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Der neue Mitschüler
Der neue Mitschüler
Die Ferien sind vorbei und Stefan betritt voller Vorfreude das Klassenzimmer. Er geht schon immer gerne in die Schule und hat auch meistens gute Noten. Nur manchmal ist er zu faul zum Lernen.
Sein Kumpel Felix, der ihn auch gleich mit einer Handbewegung auffordert, sich auf den freien Platz neben ihn zu setzen, ruft: „Hallo Stefan! Was hast du in den Ferien so alles gemacht?“
Stefan antwortet: „Ach, alles Mögliche. Ich war mit meinen Eltern lange im Urlaub an der Ostsee. Da haben wir sogar ein echtes U-Boot besichtigt!“
Felix ist erstaunt: „Wow! Das ist ja voll cool!“
Jedoch wird ihre Unterhaltung plötzlich durch den Acht-Uhr-Gong unterbrochen, mit dem sogleich ihre neue Klassenleiterin, Frau Schmidt, eintritt – aber nicht allein, was allgemeines Erstaunen hervorruft.
Frau Schmidt begrüßt die Schüler: „Ich wünsche euch allen einen wunderschönen guten Morgen! Die Ferien werdet ihr bestimmt genossen haben. Nun müsst ihr euch aber wieder mit dem Schulalltag beschäftigen.“ Ein leises Stöhnen geht durch den Raum. „Außerdem hat es sich kurzfristig noch ergeben, dass ein neuer Junge zu euch kommt. Sein Name ist Sammy Adjei und er stammt aus Ghana. Seine Eltern sind mit ihm nach Deutschland gezogen und er wird euch von nun an begleiten.“
Neugierig beäugen die Kinder den fremden Sammy. Man kann in den Gesichtern sehen, dass ihnen dabei nicht ganz wohl ist. Ob es vielleicht an der dunkleren Hautfarbe liegt?
Stefan denkt sich: „Der sieht aber komisch aus. Ob der überhaupt richtig Deutsch spricht?“
Frau Schmidt sagt: „Schau Sammy, dort neben Stefan ist noch ein Platz frei, da kannst du dich hinsetzen!“ Ein leises, schadenfrohes Kichern geht durch die Klasse.
Stefan ärgert sich: „Warum muss das ausgerechnet mir passieren?“
Und mit einem Augenzwinkern bittet die Lehrerin: „Führ’ doch euren neuen Mitschüler in der Pause etwas durch das Gebäude, Stefan, damit er sich hier besser zurechtfindet.“
Stefan seufzt innerlich: „Na das fängt ja gut an!“
Sammy meint erfreut: „Na klar, sehr nett von dir!“
Auf dem Weg durch die Gänge tauschen sich beide unter anderem über ihre Hobbys aus und merken nichts von den vielen abfälligen Blicken und Tuscheleien, die ihnen dabei folgen. Stefan ist von den sehr guten Deutschkenntnissen seines neuen Klassenkameraden überrascht.
Sammy erwähnt: „Ich habe in Ghana fünf Jahre lang Deutsch gelernt. ... Ansonsten spiele ich gerne Fußball.“
Etwas verdutzt antwortet Stefan: „Ich auch!“
Sammy schlägt vor: „Vielleicht können wir ja ein wenig kicken, wenn wir frei haben.“
Stefan ist die ganze Sache aber nicht so geheuer. „Soll ich mich wirklich mit ihm treffen?“, überlegt er. „Aber was soll schon groß passieren? Eigentlich scheint er ja ein ganz netter Kerl zu sein.“ Nach anfänglichem Zögern willigt er schließlich ein.
Die restlichen Stunden des Vormittages verrinnen schnell und so war der erste Schultag bald vorüber.
Sammy erklärt: „Ja, das mach’ ich am liebsten. In Ghana haben wir fast täglich nach der Schule gespielt.“
Darauf schlägt Stefan vor: „Weißt du was: Ich bin im Verein. Was hältst du davon, dort Mitglied zu werden? Die Jungs freuen sich bestimmt darüber, einen Profi wie dich in der Mannschaft zu haben!“
Sammy antwortet: „Das wär’ schon toll. Wann trainiert ihr immer?“
Stefan: „Am Dienstag und Donnerstag. Samstag ist dann ein Match gegen einen anderen Verein. Komm’ einfach das nächste Mal vorbei!“
Sammy: „OK, abgemacht. Bis dann!“
Sammy legt sofort los und zeigt alle Tricks, die er mit dem runden Leder anstellen kann. Zuerst dribbelt er über den halben Platz und macht dabei gekonnte Übersteiger und Drehungen; dann jongliert er den Ball mit den Füßen, lässt ihn sich in den Nacken fallen und schwingt ihn von da aus wieder hoch in die Luft; schließlich erzielt er mit einem schwierigen Volley-Schuss ein Tor. Seine Zuschauer kommen aus dem Staunen kaum mehr heraus.
Aber anstatt Sammys Können zu bewundern und sich darüber zu freuen, dass er ihrer Mannschaft beitreten möchte, rufen sie ihm voller Neid zu: „So einen „Exoten“ können wir bei uns nicht gebrauchen! ... Bei uns muss man gut in der Mannschaft spielen können, nicht nur alleine! ... Dich wollen wir hier nicht haben! ... Geh’ doch nach Hause!“
Sammy verlässt weinend und niedergeschlagen den Platz.
Auch Felix schließt sich der Meinung der Anderen an. „Die haben Recht. So einer ist bei uns an der falschen Adresse.“
Stefan, der das Verhalten seiner Freunde für ungerecht hält, erwidert: „Aber ihr sagt das doch nur, weil ihr auf sein Können neidisch seid! Er ist ein Junge wie wir auch!“
Die Anderen schreien: „Ach Quatsch! Er ist einfach anders als wir und deshalb passt er auch nicht zu uns.“
Felix bestätigt: „Genau! Du kannst ja weiterhin mit ihm Fußball spielen – wenn du willst. Zu uns brauchst du dann aber nicht mehr kommen!“
Stefan beschwert sich wütend: „Das könnt ihr doch nicht machen! Das ist doch ungerecht!“
Von den Anderen hallt es ihm jedoch entgegen: „Doch, und wie wir das können! Such’s dir aus!“
Verärgert denkt sich Stefan: „Na toll! Wofür soll ich mich jetzt nur entscheiden!?!?“