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Der Neue

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01.09.2015
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Der Neue

Der Lärm der Schüler übertönte das Läuten zum Stundenbeginn. Anna kritzelte etwas in ihren Block.
„So meine Herrschaften: Hinsetzten bitte!“ Frau Maier schaffte es, trotz ihrer piepsigen Stimme die Meute zur Ruhe zu bringen: „Ich hoffe Sie alle haben Ihre Ferien genossen und sind nun bereit sich auf den Ernst des Lebens vorzubereiten, aber vorerst stellt sich Ihnen Ihr neuer Mitschüler vor.“
Anna blickte auf.
Der Neue hatte beide Hände in den Hosentaschen und wippte auf seinen Zehenspitzen: „Hallo, ich bin Sergej.“, sagte er und strich sich mit der Hand durch die dichten dunklen Haare.
„Setzen Sie sich am besten neben Frau Wirth.“ Die Lehrerin sah Anna über ihre Brille an und lächelte ihr zu.
Anna rollte mit den Augen und widmete sich wieder ihrem Block.
„Hat unsere Klassensprecherin uns vielleicht irgendetwas mitzuteilen?“ Frau Maier schien verärgert über das Desinteresse ihrer besten Schülerin.
„Nein.“, sagte diese knapp, schlug den Ringblock zu und fixierte die Tafel hinter dem brillierten Dompteur. Der Unterricht konnte beginnen.

Die erste Stunde bestand aus unzähligen Belehrungen und Berieselungen, die die Schüler widerstandslos über sich ergehen ließen. Wahrscheinlich traute man ihnen nach so langer Schulabstinenz noch keine komplexeren Aufgaben zu. Weshalb es nach der Pause auch direkt mit Musik weiterging. Ebenfalls bei Frau Maier.
Anna hasste singen. Musik hörte sie zwar schon gerne, aber die eigene Stimme zu hören, empfand sie als grausam und peinlich. Es reichte ihr schon immer zu Heilig Abend, wenn ihre Großeltern darauf bestanden, dass die gesamte Familie zur Kirche ging. Eine zarte, aber feste Männerstimme riss sie aus ihren Gedanken.
Sie sah zu ihrem Banknachbar, der „Yesterday“ mit gefühlvoller Stimme wiedergab. Er schien die Worte und Töne mit voller Hingabe aus seinem Mund zu formen. Anna war so erstaunt, dass dieser große, doch eher maskuline Bursche so eine weiche Stimme hatte.
Ein Klopfen beendete jäh den Singsang.
„Anruf für Frau Maier.“, ließ die Sekretärin verlauten. Das bedeutete erstmal ein paar Minuten Freizeit.
„Sie bleiben bitte alle ruhig hier im Raum, bis ich wiederkomme. Das ist keine Raucherpause.“, warnte sie mit erhobenem Zeigefinger.
Kaum war die Tür zu, wuselte die ganze Klasse wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen durcheinander. Nur Anna und Sergej blieben sitzen.
„Willst du nicht woanders hingehen, solange sie weg ist?“, fragte das Mädchen und schlug seinen Block wieder auf.
Sergej schüttelte den Kopf: „Wo soll ich denn hin?“
„Keine Ahnung. Zu Marko und den restlichen Jungs.“ , sie deutete auf die hinterste Bank, bei der sich eine Gruppe junger Männer tummelte. Marko wedelte mit einer Zigarette in der Hand: „So, dann wollen wir mal Eine rauchen gehen.“, und schritt mit gehobener Brust voran.
„Ich mag keine Proleten.“, erwiderte Sergej und richtete seinen Blick nach vorne. Dort saßen noch zwei weitere Jungs, die mit Yo-Gi-Oh Karten spielten. Zu denen wollte er auch nicht.
Anna stand auf und seufzte.
Da kam Marko an ihren Tisch stolziert: „Macht dich der Iwan blöd an?“ Provozierend beugte er sich hinüber, die Hände aufgestemmt.
„Ich heiße Sergej.“, korrigierte der junge Russe ihn.
„Ist mir egal, wie du heißt. Du hast hier nix zu melden. Abi machst du sowieso nicht und an deiner Stelle würde ich auch die Finger von den deutschen Mädels hier lassen.“
„Marko, hör bitte auf.“, Anna befürchtete, dass die Situation eskalieren würde.
„Stehst du auf den Russen, oder was?“, Marko schubste sie, sodass das Mädchen gegen die Wand prallte.
„Aua, spinnst du?“
In diesem Moment sprang Sergej auf und verpasste dem Unruhestifter einen linken Haken.
Als Marko zu Boden sank, trat Frau Maier wieder zur Tür herein. Ihr Gesicht verfärbte sich tiefrot: „Herr Schewtschenko, sofort mitkommen zum Direktor!“
Sergej hob beide Arme in die Luft: „ Aber er hat Anna gegen die Wand gestoßen.“
Anna sah Frau Maier an und blickte dann betreten zu Boden: „Herr Weiher wollte mich vor Herrn Schewtschenko beschützen.“
Sergej stand der Mund offen: „Das stimmt nicht.“
„Mitkommen!“, Frau Maiers Ton ließ keinen weiteren Widerstand zu und Sergej folgte ihr- wortlos und verwirrt.

