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Der Preis eines unüberlegten Augenblicks

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29.12.2002
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Der Preis eines unüberlegten Augenblicks

Ich stehe und warte auf einen Abschiedskuss. Komm’ und erweise mir diese Ehre.
Du sitzt und schaust mich mit verliebten Augen an.
Ich sehe, du überlegst, verlegen, dein Blick auf meine Schuhe.
Deine Hände in einander gelegt, den linken Daumen streichelnd.
Langsam bewege ich mich auf dich zu, suche mit meinen Augen auf deiner haut, den Ort, den ich als erstes küssen würde.
Erwartungsvoll und neugierig beobachtest du mein verführerisches Heranschleichen.
Ich setze mich vor dir hin, auf Knien und zu dir herauf schauend.
Du fragst dich bestimmt, was ich im Schilde führe.
Behutsam lege ich meinen Kopf auf deinen weichen Schoß. Als wollte ich schlafen, als wollte ich ruhen.
Vorsichtig legst du deine Hand an meine Haare, wühlst zärtlich darin.
Ich genieße mit geschlossenen Augen.
Deine Fingerkuppen berühren sanft mein Gesicht, sie streicheln, kitzeln meine Haut, malen kleine Kreise.
Es kribbelt, mein Körper verlangt nach dir.
Du weißt nur nicht wie sehr und auf welche Art und Weise.
Ich werde es dir nicht sagen.
Du wirst es auf diesem Wege nicht verstehen.
Ich werde es dir zeigen.
Vielleicht fühlst du es und begreifst es dann.
Ich will keine Liebe, keine Freundschaft, keinen romantischen Kitsch.
Das Herz rast in deiner Brust, das Atmen fällt dir schwer.
Ich will dich. Nur dich, jetzt und hier. Alle Regeln hinter uns lassen, die Zeit anhalten.
Du… du willst es nicht.
Ich kann dich nicht zwingen, nur hoffen, dass du genau so fühlst, wie ich.
Traust du dich nicht?
In deinen Augen sehe ich es doch auch, die Sehnsucht, die Frage, die Antwort.
Du wehrst dich dagegen, aus Vernunft?
Nein, ich will dich nicht… auf irgendeine Weise verletzen.
Dass es dich schmerzt, zeigen deine Tränen.
Was habe ich falsch gemacht? Es tut mir leid.
Dein Kuss ist eigentlich für meinen Mund bestimmt, auf meiner Wange brennt er nur.
Es ist besser, wenn ich gehe.
Ich hasse es, wenn die Stille unerträglich laut ist.

Ich habe nichts von dem erreicht, was ich von dir haben wollte. Eher alles zerstört. Wir versprechen einander, dass wir Freunde bleiben. Doch wir wissen, dass wir uns lange aus dem Weg gehen werden. Ist es meine Schuld, dass wir beide den Preis für einen unüberlegten Augenblick bezahlen?

 
Zuletzt bearbeitet:

"Komm' und erweise mir diese Ehre". Jemandem Ehre zu erweisen, bedeutet das nicht, den jenigen zu ehren? Ich bin mir jetzt nicht sicher, kann mich auch irren. So wie ich es lese, bedeutet es eigentlich, dass der Protagonist von ihrem/seiner Angebeteten Ehrerbietung fordert. Das klang in meinen Ohren etwas eigenartig. Deswegen geh ich eigentlich davon aus, dass es so gemeint war, dass es für den Protagonisten selbst eine Ehre wäre, jetzt von ihr/ihm geküsst zu werden. Vielleicht versteh ich's jetzt aber nur falsch.

"Dein Kuss ist eigentlich für meinen Mund bestimmt, auf meiner Wange brennt er nur. "
Der Satz gefällt mir gut.

