dazu durchgerungen, sie noch einmal zu überarbeiten. Bis dahin lass ich sie aber noch so wie sie ist.

Und @Stephy:
Es tut wirklich gut, wenn wenigstens einer aus der Reihe tanzt!!

Liebe Grüße
Barbara

 

Ach ja!
@ Max:

Das ist selbstverständlich die Nimbus Gartenkralle 2000 (Bringt mich gerade auf eine Idee.....)

Lieben Gruß!

 

Hi Barbara,

du bist nicht zufällig bei Gardena beschäftigt, oder...?

Ich denke nicht, dass Geschichten für Kinder unbedingt eine Belehrung oder Moral haben müssten. Auch Kinder haben (in meinen Augen) ab und zu das Recht, einfach nur unterhalten zu werden. Wir möchten ja auch nicht ständig lernen und produktiv sein und Intelligenz versprühen müssen, sondern ab und zu einfach mal sinnlos abhängen. Tut der Seele (der kindlichen ebenso wie der erwachsenen) gut. Insofern keine Beanstandung.

Doch gleichzeitig muss ich mich meinen Vorrednern in der Beziehung anschließen: Das Ludwig nichts weiter zu tun hat als zu warten, bis der Fluch sich totläuft, trägt so gar nicht zur Spannung bei. In jedem Märchen muss der Held doch auch Abenteuer bestehen, Prüfungen überwinden oder Rätsel lösen. Wäre er sonst ein Held?

Und mit "Protagonist" können Kinder, glaube ich, so gar nichts anfangen...

Nix für ungut und lieben Gruss
Pip

 

Hallo Pip!

Nein, ich bin weder bei Gardena noch irgend einer anderen derartigen Firma beschäftigt. Hat mir aber gefallen, diese Connection.
Ich bin Hauptschullehrerin (10 - 14-Jährige) und die hassen Belehrungen!

Barbara

 

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