 

Hallo Julei,

Sergej folgte ihr- wortlos und verwirrt.
ich muss sagen, so ähnlich gehts mir auch gerade. Für mich klingt der Text mehr wie ein Ausschnitt aus einer längeren Erzählung. Ist das wirklich das Ende der Geschichte?
Ich kann Annas Verhalten am Ende auch nicht so nachvollziehen. Wieso stellt sie gegenüber der Lehrerin die Lage falsch da? Mir fehlt da das Motiv. Oder war das Absicht, wolltest du den Leser verwirren?
Inhaltlich kann ich deswegen nicht viel zu deinem Text sagen, denn irgendwie hab ich ihn nicht verstanden.

Gut finde ich die Stelle mit dem Singen, das ist eine schöne Idee. Vielleicht könntest du die noch etwas ausformen?

Noch so paar Kleinigkeiten:

„Nein.“, sagte diese knapp, schlug den Ringblock zu und fixierte die Tafel hinter dem brillierten Dompteur.
der Punkt nach dem "Nein" gehört raus (hab ich am Anfang auch falsch gemacht). Das kommt noch an ein paar anderen Stellen vor.

Ich hoffe Sie alle haben Ihre Ferien genossen und sind nun bereit Komma sich auf den Ernst des Lebens vorzubereiten, aber vorerst stellt sich Ihnen Ihr neuer Mitschüler vor.

Ich hoff, dir hilft mein Kommentar :)

Liebe Grüße,

Tintenfisch

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Julei

Mich hat die Geschichte einfach nicht richtig gepackt. Dazu wirkt sie zu distanziert und wie durch eine Milchglasscheibe erzählt. Und eigentlich fängt sie mit dem Ende erst richtig an, die Geschichte zwischen Anna und Sergej. ;)

Der Neue hatte beide Hände in den Hosentaschen und wippte auf seinen Zehenspitzen: „Hallo, ich bin Sergej.“, sagte er und strich sich mit der Hand durch die dichten dunklen Haare.
„Setzen Sie sich am besten neben Frau Wirth.“ Die Lehrerin sah Anna über ihre Brille an und lächelte ihr zu.
Also gross vorgestellt hat er sich ja nicht, da würde ich von Frau Maier schon noch ein paar Worte erwarten.

„Hat unsere Klassensprecherin uns vielleicht irgendetwas mitzuteilen?“ Frau Maier schien verärgert über das Desinteresse ihrer besten Schülerin.
Das klingt mehr nach Marko, als nach Frau Wirth, sie gehört aber wohl eher zur anderen Seite.
"Oder haben Sie ein Problem damit?" Das birgt die Verärgerung in sich und damit kannst du den erklärenden Nachsatz weglassen.