Trotzdem erscheint mir dein Protagonist ein wenig besitzergreifend zu sein. "Ich kann dich nicht zwingen" (würde aber gerne, wenn ich könnte), "Ich werde es dir nicht sagen. Du wirst es auf diesem Wege nicht verstehen." (du Dummerle), "Ich habe nichts von dem erreicht, was ich von dir haben wollte." (Shit.)
Vielleicht kann man seine letzte Frage also wirklich mit "ja" beantworten?
Und vielleicht fordert er jetzt so gesehen, ja doch ihre/seine Ehrerbietung?

Grüße
Visualizer

 

Hi cyptonite,

für mich sehr gut beschrieben, die unterschiedlichen Erwartungen...., die Situation im Detail genau erfasst. Es kommt die Stimmung rüber, die Ungeduld und Verzweiflung. Hab sie gerne gelesen, gut gemacht!

Nele

 

Hallo crypto!

eine sehr schwierige Situation, für beide. Durch die Geanken des einen hast Du sehr gut rübergebracht, wie das Verhältnis der beiden aussieht... Freudschaft - aber einer will mehr... und dadurch zerbricht sie dann.
"Ich werde es dir nicht sagen.
Du wirst es auf diesem Wege nicht verstehen.
Ich werde es dir zeigen"... manches kann man nicht in Worten ausdrücken...
"Dein Kuss ist eigentlich für meinen Mund bestimmt, auf meiner Wange brennt er nur." sehr gut ausgedrückt, im Kontext
"Alle Regeln hinter uns lassen, die Zeit anhalten.
Du… du willst es nicht." sehr gelungen hier der Wechsel: zuerst die Gedanken und Gefühle des Prot, ganz egoistisch, dann, plötzlich bemerken, dass es nicht dieselebn Gefühle und Gedanken seines Gegenübers sind... Erstaunen, nicht-verstehen...

ich finde die Geschichte über diesen Augenblick sehr intensiv, druch die einseitige Betrachtungsweise sehr spannend und ehrlich.

liebe Grüße, Anne

 

hey cryptonite,
eigentlich wollte ich dir für die kritik danken, fühle mich sehr geehrt als horrorfan. aber da ich es dir nicht in meiner rubrik sagen kann, schreib ich dir hier noch einmal eine kritik.
du gehst sehr gut mit symbolen um, man hat sehr schöne vergleichsmöglichkeiten und allgorien in deinen texten.
nutze den augenblick, war deine aussage und dafür tut der prot alles. er erzwingt es fast regelrecht, darum finde ich es wirklich gut, dass der text so egoistisch geschrieben ist. die frage ganz zum schluß zu setzen, war eine gute taktik, dadruch bleibt der text im gedächtnis hängen.
Lg
daigz

 

Hallo ihr zusammen,
schade, dass bei manchen die erste Kritik verloren gegangen ist.
Danke für eure Kritik, ich habe mich wirklich sehr darüber gefreut. Vor allem, dass an manchen Stellen sogar darüber diskutiert wurde.
Es macht mich stolz, wenn ich andere mit meinen Themen zum Nachdenken anregen kann.

@Visualizer
nun, das mit der Ehre, da muss ich dir recht geben. Ich war wohl sehr im Schreibfluss und habe die Überlegung zu schnell abgetan.
Eigentlich meinte ich zuerst damit die höfliche Aufforderung zu jemandem, den man sehr schätzt-Freundschaft.


@ Nele
es freut mich sehr deine Kritik zu lesen, das spornt richtig an. Danke.

@Maus
schön, dass dir der Text gefällt. Ich hatte Angst, dass man ihn falsch verstehen würde, weil ich eigentlich den Leser mit den Gedanken des Prot allein gelassen habe und nichts weiter hinzufügte.
Für die heraus gepickten Fehler danke ich dir auch. Ich hatte erst "es tut dir weh" und dann gefiel mir "es schmerzt" besser, ja unüberlegt gehandelt.
Werd versuchen, bei der nächsten etwas aufmerksamer zu sein.

@Daigoro
du scheinst dich auch gut mit diesem Thema auszukennen, was? nein, du hast recht, so in diese Richtung war der Text gedacht.

Danke und bye
cRy

 

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