„Nein.“, sagte diese knapp, schlug den Ringblock zu und fixierte die Tafel hinter dem brillierten Dompteur. Der Unterricht konnte beginnen.
Das distanziert mich als Leser, bleib näher bei deiner Protagonistin, um sie dreht es sich doch hier. Statt 'diese', „Nein“, sagte Anna.
Und: hinter der brillierten Dompteuse, wenn schon, aber auch so eher unglücklich formuliert.
Vielleicht: hinter der kurzsichtigen Dompteuse. Das würde implizieren, dass Frau Maier eine Brille trägt, aber gleichzeitig auch, dass sie in Annas Augen nur bis zur Nasenspitze sieht. Was hier wirklich vor sich geht, dafür ist sie blind.


Die erste Stunde bestand aus unzähligen Belehrungen und Berieselungen, die die Schüler widerstandslos über sich ergehen ließen. Wahrscheinlich traute man ihnen nach so langer Schulabstinenz noch keine komplexeren Aufgaben zu. Weshalb es nach der Pause auch direkt mit Musik weiterging. Ebenfalls bei Frau Maier.
Füllstoff, uninteressant, denn es bringt die Geschichte nicht weiter. Viel besser wäre es, wenn sich Anna währdend der langweiligen Schulstunden Gedanken zu ihrem neuen Banknachbar machen würde, woher er wohl kommt, dass er gut riecht, ein geheimnisvolles Ohrenpiercing trägt, irgendwas, dass ihr Interesse weckt, was natürlich nicht sein darf. Marko würde das nie zulassen.

Eine zarte, aber feste Männerstimme riss sie aus ihren Gedanken.
Sie sah zu ihrem Banknachbar, der „Yesterday“ mit gefühlvoller Stimme wiedergab. Er schien die Worte und Töne mit voller Hingabe aus seinem Mund zu formen. Anna war so erstaunt, dass dieser große, doch eher maskuline Bursche so eine weiche Stimme hatte.
Ich kann mir die Musikstunde noch nicht richtig vorstellen. Stehen die da im Chor, oder ist das Einzelvorsingen? Das ist mir alles zu vage, da müsstest du mir noch etwas mehr zeigen, als Anna aus ihren Gedanken zu reissen.

Und wie reagieren die anderen auf diese weiche Stimme? Ein Kerl mit 'ner weichen Stimme? Das ruft doch die Testosteron gesteuerten Idioten auf den Plan: "Hei Schwuchtel, warste bei den Moskauer Sängerknaben? Vorm Stimmbruch hingefallen, was?"
Also alles in allem ist mir der Konflikt hier noch viel zu weich gezeichnet.

„Keine Ahnung. Zu Marko und den restlichen Jungs.“ , sie deutete auf die hinterste Bank, bei der sich eine Gruppe junger Männer tummelte.
Entweder Punkt weg, oder so:
"... restlichen Jungs.“ Sie deutete auf die hinterste Bank, ..."

Und "bei der sich eine Gruppe junger Männer tummelte?" Hier ziehst du wieder diese Distanz auf, diese Männer sind Anna doch bekannt, und der Leser ist direkt bei Anna, deshalb:
"..., wo sich Klaus, Mike und der Rest der Bande sich um Marko scharren."
So wird klar, dass Marko hier das Sagen hat.

Da kam Marko an ihren Tisch stolziert: „Macht dich der Iwan blöd an?“ Provozierend beugte er sich hinüber, die Hände aufgestemmt.
Na also, jetzt scheint es zum ersten Mal interessant zu werden. Marko ein Rassist, Sergej sein Opfer, Anna mittendrin.

„Ich heiße Sergej.“, korrigierte der junge Russe ihn.
Nachsatz kann weg, wirkt besser, der Leser erkennt die Spannung auch so.

„Marko, hör bitte auf.“, Anna befürchtete, dass die Situation eskalieren würde.
Auch hier, die Erklärung brauchts nicht, Annas Aufbegehren verdeutlicht bereits ihre Angst.

Marko schubste sie, sodass das Mädchen gegen die Wand prallte.
Wieder zuviel Distanz. "Marko verpasste Anna einen Stoss. Sie verlor den Halt und prallte gegen die Wand."

In diesem Moment sprang Sergej auf und verpasste dem Unruhestifter einen linken Haken.
Eben, bleib näher dran: ... und verpasste Marko einen linken Haken.

Ihr Gesicht verfärbte sich tiefrot: „Herr Schewtschenko, sofort mitkommen zum Direktor!“
Sergej hob beide Arme in die Luft: „ Aber er hat Anna gegen die Wand gestoßen.“
So schnell konnte Frau Maier die Situation überblicken? Anna ist ja das Sprachrohr der Klasse, deshalb wird sich Frau Maier gleich auf sie stürzen.
"Was ist hier los? Frau Wirth, können Sie mir das erklären?"
Anna schaute betreten zu Boden.
„Herr Weiher wollte mich vor Herrn Schewtschenko beschützen.“

„Mitkommen!“, Frau Maiers Ton ließ keinen weiteren Widerstand zu und Sergej folgte ihr- wortlos und verwirrt.
JA, und nu? Komm Julei, bau die Geschichte aus, hier fragt sich der Leser doch, wie geht's weiter mit Sergej? Und warum ist Anna Marko hörig? Da geht doch noch was, ich bin mir sicher. Komm und überrasche mich.

Ansonsten hoffe ich, du kannst mit meinen Anmerkungen was anfangen.
Liebe Grüsse,
dot

 

Hallo,

zuerst vielen Dank, dass ihr euch die Zeit zum Lesen und Kommentieren genommen habt.

Es ist zwar ursprünglich tatsächlich als komplexere Story gedacht, allerdings wollte ich durch Kurzgeschichten das Schreiben üben.
Tintenfisch:

Meine Texte scheinen immer zu verwirren, ich bin dabei, dass auszumerzen. Vielleicgt liegt es generell an fehlenden Andeutungen bzw. Informationen? Ich habe nämlich Bedenken, dass es sonst zu sehr ausufert. Alsowerde ich da einen Mittelweg finden müssen.

Der Hinweis mit der Zeichensetzung ist sehr hilfreich. Danke =)
dotslash

Ja, ich denke, dass ich mich mehr reinfinden muss in meinen Werken. Das ist für mich eine sehr große Baustelle.

Deine Anregungen helfen mir sehr. Ich werde versuchen, unwichtigeszu streichen und Emotionen mehr zu zeigen, als zu erzählen.

Ich versuche oft Wortwiederholungen oder Namenswiederholungen zu vermeiden. Ich denke deshalb wirkt der Text oft zu weit weg. Das gleicht sich natürlich aus, wenn Unwichtiges ausgelassen wird.
Lidl

Ja das stimmt, ich werde mich ransetzen und einiges ausbauen, was ich noch im Kopf habe.

Danke für eure Anregungen.

Liebe Grüße

Julei

 

Hallo Julei,

also ich mag ja Kurzgeschichten die einen mit einem kleinen Fragezeichen zurücklassen und man
sich durch eigene Gedanken die unerzählte Geschichte erschließen kann.
Deine Story ist ja so weit gut erzählt, aber das Verhalten von Anna am Ende kann ich mir nicht erklären.
Gut, sie ist am Anfang wenig begeistert davon, dass Sergej neben ihr sitzen soll.
Aber kann das der Grund sein?
Pure Abneigung kann es auch nicht sein, denn sie ist ja von seinem Gesang beeindruckt.
Nichts deutet auf den Grund ihres Verhaltens hin.
Du schreibst, dass die Story ursprünglich Teil einer längeren Geschichte sein sollte.
Ok, das kann man dann nachvollziehen.
Aber als Kurzgeschichte ergibt sie keinen richtigen Sinn.
Es bleiben nur Fragezeichen zurück auf die man sich auch selbst keine Antworten geben kann.
Es fehlt ein Hinweis, oder zumindest eine Andeutung was Anna dazu bewegt so zu handeln.
Das ist schade.

Gruß Raimond

 

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